Protokoll der Sitzung vom 26.04.2006

(Olaf Ohlsen und Frank-Thorsten Schira, beide CDU: Wird doch überwiesen!)

– Es wird überwiesen, aber ich darf trotzdem etwas sagen. Danke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ideologische Überfrachtungen hin oder her, Frau Machaczek. Gestatten Sie mir eine Bemerkung in Richtung Berlin, die ich bei so einer Debatte für durchaus angebracht finde. Ich hoffe, dass wir uns da auch alle einig sind.

Ich kann mich erinnern, dass Sie sich, Frau Machaczek, vor zwei Wochen hier nicht entschuldigt, aber schon eingeräumt haben, dass auch Sie es nicht unbedingt befürworten, wenn der Bundesinnenminister von Slums in Hamburg spricht und es gewisse Bemerkungen gibt, die man nicht unterstützen muss. Ich möchte heute an dieser

Stelle sagen, dass ich es auch nicht besonders geschickt oder gut für unser Land finde, wenn der Bundesinnenminister Rechtsextremismus in irgendeiner Form verniedlicht.

(Lars Dietrich CDU: Das hat er nicht gesagt! – Glocke)

Frau Abgeordnete, Sie müssen den Bogen zum Inhalt des Tagesordnungspunkts finden, sonst müsste ich Sie zur Sache rufen.

Der ist sehr leicht herzustellen, Herr Präsident, denn es geht immerhin um interkulturelles Zusammenleben und das war eine eher traurige Begebenheit, auf die ich da zu sprechen kam.

Ich finde es grundsätzlich gut, dass Sie diesen Antrag überweisen möchten, denn dann können wir auch einmal darüber sprechen, was Sie tun und was Sie nicht tun. Ganz spannend war tatsächlich – das ist in den letzten Monaten hier selten passiert –, dass sowohl die Grünen als auch die CDU ein sozialdemokratisches Projekt immer wieder gepriesen haben, nämlich das des Polizeivollzugsdienstes und dass Anwerber mit ausländischem Pass – und nicht nur die, sondern auch Deutsche mit migrantem Hintergrund – dort angeworben wurden. Dieses Konzept stammt aus dem Jahre 1995 und wurde von Sozialdemokraten eingeführt. Es wurde damals übrigens gemeinsam mit der CDU debattiert, es wurde an einen Ausschuss überwiesen und es ist ein gutes Konzept.

Auffällig ist aber, dass Sie daneben, wenn man sich die Große Anfrage anschaut, fast gar keine Antwort darauf geben können, was Sie denn ansonsten tun würden, um Menschen mit ausländischem Pass anzuwerben. Frau Güçlü sagte, sie möchte den Weg gerne begleiten, den Sie dort anstreben. Ich vermag, ehrlich gesagt, einen Weg in dieser Großen Anfrage überhaupt nicht zu erkennen. Sie werden im Ausschuss noch einmal erklären müssen, wo Sie eigentlich hin wollen mit einem bisher nicht vorhandenen Konzept.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Auffällig ist auch – nur diese beiden Punkte seien noch genannt –, dass vom Integrationsbeirat so gut wie gar keine Rede mehr ist.

(Michael Neumann SPD: Warum wohl?)

Der Integrationsbeirat, der in jeder Rede der Bürgermeisterin eine wirklich bedeutende Rolle spielt, zumindest immer, wenn ich es mir anhöre oder mitbekomme, kommt in der Antwort auf diese Große Anfrage so gut wie gar nicht mehr vor. Sie hatten zwischenzeitlich eingeräumt, dass es kein Integrationskonzept mehr geben werde. Sie sprechen jetzt von einem Handlungskonzept, Sie sprechen davon, dass alle Behörden zusammenarbeiten würden, aber der Integrationsbeirat kommt gar nicht mehr vor. Wohin dieses Handlungskonzept führen soll, mit welchen Zielen es erstellt werden soll, auch dazu gibt es keine Aussagen. Also ist es relativ dünn, was hier auf dem Papier steht.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Michael Neumann SPD: Schlicht! – Gegenruf von Olaf Ohlsen CDU: Guter Ansatz, Herr Vorsitzender!)

