Protokoll der Sitzung vom 10.03.2005

(Beifall bei Hans-Christoff Dees SPD)

Nicht überall in Europa herrschen in Bezug auf Hafendienste ideale Wettbewerbsbedingungen. Es gibt Häfen mit Monopolen bei den Hafendiensten und nationale beziehungsweise regionale Subventionen, die keinen regulären Wettbewerb zulassen. Dies trifft jedoch für den Hamburger Hafen nicht zu. Im Gegenteil, in keiner anderen Wirtschaftsbranche Hamburgs ist eine derart positive Entwicklung festzustellen wie im Hafen.

Der Hafen ist der Wachstumsmotor der Hamburger Wirtschaft. Es gibt 145 000 Arbeitsplätze, die mittelbar und direkt mit dem Hamburger Hafen in Verbindung stehen. Entstehung und Schaffung von weiteren Arbeitsplätzen wie zum Beispiel – das möchte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich machen – bei der Firma EUROGATE. Sie hat in den letzten Monaten 200 Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt gebracht. Dafür sind wir der Firma sehr dankbar.

(Beifall im ganzen Hause)

Aktuell werden einige hundert Arbeitsplätze neu entstehen und dies ausschließlich vor dem Hintergrund eines wachsenden und prosperierenden Hamburger Hafens. Der Hamburger Hafen weist seit 1999 durchgehend zweistellige Zuwachsraten im Containerumschlag aus. Die aktuellen Umschlagprognosen des Institutes für Seeverkehrswirtschaft ergeben für Hamburg ein Potenzial von rund 18 Millionen TEU im Jahre 2015. Damit dieser Entwicklung Rechnung getragen wird, müssen die Rahmenbedingungen stimmen und verbessert werden. Senat und Bürgerschaft haben dies erkannt und verbessern durch ihr Handeln die Wettbewerbssituation des Hamburger Hafens nachhaltig,

(Beifall bei der CDU)

sodass durch die Erschließung von Marktpotenzialen Beschäftigung, Wertschöpfung und Steuereinnahmen für Hamburg gesichert werden.

Ich komme noch einmal auf das Hafenentwicklungsprogramm zu sprechen, doch lassen Sie es mich beispielhaft nennen: Durch den Hafenentwicklungsplan und durch das Sonderinvestitionsprogramm Hafen wird der Hafen durch Investitionen in Höhe von 750 Millionen Euro bis 2009 als das logistische Dienstleistungszentrum im Norden Europas konsequent weiterentwickelt: Erstens, Steigerung der Umsatzkapazität in erheblichem Maß durch den Ausbau der Container-Umschlagkapazitäten an den bestehenden Terminals sowie die Vorbereitung eines weiteren Ausbaus der Kapazitäten durch Umstrukturierung im westlichen und mittleren Hafen, Erschließung weitere Ansiedlungsflächen für logistische Dienstleistungen im Hafenerweiterungsgebiet Altenwerder West, Ausbau der Wasserstraßen und schienenseitigen Verkehrsinfrastruktur. Zweitens, die Gründung der Port Authority, Umwandlung der behördlichen Zuständigkeit in eine Anstalt öffentlichen Rechtes mit dem Ziel, die Leistung und Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens zu stärken, indem schneller und flexibler auf die Bedürfnisse des Marktes reagiert werden kann, flexiblere Investitionsentscheidungen, Service aus einer Hand zu marktgerechten Preisen, Beschleunigung von Planungs- und Umsetzungsabläufen.

Lassen Sie mich noch eine Randbemerkung machen: All diese Investitionen und Maßnahmen des Senates liefen ins Leere, wenn nicht zügig eine Fahrrinnenanpassung an die Erfordernisse der Containerschiffe neuester Generation erfolgen würde. Die Fahrrinnenanpassung ist unverzichtbare Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens. Ich appelliere deshalb ausschließlich an den aus Niedersachsen stammenden Umweltminister, Jürgen Trittin, seinen Widerstand gegen die Fahrrinnenvertiefung aufzugeben,

(Beifall bei der CDU)

nicht länger die Augen vor den Notwendigkeiten zu verschließen und von seiner Politik "Alles Geld nach Wilhelmshaven" endlich Abstand zu nehmen. Wir brauchen sowohl die Häfen in Bremen, in Hamburg als auch als Ergänzung den in Wilhelmshaven.

