Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

(Zuruf von Wolfgang Beuß CDU – Kai Voet van Vormizeele CDU: Kommen Sie mal zum Thema!)

Es wäre aber genauso wünschenswert und schön, wenn sich der Senat mit genauso viel Energie um die darbenden Geistes- und Sozialwissenschaften an der Hamburger Universität kümmern würde, wie jetzt NanoDrucksachen vorgelegt werden.

Dass Sie mittlerweile die kleinsten Teile im Auge haben, macht nur deutlich, dass Sie anscheinend den Blick für das Große und Ganze ein wenig verloren haben. Wir haben bei der Debatte dieser Drucksache im Wissenschafts- und Haushaltsausschuss feststellen können, dass es viele Physiker an der Spitze der Behörde gibt. Wer diese Drucksache durchliest, wie der Kollege Stehr es anscheinend wenigstens teilweise getan hat, wird feststellen, dass dort viele Begriffe stehen, die für einen normalen Menschen kaum verständlich sind.

(Karen Koop CDU: Aber immer Ansporn sind!)

Trotzdem wird die SPD-Fraktion dieser Drucksache zustimmen, aber ich würde mir wünschen, dass Sie künftig aus dem Hochschulbereich wieder andere Dinge anmelden.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Opitz, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Stehr, vielen Dank für die kleine Einlage aus der Sendung mit der Maus. Das war sehr anschaulich.

(Beifall bei Martina Gregersen GAL)

So viel dazu.

Die Einrichtung des Interdisziplinären Nanowissenschafts-Centrums Hamburg, kurz INCH genannt, ist gut und wünschenswert. Da geht es darum, dass Bereiche aus der Physik, der Chemie, der Informatik, der Biologie und Medizin zusammenarbeiten. Natürlich ist es auch ein ganz wichtiger Schritt für den Forschungsstandort Hamburg, der tatsächlich große Wachstumsmöglichkeiten hat, sowohl im wissenschaftlichen Forschungsbereich, aber auch auf dem Arbeitsmarkt.

Deswegen haben wir das fraktionsübergreifend und einstimmig durch den Ausschuss, sogar durch zwei Ausschüsse, gebracht, weil wir alle den Wert der Nanotechnologie schätzen. Die Finanzierung ist auch in Ordnung. Sie wird aus dem Sonderinvestitionsprogramm, aber auch aus Bundesmitteln erfolgen. Die Nanowissenschaften werden natürlich schon lange von der Bundesregierung und auch von der Europäischen Union gefördert, um diese Zukunftstechnologie voranzubringen. Daher bin auch ich etwas verwundert über die Debattenanmeldung der CDU, denn es gibt im Wissenschaftssektor sicherlich strittigere Themen, die eine echte Debatte nach sich ziehen würden. Da die CDU lieber über Unstrittiges streitet, möchte auch ich meine und Ihre Zeit dazu nutzen, Ihnen ein wenig über die Nanowissenschaften zu erzählen.

(Zurufe von der CDU: Nein! – Klaus-Peter Hesse CDU: Das hat Herr Stehr schon gemacht!)

Aber nicht ausreichend, Herr Hesse. Wissen Sie denn, was das griechische Wort Nanos überhaupt bedeutet, woher der Begriff der Nanotechnologie kommt?

(Wolfhard Ploog CDU: Sie sollen keine Fragen stellen! Sie sollen etwas erzählen!)

Wissen Sie es, Herr Ploog? Offensichtlich nicht. Für die, die es interessiert: es bedeutet Zwerg, und das macht auch schon deutlich, dass es um winzige Teilchen geht.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Das Problem scheint sich irgendwie nicht lösen zu lassen. Ich möchte keine Platzverweise aussprechen, aber ich möchte Sie sehr dringend bitten, endlich zur Ruhe zu kommen und nicht so aufgeregt mit Nachbarn zu reden. Wenn Sie Gesprächsbedarf außerhalb der Debatte haben, gehen Sie raus, aber sorgen Sie dafür, dass es hier drin ruhig ist. Bitte, Frau Opitz.

Es ist eigentlich schade, dass das gerade aus der CDU-Fraktion kommt, die dieses Thema angemeldet hat. Die SPD und die GAL hätten hier über andere Dinge debattieren wollen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Noch einmal zur Zwergendebatte. Es geht also um Bereich der praktischen Anwendung für die Energietechnik, die Umwelttechnik, die Informationstechnik und den Gesundheitsbereich. Das bedeutet, dass die Nanotechnologie Grundlage ist für winzige Datenspeicher mit immer größeren Speicherkapazitäten, für hochwirksame Filter, zur Abwasseraufbereitung, für photovoltarische Fenster, also Fenster mit Beschichtungen, aus denen dann Strom gewonnen werden kann, für Werkstoffe in der Automobilindustrie, die dann ultraleichte Motoren und Karosserieteile fertigen lassen und auch im Gesundheitsbereich für künstliche Gelenke, die durch die organischen Nanooberflächen für den menschlichen Körper verträglicher werden. Alles wunderbare Sachen und insofern eine faszinierende neue Wissenschaft, aber – und jetzt komme ich zu dem Politischen – über diese dürfen wir natürlich nicht die alten vergessen, nämlich neben dieser Grundlagenforschung in neuen Bereichen brauchen wir auch die in den alten Bereichen. Beispielsweise brauchen wir weiterhin eine funktionierende Biologie und auch

Zoologie. Viele ethische Fragen, die es gibt, werden sich nur durch eine Einbettung in philosophische Diskussionen in den Geisteswissenschaften beantworten lassen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Daher muss die Universität als Ganzes erhalten bleiben. Eine Reduzierung auf nur noch die so genannten Zukunftswissenschaften greift viel zu kurz und könnte fatale Folgen für den Forschungsstandort Hamburg haben, nämlich die Einbettung in das große Ganze würde fehlen.

