Protokoll der Sitzung vom 26.10.2005

Mein erstes Konzert in der Laeiszhalle, was ich gehört habe, war Ten years after und Alwin Lee. Also, auch verschiedene Möglichkeiten. In der Schule habe ich von der ersten bis zur vierten Klasse mehrmals in der Woche Musikunterricht gehabt. Wir haben da immer gesungen und bis zur zehnten Klasse gab es immer Musikunterricht in unserer Schule.

(Bernd Reinert CDU: Sie haben also genug Musik gehabt!)

Wenn man einmal guckt, welche Chancen die Jugendlichen heute in Hamburg haben, dann ist es so, dass der Musikunterricht arg reduziert worden und die Jugendmusikschule auch teurer geworden ist, sodass unsere Kinder und Jugendlichen deutlich weniger Chancen haben, Musik zu erfahren. Das finde ich sehr bedauerlich und darüber sollten wir nachdenken.

(Beifall bei der SPD)

Nun wird dargestellt, dass dieses daran liegt, dass wir in der Hansestadt nicht genügend Finanzen haben und da kann man sagen, dass wir sehr, sehr dankbar sind – Herr Rusche hat das schon gesagt und dem können wir uns nur anschließen –, dass wir so edle Spender in der Hansestadt haben, die uns schon einen großen Teil des Kuchens gespendet haben.

(Beifall bei der SPD)

Mein Vorschlag war zu sagen, lasst uns so viel Spender finden, dass die Hansestadt bei der Investition keine Gelder hinzugeben muss und nun gab es einen großen Aufschrei, ich persönlich wäre gegen die Elbphilharmonie. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Quatsch. Das stand da auch nirgendwo drin, sondern, wenn man darangeht und sagt, man möchte ein Projekt für die Hamburgerinnen und Hamburger von den Hamburgerinnen und Hamburgern, dann muss man sie auch mitnehmen und Mitnehmen heißt, dass man sie begeistert für dieses Projekt.

(Barbara Ahrons CDU: Das haben wir auch! Machen Sie uns das erst einmal nach!)

Und Begeistern für dieses Projekt heißt, sie auch davon zu überzeugen, dass es ein gutes Projekt ist. Das heißt, wir alle, Politikerinnen und Politiker und die Medien müssen in die Stadt gehen und die Menschen von diesem Projekt überzeugen. Wenn jetzt jemand sagt, das funktioniert alles nicht, dann sagt er doch in Wahrheit, dass die Menschen nicht bereit wären, diesen Teil aufzubringen. Ich bin davon überzeugt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass das die Hamburgerinnen und Hamburger aufbringen werden.

(Beifall bei der SPD)

Auch wenn das mühsam ist, muss Politik manchmal auch schwere Wege gehen.

(Barbara Ahrons CDU: Ja, sehr mühsam! Ich mei- ne Ihre Ausrede!)

Da darf man nicht von vornherein verzagen und den Menschen unterstellen, sie hätten kein Interesse, Geld für die Elbphilharmonie zu spenden. Ich tue das nicht. Ich glaube, alle Hamburgerinnen und Hamburger wären bereit, etwas für die Elbphilharmonie zu spenden. Wir sind dabei, wir sammeln auch mit, wir spenden auch mit.

Ich bin davon überzeugt, wenn wir von vornherein davon ausgehen, dass wir das schaffen, dass wir unser Ziel erreichen, genügend Spenden hinzukriegen, dann schaffen wir das auch. Aber wenn man zögert und verzagt

(Wolfgang Beuß CDU: Wer ist denn zögerlich? Wir zögern nicht!)

und von vornherein der Meinung ist, wir schaffen es nicht, warum sollen die Menschen dann, Herr Beuß, auf die Idee kommen und sagen, wir müssen etwas spenden, es wird ja sowieso gezahlt, warum sollte ich dann spenden. Deswegen lassen Sie uns allen Mut, von dem Sie gesprochen haben, zusammennehmen und sagen, das ist unser Projekt, liebe Hamburgerinnen und Hamburger, nehmt es mit, spendet dafür, dann wird es ein gutes Projekt für diese Hansestadt.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir uns dann mit dem gleichen Engagement dafür einsetzen, dass unsere Kinder und Enkel und Jugendlichen in der Stadt Bildung und Musikbildung erfahren können, dann haben wir einen richtig guten Schritt für unsere Kinder, für Hamburg und für die Hamburgerinnen und Hamburger getan. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt Herr Maier.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Das heißt, der Streitpunkt ist eigentlich, wenn ich Herrn Petersen richtig verstanden habe, ob die Stadt sagen soll, wenn wir das Geld nicht zusammenbekommen durch Spenden, geben wir eine städtische, eine über Steuern finanzierte Summe von höchstens 77 Millionen Euro mit dazu. Wenn das der Streitpunkt ist, dann muss der Streitpunkt doch den Hintergrund haben – und der Hintergrund liegt ja evident zu Tage und ist auch ein relevanter Hintergrund –, ob es nicht so ist, dass wir uns in einer Situation, wo es soziale Probleme gibt, etwas leisten, was nicht unmittelbar auf die sozialen Probleme antwortet. Das ist ein Echo, das wir auch aus der Stadt hören. Das ist ja selbstverständlich, dass das ein Echo in der Stadt ist.

Mir ist dazu eine kleine Geschichte erinnerlich geworden.

(Bernd Reinert CDU: Von Ihrer Oma?)

