Protokoll der Sitzung vom 07.12.2005

(Rolf-Dieter Klooß SPD: Das hätten Sie schon viel früher machen müssen! – Gegenruf von Klaus- Peter Hesse CDU: Da haben Sie ja noch regiert. Das arbeiten wir jetzt ab!)

Sie werden sehen, nach und nach arbeiten wir die Dinge ab. Sie sind ja jetzt schon neidisch.

Was tun Sie denn, meine Damen und Herren von der Opposition? Sie sprechen den Menschen vorab die Fähigkeit zur Übernahme von Eigenverantwortung ab. Das ist unredlich.

(Beifall bei der CDU)

Das geht einmal mehr an der Realität vorbei. Wir haben das heute bei anderen Beiträgen hier auch schon erlebt, so hatte ich jedenfalls stark das Gefühl. Es geht auch an den Menschen völlig vorbei. Im Übrigen gilt: Wer unsicher ist, kann sich nach wie vor alles genehmigen lassen.

Sie haben verschiedene Punkte kritisiert, auch in den Ausschusssitzungen. Ich möchte nur ein paar herausnehmen. Einmal zur Wohnqualität, hinsichtlich der Sie sehr große Bedenken haben, dann zum Denkmalvorbehalt und zur Forderung nach Anzeigepflicht für sensible Vorhaben. Sie haben große Sorge, dass Menschen auf einmal Carports oder Garagen bauen oder auch Mobilfunkmasten aufstellen. Sie fordern Nachbarschutzrechte und die Abstandsflächen sind für Sie eins der größten Probleme.

(Claudius Lieven GAL: Das ist alles richtig!)

Ja, das ist alles richtig. Ich scheue die Auseinandersetzung mit Ihnen ja nicht.

Zum Denkmalvorbehalt: Der Paragraph 59 Absatz 2 Hamburgische Bauordnung stellt sicher, dass Denkmalschutzvorschriften eingehalten werden müssen. Wer unsicher ist, geht ins konzentrierte Baugenehmigungsverfahren. Wer Denkmalschutz absichtlich zu umgehen versucht, riskiert bauaufsichtliche Eingriffe. Auch dort wird die Evaluation nach drei Jahren zeigen, was denn da wirklich gewesen ist.

Die Anzeigepflicht für sensible Vorhaben verstehe ich überhaupt nicht, da die erste Frage wäre, was ein sensibles Vorhaben sei.

(Jörg Lühmann GAL: Keine Gastronomie!)

Der zweite Punkt ist, wofür diese Anzeige sein soll. Für die Ablage? Wohl eher nicht. Soll es eine inhaltliche Auseinandersetzung darüber geben? Wenn ja, ist das eine Beschäftigungsmaßnahme. Oder soll es sogar so sein, dass diese Anzeigepflicht Konsequenzen im Sinn von Rechtssicherheit hat, nach dem Motto "ich habe dieses ja angezeigt, ich weiß zwar, dass das, was ich dort vorhabe, nicht rechtens ist, aber wenn die jetzt nichts sagen, ist es wohl schon okay"? Das verstehen wir nicht unter schlanker Verwaltung. Die sinnlose Beschäftigung von Behör

denmitarbeitern, einfach nur für die Ablage, ist nicht in unserem Sinne.

Sie haben sich mit Ihren Anträgen im Ausschuss dafür stark gemacht, Herr Quast, den jährlichen Austausch von Sand in Sandkisten in der Hamburgischen Bauordnung zu regeln. Dazu herzlichen Glückwunsch von hier aus.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Das hat dort wirklich nichts zu suchen. Sie fallen zurück auf ihr vierstufiges Modell. Veränderung möchten Sie eigentlich gar nicht. Die staatliche Regelung ist schon immer das Beste gewesen.

Dann haben Sie uns hier heute wieder damit konfrontiert, dass wir in Zukunft nur 2,30 Meter Raumhöhe haben werden

(Jan Quast SPD: Mich stört das nicht!)

und unser Fraktionsvorsitzender in Zukunft nicht mehr aufrecht in seiner Wohnung gehen kann.

