Protokoll der Sitzung vom 13.04.2005

Besondere Vorgänge, Herr Neumann, sind angesprochen worden. Natürlich haben wir besondere Vorkommnisse in dieser Einrichtung gehabt. Wen wundert das aber auch? Wenn Sie denn schon meine Große Anfrage nehmen und die Antwort hier zitieren, dann doch bitte so, dass man darstellt, um wen es sich in dieser Einrichtung handelt. Das sind 25 Minderjährige, denen nicht weniger als 571 Straftaten zur Last gelegt werden. 571, das mag man sich einmal vorstellen.

(Michael Neumann SPD: Davon sind 123 in der Einrichtung entstanden!)

Das sind, Kollege Neumann, 25 Jugendliche, denen nicht nur 571 Straftaten zur Last gelegt wurden, sondern die – der Kollege Weinberg hat es gesagt – bereits 121 Hilfen zur Erziehung nach dem SGB erhalten haben. Das sind die schwierigsten Jugendlichen, die wir in der Stadt haben. Und Sie, Kollege Neumann – da können Sie jetzt zehnmal mea culpa sagen und "wir sind abgewählt worden" –, Sie sind dafür verantwortlich, dass so eine Einrichtung jetzt überhaupt erst entstehen musste, denn Sie haben es versäumt, rechtzeitig gegenzusteuern,

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Die Dreizehnjährigen sind in 44 Jahren erzogen wor- den!)

denn all das, Herr Kollege Neumann, was Sie an Maßnahmen eingeleitet haben, hat nicht gefruchtet und hat diese kriminellen Karrieren nicht beendet. Wir haben mit den ersten Jugendlichen, die in diese Einrichtung gekommen sind, erst einmal die Altlasten aufarbeiten müssen. Das sind die Jugendlichen, die seit dem achten oder neunten Lebensjahr straffällig geworden sind, um die sich keiner gekümmert hat, wo man immer gesagt hat

(Michael Neumann SPD: Sie regieren schon vier Jahre!)

Herr Neumann, Sie saßen mit mir in der EnqueteKommission –, das seien Experten ihres Lebens.

Deswegen, Frau Kollegin Blömeke, zu dem Punkt, den Sie vorhin angesprochen haben: die fragwürdige Konfliktpädagogik, die ich in meiner Presseerklärung angesprochen habe. Wenn man mit so schwierigen Jugendlichen in solch einer Einrichtung arbeiten möchte, muss man sich sehr genau überlegen, wie man das macht. Es gibt andere geschlossene Einrichtungen, die Räumlichkeiten geschaffen haben, in die man die Jugendlichen im Zweifelsfall einsperrt, wenn sie im Begriff sind, auszuticken. Wir haben von vornherein gesagt, in diesem abgestuften Vier-Phasen-Konzept, dass wir das nicht wollen, dass wir den Konflikt Pädagoge – Jugendlicher wollen. Wir wollen den Jungendlichen auch in den ersten drei Monaten in der Geschlossenheit dieser Einrichtung stellen. Wir wollen, dass er zu sich kommt, damit wir danach mit ihm arbeiten können. Deswegen sind Konflikte in dieser Einrichtung mit den Pädagogen und zwischen den Jugendlichen auch gewollt. Das ist ein Teil dieses Konzeptes und es ist wichtig, um den Jugendlichen irgendwann zu erreichen und damit die Therapie bei ihm auch tatsächlich fruchtet.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Böwer sprach die besonderen Vorkommnisse an, die in dieser Einrichtung so dramatisch gestiegen seien. Herr Kollege Böwer, das ist reines Skandalisieren. Wenn Sie sich das genau angucken – und Sie können das anhand der Aktenlage wunderbar sehen –, werden Sie feststellen, dass die besonderen Vorkommnisse im zweiten Halbjahr 2004 deshalb gestiegen sind, weil einige wenige in dieser Einrichtung sind, die besonders schwer zu handlen sind, die nämlich auch – schreiben Sie es sich auf, Herr Böwer, ich bin schon auf die Antwort gespannt – bereits vorher vorhandene psychische Probleme mit in diese Einrichtung gebracht haben und die deshalb natürlich auch eine besondere Betreuung in so einer Einrichtung brauchen. Deswegen haben wir eine Psychiaterin in dieser Einrichtung. Deswegen gibt es Möglichkeiten, mit diesen Jugendlichen auch auswärtige Arztbesuche vorzunehmen. Aber man wird feststellen, dass die Jugendlichen in dieser Einrichtung in ihren Eigenschaften doch sehr heterogen sind und dass man auch sehr gezielt gucken muss, wie man einzelnen Jugendlichen helfen kann.

