Protokoll der Sitzung vom 12.04.2006

Wer diesem GAL-Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.

Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drucksache 18/3982 beschließen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist mit sehr großer Mehrheit so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf, Drucksache 18/3979, Antrag der SPD-Fraktion: Einbürgerungen – Rechtsstaatliche Werte vermitteln statt Gesinnungs- und Wissenstests.

[Antrag der Fraktion der SPD: Einbürgerungen – Rechtsstaatliche Werte vermitteln statt Gesinnungs- und Wissenstests – Drucksache 18/3979 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 18/4057 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der CDU: Verfahren zur Einbürgerung entwickeln – Drucksache 18/4057 –]

Beide Drucksache möchte die GAL-Fraktion federführend an den Innenausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss überweisen.

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Die Abgeordnete Özoguz hat es.

(Olaf Ohlsen CDU: Das kann man auch kurz machen! – Glocke)

Meine Damen und Herren! In diesem Hause gilt die Gleichbehandlung für Abgeordnete.

(Zuruf von der CDU: Darf jeder reden?)

Es darf nicht jeder reden, aber es darf vor allem nicht jeder mit dem Senat reden. Reden darf immer nur der, der das Wort bekommt und das ist die Abgeordnete Özoguz. Bitte, Frau Özoguz.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ploog, wenn Sie zu diesem Antrag gleich noch etwas zu sagen haben,

(Olaf Ohlsen CDU: Ja, wir kommen alle mal dran!)

würde ich mich freuen, wenn Sie sich dann dazu melden. Die SPD-Fraktion hat zumindest einen Antrag zur weiteren Gestaltung von Integrations- und Einbürgerungskursen vorgelegt und dieser eignet sich sehr gut als Grundlage für die Gespräche der Innenministerkonferenz Anfang Mai.

Der Innensenator sah sich in den letzten Wochen berechtigterweise dem Vorwurf ausgesetzt, er ginge mit leeren Taschen und ohne Ideen zu dieser IMK.

(Wilfried Buss SPD: Hört, hört!)

Das führte sogar soweit, dass Staatsrat Schulz in der letzten Fragestunde einräumen musste, dass er über keine prophetischen Gaben verfüge. Er könne jedenfalls keine Aussagen darüber machen, welche Vorbereitungen die Innenbehörde bezüglich der IMK getroffen hätte und der Senat hätte sich mit diesem Thema jedenfalls nicht befasst.

(Dirk Kienscherf SPD: So sind die!)

Aus unserer Sicht ein trauriges Eingeständnis, denn es sind immerhin nur noch gut drei Wochen bis zu dieser IMK. Nun hat die CDU-Fraktion relativ eilig einen Zusatzantrag eingebracht, um ihn zumindest mit irgendetwas in der Tasche auszustatten. Meine Damen und Herren von der CDU, leider bleiben Sie aber auch bei diesem Zusatzantrag nur bei punktuellen Ansätzen, wie Sie es im Bereich von Migration, Integration, Zuwanderung immer wieder tun. Auch in dieser wichtigen Frage wollen Sie nicht den Blick in das weite Feld wagen, das sich vor uns allen ausbreitet. Wir haben im Besonderen daran gearbeitet, die Verknüpfung zwischen genereller Zuwanderung und möglichen darauf folgenden Einbürgerungen herzustellen. Dies ist, wie wir alle wissen, kein Automatismus. Die Antragszahlen sind seit dem Jahr 2000 im gesamten Bundesgebiet rückläufig und in Hamburg sieht es da nicht anders aus. Die Einbürgerungszahlen in Hamburg sind seit 2001 kontinuierlich zurückgegangen. 2001 gab es noch, um das einmal zu nennen, 9831 Einbürgerungen, 2005 betrug diese Zahl nur noch 4335. Dies war immerhin ein Rückgang von 56 Prozent. Der Innensenator hat wiederum auf einer Pressekonferenz am 2. Februar dieses Jahres zu Einbürgerungen gesagt, dass das Interesse, Deutscher zu werden, zugenommen hätte und bewusst hat er sich lediglich auf dieses Jahr und das Jahr davor beschränkt. Er hat nicht all die Jahre vorher in diesen Vergleich mit aufgenommen, denn dann hätte er seine Aussage revidieren müssen. Warum agiert ein Innensenator so?

