Lassen Sie mich einige Anmerkungen zu Ihrem Sonderinvestitionsprogramm „Wachsende Stadt“ machen. Es tut mir Leid, wenn ich jetzt etwas sagen sollte, das die neuen Abgeordneten vielleicht nicht wissen: Das ist etwa das dritte Sonderinvestitionsprogramm eines von der CDU geführten Senates. Das erste war eigentlich nicht richtig finanziert, aber es wurde immerhin umgesetzt, wenn auch sehr viel später als erwartet. Das zweite war nicht besonders. Was ist jetzt eigentlich das dritte? Was ist das für ein Investitionsprogramm?
Wenn man das bisher überhaupt richtig beurteilen kann, dann sind die Hälfte davon bisher geplante Investitionen. Die erhalten das Etikett „Wachsende Stadt“. Insofern nichts Neues oder bestenfalls neu verpackt. Was ist dann der vielleicht interessantere Teil? Der vielleicht interessantere Teil ist uns im Prinzip nicht bekannt, außer dass ihn öffentliche Unternehmen und andere Unternehmen irgendwie erbringen sollen. Dann sind wir wieder bei dieser interessanten Formel von Public-privatepartnership. Public-private-partnership ist ja gut und schön, aber es ersetzt eigentlich keine Investitionsplanung für die Zukunft dieser Stadt, die auch finanziert ist. Wir haben keine solide Finanzierung.
Meine Damen und Herren, wir haben große Risiken im Haushalt dieser Stadt, über die wir noch gar nicht gesprochen haben. Ich will das jetzt auch nicht im Einzelnen aufzählen. Das können wir immer noch tun. Woran muss sich Finanzpolitik eigentlich in dieser Stadt in einer Steu
er- und Finanzkrise messen lassen? Einerseits daran, dass sie die konjunkturellen und strukturellen Einnahmeausfälle bewältigt. Das geht nur mit konsequenter Konsolidierung und konsequenter Ausgabenbegrenzung. Das, wie gesagt, schaffen Sie nur in Teilen. Zum Zweiten aber auch, indem die Zukunftschancen der Stadt nicht durch falsche Sparsamkeit gefährdet wird, sondern indem für Bildung, Wissenschaft, Kinderbetreuung und Infrastruktur Mittel bereitgestellt werden. Daran ist Ihre Finanzpolitik zu messen. Wenn wir dann ein vorläufiges Fazit ziehen, dann kommen wir dazu, dass Sie im Augenblick noch nicht einmal die hausgemachten Probleme im Betriebshaushalt endgültig abfinanziert haben. Zukünftige Konsolidierung? Fraglich.
Wenn wir schon über Konsolidierung reden: Tatsache ist doch, dass der wesentliche Sparbeitrag des Jahres 2003 und des Jahres 2004 nicht irgendwie vage in Jesteburg war, sondern die Gehaltskürzung der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und nichts anderes.
Es waren eben nicht die vielen aufgabenkritischen Einsparungen. Es waren nicht die Effizienzsteigerungen. Es war nicht die Modernisierung, sondern es war eine schlichte Gehaltskürzung und sonst gar nichts. Das, was Sie versäumt haben und was wir Ihnen immer vorgehalten haben, war: Wenn wir schon wissen, dass wir den öffentlichen Dienst modernisieren müssen, wenn wir wissen, dass viele Beschäftigte in den nächsten Jahren ausscheiden werden – warum machen wir keinen Zukunftsplan für den öffentlichen Dienst? Warum nehmen wir diese Chance nicht wahr? Warum machen wir in Hamburg nicht die modernste Verwaltung mindestens eines Stadtstaates oder der Republik? Warum nicht? Darauf sind Sie bisher die Antwort immer schuldig geblieben.
Und, Herr Dr. Peiner, die Bezirksverwaltungsreform ist nicht die große Verwaltungsreform dieser Stadt. Das müssen Sie sich sagen lassen.
