Protocol of the Session on February 25, 2004

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Das Wort hat Herr Schaube.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ihnen liegt der Antrag der SPD-Fraktion zur Gründung einer Stiftung „Hilfe für Opfer von Straftaten“ vor. Meine Fraktion wird diesen Antrag ablehnen. Eine Stiftung, wie die SPD sie einzurichten wünscht, ist schlichtweg unnötig

(Barbara Duden SPD: Was heißt hier „unnötig“?)

und abgesehen davon auch nicht bezahlbar. In Hamburg gibt es seit vielen Jahren eine Vielzahl von Einrichtungen in freier Trägerschaft, die erfolgreich Opfer von Straftaten betreuen und auch beraten. Viele Hamburgerinnen und Hamburger engagieren sich hier ehrenamtlich für eine gute Sache. Das ist gelebte Solidarität und Bürgersinn, meine Damen und Herren. Ich möchte hier einmal – ich hoffe, auch im Namen von Ihnen allen – allen haupt- und ehrenamtlich tätigen Helfern ausdrücklich danken, die sich für unverschuldet in Not geratene Menschen einsetzen. Diese Arbeit wollen wir fördern. Daher erhalten die privaten Träger von Opferschutzeinrichtungen zur Unterstützung und Stärkung ihrer guten und wichtigen Arbeit auch jährlich erhebliche Zuwendungen von der Stadt.

Die Partei Rechtsstaatlicher Offensive setzt sich dafür ein, dass diese Mittel auch weiterhin zur Verfügung gestellt werden. Die hervorragende und sehr erfolgreiche Arbeit der privaten Träger liegt gerade darin begründet,

dass sie grundsätzlich unabhängig voneinander agieren, sich aber in allen Bereichen, wo es nötig und sinnvoll ist, aus eigenem Antrieb selbst untereinander organisiert haben. Der Staat sollte die bestehenden Strukturen akzeptieren und den Trägern keine Steine in den Weg legen. Die Schaffung einer Stiftung in der geplanten Form ist eine reine staatlich bürokratische Überbaustruktur. Die ist nicht nur unnötig, sondern kontraproduktiv.

(Doris Mandel SPD: Was für ein Blödsinn!)

Sämtliche Opferschutzorganisationen lehnen aus diesen Gründen eine solche Stiftung auch ab und wollen sich hier eben nicht anschließen.

(Michael Neumann SPD: Das lehnen wir ab, das ist doch Quatsch!)

Wenn Sie diese Kritik schon nicht überzeugt, meine Damen und Herren von der SPD, so sollte Ihnen dieser Umstand doch zumindest zu denken geben. Man kann fast den Eindruck haben, dass Sie bürgerliches Engagement kritisch sehen und alles unter staatliche Kontrolle bringen wollen, Herr Neumann. Wollen Sie wirklich den privaten Trägern eine solche Stiftung aufzwingen, wenn sie diese gar nicht wünschen?

(Doris Mandel SPD: Wollen Sie den Kaufleuten am Jungfernstieg auch so eine Stiftung aufzwin- gen?)

Ist das Ihre Auffassung von Motivation und Förderung des Opferschutzes? „Zwangsbeglückung“ würde ich das nennen. Das wollen wir nicht. In dieser prekären Haushaltslage, wie wir sie momentan zu bewältigen haben, wäre das ohnehin verantwortungslos, eine derart hohe Summe an Steuergeldern für eine derartige Einrichtung aufzuwenden. Hätten Sie, meine Damen und Herren von der SPD, nicht 44 Jahre

(Beifall bei Michael Neumann SPD)

eine gravierende Misswirtschaft betrieben, hätten wir möglicherweise die Gelder, um ein derartiges Experiment zu starten.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Bei der Verschwendung von Steuergeldern oder an der Umverteilung der Gelder aus der Gewinnabschöpfung, die an anderer Stelle dringender gebraucht werden, werden wir auch nicht mitmachen.

(Doris Mandel SPD: Dringender als für die Opfer, pfui Teufel!)