Neben der Ansiedlung von solchen neuen Technologien, wie der Nanowissenschaft, darf der Senat – und allen voran Herr Senator Dräger – daher nicht die klassischen Disziplinen vernachlässigen. Dies geschieht jedoch. Aber gerade auch solche neuen Wissenschaften entwickeln sich natürlich aus den klassischen Bereichen. Um solche zukünftige Entwicklung zu sichern, brauchen wir eine breite Fächervielfalt und nicht nur Spezialisierungen in wenigen Bereichen.

Wir stimmen daher dem INCH-Programm zu, es ist wunderbar, aber die eigentliche Diskussion um die Strukturierung der Hamburger Hochschullandschaft müssen wir an anderer Stelle führen. – Danke.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat jetzt Herr Senator Dräger.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ist das denn nötig? – Christian Maaß GAL: Das wird ja eine Nano- Rede!)

– Ich werde mich bemühen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen weder einen Meter noch einen Zwerg mitgebracht, aber, ich glaube, ein Stück Zukunft, denn Hamburg hat Zukunft. Wir haben es gerade wieder in der BertelsmannStudie lesen dürfen. Aber Zukunft muss auch gestaltet werden, zum Beispiel durch Stärkung aussichtsreicher Schwerpunke für die Entwicklung unserer Stadt und das geschieht gerade mit den vorliegenden Planungen für die Errichtung eines Interdisziplinären NanowissenschaftsCentrums, dem INCH. So sollen – finanziert aus den Mitteln des Sonderinvestitionsprogrammes – die Potenziale Hamburgs in einem vielversprechenden Schwerpunktbereich, nämlich der Nanotechnologie, genutzt und auch weiter verbessert werden.

Die Nanotechnologie – wir haben schon ein paar Beispiele hören können – versteht sich als eine Querschnittstechnologie. Dieser interdisziplinäre Ansatz im Schnittpunkt von Physik, Chemie, Biologie, Informatik mit der Erforschung, der Manipulation und natürlich der Nutzung von Strukturen in Bereichen unterhalb von 100 Nanometern. Das ist dann ein siebzig Tausendstel der Dicke eines Haares.

Schon heute wird die Technik im Automobilbau, in der Kosmetikindustrie, aber natürlich insbesondere in der Medizin eingesetzt. Sie gilt als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts mit großem Potenzial für Wachstum und Beschäftigung. Allein im Bundesministerium in Berlin wird für das kommende und für dieses Jahr mit der Schaffung von mehr als 10 000 Arbeitsplätzen in der Bundesrepublik gerechnet.

Der Inhalt unserer Vorlage ist die Errichtung eines hochmodernen Zentrums. 9 Millionen Euro Investition, für 4 Millionen Euro sind darin auch die Geräte enthalten. Auf dem Gelände der Universität und auf einer Fläche von 1300 Quadratmetern sollen zusätzliche Forschungsmöglichkeiten geschaffen werden, insbesondere für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, 40 an der Zahl.

Ergänzt werden – und das ist noch nicht diskutiert worden – könnte das INCH übrigens mit dem CAN, einem Zentrum für angewandte Nanowissenschaften, das im Bereich der Anwendungsforschung im Public-private-partnership, also in Zusammenarbeit mit der Industrie, agieren soll. Ich bin zuversichtlich, dass die gewünschte und notwendige Kooperation mit der Industrie gelingt und ich Ihnen dann eine entsprechende Senatsvorlage in der zweiten Jahreshälfte vorstellen kann. Dieses Mal, Herr Marx, mit einem Glossar. Das sei Ihnen versprochen.

Zurück zum INCH. Der Senat investiert hiermit in das Konzept der wachsenden Stadt in einen ExzellenzBereich, in dem wir bereits beachtliche Kompetenzen haben. Diese wissenschaftliche Expertise wird durch international renommierte Firmen ergänzt: Beiersdorf, Eppendorf, EVOTEC, die schon jetzt mit Nanotechnologie bei ihren Produkten agieren. Sie sind potenzielle Forschungspartner, sie sind potenzielle Verwerter der Grundlagenforschung am INCH.

(Beifall bei der CDU)

Diese bestehenden Kompetenzen werden jetzt weiter aufgewertet, sie werden ergänzt um Elemente der Interdisziplinarität und der Nachwuchsförderung und der entstehende Wissenschaftsschwerpunkt wird so zu einem Aushängeschild für die Hamburger Forschungslandschaft und erhält – da bin ich mir sicher – auch gute Chancen in der überregionalen Forschungsförderung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldung vor. Wir kommen zur Abstimmung.

In Ziffer 1 seines Berichts empfiehlt der Haushaltsausschuss eine Kenntnisnahme. Diese ist erfolgt.

Wer möchte Ziffer 2 der Ausschussempfehlung folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das war einstimmig.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

Der Senat stimmt einer sofortigen zweiten Lesung zu. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer möchte den soeben in erster Lesung gefassten Beschluss in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist dann auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Ich rufe Punkt 12 auf, die Drucksachen 18/2366 bis 18/2369, Berichte des Eingabenausschusses.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drucksache 18/2366 –]

A C

B D

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drucksache 18/2367 –]