Protokoll der Sitzung vom 29.06.2006

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Welt zu Gast bei Freunden, so lautet das Motto der Fußball-Weltmeisterschaft, die seit Anfang Juni die Menschen in Hamburg, in Deutschland und in der ganzen Welt in ihren Bann zieht. Wir Deutsche sind bisher vorzügliche Gastgeber für unsere Gäste aus aller Herren Länder. Am 9. Juli wird hoffentlich Michael Ballack als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft den Weltpokal in den Händen halten. Am 9. Juli werden in jedem Fall Millionen von Menschen in der ganzen Welt sagen, dass sie in Deutschland und seinen Bürgerinnen und Bürgern hervorragende Gastgeber kennen gelernt haben. Am 9. Juli wird die Welt etwas näher zusammengerückt sein.

(Beifall bei der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ebenso, wie die deutsche Fußballnationalmannschaft mit Beharrlichkeit und Beständigkeit gegen alle Kritiker unbeirrt an ihrem großen Ziel festhält,

(Vizepräsidentin Dr. Verena Lappe übernimmt den Vorsitz.)

so haben die Hamburger CDU-Fraktion und der Senat im engen Schulterschluss ein wichtiges integrationspolitisches Ziel definiert und erreicht.

(Manuel Sarrazin GAL: Hosianna!)

Die erste Einbürgerungsfeier findet in Herbst 2006 im Hamburger Rathaus statt. Dafür möchte ich dem Senat herzlich danken.

(Beifall bei der CDU)

Damit ehren wir ganz bewusst Menschen aus aller Welt. Wir ehren Menschen, die zu Gast bei Freunden waren und bei Freunden eine neue Heimat gefunden haben, Mitbürger, die hier teilweise schon seit vielen Jahren leben. Wir wollen mit einer Feier diesen Menschen ein herzliches Willkommen sagen, dafür, dass sie sich entschlossen haben, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen.

Etliche dieser Mitbürgerinnen und Mitbürger haben hier in der Wissenschaftsstadt Hamburg studiert und Arbeit gefunden. Wir sehen Menschen anderer Nationen oder Herkunft als eine echte Bereicherung, als ein kostbares Geschenk für unsere Stadt. Wir in Hamburg sind stolz darauf, eine weltoffene und tolerante Metropole zu sein.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Jörg Lühmann GAL: Seit wann ist das so?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so vielfältig die Herkunft, so vielfältig sind auch die Ausbildungen und der soziale Status unserer neuen deutschen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Jede und jeder Einzelne von Ihnen macht Hamburg reicher, vielfältiger und internationaler.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die Entscheidung Deutscher zu werden ist ein ungeheurer Vertrauensbeweis, ein Vertrauensbeweis, über den wir uns sehr freuen, über den wir uns auch deshalb freuen, weil er zeigt, dass sich diese Menschen hier wohl fühlen, dass sie gerne hier leben, weil er ein Zeichen dafür ist, dass unsere neuen deutschen Mitbürgerinnen und Mitbürger ja zu Deutschland und zu Hamburg sagen. Das ist, man kann es nicht oft genug wiederholen, ein großes Geschenk, es ist ein Gewinn für unsere Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir, die CDU-Fraktion, sind uns durchaus bewusst, dass mit Einbürgerungsfeiern allein keine Integration stattfinden kann.

(Beifall bei Nebahat Güçlü GAL)

Wir lehnen uns auch nicht selbstzufrieden zurück, wie es uns die Presseerklärung der SPD versucht vorzumachen. Es gibt sehr viele Bausteine, die den schwierigen, komplexen und langwierigen Integrationsprozess ausmachen. Eine Einbürgerungsfeier, wie auch immer sie gestaltet sein soll, ist immer nur ein einzelner Baustein unter ganz vielen anderen. Er ist jedoch, das ist der eigentliche Kern der Debatte, ein ganz wesentlicher Baustein. Wir sagen mit Einbürgerungsfeiern herzlich willkommen in Hamburg, herzlich willkommen in Deutschland, und legen einen wichtigen Grundstein für den inneren Bezug der neuen deutschen Staatsbürger zu ihrer neuen Heimat.

Denn eines ist auch gewiss, das möchte ich klar herausstellen. Die Integration ist, ungeachtet aller gesellschaftlichen Bemühungen, immer nur so gut, wie der zu Integrierende bereit ist, sich selbst einzubringen und mitzumachen. Wir erwarten zu Recht, dass unsere neuen deutschen Mitbürgerinnen und Mitbürger die Werte und Normen dieser Gesellschaft, in der sie leben möchten, akzeptieren. Dann sind wir aber nicht nur als Mitbürger, sondern auch als Staat in der Pflicht, wenn es darum geht, diese Akzeptanz zu unterstützen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich abschließend noch einmal auf die eingangs erwähnten Bezüge zur Fußball-Weltmeisterschaft zurückkommen.