Unser eigentliches Ziel – daran möchte ich Sie erinnern – muss es sein, Straftaten schon im Vorwege zu verhindern. Den Menschen in unserer Stadt ist am besten damit geholfen, wenn die Politik alles tut, die Wahrscheinlichkeit, dass Bürger Opfer von Straftaten werden, so gering wie möglich zu halten.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Ziel kann nur erreicht werden, indem Straftaten durch eine hohe Polizeidichte an Kriminalitätsschwerpunkten wie am Hauptbahnhof vorgebeugt wird.

(Doris Mandel SPD: In jedem Schlafzimmer ein Polizist! Das ist ja schön!)

Straftäter müssen schneller gefasst werden, nämlich bevor sie weitere Straftaten begehen. Rotgrün hat jedenfalls den Kollaps der Justiz herbeigeführt und wir haben diese Entwicklung abgewendet. Die vom Vorgängersenat geplanten Streichungen von Richterstellen haben wir rückgängig gemacht. Wir haben neue Stellen in der Justiz geschaffen. Hamburgs Straßen werden damit sicherer; dies ist der beste Opferschutz. Opferschutz hat für die Partei Rechtsstaatlicher Offensive nach wie vor Vorrang vor dem Täterschutz, den Rotgrün jahrelang betrieben hat. Das wissen die Menschen dieser Stadt auch. Das werden wir am Sonntag auch erleben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort hat Frau Dr. Lappe.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir, ehrlich gesagt, noch nie so schwer gefallen, eine Entscheidung von meiner Fraktion und mir heute hier mitzuteilen, weil es um ein Thema geht, was uns mindestens so am Herzen liegt wie der SPD und auch vielen anderen hier: der Opferschutz. Die Intention in diesem Antrag tragen wir grundsätzlich bedingungslos mit, das heißt, Opfern von Straftaten unbürokratisch, auch über die existierenden Möglichkeiten hinaus, Unterstützung zukommen zu lassen sowie die Stärkung der Infrastruktur der Opferhilfe in Hamburg. Da gibt es Defizite. Wir haben uns auch schon in der vergangenen Legislaturperiode vielfach dafür eingesetzt, dass wir in Hamburg einen Standard bekommen, der entsprechend der EU-Empfehlung besagt, Opfern den Anspruch auf Reintegration in den Alltag zu gewähren. Das ist unser Ziel. Ich glaube, dass es ein sinnvolles und gutes Ziel ist. Wir haben jedoch Zweifel, ob eine Opferstiftung das geeignete Instrument ist, diese Ziele zu erreichen. Ich habe diese Zweifel auch, insbesondere nach der Anhörung, die ich zum Teil anders bewertet habe als Herr Klooß.

Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen; wir werden uns enthalten. Worin bestehen unsere Zweifel?

Ich möchte kurz auf einige Sachen eingehen, von denen ich denke, dass sie Anlass genug sind, zu zweifeln und erhebliche Fragen daran zu haben, ob das der geeignete Weg ist. Die Anhörung hat meiner Ansicht nach deutlich gezeigt, dass viele Träger der Opferhilfe Geldmangel haben. Das ist klar, sie brauchen Geld. Aber sie haben auch – anders als Herr Klooß das gesagt hat – meiner Ansicht nach nicht deutlich gemacht, dass sie eine Opferstiftung für das geeignete Instrument halten, sondern vielmehr Befürchtungen haben, dass man sich nicht genug Gedanken darüber gemacht hat, wie man diese Träger mit einbindet. Dann hätten Sie vielleicht etwas anderes gesagt. Sie versuchen, eine Einrichtung zu schaffen, die derzeit an den Interessen dieser Träger vorbeigehen. Sie tragen das nicht mit und das kann man meiner Ansicht nach in diesem Bereich nicht machen. Das ist kein Erfolgsmodell.