(Barbara Ahrons CDU: Das schafft er nie! – Bernd Reinert CDU: So hohe Absätze trage ich nie!)

Bisher konnte in Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen ebenfalls 2,30 Meter Innenraumhöhe zugelassen werden. Nunmehr sind in Gebäudeklassen 1 und 2 – das sind auch nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten – eben diese Höhen nicht mehr als KannVorschrift, sondern als Maßstab gesetzt. Alle übrigen Aufenthaltsräume – also auch Aufenthaltsräume in Wohnungen – müssen eine Höhe von 2,40 Meter haben. Die Regelung – die mit der Musterbauordnung übereinstimmt – ist keine Erfindung des Hamburger Senates, sondern Ergebnis eines sorgfältigen Abwägungsprozesses zwischen den Bundesländern.

(Jan Quast SPD: Das hatten wir dem Senat nicht vorgeworfen!)

Diese Veränderung ist überfällig und nur eine Angleichung an die Realität. Der Markt hat doch längst Aufenthaltsräume im Kellergeschoss angeboten, als sogenannte Kinder-tobe-Stuben, separierte Elternschlafzimmer oder auch als Gästezimmer.

Bürokratischer Dirigismus mit sehr hoch angesetzten Gestaltungsvorschriften verteuert das Bauen unnötig. Das geht zulasten einer Klientel, die Sie von der Opposition hier so stark vertreten, nämlich von Projekten für einkommensschwache Schichten.

Hamburg bleibt bei den Standards der Musterbauordnung. Diese sieht vor, dass für bestimmte Gebäudeklassen und im Dachgeschoss keine Mindesthöhen mehr vorgeschrieben werden. Dem ist Hamburg übrigens nicht gefolgt, sondern auch hier hält sie an der Vorstellung eines bauordnungsrechtlichen Mindeststandards fest, dessen Einhaltung nicht dem Markt überlassen werden könne. Deshalb kann von einem Qualitätsverlust nun wirklich nicht gesprochen werden.

(Beifall bei der CDU)

Außerdem können Sie sich nicht vorstellen, dass Menschen auf einmal Garagen, Carports oder Mobilfunkantennen aufstellen, ohne damit fünfmal beim Amt gewesen zu sein und ohne sich viele Stempel zu holen. Anlagen müssen natürlich trotz Genehmigungsfreiheit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. Das

ist eine Binsenweisheit. Der mündige Bürger weiß dies und wird sich auch erkundigen.

(Jörg Lühmann GAL: Aber der Gastronom nicht!)

Wenn man ganz sicher sein will, Herr Lühmann, kann man sich nach wie vor alle Bauvorhaben genehmigen lassen. Es ist ein wesentlicher Irrtum, Herr Quast, mit Ihrem SPD-Antrag zu den Ausschussberatungen, dass die HBO suggeriere, man könne Carports, Garagen und anderes beliebig in die Landschaft bauen. Paragraph 59 Absatz 2 Hamburgische Bauordnung sagt genau das Gegenteil: Der Bauherr ist verpflichtet, sich mit den planerischen und sonstigen baurechtlichen Gegebenheiten vor Ort auseinander zusetzen und danach unter Berücksichtigung der geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften in Eigenverantwortung zu handeln. Dazu wird Ihnen Hilfe angeboten.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist gut!)

Es gibt Hilfe und Auskunft bei den Bauprüfstellen und Flurkarten des Geoinformationssystems. Wer dann noch unsicher ist, hat das Wahlrecht nach Genehmigungsverfahren entsprechend Paragraph 61 und 62 Hamburgische Bauordnung.

Kurzes Fazit: Ein kundiger Bürger kann sich selbständig informieren und danach selbst entscheiden. Er trägt aber auch das Risiko seiner Entscheidung. Der Bürger mit Hilfsbedarf wird nicht allein gelassen.