(Jörg Lühmann GAL: Nicht wieder auf die WM zu- rückkommen!)

Doch! Es tut mir Leid, aber Hamburg ist im Fußballfieber, insofern würde ich ganz gerne noch einmal hinzufügen, wenn Sie dieser Tage durch Hamburg gehen, sehen Sie Menschen aus aller Herren Länder, aus allen Kontinenten. Einige davon sind zu Gast bei Freunden, andere sind Freunde, die eine neue Heimat gefunden haben. Alle heißen wir, im letzteren Fall mit der so wichtigen Geste einer Einbürgerungsfeier, herzlich willkommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt Frau Özoguz.

A C

B D

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kraxner, Sie vergessen aber eins bei allen Vergleichen, die WM dauert einen Monat. Die Menschen, die Sie hier willkommen heißen wollen, sind zu großen Teilen schon hier geboren und es war Ihre Politik, Ihre Partei, die bisher nicht dieses Herzlich Willkommen ausgestrahlt hat. Das sollte man nicht ganz vergessen bei aller Begeisterung.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Wolfhard Ploog CDU: Das würde ich nicht sagen!)

Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU! Gibt man unter einer Suchmaschine den Begriff Einbürgerungsfeiern ein, das habe ich einmal getan,

(Wolfhard Ploog CDU: Welche Suchmaschine hat- ten Sie denn?)

dann landet man unter anderem auch auf Ihrer Homepage, also der der CDU-Fraktion. Da steht unter dem Datum 21. Juni 2005 Einbürgerungsfeiern bald auch in Hamburg. Auch dort jubeln Sie, Herr Kraxner, über Ihre tolle neue Erfindung der Einbürgerungsfeiern, die doch der Oberbürgermeister von München beispielsweise, denn kennt ja der Herr Innensenator sicher, in 2002 schon zweimal durchgeführt hat.

Nun wissen wir, dass bald ein sehr dehnbarer Begriff ist, warum Sie sich tatsächlich aber mit der Umsetzung solch guter Projekte wie Welcome Center, Einbürgerungsfeiern immer wieder so schwer tun, warum das so lange dauert, das wird wohl Ihr Geheimnis bleiben. Sie werden aber auch heute wieder sehen, dass wir, wenn Sie so gute Sachen endlich auf den Weg bringen, selbstverständlich diesen Anträgen auch zustimmen. Das haben wir schon getan, wir haben dieses ja auch schon einmal debattiert, aber wir sind auch heute nach wie vor dafür.

Merkwürdig bleibt aber, das soll hier wenigstens einmal erwähnt werden, dass Sie unserem Antrag, diese Feiern hier im Rathaus durchzuführen, nicht zustimmen konnten – mit einer etwas merkwürdigen Begründung. Bei 4847 Einbürgerungen im Jahr 2004 und allein 1794 im Jahr 2005, also bis Mai 2005, wäre ein einziger Termin beziehungsweise Ort nicht umsetzbar, sagte Herr Kraxner. Insofern werde der Zusatzantrag der SPD abgelehnt. Das war am 23. Juni 2005.

Herr Kraxner, wir haben nie für nur einen einzigen Termin votiert, wohl aber für einen einzigen Ort, nämlich unser Rathaus. Das war unser Votum.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wenn ich Ihre Pressemitteilung richtig gelesen habe, Sie haben es ja eben auch noch einmal bestätigt, dann planen Sie nur eine Feier erst einmal in diesem Jahr. Also logisch ist diese Argumentation nicht.

