Protocol of the Session on February 12, 2004

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(Dr. Michael Freytag CDU: Seit wann soviel Rück- sicht auf Herrn Maier?)

Weil er so intelligent ist und es sich lohnt, sich mit ihm zu unterhalten.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Hey! Ein Kom- pliment von unerwarteter Seite!)

Herr Maier, das Bundesverfassungsgericht hat, wie ich eben ausführte, gesagt, durch diese politischweltanschaulichen Symbole – und das Kopftuch wird nun einmal nach dem Stand der Wissenschaft dazu gezählt – geht abstrakt auch der Anschein aus, es handele sich um ein politisch-fundamentalistisches Symbol. Das wird überhaupt nirgendwo mehr angezweifelt, dass es das auch ist. Allein dieses auch bedeutet eben abstrakt die Gefährdung des Schulfriedens. Wenn man diese Gefährdung ausschließen will, muss man eben solch ein Gesetz machen. Wenn man meint, dass man weiter warten kann, bis es erst zu solchen Konflikten kommt und wir dann 100 beamtete Kopftuchträgerinnen haben, dann kann man das auch tun. Aber wenn Sie dann in die Konflikte geraten, dann wird es so gut wie unmöglich, daran noch etwas zu ändern. Das wissen Sie selbst.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und vereinzelt bei der Ronald-Schill-Fraktion)

Das Wort hat jetzt Herr Drews.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Frühauf, das Thema kann man natürlich von der rein formaljuristischen Seite sehen. Man kann

natürlich auch Probleme herbeireden, die in einem liberalen, weltoffenen Hamburg nicht zwingend vorhanden sind. Aber ganz generell möchte ich eines an dieser Stelle sagen: Ich glaube, dass wir am 12. März alle schlauer sein werden, denn dann gibt es eine Anhörung im Landtag von Baden-Württemberg in Stuttgart zu dieser Thematik, wo die Fachleute darüber sprechen werden.

Entscheidend ist nur – und das muss an dieser Stelle, denke ich, festgehalten werden, Herr Maier, die Frage – und darauf haben Sie sich kapriziert –, ob Freiheit und liberales und freies und weltoffenes Gedankengut mit Ihrem Zitat von Lessing es erfordert, dass man in extremen Positionen nach außen dieses als Staat tolerieren muss, denn es geht ja nicht um das Tragen eines Halbmondes unter der Kleidung oder um die islamische Anschauung oder die Liberalität der Abgeordneten in unserer Stadt. Das ist eine Frage, die wir generell beantworten sollten, und die gilt aber – und das füge ich hinzu – nicht nur für staatliche Behörden, für Schulen, sondern die gilt ganz generell im Umgang mit den anderen. Toleranz drückt sich im Sprechen, in der Kommunikation, in der Wertschätzung aus, wie ich auf den anderen eingehe, und da sage ich ganz offen, dass Kinder an Schulen für mich generell schützenswert sind. Dass wir uns darüber Gedanken machen, das ist, denke ich, unsere Pflicht und Aufgabe.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat Herr Dr. Schinnenburg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Frühauf, ich hatte mich vorhin bemüht und auch andere haben das getan, das nicht unbedingt zu juristisch werden zu lassen, sondern wirklich politisch und vielleicht auch weltanschaulich zu bewerten. Aber nach Ihrem letzten Beitrag fühle ich mich doch aufgefordert, einige, um es ganz vorsichtig zu sagen, Ungenauigkeiten Ihres Beitrages richtig zu stellen.

Fangen wir einmal damit an, was das Bundesverfassungsgericht eigentlich wirklich gesagt hat. Sie haben gesagt, eine Einzelfallprüfung wurde abgelehnt. Das stimmt nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat nur gesagt, es reicht nicht, die Einstellung einer Bewerberin, die ein Kopftuch tragen will, allein deshalb und nur mit der Begründung abzulehnen, dass sie nicht bereit sei, ihren Unterricht ohne ein Kopftuch zu erteilen. Es hat nur gesagt, das reicht als einziger Grund nicht aus. Das war die Aussage des Bundesverfassungsgerichts.

Das Gericht führt nämlich weiter aus, es habe nicht festgestellt werden können, dass die Bewerberin, gemessen an den allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen, für dieses Amt ungeeignet ist. Das ist zunächst einmal die Grundaussage des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht hat auch nicht etwa weiter gesagt, ihr müsst jetzt ein Gesetz machen, sei es mit Kopftuchverbot, sei es, dass ihr es ablehnt. Das Bundesverfassungsgericht hat nur Argumente aufgezählt, die für und gegen ein solches Gesetz sprechen. Ich nenne Ihnen einmal Gründe, die das Bundesverfassungsgericht gehabt hat, die gegen ein solches Gesetz sprechen.

Erstens: Das Kopftuch ist kein objektives Symbol für eine bestimmte Religion. Es bringt lediglich die innere Einstellung einer Person zu ihrer Religion zum Ausdruck, sagt das Bundesverfassungsgericht anders als Sie.