(Beifall bei Antje Möller GAL, Viviane Spethmann und bei Karen Koop, beide CDU)

Wenn man sich Stiftungen überhaupt anschaut – beispielsweise das niedersächsische Modell –, glaube ich, dass wir uns vor zwei Jahren sicherlich mehr Erfolg von der Änderung des Stiftungsrechts und von den steuerli

chen Erleichterungen bei Stiftungseinrichtungen versprochen haben. Wir haben jüngst bei der Tamm-Stiftung gesehen, dass das Geld nicht in der Form fließt, wie wir uns das vielleicht alle versprechen. Darin verbirgt sich die Gefahr, dass der Staat ein Stück aus seiner Verantwortung für diesen Themenbereich kommt, alles dieser Stiftung überlässt, die aber gar nicht über die Mittel verfügt, die wir jetzt zum Beispiel schon für den Opferschutz haben.

(Doris Mandel SPD: Das soll ja auch so bleiben!)

Ich möchte nicht, dass der Staat durch so eine Stiftung aus der Verantwortung genommen wird. Das wollen wir ganz und gar vermeiden.

Hinzu kommt noch, wenn Sie Ihren Antrag noch einmal durchlesen, dass er nahe legt, dass die Träger der Opferhilfe gleichzeitig im Kuratorium oder in dem Stiftungsrat sein sollen und gleichzeitig Zuwendungsempfänger sind. Das ist auch in Niedersachsen nicht so. Da ist nur der „Weiße Ring“ im Stiftungsrat und die verteilen das Geld an die einzelnen Personen. Über so ein Modell kann man nachdenken. Aber wenn Sie die Infrastruktur für die Opferhilfe-Einrichtung verbessern wollen, dann muss man aber über andere Sachen nachdenken. Dieses Nachdenken ist im Ausschuss nicht mehr möglich gewesen, weil am Schluss zack, zack die Entscheidung durchgezogen wurde. So ist das bei mir jedenfalls angekommen.

(Doris Mandel SPD: Der Antrag war zwei Jahre alt!)

Das tut mir für die Sache sehr Leid. Aber ich erwarte, wenn wir einen Antrag zum Opferschutz vorlegen und den auch gemeinsam abstimmen wollen, dann sollte es einer sein, der Hand und Fuß hat, der für die Zukunft tragfähig ist und eine geeignete Mehrheit hat. Nur dann können wir den Opfern wirklich eine Hilfe zukommen lassen. So habe ich meine Zweifel und das ist im Interesse der Sache, glaube ich, nicht gut. Die Menschen, um die es hier geht, haben ein Recht darauf, dass wir ihnen verlässliche, wirksame Konzepte zukommen lassen. Hierfür müssen wir uns auch in der kommenden Legislaturperiode weiterhin einsetzen und Sie können sich sicher sein, dass auch wir unseren Beitrag dazu leisten werden.

(Beifall bei der GAL, vereinzelt bei der CDU und bei Ekkehard Rumpf FDP)

Das Wort hat Herr MüllerSönksen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst betonen, dass die FDP dem Thema Opferschutz seit langer Zeit nachgeht. In den Zeiten liberaler Bundesjustizminister konnten wir bereits wesentliche Verbesserungen erreichen. In den vergangenen Jahren haben wir immer wieder die Initiative ergriffen und Vorschläge für die Verbesserung der Situation von Opfern von Straftaten eingebracht.

(Michael Neumann SPD: Was denn genau?)

Häufig ist im Strafrecht die Strafe für den Täter von gesteigertem öffentlichem Interesse. Aber auch der Frieden des Opfers fordert den Rechtstaat. Opfer einer Straftat zu werden, gehört zu den schlimmsten Erfahrungen eines Menschen. Daher muss, wer Bürgerrechte wirklich ernst

nimmt – und dieses tut die FDP –, das Opfer im Mittelpunkt der Überlegungen stehen.

Herr Neumann, hören Sie gern weiter zu. Das Opfer muss im Mittelpunkt stehen

(Michael Neumann SPD: Ich habe gerade nach Ih- ren Initiativen gefragt!)

und nicht irgendwelche Behördeninstitutionen, die mit irgendeinem Placebo einen hektischen Aktionismus betreiben. Das hilft den Opfern nicht.