Zweitens, meine Damen und Herren, ich sage das ganz sachlich: Die Prioritäten für die Zukunft im Bereich Bildung und Kinderbetreuung, auch das Projekt „Wachsende Stadt“ und selbst die Bezirksverwaltungsreform, von der keiner weiß, wie viel sie dann kostet, sind bisher nicht nachweisbar finanziert. Wir werden darüber streiten müssen, wie sie finanziert werden sollen.
Es gibt aber einen Wachstumsbereich in dieser Stadt, der sehr stark durch Politik bestimmt ist. Dort wächst es rapide und mit einer ungeheuren Geschwindigkeit. Dieser Wachstumsbereich ist der Ausverkauf des öffentlichen Vermögens dieser Stadt, um es einmal sehr direkt zu sagen. Das nimmt nach Volumen und Geschwindigkeit so rasant zu, dass es unvorstellbar ist. Dagegen ist der Neue Markt eine langweilige Veranstaltung gewesen. Meine Damen und Herren, wir werden in diesem Jahr 802 Million Euro Vermögen mobilisieren, was ja nichts anderes heißt als verkaufen. Auch umschichten heißt verkaufen. Das sind ganz plötzlich 185 Millionen Euro mehr als noch im letzten Jahr. Das ist in der Tat eine enorme Steigerungsrate. Es ist eine Steigerungsrate, die auch nicht akzeptabel ist, denn es ist Tatsache – wenn wir schon über Finanzierung von Investitionen reden –, dass dies im Jahr 2004 im Wesentlichen zur Defizitfinanzierung ausgegeben wird und für kaum etwas anderes.
Von daher ist die solide Investitionsfinanzierung ein Gerücht. Wir könnten auch sagen: Alle diese schönen Worte überrollen, einfrieren, konsequente Konsolidierung, verantwortungsbewusste Konsolidierungspolitik, Jesteburg I, Jesteburg II, verfassungskonformer Haushalt sagen nichts über die Realität dieser Stadt. Sie sind eine Seifenblase, die man immer wieder wiederholen kann.
Ich komme zum Schluss. Die politische Herausforderung für diese Stadt ist groß, aber die finanzpolitischen Konsequenzen im Handeln bleiben hinter dem zurück, was notwendig wäre. Deshalb werden wir weiter über Finanzpolitik und über die Zukunft dieser Stadt streiten müssen, denn finanzpolitisch ist sie nach Meinung der SPDFraktion gegenwärtig nicht gesichert.
Vielleicht gelingt mir das ja. Aber bei den Rahmenbedingungen, die vorhanden sind, bin ich mir nicht ganz sicher.
Eines, Herr Kollege Zuckerer, ist mir heute deutlich geworden. Ich habe neulich einmal von einem Kollegen aus einem anderen Bundesland an einem netten Abend den Spruch gehört: „In einem öffentlichen Haushalt geht es im Grunde genommen genauso zu wie in der Küche eines Privathaushaltes.“ Da hab ich ihn angeguckt und habe gefragt: „Wieso das denn?“ Er sagte: „Das ist wie bei uns zuhause in der Küche. Jeder will essen, nur keiner will abwaschen.“
Herr Kollege Zuckerer, wenn ich mir das anhöre – es ist nun drei Stunden her, dass Ihr Fraktionsvorsitzender hier vorne gestanden und gesagt hat: „Das Volk hat gesiegt“. Der große Erfolg des Volkes in Sachen Kita. Es ist eine große Leistung. Nun stellt sich der Finanzsenator dieser Stadt mit sorgenvollem Gesicht hin und sagt, dieses müsse in Teilbereichen aber noch ausfinanziert werden. Sie selbst – und das ist ja auch das Erstaunliche –, die Haushaltspolitiker der GAL, die ja auch den Sieg des Volkes wollten, sagen jetzt hier, vier Stunden später, der Erfolg des Volkes sei aber für den Haushalt ganz gefährlich, da es Risiken gebe, die überhaupt nicht abgedeckt seien. Nun frage ich Sie doch, wenn Sie denn so verantwortungsvoll
mit dem Haushalt umgehen, wie Sie es denn vorgeben, dann hätte doch bitte auch im Rahmen dieser von Ihnen initiierten Volksinitiative gleich gesagt werden müssen, dieses koste aber Geld, und dieses solle so oder so finanziert werden.