Sie sprachen die besondere Personalfluktuation an. Ich will darauf gar nicht lange eingehen: Das ist Quatsch. Die Personalfluktuation in dieser Einrichtung – und auch das wird aus der Aktenlage deutlich –

(Michael Neumann SPD: Die ist wie in der CDU- Fraktion!)

ist nicht anders als zu Beginn und nicht anders als die Personalfluktuation der intensiv betreuten Wohngruppen, die Rotgrün geschaffen hat, als Reaktion auf den Mord an dem Lebensmittelhändler Dabelstein, die aber offene Einrichtungen sind. Auch da haben die Leute zu Beginn gesagt, oh Gott, oh Gott, so schwer habe ich mir die Arbeit in der Einrichtung nicht vorgestellt.

(Michael Neumann SPD: Wenn von 25 20 abhau- en, ist es eine offene Anstalt!)

In der geschlossenen Unterbringung ist nichts anders. Das ist wunderbar vergleichbar, Herr Kollege Neumann, aber auch das werden wir ja dann mit unserem Zusatzantrag feststellen können.

(Beifall bei der CDU)

Sie sprachen die Kündigung von Mitarbeitern an. Auch die Kündigung von Mitarbeitern – auch das wird natürlich durch unseren Zusatzantrag deutlich werden – ist nicht anders als in der Anfangsphase anderer geschlossener Einrichtungen bundesweit. Auch da gibt es gar keine Probleme.

Es wurde das wenig gesicherte Außengelände angesprochen. Auch hier kann ich sagen, dass die Behörde von Anfang an immer geguckt hat, wo eventuell noch ein baulicher Mangel an dieser Einrichtung besteht. Ich sage hier ganz ehrlich auch gern einmal etwas Kritisches:

(Oh-Rufe bei der SPD und der GAL)

Wir als CDU-Fraktion haben uns auch nicht gefreut, dass in den ersten Monaten Jugendliche diese Einrichtung in der geschlossenen Phase aufgrund ihrer baulichen Mängel verlassen haben. Darüber hat sich in dieser Stadt keiner gefreut. Die Behörde hat aber zeitnah und schnell reagiert,

(Michael Neumann SPD: Das können Sie im PUA alles darstellen!)

die Mängel analysiert und abgestellt, wir haben die Einrichtung ausgebaut, wir haben ein wunderbares Raumprogramm mit einem wunderbaren Außengelände. Diese Jugendeinrichtung muss sich mittlerweile vor keiner anderen Jugendeinrichtung bundesweit verstecken und bietet wunderbare Voraussetzungen, um sich um solche Jugendliche zu kümmern.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt kommt natürlich das Thema: Warum macht die Opposition einen PUA? Man möchte versuchen, noch irgendeinem der Verantwortlichen, möglichst der Bürgermeisterin, zumindest aber dem Staatsrat – vielleicht kriegen wir den – politisch in irgendeiner Form einen Kratzer zu versetzen. Ich prophezeie auch hier: Keiner von beiden wird einen Kratzer bekommen und auch die führenden Mitarbeiter dieser Behörde werden keine Kratzer bekommen, weil sie sich stets bemüht und sich dafür eingesetzt haben, dass Mängel abgestellt werden und die Jugendlichen auch vernünftig betreut werden.

Wenn Sie nach Verantwortlichen für die geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße suchen, empfehle ich Ihnen einen Blick ins Hamburg-Handbuch, da ist die Struktur der Behörde für Soziales und Familie dargestellt. Da wird sehr deutlich, wer die Verantwortung für diese Einrichtung trägt.

Kosten der Einrichtung: Auch da versucht Herr Böwer ja permanent, einem mehr aufzutischen. Die Einrichtung "Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße" sei ja so teuer und viel teurer als andere Einrichtungen. Auch das stimmt nicht und auch das sage ich hier sehr deutlich im Plenum: Man wird feststellen, die Kosten pro Jugendlichem waren nicht höher als die Kosten pro Jugendlichem in den intensiv betreuten offenen Wohngruppen, Herr Neumann,

(Michael Neumann SPD: Offener als Ihre ge- schlossene geht gar nicht!)

die unter SPD/GAL-Regierung vorhanden waren. Wir sind in einem ganz normalen Kostensatz. Herr Böwer, da Sie immer wieder von einem Neubau sprechen, weil Ihnen die Einrichtung nicht gefällt: Ein Neubau wäre sechs- oder siebenmal teurer gewesen als das, was wir an Baukosten in diese Einrichtung gesteckt haben, also seien Sie zumindest da einmal ehrlich.

(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Bei so viel Geld muss es funktionieren!)

Dann der Vorwurf von vorhin, wir würden die Schuld bei den Jugendlichen suchen. Eins sage ich ganz deutlich: Bei diesen Jugendlichen suchen wir keine Schuld. Diese Jugendlichen sind Opfer Ihrer Politik, weil Sie es versäumt haben, sich mit Maßnahmen um diese Jugendlichen zu kümmern.