Während also in Hamburg alles getan wird, um die Wachstumslokomotive Hamburg mit dem erforderlichen Brennstoff zu versorgen, will uns Brüssel Bremser in Form der Rahmenrichtlinie Port Package II schicken. Ich sage: Nicht mit uns!

(Beifall bei der CDU und bei Michael Neumann und Gesine Dräger, beide SPD)

Der CDU-Senat dieser Stadt wie auch die CDU-Bürgerschaftsfraktion haben sich sehr früh und energisch gegen diese Hafenrichtlinie ausgesprochen. Der Bundesrat beschloss am 18. Februar auf eine Initiative Hamburgs und der anderen Küstenländer – Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen – eine Initiative im Bundesrat, die mit 16 zu Null oder 16 zu einer Stimme angenommen worden ist, Port Package II in dieser Form abzulehnen. Auch der Bundestag hat diese Hafenrichtlinie mit großer Mehrheit abgelehnt und ich weiß aus Niedersachen, dass es dort einen Parlamentsbeschluss gibt, der ähnlich lautet wie der Antrag, der Ihnen heute vorliegt. Zwar sind die angestrebten Ziele von mehr Transparenz und mehr Wettbewerb dort, wo bislang keine oder nur unzureichende Konkurrenz herrscht, auch im Sinne Hamburgs. Die vorgeschlagenen Maßnahmen jedoch würden Hamburg erheblichen Schaden zufügen, weil Port Package II eine Vielzahl von bürokratischen und investitionshemmenden Vorschriften enthält und ohne Not dirigistisch in einen gut funktionierenden Wettbewerb eingreift.

Es sind sich alle – ich betone: alle – CDU-Politiker einig, dass Port Package II in der vorliegenden Form nicht kommen darf. Wer etwas anderes behauptet, betreibt billige Polemik zulasten der CDU

(Beifall bei Manuel Sarrazin GAL)

Ja, Herr Maier, ich komme nachher noch zu Ihnen.

(Heiterkeit im ganzen Hause – Katja Husen GAL: Herzlich willkommen!)

Ja, das ist mir schon ein Bedürfnis. Stichwort Arbeitsplätze. Wir kommen noch darauf.

Ich kann Ihnen an dieser Stelle versichern, egal, wie Port Package II ausgeht, dass es dort keine Richtlinie geben wird, wo der Markt funktioniert. Das ist die zentrale Botschaft, die hier aus diesem Hause von uns ausgehen sollte.

(Beifall bei der CDU)

Es wird auch kein Hafenenteignungsgesetz geben, wie Hafenunternehmen und zu Recht befürchten. Port Package II hat bereits eine längere Geschichte hinter sich, nämlich Port Package I. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal deutlich machen: Port Package I ist 2003 beerdigt worden. Es ist im Europäischen Parlament nicht mehrheitsfähig gewesen. Trotz Recherche konnte mir keiner glaubhaft mitteilen, warum nun Port Package II wie Kai aus der Kiste mit einem Mal auf dem Markt ist.

(Zuruf von Ingrid Cords SPD)

Es gibt natürlich Lobbyisten, auch in Brüssel, die ein vitales Interesse daran haben, bestimmte Dinge für sich einzufahren. Das ist richtig. Das ist okay. Das ist auch legitim. Nur, wie viel Arbeit wird hier hineingesteckt, in den Parlamenten? Wie viel Zeit, wie viel Engagement in Europa, im Bundesparlament, in den Parlamenten der anderen europäischen Länder, um Port Package II zu verhindern? Das ist unglaublich. Das ist für mich nicht zu fassen. Es ist ja das Problem, das ich hier anspreche und das natürlich auch Sie thematisieren werden: Port Package II enthält noch gravierendere Vorschriften als Port Package I. Das ist unglaublich.