Dritter Punkt: Zahlen und Statistiken. Sie gehen auf den Bereich der Personalentwicklung ein – das ist auch schon genannt worden – und nennen uns Dinge, die mit den Mitarbeitern gemacht werden, beispielsweise einen eintägigen Lehrgang zur Situation der ausländischen Einwohner oder ein externes Wochenendseminar zum Thema "Islamische Welt". Weiter geht es mit "Kultureller Hintergrund moslemischer Gefangener", "Kultureller Hintergrund afrikanischer Gefangener". Wenn man das liest, liegt es ein Stück weit nahe, sich zu fragen, ob man nicht jemanden, der solche Kompetenzen hat, auch einstellen sollte, und zwar bewusst einstellen sollte, sogar nach ihm fragen sollte. Dann sagen Sie in der Antwort, Sie würden über diese Zahlen und Daten nicht verfügen, hätten also keine Angaben dazu, wie viele Leute mit Migrationshintergrund überhaupt in den Behörden arbeiten würden. Behalten Sie das mal kurz im Kopf.

Bei der nächsten Frage, was man denn tun könne, um Bewerbern mit Migrationshintergrund vielleicht besondere Anreize zu geben und ob es nicht sinnvoll sei, solche Leute dort heranzuziehen, sagen Sie wiederum, es stimme schon, es seien viel zu wenig Menschen, die sich dort bewerben würden und sie würden wiederum nicht das abdecken, was sich in der Bevölkerung prozentual widerspiegele. Was denn nun? Wissen Sie, wie viele es sind oder wissen Sie es nicht? Schätzen Sie oder wollen Sie uns vielleicht noch ein paar konkrete Daten geben? Ich hoffe, dass die Debatte im Ausschuss hier etwas schlüssigere Antworten erbringen wird und die Behörde uns vielleicht dazu etwas erhellendere Antworten gibt.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Im Ausschuss machen wir das doch alles!)

Wir machen alles im Ausschuss, Sie werden es überweisen.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Noch ja!)

Kommen Sie bitte mit etwas klareren Antworten dorthin und sagen uns auch, wo Sie eigentlich in diesem Feld hin möchten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Senatorin Schnieber-Jastram.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielleicht muss ich es doch noch einmal betonen. Hamburg ist seit jeher, Frau Güclü, eine weltverbundene, eine weltoffene Stadt

(Dr. Till Steffen GAL: Das sieht man ja gerade!)

und die Pflege der Kontakte unserer Stadt, die Pflege der Kontakte der Hamburgerinnen und Hamburger mit der ganzen Welt hat eine gute und lange Tradition. Interkulturelle Öffnung, so der Titel Ihrer Anfrage, ist deshalb für Hamburg weiß Gott kein Fremdwort.

(Beifall bei der CDU)

Es ist, Frau Güçlü, auch gar kein Privileg der Grünen, zu meinen, sie allein würden die Interessen ausländischer Mitbürger vertreten. Ich finde es nicht besonders toll, egal von wem, wenn man sein Süppchen auf der Problematik von Zuwanderung kocht.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Die Auflösung in Kommunikativgruppen ist kein Ersatz für Parlamentsarbeit. Ich bitte um etwas mehr Ruhe.

(fortfahrend) : Es leben heute in Hamburg rund 250 000 Menschen ausländischer Herkunft, also etwa 14 Prozent. Diese Situation zu gestalten, ist wichtig für die Zukunft der Stadt. Es ist nicht zuletzt eine Schlüsselfrage, Sie haben das sehr richtig dargestellt, Frau Güçlü, um die vielen Potenziale der Zuwanderer zu wecken und auch für unsere Gesellschaft zu nutzen. Unterschiedliche Kulturen und damit verbunden auch unterschiedliche Sprachen, Unterschiede in der Art, das Leben zu gestalten, verstehen wir in der Tat als Bereicherung für unsere Gesellschaft. Zugewanderte Mitbürger sind Bestandteil unseres Lebens in unserer Stadt und in diesem Land. Mit dem Regierungsprogramm und dem Leitbild Metropole Hamburg, wachsende Stadt, stellt sich der Senat der gemeinsamen Verantwortung, die sich durch die Integration von Zuwanderern ergibt.