(Beifall bei der CDU)

Nur ein Wort zum Thema Mobilfunkantennen,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Aber nur eins!)

weil das den Menschen am meisten Angst macht: Dort gibt es ein sehr dichtes Regelwerk. Eine solche Diskussion gehört in den Fachausschuss, aber lassen Sie mich ganz kurz sagen, in welchen Regelwerken dies geregelt wird. Das sind zum einen die Bestimmungen des Baugesetzbuches, das ist die Baunutzungsverordnung und das ist die Bundesnetzagentur. Es gibt verschiedene Selbstverpflichtungen. Nur wenige Gebiete weisen eine derartige Regelungs- und Überwachungsdichte auf. Wer Mobilfunkantennen aufstellt, muss alle relevanten Bestimmungen kennen. Dies scheint bei den Aufstellern und Betreibern von Antennen auch der Fall zu sein, denn alle Bundesländer haben in ihren Landesbauverordnungen genehmigungsfreie Verfahren bei Antennen bis zu zehn Metern Höhe vorgesehen. Hamburg befindet sich hier im Konsens und auch mit all den Ländern – davon gibt es ja nicht mehr so viele –, die nicht von der CDU regiert werden.

Die Forderung nach Nachbarschaftsregelung: Verschiedentlich haben wir gehört, wir bräuchten ein Gesetz für Hamburg. Warum soll es ein Nachbarschaftsrecht geben? Aus anderen Bundesländern kennen wir, dass Höhe und Beschaffenheit, Material von Grenzwänden, Nachbarwänden, Einfriedungen und so weiter geregelt werden, ebenso wer wann und was wie kurz- oder zurückzuschneiden hat, also die Grenzabstände für Heckenpflanzung. Hamburg, Bayern aber auch Mecklenburg-Vorpommern verfügen über kein eigenständiges Nachbarrecht.

(Rolf-Dieter Klooß SPD: Das finden Sie gut, nicht?)

Dort gilt, dass die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Grundstücksnachbarn über das bürgerliche Ge

setzbuch geregelt werden. Meine Prognose ist, dass die Klärung nachbarschaftlicher Rechte in einem Nachbarschaftsgesetz die Zahl der Streitigkeiten und Prozesse eher erhöht. Die derzeitige Regelung rein privatrechtlicher Natur im BGB ist ausreichend. Eine weitere Detaillierung wird dazu führen, dass die Bürger sich in ihren Rechten bestätigt und ermutigt fühlen, vor Gericht ihr vermeintliches Recht durchzusetzen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Der letzte Punkt: Ich muss zu den Abstandsflächen noch etwas sagen, denn das hat auch sehr große …

(Bernd Reinert CDU: Ja, aber ganz kurz!) – Jenspeter Rosenfeldt SPD: Lass' es raus! – Dr. Till Steffen GAL: Das hätte ich gern noch einmal genauer!)

Wir machen das jetzt ganz kurz.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man von da hinten kommt, hat man nicht so oft die Möglichkeit, hier vorn einmal zu sprechen.

(Heiterkeit im ganzen Hause – Beifall bei der SPD)

Das wollten Sie hören und das bekommen Sie auch zu hören.

Die alte Regelung der Abstandsflächen war nur auf dem Papier eine Höhe, also 1 H. Die Realität war doch eine ganz andere, dass wir zu Maßen von 0,75 H, 0,5 H oder teilweise auch 0,25 H gekommen sind. Wir schaffen jetzt lediglich ein klare Regelung, die dieses Gezocke nicht mehr zulässt.

Für einen Stadtstaat mit sehr begrenzter Fläche, wie es Hamburg ist, besteht die besondere Notwendigkeit des ökonomischen Umgangs mit dem Faktor Boden. Die Altbauquartiere zum Beispiel haben sehr geringe Abstandsflächen. Es gibt dort eine sehr große Akzeptanz. Das Mindestmaß von 2,50 Metern entspricht dem Bedürfnis des Stadtstaates. Es ermöglicht auch bei schmalem Grundstückszuschnitt noch eine bauliche Nutzung. Es gilt für all dies, dass Abweichungen im B-Plan selbstverständlich möglich sind. Dort, wo Bebauungspläne aufgestellt werden, werden Sie in Zukunft auch Abstandsflächen regeln können.