Interessant ist auch, das möchte ich noch einmal erwähnen, Herr Hesse, Ihre Reaktion bei der letzten Debatte um dieses Thema. Als ich auf das Thema der einbürgerungsfähigen Menschen in dieser Stadt kam und darauf drängte, dass man sich Gedanken darüber machen sollte, auch für Einbürgerungen zu werben, da riefen Sie, das hätte ja nichts mit dem Antrag zu tun. Es ist genau diese Kurzsichtigkeit, die Sie immer wieder auf halbem Wege stecken bleiben lässt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Natürlich müssen wir ein Interesse daran haben, dass alle dauerhaft bei uns lebenden Menschen in die Mitte der Gesellschaft rücken. Es dient wohl keinem von uns, wenn eine große Gruppe am Rand geschaffen wird, die keine Verantwortung übernehmen kann, weil sie keine staatsbürgerlichen oder ähnlichen Rechte besitzt. Auch hier, Herr Kraxner, muss es Bestrebungen geben, dass auch diese Menschen einmal sagen können, ja, ich bin hier in Deutschland und ich möchte Deutscher werden. Auch die dürfen nicht vergessen werden. Nicht zuletzt hat die halbherzige Befragungsaktion vor der Bundestagswahl hinsichtlich des nachträglichen Erwerbs der früheren Staatsbürgerschaft bei vielen Eingebürgerten für Unmut und Unsicherheiten gesorgt. Nicht selten haben Neubürgerinnen dies als ein Zeichen der Nichtakzeptanz der Aufnahmegesellschaft verstanden und sich auch diskriminiert gefühlt.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ein weiterer Punkt, in der Stellungnahme des Innenausschusses an den Haushaltsausschuss in 2004 können wir Folgendes nachlesen: Auf Nachfrage der SPD-Abgeordneten, welche Maßnahmen zur Förderung der Integration und Einbürgerung von Nichtdeutschen der Senat ergreifen werde, baten die Senatsvertreter um Verständnis, dass es hier zunächst erste Überlegungen gebe, – man höre – die noch nicht konkret vorgestellt werden könnten. Eine Einbürgerung sei vom Wunsch der Betroffenen und der Freien und Hansestadt Hamburg abhängig. Die Behörde für Inneres beabsichtige Überzeugungsarbeit zu leisten, damit mehr Einbürgerungsanträge gestellt werden. Dies betreffe unter anderem circa 45 000 bis 50 000 türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die die einbürgerungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen.

Interessant ist, dass der Senat heute sagt, sie hätten überhaupt keinen Überblick, wer möglicherweise die Kriterien erfüllt und Maßnahmen zur Förderung von Einbürgerungen sind absolute Mangelware. Noch ein letzter Satz: Auf Nachfrage der SPD-Abgeordneten sagten die Senatsvertreter zu, analog zu den genannten 45 000 bis 50 000 einbürgerungsfähigen türkischen Staatsbürger die Zahlen auch für andere Bevölkerungsgruppen zu Protokoll zu geben. Auch auf diese Zahlen warten wir heute noch.

(Wilfried Buss SPD: Hört, hört!)

Über 130 000 Menschen leben laut Senatsantwort auf meine Kleine Anfrage bereits seit über acht Jahren in Deutschland. Viele von ihnen werden vermutlich nicht alle Kriterien erfüllen, das ist klar. Auch wenn sie von 130 000 mehrere tausend abziehen, bleiben immer noch genug übrig, die das politische Signal senden, trotz aller Voraussetzungen keine Staatsbürger dieses Landes werden zu wollen. Wenn eine Regierung dies einfach ignoriert, muss sie die Verantwortung für eine auseinander fallende Gesellschaft auch übernehmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Jetzt aber noch zwei Sätze zu den Feiern selbst. Einbürgerungen sollen festlicher und emotionaler werden. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass gleichzeitig die Anforderungen auch steigen. Herr Kraxner, Sie haben das ein bisschen übergangen. Künftig wird ein erschwerter Sprachtest neben allen anderen Anforderungen die Basis für eine Einbürgerung bilden. Da müssen wir auch noch an den Voraussetzungen arbeiten. Eine Erfahrung seit dem neuen Zuwanderungsgesetz ist, dass es viel schwie

riger geworden ist, an einen Sprachkurs überhaupt heranzukommen und dass die Dauer der Kurse im Durchschnitt eher verkürzt worden ist. Das heißt, die gestellten Anforderungen müssen immer auch mit dem entsprechenden Angebot zusammenpassen. Dies ist wohl in unser aller Interesse.

Nun soll also die Nationalhymne gesungen werden, vielleicht noch ein Eid abgeleistet werden und Herr Nagel möchte persönlich die Hammonia anstimmen, wie er der Presse kundgab.

(Wolfhard Ploog CDU: Ist doch wunderbar! – Michael Neumann SPD: Landwehr Bayern! – Frank-Thorsten Schira CDU: Das ist doch alles sehr unverkrampft geworden. Vielleicht sind Sie noch zu verkrampft!)

Also alles Dinge, die ein normaler Deutscher wohl eher selten tut. – Sehr unverkrampft, das ist das richtige Stichwort.

Ich glaube, wir sollten in dieser Frage nicht völlig blind – denn Sie wissen, was ich nicht genannt habe, es sind noch ein paar Dinge mehr, – nach anderen klassischen Einwanderungsländern schauen, solange wir es nicht auch in allen anderen Einwanderungsfragen tun. Wir müssen schauen, was zu uns passt. Das ist in jedem Fall ein würdiger Rahmen hier im Rathaus, das passt zu einer menschlichen Metropole. Nun machen Sie einmal und dann schauen wir weiter!