Protocol of the Session on February 25, 2004

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Das Wort hat Frau Dr. Freudenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rutter, Sie haben wieder einmal eines Ihrer besten Beispiele dafür gebracht, dass Sie einfach nichts kapieren.

(Ingo Egloff SPD: Aber er ist bemüht!)

Es ist doch einfach so. Sie können jetzt nicht der Diakonie als privaten Träger vorwerfen, dass die Wartezeiten so lang sind. Die anderen nehmen gar keine Neuen mehr an. Das ist das Problem. Da können Sie nicht den wenigen Stellen, die jetzt überhaupt die Insolvenzberatung machen können, vorwerfen, dass die Wartezeiten länger werden, weil die Bezirke keine Neuen mehr annehmen. Das ist großartig blöd.

(Beifall bei der GAL)

Insgesamt, meine Damen und Herren, ist das private Insolvenzrecht, das wir seit Anfang 1999 haben, ein großer Segen. Es sind in Hamburg immerhin über 70 000 Menschen überschuldet. Es ist ein Riesenfortschritt, dass – im Gegensatz zu früher – eben nicht nur die privaten Kredithaie sich dieser Menschen annehmen, sondern dass es ein geregeltes Verfahren ist, für das sogar die Kosten übernommen werden. Ich denke, dass gewisse Wartezeiten in dem Bereich absolut akzeptabel sind. So wie die Wartezeiten sich in letzter Zeit entwickeln, sind sie zu lang. Das ist klar. Hinsichtlich des Übergangs von den bezirklichen zu den privaten Beratungsstellen war der Senat zu ehrgeizig. Da hätte man mehr Zeit und mehr Stellen zur Verfügung stellen müssen, damit sich das nicht so aufstaut. Insgesamt denken wir aber, dass die Umstellung richtig ist. Ich möchte auch anerkennen, wie schnell die Kostenzusage bei den Leuten eingeht. Das sind im Schnitt nur zwei Wochen; das ist wirklich anerkennenswert.

Ich möchte noch kurz einen Aspekt nennen, der hier gar nicht erwähnt wurde: Wichtig ist es doch, sich bei der Frage der Überschuldung zu überlegen, woher das kommt. Ich finde es schlimm, dass wir in Hamburg eine immer weitere Ausdehnung des Glücksspiels haben.

(Jens Pramann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Jetzt geht’s aber los!)

Das ist ein ganz wesentlicher Faktor auch bei der Verschuldung. Wir haben in den letzten Jahren eine enorme Ausweitung des Automatenspiels gehabt. Wir wissen, dass viele dieser Menschen dadurch in Überschuldung geraten. Das ist ein wichtiger Faktor. Wir haben immer im Ausschuss diskutiert, dass es notwendig wäre, auch die Kreditvermittlung und die Banken, die von den Krediten leben, zu überprüfen und an der Schuldnerberatung zu beteiligen. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Dr. Schinnenburg.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Der Privatisierungsfe- tischist!)

Dr. Wieland Schinnenburg FPD: Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Brinkmann! Wir sind bei Ihnen ja ein gewisses Maß an Cholerik gewöhnt und Sie bekommen auch ein bisschen Oppositionsrabatt, was den Stil angeht. Was Sie gerade einmal so nebenbei gesagt haben, das ist nun nicht mehr akzeptabel. Sie haben ernsthaft gesagt, die Betroffenen kriegen keine Hilfe mehr vom Senat. Das haben Sie wörtlich gesagt. Das stimmt doch überhaupt nicht.

(Petra Brinkmann SPD: Das haben Sie wörtlich gesagt, das stimmt ja auch!)

Selbst wenn es eine Verlängerung gäbe: Jeden Tag wird überschuldeten Menschen Hilfe geleistet. Es ist also eine billige Verunglimpfung. Im Übrigen – ganz nebenbei – ist Ihre Wissbegier in allen Ehren, aber wenn Sie zweimal eine Drucksache einreichen, jeweils mit dem gleichen Einleitungstext, zeugt das nicht von allzu großer Kreativität. Das Schlimmste an dem Einleitungstext ist aber, Sie wurschteln da Pressezitate und anonyme Zitate zusammen: der berühmte Oberstaatsanwalt, immer häufiger Ermittlungsverfahren und Verdächtigungen. Sehr geehrte Frau Brinkmann! Bringen Sie einmal „Butter bei die Fische“, das kann jeder hier so einbringen. Was Sie hier machen ist Rufmord. Sie zitieren Menschen, die Sie nicht weiter erwähnen, und werfen kurz alle möglichen Verdächtigungen ein. Das ist meiner Meinung nach nicht akzeptabel. Bleiben wir also bei den Fakten. Die Fakten sind: Kostenzusage binnen etwa zwei Wochen, maximal drei Wochen. Das ist nun wirklich in Ordnung. Frau Freudenberg hat es anerkannt. Die Wartezeit bei den privaten Beratungsstellen – lesen Sie das nach –, Stand 30. September 2003, ist kürzer als bei den bezirklichen Beratungsstellen. Sie beträgt 71 Tage statt 264 Tage. Meine Damen und Herren, gehen Sie ein bisschen vorsichtiger mit den Zahlen um und seien Sie vorsichtig mit Verunglimpfungen. Seien Sie vorsichtig mit dem Schüren von Ängsten.

