In den Ausschussberatungen – lassen Sie mich dazu noch ein Wort sagen – hat die SPD das Überseequartier mit der City Nord verglichen. Die GAL hat sich darum gesorgt, ob auch Skater durch das Überseequartier fahren und rollen dürfen. Beide Punkte zeigen, wie intensiv sich die Opposition mit dem Vertragswerk und dem Konzept des Überseequartiers beschäftigt hat. Ich habe den Eindruck, die SPD hat nicht Kurs auf eine menschliche, sondern auf eine vermurkste Metropole genommen.
Wenn Sie heute und morgen mit Nein stimmen, meine Damen und Herren von der Opposition, dann setzen Sie Ihren populistischen Kurs in Sachen Stadtentwicklung fort: erst das faktische Nein zur U-Bahn, dann das faktische Nein zur Elbphilharmonie und jetzt ein faktisches Nein zum Überseequartier.
Sie sitzen zu Recht in der Opposition und sorgen selbst dafür, dass das so bleibt. Dafür danke ich Ihnen herzlich.
Wir werden heute dem Senat für diese Drucksache grünes Licht geben. Hamburg bekommt ein großartiges Überseequartier; wir stehen mit unserem Ja dafür.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einige Anmerkungen zum Überseequartier machen, und zwar mehr aus finanzpolitischer als aus strategischer Sicht.
Beim Überseequartier handelt es sich um die größte Investition der Stadt für die nächsten zwei Jahrzehnte. Das betrifft nicht nur die privaten Investitionen, die sich nicht auf 800 Millionen Euro beschränken werden, sondern mindestens 200 bis 300 Millionen Euro weitere private Investitionen nach sich ziehen werden. Das betrifft aber auch die öffentlichen Investitionen der Stadt und über diese werde ich als erstes reden.
Wenn wir den Eckpunkten dieses Vertrags zustimmen, dann stimmen wir auch einer U-Bahn in die HafenCity zu. Diese U-Bahn ist umstritten, das wissen Sie alle, ihre Finanzierung ist nicht gesichert. Die hamburgischen Architekten und viele Persönlichkeiten der Stadt haben sich im Übrigen für eine oberirdische Anbindung ausgesprochen.
Sie beharren auf Ihrer U-Bahn, auf einer unfinanzierten U-Bahn und dies ist, das muss ich Ihnen ausdrücklich sagen, in der gegenwärtigen Lage finanzpolitisch nicht vertretbar und schon deshalb werden wir das ablehnen.
Ich füge hinzu, dass die Einsicht in die Verträge viel ergibt. Im Übrigen sei der CDU-Fraktion gesagt, dass man
nachprüfen kann, wer sie eingesehen hat. Sie müssen unter Ihren eigenen Leuten erst einmal jemanden finden, aber von der SPD finden Sie viele.
Wir zahlen für den Fall, dass die U-Bahn nicht rechtzeitig fertiggestellt wird, eine Konventionalstrafe; das kann ich aus Sicht der Investoren verstehen. Sie wird sich auf maximal 17 Millionen Euro belaufen, von den Aufwendungen, die im Zweifel der HVV leisten muss, einmal zu schweigen. Darüber muss man ernsthaft reden, und zwar nicht in drei Schnellausschusssitzungen und auch nicht, ohne dass die Bürgerschaft in dieser Legislaturperiode jemals eine Debatte über die Verkehrsanbindungen der HafenCity geführt hätte, die den Namen Debatte verdient.
Die Stadt wird im Überseequartier Wege und Straßen erschließen müssen zusätzlich zu dem, was der Investor tut. Die Kosten dafür sind bis heute nicht bekannt – sie könnten bekannt sein, wenn man es denn wollte – und sie werden sich auf eine mindestens zweistellige Millionenhöhe belaufen, und zwar nicht im unteren Bereich, und das gehört zu so einem Projekt. Es ist übrigens kein Ablehnungsgrund, wenn wir dafür viel Geld ausgeben, aber das hier ist finanziell nicht durchgeplant und das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.
Ich komme zu einer zweiten Anmerkung, die sich auf das Investorenauswahlverfahren bezieht. Das Überseequartier ist eines der größten zusammenhängenden Gebiete nicht nur der HafenCity, sondern es ist eines der größten Stadtentwicklungsgebiete, die derzeit in der Welt zu vergeben sind, und es gibt wenig Investorengruppen, die dies überhaupt finanziell leisten können. Ich füge hinzu: Dabei geht es nicht nur um finanzielle Leistungen, sondern es geht auch um die Fähigkeit und Kompetenz, ein Objekt dieser Komplexität und auch mit Anspruch zu bewältigen. Ich bezweifle ausdrücklich nicht, dass sich der Senat bemüht hat, dies zu leisten, und ich bezweifle auch nicht, dass die Investorengruppe aus Ihrer Sicht ihr Möglichstes tut, aber dazu gibt es eine Reihe von Anmerkungen zu machen.