(Zuruf von Uwe Grund SPD)

Wir hatten uns eigentlich schon damals, bei Port Package I, über Laufzeiten von 40 Jahren und länger geeinigt und hier werden Laufzeiten so reduziert, dass es keine Investitionen mehr geben wird, dass künftig für jede Hafendienstleistung, die von der Richtlinie erfasst wird, zwingend eine Genehmigung erteilt werden muss.

(Uwe Grund SPD: Und das bei der konservativen Mehrheit in Brüssel!)

Auch die Laufzeiten der Genehmigungen sind kürzer als im ersten Entwurf. Außerdem ist unklar, ob bereits vorhandene Verträge eine Bestandsgarantie erhalten werden und ob eine getätigte Investition auch durch einen neuen Anbieter übernommen wird.

Vertrauliche Informationen von Logistik-Dienstleistern, von Terminalbetreibern, die viel Geld in die Zukunft ihres Terminals und des Hafens investieren wollen, haben heute schon Probleme mit den Banken, weil die Banken sagen, erzählen Sie doch einmal, wie sich das eingesetzte Kapital refinanziert. Und wenn dann der Terminalbetreiber sagt, das kann ich Ihnen aber nicht sagen, ich habe noch eine Laufzeit von zehn, 15 Jahren, dann sagt die Bank, ja und was passiert dann? Dann sagt der Betreiber: Das weiß ich nicht. Es kommt vielleicht jemand anderes aus Ostasien, der den Terminal übernimmt. Aber es gibt keine Gewähr, dass das eingesetzte Kapital dann auch von demjenigen, der dann die neue Ausschreibung gewinnt, übernommen wird. Das heißt also, der Terminalbetreiber kann sich, auf gut Deutsch gesagt, seine Containerbrücke in den Vorgarten stellen. Das ist nicht wirklich sinnvoll.

Für Hafenunternehmen bedeutet das geringere Sicherheit bei langfristigen Investitionen. Es kamen vor einiger Zeit – ich will einmal ein bisschen Geschichte erzählen – drei rote Schleppschiffe von Rotterdam nach Hamburg und da gab es hier in Hamburg einen großen Aufschrei, das sei ja unmöglich, das gehe ja alles gar nicht, die Konkurrenz könnten wir in Hamburg nicht gebrauchen und das sei ja alles so schlimm. Wenn damals die Schlepper mit irgendwelchen Kanonen ausgerüstet gewesen wären, hätte das, glaube ich, wirklich Mord und Totschlag im

Hamburger Hafen gegeben. Es war also Spitz auf Knopf. Die Holländer konnten preiswerter anbieten, das war die Firma Kotug,

(Bernd Röder CDU: Seeschlacht von Neuwerk!)

Seeschlacht, richtig.

und unsere Reedereien waren aus dem Geschäft. Damals kam Jan Jallas, SPD-Fraktionsvorsitzender der Bezirksversammlung Eimsbüttel zu mir, er war maßgeblich auch im Schleppergeschäft tätig. Er wollte wissen, was man tun könnte. Ich sagte, geh mal zu deinem Bürgermeister und lasse das in Brüssel klären. Das ist dann auch geschehen. Aus Brüssel hieß es, man wolle den Markt, man wolle die Konkurrenz und

(Manuel Sarrazin GAL: Was macht Ihr Bürger- meister?)

nicht regelnd eingreifen. Dann sind sie mit eingezogenen Köpfen wieder nach Hamburg gekommen und haben überlegt, wie das für Kaufleute so üblich ist, entweder den Laden dichtzumachen oder sich dem Markt zu stellen. Sie haben ihre Schlepper ertüchtigt, sodass sie mit weniger Personal fahren und dementsprechend auch preiswerter anbieten konnten. Das hat auf der einen Seite Personal gekostet, das sozialverträglich abgebaut wurde,

(Uwe Grund SPD: Die Arbeitsplätze waren weg!)

auf der anderen Seite hat es aber den Schleppreedereien die Möglichkeit gegeben, den Markt wieder zu öffnen.