(Olaf Ohlsen CDU: Ja, warum?)

Weil er sonst rechtfertigen müsste, warum er eigentlich nichts dafür tut, Einbürgerungen denen nahe zu bringen, die sich zumindest für eine Einbürgerung bewerben, eine solche beantragen könnten.

(Beifall bei Dr. Andrea Hilgers SPD und bei Nebahat Güçlü GAL)

Auf mehrere Kleine Anfragen, in denen nach der Durchführung von Einbürgerungsinitiativen und -kampagnen gefragt wurde, erhielten wir immer die Antwort: Der Senat hat sich hiermit nicht befasst. Fazit: Der Senat lahmt an dieser Stelle gewaltig und möchte dies übertünchen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Gleichwohl haben wir ein Interesse daran, dass Menschen, die zu uns kommen, mit uns leben, mehr über unser Land und unser politisches System erfahren, wenn dies nicht bereits der Fall ist. Das ist der Grund, warum es heute im Zuge des neuen Zuwanderungsgesetzes für Neuzuwanderer und in Teilen auch für bereits hier lebende Migranten Sprach- und Integrationskurse gibt. Hier liegt uns das Modul II dieser Integrationskurse besonders am Herzen. Dieses bezieht sich auf die Rechtsordnung und sollte unserer Meinung nach ein Pflichtbestandteil dieser Kurse werden. Die Träger, die wir darauf angesprochen haben, fanden es im Übrigen ebenfalls sinnvoll, diesen Bereich hervorzuheben.

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es eine politische Entscheidung ist, ob wir sagen, Mülltrennung oder das Geschlechterverhältnis können als gleichberechtigte Alternativen ausgewählt werden, um unterrichtet zu werden oder ob wir sagen, wir möchten an der einen oder anderen Stelle einen Schwerpunkt setzen

(Beifall bei Gesine Dräger SPD)

und dieses macht aus unserer Sicht großen Sinn.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Weitergehend haben wir es nicht versäumt – ich möchte Mülltrennung nicht klein reden –, bereits bestehende Sicherheitsmaßnahmen zu nennen, um von vornherein die Herausforderung einer populistischen Debatte, wie sie leider in Zuwanderungs- und Migrantenfragen in unserem Land allzu gern geführt wird, zu minimieren.

Im Oktober 2001 wurde vom damaligen Innensenator Olaf Scholz entschieden, dass es bei Einbürgerungsbegehren eine Regelanfrage gibt, also eine Beteiligung des Verfassungsschutzes. Dies wird Einbürgerungen für Betroffene, selbst wenn wir uns nur die bestintegrierten, erfolgreich im Berufsleben stehenden anschauen, nicht unbedingt attraktiver machen, wie sich jeder vorstellen kann. Es ist aber notwendig, um möglichst frühzeitig auf Probleme aufmerksam zu werden. Um es in einfachen Worten zu sagen: Jemand, der seine Ferien dazu nutzt, um in einem afghanischen Talibanlager – in der Vergangenheit zumindest – zu sein, dem müssen wir die deutsche Staatsbürgerschaft natürlich nicht nahe legen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben auch Folgendes ins Blickfeld gerückt: Willkürliche Fragebogen oder Wissenstests werden sich kaum dazu eignen, um eine tatsächliche radikale Gesinnung – denn darum soll es ja bei dieser Auswahl gehen – zu erfahren. Passenderweise werden daher diese Fragebogen auch vielerorts als Einbürgerungsquiz bezeichnet. Das Staatsbürgerschaftsrecht verlangt von Einbürgerungsbewerbern eine innere Hinwendung zur Bundesrepublik. Wie wir auch in unserem Antrag festhalten, ist dies völlig berechtigt. Der Stuttgarter Gesprächsleitfaden ist tendenziell missgünstig und voller Vorurteile. Der hessische Fragebogen ist dagegen für alle, die sich damit befasst haben – und die Grünen haben schon einige Fragen in einer Fragestunde gestellt –, etwas für besonders gescheite und hochgebildete Einbürgerungsbewerber. Der Arbeiter, der zwar seit mehr als acht Jahren in Deutschland lebt, seine Steuern bezahlt, nicht kriminell ist und sich in der deutschen Sprache gut verständigen kann, hat vielleicht nie etwas von Caspar David Friedrich gehört und kann auch nicht sagen, was dieser mit seinen Werken zum Ausdruck bringen wollte, aber wäre das tatsächlich unser Problem? Natürlich nicht.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan GAL)

Wer an dieser Stelle etwas verändern möchte, muss nicht nur in der Lage und Willens sein, das deutsche Schulsystem komplett zu reformieren, sondern er muss sich auch mehr einfallen lassen und finanzieren können als einen einwöchigen Integrationskurs beziehungsweise einen ähnlichen Einbürgerungskurs. Tatsächlich muss Einbürgerung ein seriöses und würdiges Verfahren darstellen. Dafür wäre es hilfreich, wenn die Verleihung der

Staatsbürgerschaft mittels eines feierlichen Einbürgerungsaktes erfolgen würde.

Was hier ganz besonders interessant ist, ist, dass die CDU-Fraktion damals unseren Antrag, die Einbürgerungsfeiern im Rathaus durchzuführen, abgelehnt hat. Als aber die Innenbehörde eine ähnliche Idee auf den Tisch brachte, haben Sie sofort Ihre Zustimmung signalisiert.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, kann es sein, dass Sie in dieser Frage überhaupt nicht wissen, was Sie wollen?

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Sie haben heute einen Zusatzantrag eingereicht, den man wohl als eine Art Freifahrtschein für den Innensenator betrachten kann. Es steht nichts Wesentliches drin, was man nicht auch unserem Antrag entnehmen könnte. Allerdings steht sehr viel weniger Konkretes und Inhaltliches darin. Ich bin mir sicher, dass auch der Innensenator zumindest den Medien entnommen hat, dass es bei der Innenministerkonferenz im Mai um Einbürgerungskurse gehen soll. Er wird vermutlich auch schon verstanden haben, dass die aktuelle Debatte darum geht, den Begriff der erfolgreichen Teilnahme solcher Kurse zu definieren. Vielleicht ahnt er, dass es einem Innensenator gut anstünde, wenn er dafür auch Vorschläge unterbreiten könnte. Dieses haben Sie ihm nun aufgeschrieben, aber nichts weiter. Man kann kaum etwas dagegen haben, da es sich um Teile unseres Antrags handelt, die für uns längst feststehen. Über eines – und das möchte ich zum Schluss noch einmal nennen – fällt die Leserin oder der Leser dann doch. In Ihrem eigenen Antrag sagen Sie noch, dass die Verfahren der Einbürgerungstests und Kurse diskutiert werden müssen. Sie nennen dieses Wort "diskutieren". Aber genau dies wollen Sie in unseren Ausschüssen nicht tun. Sie wollen die Anträge nicht überweisen,

(Olaf Ohlsen CDU: Wir wollen arbeiten, wir wollen beschließen! Nicht ewig diskutieren!)

so wie Sie auch heute übrigens das Thema Berufsfachschulen nicht überweisen wollten. Zuletzt hatten Sie es vermieden, das Thema "Gewalt gegen Frauen" zu überweisen. Sie wollen dieses Thema gar nicht behandeln, Sie wollen sich überhaupt nicht damit befassen. Die Frage ist, wozu sitzen Sie hier eigentlich?

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Zuruf von der GAL: Um genau das zu verhindern!)

Das Thema Zuwanderung und Integration ist längst kein exotisches Thema mehr. Es verdient eine ernsthafte parlamentarische Auseinandersetzung. Um die drücken Sie sich, wo immer Sie können, und das ist ein Armutszeugnis, das Sie sich selbst ausstellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Machaczek.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist, glaube ich, nicht nötig, eine Schärfe in diese Debatte hineinzubringen, weil ich die gar nicht sehe und auch für unsere Fraktion nicht sehe.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Dann überweisen Sie mal!)