Die erste und wirklich strategische Frage ist, warum wir eigentlich dieses Gebiet an eine einzige Gruppe vergeben, was das Risiko für die Stadt erhöht, was die Möglichkeiten der Einflussnahme auf unterschiedliche Entwicklungen verkürzt und was uns außerdem, bei aller Fairness eines Investorenauswahlverfahrens, einem Monopol gegenüberstellt, nämlich dem Monopol dieser Investorengruppe. Meines Erachtens wäre es besser gewesen, wenn wir dieses Gebiet mit mehreren Investoren entwickelt hätten. Dies hätte zugegebenermaßen länger gedauert, es wäre auch schwieriger im Ausgleich der Interessen zwischen den unterschiedlichen Investorengruppen. Auch das bezweifle ich nicht, aber es hätte uns mehr Möglichkeiten gegeben.
Unabhängig davon, dass diese Investorengruppe meines Erachtens sogar eine ganz gute Architektur und ein gutes Konzept hinstellt, muss sich doch eine Stadt in so einem Verfahren fragen, was sie einem Monopol, das sie selbst erteilt, entgegenzusetzen hat. Auf diese Frage fand sich weder in den Ausschussberatungen noch in den Verträgen eine angemessene oder passable Antwort. Wir hal
ten das für falsch, was vom strategischen Ansatz her gemacht wurde. Es ist offensichtlich nicht mehr rückgängig zu machen, weil die Verträge zu weit gediehen sind. Das ist einer unserer Kritikpunkte und auch aus diesem Grund lehnen wir dieses Verfahren ab.
Ich komme zu einem dritten Punkt, einer Anmerkung finanzpolitischer, aber auch stadtentwicklungspolitischer und vielleicht auch grundsätzlicher Natur. Stadtentwicklung findet in einem sehr komplizierten Beziehungsgeflecht statt, auch in einem Machtgeflecht, das wissen wir alle. In der Regel müssen Städte zwischen ihren städtischen Interessen, ihren Bürgerinteressen, ihren wirtschaftlichen Interessen und auch zwischen den Investoreninteressen entscheiden und dies ist eine sehr komplizierte Abwägung, übrigens auch eine sehr anfällige Abwägung. Deswegen hat die Freie und Hansestadt Hamburg in der Vergangenheit bei Großprojekten eigentlich immer eine spezielle Kommission, die Bodenordnungskommission, beteiligt und das hatte seinen guten Grund. Es sollte solche Entscheidungen zum Teil entpolitisieren und einer reinen Sachbewertung zuführen. Es ist legal, das in die Bürgerschaft zurückzuholen, aber ist es klug? Ich glaube, es ist nicht klug. Die Bodenordnungskommission hätte die Verträge prüfen können und die Bürgerschaft hätte im Grundsatz entscheiden sollen und müssen; das wäre ein klügeres Verfahren gewesen. Auch wenn Sie das nicht teilen, so könnten Sie es vielleicht für die Zukunft ernsthaft in Erwägung ziehen; es hat große Vorteile.
Aber nun kommen wir zur Abwägung der Interessen. Ein Projekt dieser Größenordnung ist schwierig zu finanzieren. Ich wende mich nicht dagegen, dass die Stadt selbst ihr Möglichstes tut, um es mit zu realisieren und die Stadt tut etwas. Die Stadt mietet 40 Prozent der gesamten vorhandenen oder geplanten Bürofläche an, wenn der Investor diese Option zieht. Diese Option ist auf zehn Jahre berechnet, an die 80 Millionen Euro wert oder 8 Millionen Miete pro Jahr. Das ist bei jedem Kreditinstitut ein geldwerter Vorteil für die Finanzierung und auch grundsätzlich, weil die Stadt zum Ankermieter in der HafenCity wird.
Ich halte es für möglich, so etwas zu tun. Aber wenn die Stadt dies tut, muss ich fragen, in wessen Interesse sie es tut.
Dieses Interesse ist mir nicht ersichtlich. Dass die Investoren ein großes Gebiet entwickeln und auch mit einer Architektur, über die wir noch nicht einmal streiten müssen, mit sehr guten Sachen dabei und auch mit sehr gutem Konzept, bezweifle ich nicht.
Was ist aber unser Interesse, diese Absicherung durchzuführen? Wir haben Public-private-partnership-Modelle auch durchaus positiver Natur. Da ist zum Beispiel die Elbphilharmonie. Bei der Elbphilharmonie finanziert die Stadt mit, aber gleichzeitig gibt es über die Investition eine Quersubvention einer kulturellen Einrichtung. In diesem speziellen Fall finden wir das in den Verträgen und in der ganzen Konstruktion nicht, sondern wir haben eine schlichte Absicherung einer Investition durch die Stadt mit einer Umschichtung von Betriebsmitteln bis zu
Ich erlaube mir eine politische Anmerkung: Vor dem Hintergrund, dass es möglich ist, für zehn Jahre an die 80 Millionen Betriebsmittel umzuschichten, die Stadt aber gleichzeitig über das Projekt PRIMO ihre öffentlichen Gebäude verkauft und denen, die diese kaufen, Vorverträge für ebenfalls zehn Jahre durch die Stadt zusichert, ist es eine interessante Frage, wer eigentlich wo und wie was anmietet. Anders ausgedrückt: Es kann niemand erklären. Wir verkaufen derzeit wegen langfristiger Mietverträge. Gleichzeitig wollen wir verlagern und geben ebenfalls langfristige Mietverträge. Das bedürfte der Aufklärung, aber das wird vielleicht in den nächsten Jahren geschehen.
Das ist aber in diesem Zusammenhang nicht alles. Die politische Anmerkung ist, dass es einen ausgesprochen faden – um nicht zu sagen: ziemlich schlimmen – Beigeschmack hat, wenn die Stadt bereit ist, als Absicherung einer Investition, die sie für gut befindet, so etwas zu tun, wir aber in dieser Bürgerschaft für das Science-Center über Betriebsmittel in einer Größenordnung von 3,5 Millionen Euro oder weniger streiten. Wenn es dafür geht, muss es auch für etwas anderes gehen, denn es darf nicht mit zwei Maßstäben gemessen werden. Es kann nicht auf der einen Seite Investorenabsicherung geben und auf der anderen den kleinlichen Streit um Betriebsausgaben, wenn es um eine kulturelle Einrichtung geht. Das passt nicht zusammen. Das schreiben Sie sich einmal hinter die Ohren.
Ich würde diese Absicherung der Investitionen für gerechtfertigt halten, wenn es denn ein Gegengeschäft für die Stadt oder jedenfalls die Möglichkeiten in jenem Bereich gäbe, wo es um den kulturellen Baustein in der HafenCity geht. Der kulturelle Baustein ist das ScienceCenter, das Aquarium und wahrscheinlich auch das Planetarium. Darüber brauchen wir uns hier nicht hinwegzulügen.
Es gibt aber keine Quersubvention, sondern der Investor wird es übernehmen, dies dort zu bauen. Dafür investieren wir 42 Millionen Euro. Wir bezahlen es also in den Teilen, die vermutlich nicht rentabel sind. Das mag in Ordnung sein. Dann frage ich mich aber, wozu wir die Investition absichern. Ich frage mich auch, warum wir diesen Teil nicht heraustrennen und für uns selbst betreiben. Es kann mir niemand erklären, warum wir das nicht tun. Von daher ist die Konstruktion des Projektes nicht vollendet, sie ist nicht durchdacht, sie ist teilweise nicht finanziert und sie wirft eine ganze Reihe von Fragen auf. Dabei habe ich bisher nur über finanzielle Konstruktionen geredet, über keine anderen.
Erlauben Sie mir abschließend eine Bemerkung, die vom Finanzpolitischen, von einem großen Projekt, das eigentlich ein Projekt für alle Hamburger sein sollte, in die wirkliche, aktuelle Politik führt. Ja, das sollte ein Projekt für alle Hamburger sein. Das Bemühen des Senats, die Bürgerschaft mit Informationen zu versorgen, steht in umgekehrtem Verhältnis zur Größe der Investitionen, was die Seiten der Drucksache betrifft. Die Bereitschaft, Auskunft zu geben, hielt sich in Grenzen. Ich kann ja verstehen, wenn Senatoren der Meinung sind, dass sich die Opposition ihre Informationen erarbeiten soll, aber doch nicht bei
einem Zukunftsprojekt, das eigentlich die ganze Stadt will. Da sollten Sie sich einen anderen Stil angewöhnen.
Sie sollten vielleicht noch einmal über etwas nachdenken. Dieses Überseequartier soll ein Quartier für alle Hamburger werden, nicht nur ein kommerziell erfolgreiches Projekt, wobei es das auch werden muss. Der Kulturbaustein ist nicht nur eine Beigabe zur Absicherung einer Konsumwelt. Vor diesem Hintergrund müssen wir darüber reden, auch in Zukunft, was es eigentlich bedeutet, wenn die Stadt öffentliche Wege und Plätze nicht mehr selbst erstellt, sondern einen Investor erstellen lässt und das ganze Quartier über ein Quartiermanagement managet. Eigentlich ist das ein privater Stadtteil.
Wollen wir das? Ist das die Zukunft unserer Stadt? Auch wenn er öffentlich zugänglich ist, müssen wir diese Frage grundsätzlich stellen. Das bitte ich Sie, gut zu überlegen.
Ich komme zu meiner abschließenden Bemerkung. Sie ist wieder finanzpolitisch: Der Kaufpreis beträgt 104 Millionen Euro. Der wird sich auch verbessern, wenn dort mehr gebaut wird. Aber den Kaufpreis konnten wir niemals ganz nachvollziehen, weil uns keiner erklären konnte, was eigentlich der geldwerte Vorteil dessen sei, was der Investor öffentlich zur Verfügung stellt. Der Kaufpreis kann auch gegen die Aufwendungen gerechnet werden, die wir selbst dort haben werden: 42 Millionen Euro für das Science-Center, die wir finanzieren, 17 Millionen Euro mögliche Vertragsstrafe, die wir aller Voraussicht nach finanzieren werden, 9 Millionen Euro jährlich Umschichtung von Betriebsmitteln für den Umzug von Behörden et cetera. Auch vor diesem Hintergrund muss man Fragen stellen.