Sie werden sich wundern: Matthäus 4, 1 bis 4. Die geht folgendermaßen:

"Da wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist Du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete"

und zwar als Mensch, nicht als Gottes Sohn –

"und sprach: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht."

Es geht ein bisschen um dieses "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein". Es ist zwar ein bisschen hoch gegriffen, Kultur und auch große Musik unmittelbar mit dem Wort Gottes zu identifizieren, aber so viel mag ja doch daran

sein, dass wir es dabei mit den höchsten Möglichkeiten und Gedanken zu tun haben, zu denen wir Menschen fähig sind und der Möglichkeit, dazu Zugang in außerordentlichen, in außergewöhnlichen Veranstaltungen und Situationen zu gewinnen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Eine solche neue Möglichkeit wollen wir den Hamburgern schaffen. Und für die große Orchestermusik, die vor allem im Konzertsaal gepflegt werden soll, ist diese Ahnung der Selbstbegegnungsmöglichkeit des Menschen in absoluten Bezügen geradezu thematisch.

Mir ist dann noch etwas weiteres eingefallen. Es war der Sozialdemokrat und ehemalige HHLA-Chef, Peter Dietrich, der uns während der HafenCity-Planung in unserer damaligen Legislaturperiode ständig damit in den Ohren lag, dass man einen neuen Stadtteil nicht einfach so machen kann, vor allen Dingen nicht, wenn es ein Innenstadtteil ist, sondern dass das um eine Kathedrale, wie er sagte, um ein kulturelles Zentrum herum geschaffen werden muss, damit ein eigenes Leben einziehen kann und ein eigener geprägter öffentlicher Raum entsteht und nicht einfach das beliebige Durcheinander von Bürotürmen und Wohnungen, sondern die Identität eines neuen Stadtteils. Das fanden wir im Prinzip damals einleuchtend, aber ich muss zugeben, dass wir nicht so die richtige Idee dazu hatten, was das eigentlich sein könnte.

(Olaf Böttger CDU: Da haben wir Ihnen ja gehol- fen!)

Diese Idee ist auch nicht politikgeboren, sondern durch eine Bürgerinitiative und diese hat einen Namen, die heißt Alexander Gérard und seine Lebensgefährtin Jana Marko muss man dazu erwähnen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Die haben diese Bürgerinitiative geboren und die Stadt durch den richtig tollen Einfall gewonnen, die alten Studienfreunde Herzog & de Meuron mit einem Entwurf zu beauftragen, der etwas erreicht hat, was es vorher hier noch nicht gegeben hat: Die Architekten liegen anbetend am Boden und keiner verlangt eine Ausschreibung. Solange ich mich in Hamburg auskenne, ist mir das noch nie passiert. Das ist wirklich etwas Außergewöhnliches.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Es ist etwas ganz Überraschendes passiert: Die Kaufleutestadt Hamburg, also Merkurs eigene Tochter, wie es früher immer hieß, schafft sich ein neues Stadtsymbol, nicht wie Frankfurt, neue Hochhäuser oder Herrn Freytags Ideen, Chikago nachbauen oder Ähnliches – sie schafft sich nicht ein neues Stadtsymbol für Kommerz und Geld –, sondern einen Musentempel, dem sie erstmals wieder erlaubt, in die Stadtsilhouette einzugreifen und sie zu verändern und die Versammlung der Türme der Hauptkirchen zu ergänzen durch diese neue Stätte, die dort in der HafenCity entstehen soll. Das ist nicht nur überraschend, das ist in gewisser Weise ein Zeichen für die Bereitschaft der Stadt zur Selbstüberschreitung ihrer normalen Möglichkeiten. Dass dazu die Bereitschaft da ist, ist eine großartige Sache.

(Beifall bei der GAL, der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Es verbindet sich damit die Hoffnung, dass Hamburg an eine Zeit anknüpfen kann, wo sie die erste Stadt der Musik in Deutschland war.

(Vizepräsidentin Bettina Bliebenich übernimmt den Vorsitz.)

Georg Philipp Telemann, von 1721 bis 1767 hier städtischer Musikdirektor und Kantor am Johanneum, schrieb über das Hamburger Musikleben, seinerzeit übrigens an einen Frankfurter – ich lese das Zitat einmal vor –:

"Ich glaube nicht, dass irgendwo ein solcher Ort als Hamburg zu finden, der den Geist eines in dieser Wissenschaft Arbeitenden mehr aufmuntern kann. Hierzu träget ein großes bei, dass außer den anwesenden vielen Standespersonen auch die ersten Männer der Stadt, ja das ganze Ratscollegium sich den öffentlichen Konzerten nicht entziehen;"

Herr Bürgermeister –

(Beifall bei der GAL, der CDU und vereinzelt bei der SPD)

"item die vernünftigen Urtheile so vieler Kenner und kluger Leute geben Gelegenheit dazu, nicht weniger die Opera, welche itzo im höchsten Flor ist und endlich der nervus rerum gerendarum,"

der Nerv der Dinge, das Geld –

"der hier bei den Liebhabern nicht fest angewachsen ist."

Das Geld, der Nerv aller Dinge, sitzt auch heute bei den Liebhabern, wie wir wissen, erfreulich locker. 40 Millionen Euro bevor die Spendenkampagne begonnen hat, das ist noch keiner Stadt der Bundesrepublik, ich glaube, noch keiner Stadt in Europa gelungen, dass da Familien, wie Familie Greve und Michael Otto, schon so hoch rangegangen sind. Das lässt hoffen für die weitere Spendenkampagne.