Zweitens: Das Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates, insbesondere der Schule, erzwingt es nicht, dass die für den Staat handelnden Personen ihre individuelle, weltanschaulich-religiöse Haltung verleugnen. Auch das verlangt das Bundesverfassungsgericht nicht, Originalton Bundesverfassungsgericht.

Drittens: Die zunehmende religiöse Vielfalt in der Gesellschaft und damit auch in der Schülerschaft kann in der Schule bewusst auch dadurch aufgenommen, reflektiert werden, dass Repräsentanten anderer Religionen zugelassen werden, um hiermit gegenseitige Toleranz einzuüben, um so einen Beitrag in dem Bemühen um Integration zu leisten.

Alles Originalton Bundesverfassungsgericht. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich gesagt, dass es nicht zwingend erforderlich ist, hier irgendjemanden zu schützen. Das ist ganz bewusst offen gelassen. Wir können aus diesem Urteil nicht ableiten, dass wir hier ein Gesetz beschließen müssen.

Dann haben Sie einen Begriff genannt, der mich wirklich etwas geärgert hat, und zwar die Sache mit den stümperhaften Gesetzen. Ich wollte es Ihnen bisher ersparen. Nun kann ich es nach dieser Äußerung nicht mehr tun. Es gibt ein stümperhaftes Gesetz, genauer gesagt einen stümperhaften Gesetzentwurf, das ist nämlich Ihrer. Ich gucke mir das mal an. Der Kernsatz ist der auf der ersten Seite, der anfängt:

„Es ist ihnen untersagt, in der Schule …“

und endet mit:

„… verstanden zu werden.“

Lieber Herr Frühauf oder liebe Fraktion der Partei Rechtsstaatlicher Offensive! In der ersten Hälfte bieten Sie eigentlich gar nichts. Sie teilen nur mit, dass hier ein Ermessensspielraum besteht. Das haben wir, ehrlich gesagt, auch vorher schon gewusst.

Dann sagen Sie:

„Insbesondere betrifft dies das Tragen von Kleidungsstücken …“

Damit reduzieren Sie ganz bewusst entgegen dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die erforderliche Ermessensabwägung. Sie sagen, für uns gilt „insbesondere“, also ganz herausgehoben, abgesehen von dem, was die sagt oder macht, nur, was sie trägt. Lieber Herr Frühauf, das ist eine totale Verkürzung. Das Bundesverfassungsgericht hat gerade gesagt, es kann mit eine Rolle spielen. Es reicht gerade nicht aus, nur aus einem Kleidungsstück heraus zu schließen, der ist geeignet oder nicht geeignet.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Sie haben das nicht verstanden!)

Herr Frühauf, es ist stümperhaft formuliert und geradezu im Gegensatz zu dem, was das Bundesverfassungsgericht gesagt hat. Das hätte ich Ihnen eigentlich erspart, aber Ihr zweiter Beitrag hat das herausgefordert. Das ist mit ein juristischer Grund – für mich nicht der ausschlag

gebende –, diesem Gesetz nicht zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Frühauf.

Herr Dr. Schinnenburg, wir diskutieren das im kleinen Kreise weiter,

(Beifall bei Burkhardt Müller-Sönksen FDP)

aber Sie verwechseln hier leider, was das Gericht zur Frage der Eignung gesagt hat. Da haben Sie Recht, aber uns geht es jetzt darum, dass hier nicht – wie in BadenWürttemberg – die Frage der Eignung eine Rolle spielt, sondern dass man hinsichtlich der Bekleidungsvorschriften eine gesetzliche Regelung trifft. Da muss man, da haben Sie auch Recht, solch ein Gesetz nicht machen, aber man kann es, und darüber werden wir uns dann weiter unterhalten.

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich lasse jetzt abstimmen.

Wer einer Überweisung der Drucksache 17/4150 federführend an den Rechtsausschuss und mitberatend an den Schulausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei einigen wenigen Enthaltungen ist die Überweisung mit Mehrheit so beschlossen.

Zum Tagesordnungspunkt 26, Drucksache 17/3957, Große Anfrage der SPD-Fraktion: Großer Wurf oder Große Wurschtelei? – Neuorganisation der Polizei.

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Großer Wurf oder Große Wurschtelei? – Neuorganisation der Polizei – Drucksache 17/3957 – ]

Hierzu kann ich Ihnen sagen, dass die Debatte einvernehmlich entfällt. Ich stelle damit fest, dass die Bürgerschaft die Große Anfrage aus dieser Drucksache ohne Besprechung zur Kenntnis genommen hat.

Tagesordnungspunkt 16, Drucksache 17/3575, Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Mittelstandsförderung.

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Mittelstandsförderung – Drucksache 17/3575 –]

Herr Egloff hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mittelstandspolitik ist in diesem Hause schon häufig diskutiert worden und genauso häufig hat der Senator hier vollmundige Bekenntnisse abgegeben, ein Haus der Wirtschaft werde eingerichtet, die Förderung solle aus einer Hand erfolgen, der Mittelstand gehe goldenen Zeiten in dieser Stadt entgegen, weil die von Rotgrün fälschlicherweise für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ausgegebenen Mittel jetzt dem Mittelstand zufließen würden.

Meine Damen und Herren! Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.