(Beifall bei der CDU – Unmutsäußerungen bei der SPD und der GAL)

Dann, liebe Frau Blömeke, zur Pharmazie: Ich weiß ja nicht, wie Sie sich hier hinstellen und behaupten können, es sei ja dubios, wie das da alles verabreicht werde. Das ist alles im Ausschuss, das ist in der Anfrage so sauber beantwortet worden, das gibt es nur auf ärztlichen Hinweis,

(Michael Neumann SPD: Hinweis!)

auf ärztliche Verordnung, Herr Neumann.

Insofern ist das alles abgestimmt. Da wird nicht irgendjemand in dieser Einrichtung mit Drogen vollgestopft, wie Sie es versuchen hier darzustellen, sondern es ist medizinisch notwendig, wenn dort Medikamente verabreicht werden,

(Michael Neumann SPD: Warten wir einmal ab. Regen Sie sich nicht auf!)

und das ist auch alles wunderbar dokumentiert, man kann es in den Unterlagen und auch in den Akten nachlesen.

(Beifall bei der CDU – Gesine Dräger SPD: Schön, dass wir jede Ihrer Äußerungen nachprüfen kön- nen!)

Frau Dräger, Sie können jeden Satz nachprüfen. Ich werde jetzt wahrscheinlich noch zehn bis zwölf Sätze sagen, auch die können Sie gern alle nachprüfen, denn sie stimmen.

Zu den Erfolgen dieser Einrichtung: Ich habe mich nicht gewundert, dass dazu natürlich von Ihnen nichts gesagt wird. Es ist ja auch immer ein bisschen schlecht, über Erfolge einer Einrichtung zu sprechen. Man skandalisiert ja lieber und bringt so Fälle, die vielleicht auch schon einmal in der Zeitung standen. Aber, Herr Neumann, hätten Sie sich die Mühe gemacht und sich die Zeit genommen, die Große Anfrage und die Antwort einmal zu lesen, dann hätten Sie tatsächlich festgestellt, dass nach Ihrer Entlassung nur fünf von elf Minderjährigen erneut polizeilich aufgefallen sind. Sie hätten auch lesen können, dass zehn Minderjährige wieder einen Anschluss an Schule und Beruf gefunden haben und dadurch natürlich persönlich gefestigter sind. Das sind Erfolge bei den schwierigsten Jugendlichen dieser Stadt, die diese Einrichtung produziert hat, für die sich diese Einrichtung auch gern verantwortlich zeigt und wo wir als CDU sagen, deswegen sind wir froh, dass es diese Einrichtung gibt.

(Beifall bei der CDU)

Ihre Ausführungen zur Aufsichtskommission waren der Hammer. Ich höre mir sehr viel an und sage mir: Das kennst du schon, das hast du schon gehört, das ist nichts Neues. Aber, Frau Blömeke, Sie sagen, dass es die Opposition war, die dafür gesorgt hat, dass jetzt endlich eine solche Aufsichtskommission eingesetzt wird. Ich bin schon sehr gespannt, wie Sie uns das nachweisen oder wie Sie das für sich in Anspruch nehmen wollen. Die CDU-Fraktion hat den Antrag gestellt, eine Aufsichtskommission einzusetzen. Wir haben darauf gedrängt, dass das schnell passiert. Diese Aufsichtskommission macht jetzt ihre Arbeit und wird diese Einrichtung auch begleiten. Sie macht das, was Sie mit Ihrem PUA erreichen wollen, wahrscheinlich viel besser als Sie das im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss können.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andrea Hilgers SPD: Beruhigungstee!)

Herr Böwer hat gesagt, unseren Antrag dürfe man so gar nicht stellen, er sei nicht mit dem Paragraphen 3 des PUA-Gesetzes vereinbar, denn er würde viel weiter gehen.

Aus unserer Sicht trifft unser Antrag den Kern dieses Untersuchungsgegenstandes, denn man kann heute nicht irgendetwas untersuchen, wenn man nicht weiß, was in der Vergangenheit geschehen und gewesen ist und wer auch im Zweifelsfall nicht betreut wurde, sodass er in diese geschlossene Einrichtung gekommen ist. Deswe

gen, Frau Dr. Hilgers – Sie wedeln so schön mit Unterlagen, die ich auch alle zu Hause in vielen Ordnern habe; Herr Weinberg wird sie demnächst auch im Schrank stehen haben –, glaube ich auch, dass der PUA nicht lange laufen wird. Dieser zusätzliche Antrag wird zumindest keine zeitliche Verzögerung bringen, weil vieles – das habe ich anfänglich gesagt – von dem, was Sie untersuchen wollen und was wir ergänzend eingebracht haben, um tatsächlich eine vernünftige Bewertung vorzunehmen, bereits vorliegt. Da haben Sie vollkommen Recht, Frau Dr. Hilgers.

Insofern wird es sehr schnell für diesen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss möglich sein, das zu analysieren, was man hatte, das zu bewerten, was man jetzt hat. Dieser Parlamentarische Untersuchungsausschuss wird für die SPD und die GAL platzen wie eine Seifenblase. Es wird nichts dabei herauskommen.

(Beifall bei der CDU)

Damit ich Sie abschließend nicht noch langweile: