Die einseitige Fixierung des Senates auf die Profilierung der Stadt als internationale Metropole, die Steigerung der Attraktivität für Eliten und Investoren nützt den meisten Menschen in Hamburg wenig und daher verlassen sie die Stadt.
Der Stadtentwicklungssenator bittet angesichts dieser Entwicklung um ein paar Jahre Geduld. Wie viele Jahre es sein sollen, sagt er nicht.
Dann sollen die Erfolge des Konzeptes der wachsenden Stadt sichtbar werden. Meine Damen und Herren von der CDU und des Senates, wenn Sie so weitermachen, wird das ein Pyrrhussieg, den Sie erringen. Vielleicht landet Hamburg im Ranking des Manager-Magazins dann ganz weit vorn auf Platz 1. Die abgewanderten Familien aber werden von diesem Sieg wahrscheinlich in Bargteheide, Trittau und Halstenbek aus der Zeitung erfahren.
Wenn Sie so weitermachen, machen Sie Hamburg zu einem Entertainment Center und Architektur-Museum mit sinkender Einwohnerzahl. Das war dann das Konzept der wachsenden Stadt. – Vielen Dank.
Verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Dass der Senat bei dem Thema "Wachsende Stadt" nicht an Familien denkt, beweist allein die Tatsache, dass die Familiensenatorin heute nicht anwesend ist.
Eine Stadt ist eben mehr als die Ansammlung von Häusern und Straßen. Eine Stadt muss aufpassen, dass sie nicht ihren Zusammenhalt verliert. Eine Stadt, die wachsen soll, muss die Qualitäten des Wachstums und die dafür notwendige Infrastruktur in allen Belangen im Auge behalten.
Dieser Senat tut dieses erkennbar nicht. Er lässt die Stadt auseinanderfallen. Ein besseres Wort, um diesen Zusammenhalt und die Qualität des Miteinanderlebens zu kennzeichnen, ist der Begriff Gemeinwesen, etwas aus der Mode gekommen, aber zutreffend.
Um den Zusammenhalt des Gemeinwesens können sich alle kümmern. Funktionierende Nachbarschaften sind hier beispielsweise ein zentrales Element. Diejenigen, die sich professionell oder ehrenamtlich kümmern, machen Gemeinwesensarbeit.
Die Zukunft unseres Gemeinwesen, insoweit sind wir uns einig, wird von Kindern bestimmt. Für das gedeihliche
Aufwachsen der Kinder tragen ihre Eltern Verantwortung, aber auch wir alle. Den individuellen Möglichkeiten von Eltern sind durch ihre Lebenslage Grenzen gesetzt. Und hier setzt die Verantwortung der Stadt ein, dort einzuspringen, wo Familien aus eigener Kraft nicht schaffen, den Kindern ausreichende Chancen für ihr Fortkommen zu schaffen.
Kennt die Familiensenatorin die Lebenslagen von Familien in dieser Stadt? Ich zweifele doch sehr. Wie also ist die Situation in unserem Gemeinwesen Hamburg für Familien und insbesondere für Kinder, deren Eltern Hilfe brauchen?
Wenden wir uns den nicht so gut gestellten Stadtteilen zu. Vorgestern hatte ich die Gelegenheit, die Vereinigungs-Kita Kandinsky-Allee in Mümmelmannsberg zu besuchen. Sie ist wunderbar renoviert, hat offene, helle Räume, ein großes Außengelände und hoch motivierte, sehr erfahrene Mitarbeiterinnen, die zum Teil von Beginn an – das heißt, seit über 30 Jahren – in dem Stadtteil arbeiten. Somit kennen sie ihren Stadtteil und die Familien. Sie wissen also genau, wo etwas fehlt und machen daher im besten Sinne Gemeinwesenarbeit.
Vor Beginn des Kita-Gutscheinsystems hatte diese Kita 260 Kinder in der Einrichtung. Nun sind es 160 Kinder. Vor zwei Jahren waren dort 50 Krippenkinder. Jetzt sind es keine 15 mehr. Vor zwei Jahren hatte sie 66 Hortkinder. Jetzt sind es knapp 40. Vor zwei Jahren hatte kein Kind im Krippen- und Elementarbereich weniger als sechs Stunden Betreuung. Jetzt sind 40 von den verbleibenden 160 Kindern in fünfstündiger Betreuung. Vor zwei Jahren hatte diese Kita 1206 Stunden im pädagogischen Bereich. Heute sind es 672 Personalwochenstunden. Einer der offenen Bereiche dieser wunderschönen Kita wurde bereits dichtgemacht. Wahrscheinlich wird demnächst ein ganzer Trakt geschlossen.
Jugendliche nehmen ihre kleinen Geschwister im Vorschulalter mit ins Haus der Jugend und werden dort abgewiesen. Der Vandalismus an der Kita und auf dem Außengelände nimmt zu. Ist es das, was die Senatorin in ihrer heute eilig einberufenen Pressekonferenz mit Effizienz meint?