Um die interkulturellen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung zu erweitern, unternehmen die Hamburger Behörden und Institutionen in der Tat erhebliche Anstrengungen dort, wo es aufgrund der Aufgabenstellung besonders erforderlich ist,

(Doris Mandel SPD: Welche denn?)

und auch, um geeignete Nachwuchskräfte für die Hamburger Verwaltung aus dem Kreis der Zugewanderten zu gewinnen; Sie alle kennen den Beschluss. Der Erste Bürgermeister hat am 5. April gemeinsam mit Vertretern der Handelskammer, der Handwerkskammer, des DGB, des Unternehmensverbandes Nord, der Arbeitsagentur sowie namhaften Unternehmen einen Aktionsplan auf den Weg gebracht, mit dem die Integration junger Migranten in Arbeit und Ausbildung verbessert wird. Hier ist natürlich auch die Stadt als Arbeitgeber gefragt und deshalb wollen wir den Anteil Auszubildender mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst deutlich erhöhen. Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage belegt sehr eindrucksvoll, was in Hamburg bereits alles Normalität ist. Eines Anstoßes zu einer Offensive des Senats bedarf es deshalb nicht.

Ich möchte Sie, Frau Güçlü, aber an dieser Stelle erneut einladen, Ihre manchmal doch vielleicht zu ideologischen Scheuklappen einfach abzulegen. Kommen Sie in den Integrationsbeirat. Sie loben solche Gremien für andere Städte – für Frankfurt und weitere Städte haben Sie das eben getan – und für Hamburg lehnen Sie das offensichtlich ab. Sie wissen selbst genau, dass das wirklich nicht pragmatisch gedacht ist, sondern nur einen ganz hohen ideologischen Grund hat.

(Beifall bei der CDU)

Sie tun das übrigens überall da, wo wir ausländische Mitbürger durch das Regelsystem betreuen lassen.

(Michael Neumann SPD: Na, ob sie im PUA auch noch so gesprächig ist!)

Überall da schreien Sie ganz laut auf, welche Dienste wir kürzen und wieso wir was streichen, aber hier fordern Sie ein, ausländische Mitbürger ins Regelsystem zu übernehmen; das verstehe ich nicht.

Frau Özoguz, Sie sind doch selbst Mitglied im Integrationsbeirat und wissen genau, dass wir auf der nächsten Sitzung dieses Beirats dieses Konzept in seinen Eckpfeilern mit dem Beirat diskutieren werden.

(Doris Mandel SPD: Genau!)

Wir machen kein Konzept und präsentieren es dem Beirat als fix und fertig, sondern es soll ein Diskussionsprozess sein,

(Bernd Reinert CDU: Vorbildlich!)

den wir gemeinsam veranstalten, also keine Geheimnistuerei, sondern der Integrationsbeirat ist das Gremium in Hamburg, das maßgeblich mit entscheidet.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich der Abgeordneten Güclü noch einmal das Wort gebe, möchte ich den Abgeordneten Schmidt darauf hinweisen, dass Lesen grundsätzlich etwas Positives ist. Aber Dritte auch noch dazu zu verführen, was wir hier selber nicht tun wollen, halte ich nicht für gut.

Die Abgeordnete Güçlü hat das Wort.

Ich möchte Sie nicht quälen, meine Damen und Herren, aber einige Punkte muss ich doch richtig stellen. Das müssen Sie ertragen, immerhin habe ich noch vierzig Minuten Redezeit. Das wollte ich Ihnen eigentlich nicht antun, …

(Glocke)