An sich, meine Damen und Herren, wollte ich auf die Vergangenheit gar nicht mehr eingehen. Aber, Herr Kollege Zuckerer, wenn Sie jetzt sagen, es habe die vorbildlichen Haushalte im Betriebshaushalt 1997 bis 2001 gegeben, die Sie so glorreich hinstellen, dann lassen Sie
uns doch einmal auf einen Bereich gucken, nämlich auf den Bereich der in Hamburg verbleibenden Steuern. Das betrifft also die betriebswirtschaftlichen Nettoeinnahmen und die Ausgaben, die Erhöhung der Schulden in den Jahren 1990 bis 2000: Die in Hamburg verbliebenen Steuern sind von 1990 bis 2000 von 4 972,8 Millionen Euro auf 6 907 Millionen Euro angestiegen.
Das ist ein Anstieg von 39 Prozent. Herr Kollege Zuckerer, Sie wissen, dass ich Sie persönlich sehr schätze und ja auch meistens für sehr glaubwürdig halte. Nur, wenn Sie jetzt sagen, das seien so tolle Haushalte, die Sie hingekriegt haben, wie können Sie mir denn erklären, dass die Haushalte der Freien und Hansestadt Hamburg toll und mustergültig sind, wenn im gleichen Zeitraum, in dem die Einnahmen um 39 Prozent gestiegen sind, die Schuldenlast ohne die WK um 73,3 Prozent und, wenn ich die WK hinzurechne, um 83 Prozent gestiegen ist?
Wenn das die Messlatte für eine vorbildliche Haushaltsperiode von 10 Jahren ist, dann ist die Leistung von Senator Peiner und diesem Senat olympiaverdächtig, denn davon sind wir weit entfernt.
Diese Olympiaverdächtigkeit steigert sich noch, denn – das sage ich den jüngeren Kollegen hier, Sie, Herr Zuckerer, und Sie, Herr Maier, sind ja schon länger dabei –
in den Jahren 1991, 1993 und 1994 war Hamburg Nehmerland aus dem Länderfinanzausgleich. Das heißt, diese rekordverdächtige Verschuldung trotz der Tatsache, dass noch 144 Millionen Euro – nicht Mark, ich habe das umgerechnet – aus dem Länderfinanzausgleich hinzugekommen sind und in dem Zeitraum noch 5,5 Milliarden Euro inklusive Ausgliederung Vermögen veräußert worden sind. Wenn ich das auf die 73 Prozent oder 83 Prozent draufschlage, bin ich ja fast bei 100 Prozent. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir vor vier Stunden besprochen haben. Das ist genau das Gegenteil von Zukunftssicherung für unsere Kinder. Sie wissen es doch alle aus Ihrem Privatleben: Wenn ich zehn Jahre auf Pump gelebt habe und mich verschulde, kriege ich das im Normalfall nicht in drei Jahren wieder hin, zumal, wenn meine Einnahmen sinken.
(Ingo Egloff SPD: Wie wollen Sie es denn jetzt machen? – Dirk Kienscherf SPD: Sie leben doch jetzt nur auf Pump!)
Ein Kernsatz – und dort wird auch der Unterschied zwischen Herrn Zuckerer und mir ganz deutlich: Herrn Zuckerer fehlt der Glaube, dass das, was der Senat hier vorträgt, auch Realität wird. Ich kann Ihnen nicht nur pflichtgemäß, sondern tatsächlich versichern, mir fehlt dieser Glaube nicht, sondern ich habe einen ganz festen Glauben daran
(Dr. Monika Schaal SPD: Dann sollten Sie sonn- tags in die Kirche gehen! – Dirk Kienscherf SPD: Die Hoffnung stirbt zuletzt!)
und meine Fraktion wird alles dafür tun, dass Sie zum Glauben zurückfinden, Herr Zuckerer. Das werden wir versuchen.