Herr Schira hatte bereits erwähnt, dass es bis Juni 2006 eine Übergangszeit gibt. Bis dahin werden nach und nach Mittel von den Bezirken auf die privaten Träger übertragen. Private Träger können erst dann ernsthaft verglichen werden, wenn sie auch die volle Ausstattung haben. Bis dahin können wir mit einer gewissen Vorsicht aber Folgendes sagen: Die bisherige Schuldnerberatung in den Bezirken war nicht ausreichend, die hatten sehr lange Wartezeiten. Wahrscheinlich ist, dass das neue Konzept mit privatem Träger deutlich besser ist. Das sind die Fakten, meine Damen und Herren, und nicht Ihr Schüren von Angst ohne jede Basis. – Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall bei der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Das Wort hat Herr Braak.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man als Letzter dran ist, gibt es nicht mehr viel zu erzählen.

(Holger Kahlbohm SPD: Dann lass es doch! – Wolfhard Ploog CDU: Die Luft ist raus!)

Den Gefallen tue ich Ihnen natürlich nicht, das ist klar.

Wenn eine Schuldnerberatung erst nach mehr als drei Monaten beginnt, kann man eigentlich sagen, dass die Beratung verweigert wurde. Wenn man mehr als 2000 durch Überschuldung in Not geratene Menschen erst nach einem halben Jahr Hilfe erfahren lässt, ist dies nach meinem Verständnis Menschenverachtung.

(Petra Brinkmann SPD: Genau, so ist es!)

Von Fürsorgepflicht kann jedenfalls keine Rede sein und von Wahrnehmung der Pflichten seitens der Behörden schon gar nicht. Nun kann man es sich ja leicht machen und sagen, wer Schulden hat und diese nicht zurückzahlt, sei selber Schuld. Das Wort kommt ja daher. Aber so einfach ist das eben nicht. Wer das gestern gesagt hat, kann morgen genauso in dieser Situation sein. Dann braucht er Hilfe, und zwar sofort, weil die Spirale nach unten zeigt. Wir haben damals Mitarbeiter nicht eingestellt, bei denen gepfändet wurde. So einfach war das. Inzwischen wissen wir, wo das hinführt. Wohlgemerkt, professionelle Hilfe, Berater, die man selbst bezahlen soll, wird man dann nicht aufsuchen können. All das klingt auch schon wie ein schlechter Witz. Frau Brinkmann, damit Sie mich nicht falsch verstehen: Wenn Sie immer wieder unzureichende Antworten bekommen, hätten Sie ja auch, anstatt ständig nachzufragen, ebenso gut bei diesen wechselnden Mehrheiten – das wäre ja an der Zeit gewesen – einen Antrag

(Dr. Monika Schaal SPD: Warum hast du den An- trag nicht selbst gestellt?)

stellen können, in dem Sie dann Ihre Forderung konkretisiert hätten, und wir wären Ihnen gefolgt. So einfach ist das manchmal. Aber Sie haben die Zeit eben verstreichen lassen.

(Karen Koop CDU: So eine verpasste Chance!)

Ich bekomme nicht den Oppositionszuschlag. Den streichen Sie ja ein, also machen Sie auch Ihre Arbeit.

(Lachen bei der SPD und der GAL)

Nun stellt sich naturgemäß die Frage, ob es denn nur an der Finanzierung liegt. Mit dem notwendigen Geld könnte man ja einiges bewegen, aber wenn es dann an dem Willen der Regierung liegt, anders mit dem Problem umzugehen, sollten wir darauf hoffen, dass sich die Bürger am Sonntag gegen die absolute Mehrheit der CDU, entgegen der Prognosen, entscheiden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Ronald-Schill-Fraktion)

Frau Brinkmann hat noch einmal das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hätte Herrn Schira gern noch ein paar Worte entgegnet. Aber man muss die Interessierten in der CDU immer suchen.

(Wolfhard Ploog CDU: Wir leiten es weiter!)

Zum einen ist es so, meine Damen und Herren von der CDU, Herr Schira hatte es ausgeführt, nun werde ich es Ihnen allen sagen:

Sie waren ja 44 Jahre in der Opposition.

(Wolfhard Ploog CDU: Ach so!)

Sie haben da offensichtlich nicht gelernt, was die Aufgaben der Opposition sind. Wenn man so katastrophale Zustände vorfindet, wie in diesem Bereich, dann ist es die Aufgabe der Opposition, darauf hinzuweisen, was dort läuft. Das haben wir getan und das werden wir auch immer wieder tun.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Karl-Heinz Ehlers CDU)

Das glauben Sie, Herr Ehlers, Sie werden das ja nicht mehr erleben,

(Beifall bei der SPD – Karl-Heinz Ehlers CDU: Gott sei Dank!)

aber warten Sie mal ab.

Als wir diese Regierung abgegeben hatten, da lagen wir bei etwas über drei Monaten Wartezeit. Damals hat die CDU gesagt, das sei viel zu lang. Die Koalitionsfraktionen GAL und SPD hatten sich auch bis zu drei Monaten Wartezeit zum Ziel gesetzt. Wir haben einen Antrag eingebracht und haben den Senat aufgefordert. Es kamen zwölf Stellen hinzu, wodurch die Arbeit verbessert wurde und die Wartezeiten sanken. Ich kann es überhaupt nicht verstehen, dass Herr Schira, wenn er nur ein bisschen davon versteht, hier so eine Rede vorlesen kann, in der Sachen aufgeschrieben sind, die zum Teil überhaupt nicht zu dem Thema passen, und er nicht einmal die Zahlen aus der Großen Anfrage gelesen hat. Wenn hier Fristen sind, Wartezeiten von einem Jahr, und man sagt, warten Sie mal ab, wir kommen da schon noch hin, mir tut das furchtbar Leid. Es ist auch nicht der Punkt, dass 500 000 oder 600 000 Euro an Mitteln für die Privaten im letzten Halbjahr 2003 dazugekommen sind. Es ist wichtig für diese Menschen in dieser Stadt, eine Perspektive zu haben, wenn sie verschuldet sind,

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)