Als Schlusswort lassen Sie mich Folgendes sagen: Wir sollten alles daransetzen, das Schiff mit dem Namen Port Package II und dem Heimathafen Brüssel am Heck schnellstmöglich zu versenken und auf Grund zu setzen, bevor es weiter Fahrt aufnimmt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Der Hafenentwicklungsplan stellt in einem fünfjährigen Rhythmus – und dazu ist der Senat verpflichtet – die Lage und Entwicklungschancen des Hamburger Hafens fest und leitet daraus zukünftige Ausbauschwerpunkte ab. Die aktuelle Umschlagprognose – das sagte ich eingangs schon – des Institutes für Seeverkehrswirtschaft und Logistik in Bremen geht von einer Verdoppelung des Umschlagvolumens für den Hamburger Hafen bis zum Jahr 2015 auf 222 Millionen Tonnen Gesamtumschlag aus und im gleichen Zeitraum wird demnach der Containerumschlag von heute 7 Millionen TEU auf dann 18 Millionen TEU ansteigen. Mit dem vom Senat beschlossenen Sonderinvestitionsprogramm wird bereits jetzt die Umsetzung eines Teils der im Hafenentwicklungsplan beschriebenen Maßnahmen sichergestellt. Der Senat wird bis zum Jahr 2009 zusätzlich 262,4 Millionen Euro in den Ausbau der Hafeninfrastruktur investieren. Zusammen mit den bereits in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Mitteln werden 2005 bis 2009 insgesamt 746 Millionen Euro in den Hafen investiert. Die gleiche Summe, wenn nicht mehr, wird von den Firmen in die Ertüchtigung ihrer Umschlaganlagen investiert. Das heißt also, wir sprechen hier von einem Gesamtinvestitionsvolumen von 1,5 Milliarden Euro.

Für den Hafen von besonderer Relevanz sind natürlich die Erhaltung der Wassertiefe im Hafen, der Ausbau der Schienenverbindungen und der Straßen und aufgrund einer deutlichen Größen- und Tiefgangzunahme weltweit verkehrender Containerschiffe der Ausbau und die aus

reichende Unterhaltung der Elbe als Seewasserstraße. Im Rahmen des Hafenentwicklungsprogrammes sollen folgende Maßnahmen durchgeführt werden, um der Steigerung der Umschlagkapazität zu entsprechen und zu begegnen: Ausbau der Containerumschlagkapazität an den bestehenden Terminals sowie die Vorbereitung eines Ausbaus weiterer Umstrukturierungen im westlichen und mittleren Hafen, Erschließung weiter Ansiedelungsflächen für logistische Dienstleistungen im Hafenerweiterungsgebiet Altenwerder-West. Mit diesen Maßnahmen kann die Umschlagkapazität in erheblichem Maße gesteigert werden, sodass bis Ende 2009 rund 12 Millionen TEU umgeschlagen werden können. Einen weiteren Ausbau an bestehenden Terminals – hier nenne ich insbesondere Eurogate – und die Fortsetzung der großen Umstrukturierungsmaßnahmen im mittleren Freihafen vorausgesetzt, ist es möglich, die Kapazität auf 18 Millionen TEU zu erweitern.

Ich danke dem Senat und insbesondere dem Wirtschaftssenator, Gunnar Uldall, dass mit diesen Investitionen die Grundlage für einen Wachstumsschub geschaffen wird, der Hamburg zur Logistikdrehscheibe Nordeuropas macht und dauerhaft Arbeitsplätze erhält und neue schafft.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kerstan, Sie werden verstehen, dass ich auf Ihre Pressemitteilung eingehen muss.

(Jens Kerstan GAL: Endlich!)

Ich bin – das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich – auch tief betroffen. Herr Kerstan, das sind populistische Äußerungen. Sie sind für mich ein Dauermiesredner, wenn ich das so deutlich sagen darf. So eine positive Entwicklung im Hamburger Hafen so miesepeterisch zu begleiten – da sollten Sie einmal in sich gehen. Mit Ihren populistischen, negativen Äußerungen zur Arbeitsplatzsituation im Hamburger Hafen schaffen Sie ein – für mich ist das deutlich geworden – wirtschaftliches Zerrbild, das dem Hamburger Hafen und seinen Beschäftigten nicht gerecht wird. Der Hamburger Hafen hat einen Strukturwandel durchgemacht. Wir haben dort oben einen maßgeblichen Herrn sitzen. Das ist der ehemalige Wirtschaftsenator Kern.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)