Wir sind viel in der Stadt unterwegs. Ähnliches hören wir auch aus anderen Stadtteilen. Für die Senatorin wird es Zeit, dass sie sich ein realistisches Bild von der Stadt und der Lage in den Kitas macht. Sie soll einmal losgehen und sich mit den Kita-Mitarbeiterinnen in dieser oder vergleichbaren Kitas zusammensetzen und die Fehlentwicklungen erkennen, die ich soeben beschrieben habe. Dann muss Sie, wie es in unserem Antrag steht, einmal einen vernünftigen Familienbericht vorlegen, der die tatsächliche Lage in den Kitas abbildet, und damit aufhören, ein paar dürftige Zahlen zu streuen,
Die Kriterien zur Bewilligung von Kita-Plätzen führen bis jetzt dazu, wie das Beispiel Kandinskyallee zeigt, dass genau die Kinder, die Hilfe brauchen, gar nicht mehr in der Kita auftauchen. Das kam auch letzten Freitag anlässlich der Anhörung im Sonderausschuss "Vernachlässigte Kinder" deutlich zur Sprache. Diese Senatorin und dieser Senat verstellen die Chancen für Kinder. Sie
schaffen die nächste Generation von PISA-Verlierern und sie beschädigt den Zusammenhalt dieses und ähnlicher Quartiere. Das ist der sozialpolitische Skandal für die wachsende Stadt, made by Lange and SchnieberJastram.
Allen Erkenntnissen nach, die heute vorliegen, ist nichts wichtiger als die frühe Förderung von Kindern. Hierfür sind Kitas entscheidende Orte, die Chancen von Kindern aus bildungsfernen Schichten zu erhöhen sowie Sprachförderung und Integration zu leisten. Das sage ich auch mit Blick auf den Sonderausschuss: Kitas sind ein wesentlicher Ort, an dem aufmerksame und geschulte Mitarbeiterinnen merken, wenn etwas mit Eltern und Kind nicht stimmt.
Heute gibt die Senatorin eine Pressekonferenz, auf der sie darauf abhebt, dass der Rechtsanspruch für berufstätige Eltern gewährt ist und mehr Kinder als letztes Jahr in der Betreuung sind. Ersteres ist schön und Bestandteil des Kinderbetreuungsgesetzes der Volksinitiative, wo Sie lange gebraucht haben, dieses zu akzeptieren. Weiteres: Die Betreuung von mehr Kindern war mit den Trägern vereinbart, denn sonst erhalten diese nicht einmal das um elf Prozent abgesenkte Budget, sondern noch weniger. Das zu den dürftigen Zahlen, Kollege Weinberg.
Wenn Sie schon nicht in die Kitas gehen, würde ich doch der Senatorin wenigstens empfehlen, die Jahresberichte der Verbände und Träger zu lesen, was sie meiner Meinung nach nicht tut. Hierbei darf ich der Senatorin oder einem Kollegen aus dem Senat besonders die Studie ans Herz legen, die mich gerade heute von Professor Becher zur Armut und Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen in Hamburg erreicht hat: "… und die im Dunkeln sieht man nicht." Vielleicht können Sie, Frau Senatorin von Welck, ihr diese Studie mitnehmen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Frau Dr. Hilgers, nach Ihrem Kita-Beitrag habe ich mich spontan gemeldet, um nicht nur einiges zu relativieren, sondern auch klarzustellen.
Zuvor ganz kurz zu Ihnen, Herr Neumann: Ihre Reden bestehen in der Regel aus zwei Teilen. Der eine Teil ist ein Sammelsurium von Diffamierungen
Dass Sie in Ihrer Polemik hier und als Fraktionsvorsitzender mittlerweile so weit gehen und das Gerichtsurteil eines unabhängigen Gerichtes in einen Zusammenhang mit einer politischen Richtung stellen, ist mir wirklich neu. Es ist unerträglich, wie Sie in diesem Parlament teilweise vorgehen.
Den zweiten Teil Ihrer Rede fand ich gar nicht schlecht. Diese Rede über die Situation von Kindern und Familien sollten Sie so schnell wie möglich wieder halten, und zwar vor dem Bundesparteitag der SPD,
denn wer wie Sie über den Zustand von Familien und die Situation von Kindern spricht, muss auch wissen, was sich verändert hat. Sie tragen die Verantwortung für 1,1 Millionen Kinder in der Sozialhilfe. Sie tragen die Verantwortung, dass jeder achte Bundesbürger unterhalb der Armutsgrenze lebt. Hierfür den Senat verantwortlich zu machen, halte ich für nicht verantwortungsvoll.
(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Wenn Sie nicht verantwortlich sind, warum ist die CDU im Senat?)