Zurückfinden, meine Damen und Herren, bedeutet eine Rückgewinnung der Handlungsmöglichkeiten. Handlungsmöglichkeiten können nur durch einen Konsolidierungskurs kommen. Sie haben ja Recht, Herr Zuckerer, und Herr Maier wird das Gleiche sagen. Ihr müsst aber dem Bürger dann bitte sagen, wo ihr ihm wehtun werdet.
Ich bin Ihnen, Herr Dr. Maier und Herr Zuckerer, sehr dankbar, dass wir uns auf einen letzten Haushaltsausschusstermin am 25. Mai einigen konnten. Dort haben wir die Mai-Steuerschätzung und kommen endlich einmal dahin, wo wir als Haushälter immer hin wollten. Wir haben nämlich in der letzten Beratung vor der Beratung im Plenum im Haushaltsausschuss die Zahlen der MaiSteuerschätzung und können dieses in unsere Beratung einfließen lassen. Herr Senator Peiner, ich gehe davon aus, dass der Senat dann den Haushaltsausschuss auch umfassend über die Auswirkungen informieren wird.
Es ist schwierig. Meine Damen und Herren, Vermögensmobilisierung ist schwierig, denn diese 5,5 Milliarden sind schon in den letzten zehn Jahren ausgegeben worden. Die sind nicht mehr da. Konsolidierungsbeiträge durch strukturelle Einsparungen aus Jesteburg I und II – da muss noch ein Teil realisiert werden, da haben Sie Recht. Aber das ist unsere gemeinsame Aufgabe, denn ohnedem geht das gar nicht.
Liebe Frau Kollegin, meinetwegen sagen Sie dann auch unsere Aufgabe. Mit „unsere“ meinte ich unsere. Aber ich denke an das, was Ihr Fraktionsvorsitzender gesagt hat: Wir wollen gemeinsam die Zukunft dieser Stadt gestalten. Gemeinsam die Zukunft dieser Stadt zu gestalten heißt doch, gemeinsam dafür zu sorgen, dass wir eine solide Finanzbasis dafür haben. Anders geht es doch nicht.
Meine Damen und Herren, die Maßnahmen im Betriebshaushalt sind schon genannt worden. Die will ich hier nicht wiederholen. Der Investitionshaushalt ist auch genannt worden. Wenn Sie sich einmal rückbesinnen auf die Nettoeinnahmen dieser Stadt, auf die verbleibenden Steuern, und sich dann die Personalausgaben angucken, dann sind das nicht die 35 Prozent, die Herr Dr. Peiner richtigerweise genannt hat, sondern da liegen wir teilweise bei 50 Prozent der verbleibenden Steuern. Da muss man etwas tun. Da gibt es einen Handlungsbedarf.
Wir müssen uns überlegen, ob wir im Rahmen von Dienstleistung, Public-private-partnership, hier nicht im operativen Bereich etwas tun können, nicht um jeden Preis, aber ob es nicht besser wäre.
Meine Damen und Herren, was ich aber sehr wichtig finde – ich bin dem Senat außerordentlich dankbar, dass er das in seine Drucksachen hineingeschrieben hat –, ist die Forderung des Rechnungshofes – das ist eine Notwendigkeit –, dass künftig im Investitionsbereich eine nachhaltige Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich gemacht wird, nämlich, dass Anmeldungen nur noch mit Angaben zur Untersuchung der Wirtschaftlichkeit erfolgen sollen, zu Zielen und Kennzahlen von Maßnahmen, zu Folgekosten und Kostenersparnissen. Wenn wir nicht dahin kommen, die vorzügliche Hamburger Verwaltung in ihrem Handeln noch