Protokoll der Sitzung vom 27.09.2006

Deshalb treten wir für die Wiedereinführung der Fünfprozentklausel bei der Wahl zu den Bezirksversammlungen ein.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben uns die Wahlergebnisse seit 1993 angesehen. Wir haben das auch noch einmal im Wege eines Gutachtens nachrechnen lassen. In jeder Bezirksversammlung hätten wir, wenn es damals die Fünfprozentklausel nicht

gegeben hätte, zumindest gelegentlich DVU, NPD, Republikaner und dergleichen gehabt.

(Michael Neumann SPD: Schill-Partei! – Zurufe von der GAL)

Lieber Herr Neumann, es sind die extremen Parteien, die der Demokratie schaden. Es sind diejenigen, die zulassen,

(Michael Neumann SPD: Und sich mit denen in das Koalitionsbett legen!)

dass extreme Parteien in die Parlamente kommen, weil sie sich einer Sperrklausel verwehren.

(Beifall bei der CDU)

Selbst wenn es keine extremen Parteien sein sollten, sondern kleine Gruppierungen, denken bitte Sie auch einmal daran, mit welchen zusätzlichen Kompetenzen wir im Zuge der Bezirksverwaltungsreform unsere Bezirksversammlungen ausgestattet haben. Wir können uns jetzt handlungsunfähige, mehrheitsunfähige Bezirksversammlungen nicht mehr leisten.

Deshalb, Frau Goetsch, wenn Sie sagen, man müsse das neue Wahlrecht doch erst einmal ausprobieren, …

Ähnliches war auch von einem früheren Bürgermeister zu lesen. Da fällt mir ein, Herr Dr. Petersen, Sie haben vorhin drei frühere Bürgermeister genannt. Bei den anderen beiden war die Antwort offenbar nicht ganz so passend – Klose und Dohnanyi.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Woher wissen Sie das denn? – Beifall bei Kai Voet van Vormizeele CDU)

Sonst würden Sie damit doch auch durch die Gegend laufen, dass die Sie unterstützen.

Also: Wer sagt, man müsse das erst ausprobieren, handelt wirklich unverantwortlich. Hamburg ist ein Bundesland und keine Selbsterfahrungsgruppe, um dieses Wort von vorhin wieder aufzugreifen.

(Beifall bei der CDU)

Sie handeln nach einem ganz alten Prinzip: Erst wird der Brunnen gebaut, dann muss das Kind hineinfallen, dann kümmern wir uns um den Deckel. Wir wollen die letzten beiden Schritte gerne umkehren.

(Beifall bei der CDU – Christian Maaß GAL: Erst der Deckel und dann das Kind!)

Da haben Sie mich in der Tat, Herr Maaß, bei einer Formulierung ertappt, die ich so nicht halten möchte. Ich hätte sagen sollen: Wir machen den von Ihnen beabsichtigten dritten Schritt und damit sind alle Kinder sicher, die sind bei uns sowieso gut aufgehoben.

(Beifall bei der CDU und bei Werner Dobritz SPD)

Wenn gesagt wird, Änderungen am Wahlrecht schadeten der demokratischen Kultur, sie seien eine Beschädigung der Demokratie, kann ich nur sagen: Erstens, Sie leisten der Tatsache, dass in den nächsten Bezirksversammlungen mehr undemokratische Abgeordnete sitzen werden, Vorschub.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Unverschämtheit!)

Das wird so kommen.

(Michael Neumann SPD: Sie haben sich mit Schill ins Bett gelegt!)

Die Politikverdrossenheit, Herr Dr. Petersen, entsteht dann, wenn Probleme, die zweifellos vorhanden sind, nicht gelöst werden. Deswegen stehen wir heute hier, um die Probleme anzupacken und sie einer Lösung zuzuführen. Da spielt natürlich auch, das hat dazu beigetragen, Frau Dr. Hilgers, …

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Sie sind das Problem, nicht die Lösung!)

Das beruhigt mich, dass Sie das so sehen. Dann weiß ich, dass ich auf dem richtigen Wege bin.

(Beifall bei der CDU – Wolfhard Ploog CDU: Richtig!)

Wenn die Beratungen bei uns in der Fraktion längere Zeit in Anspruch genommen haben, dann hat das auch sehr viel damit zu tun, dass wir – Herr Voet van Vormizeele hat es schon gesagt – uns wirklich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben.

Genauso intensiv, Frau Goetsch, wurde die Frage der Organtreue diskutiert, die Herr Mahrenholz jetzt Ende September anfängt zu prüfen – seit Mitte Juli steht der Text fest. Das war in der Anhörung des Verfassungsausschusses Anfang Juli eines der ganz zentralen Themen. Die Antwort aus der Anhörung war, dass diese Kompetenz der Bürgerschaft, Volksentscheide zu überprüfen und zu ändern, nicht bestritten werden kann. Bestätigt wird das Ganze auch durch das Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichtes im LBK-Verfahren vor diesem Gericht.

(Barbara Duden SPD: Das ist jetzt der Persil- schein!)

Wir haben eine Verantwortung gegenüber dieser Stadt, auch in der nächsten Wahlperiode ein funktionsfähiges Parlament zu haben. Deswegen müssen wir Korrekturen vornehmen, aber wir behalten zentrale Elemente bei.

Wenn Herr Dr. Petersen heute ankommt und sagt: Schaut Euch doch einmal das Wahlsystem zu dem Bayerischen Landtag an.

(Michael Neumann SPD: Das hat er nicht gesagt! – Zurufe von der GAL)

Das hat er nicht gesagt? Gut.

Schauen wir uns Bayern generell an. Dann ist festzustellen: Bayern hat sowohl für den Landtag als auch für die Kommunen ein anderes Wahlsystem.

Aber Sie hätten doch bitte schön, als wir gesagt haben, wir müssen über diesen Volksentscheid noch einmal reden, kommen können und sagen müssen: Lassen Sie uns bitte einmal über andere Lösungen nachdenken.

(Christian Maaß GAL: Ach, Gott!)

Das haben Sie nicht gemacht, Sie haben sich allen Gesprächen verweigert.

(Dr. Mathias Petersen SPD: Weil es ein Volksent- scheid ist!)

Jetzt fällt der Vorwurf, wir würden im Alleingang das Wahlrecht ändern, auf die zurück, die die Gespräche verweigert haben.

(Beifall bei der CDU – Zwischenrufe von der SPD und der GAL)

Abschließend, das heißt ein Wort noch zwischendurch: Herr Petersen bemüht sehr eine Vokabel, die in der sozialdemokratischen Erfahrungswelt

(Gerhard Lein SPD: In der Sie ja so zu Hause sind!)

zu Recht in ihrer historischen Zeit eine besonders schlimme ist: Das Thema Wahlrechtsraub. Nur, Herr Dr. Petersen, Sie sollten dann auch so ehrlich sein zuzugeben: Der Wahlrechtsraub im Kaiserreich hat vielen Hamburgern das Wahlrecht genommen. Durch diese Änderung wird keiner einzigen Hamburgerin und keinem einzigen Hamburger das Wahlrecht genommen.

(Dr. Till Steffen GAL: Aber sicher, Herr Reinert!)

Es stimmt wieder alles nicht, was Sie sagen.

(Beifall bei der CDU)

Abschließend noch ein, zwei Anmerkungen zum Thema Volksentscheid: Es hat kürzlich in Dresden einen Bürgerentscheid über die Errichtung einer weiteren Brücke über die Elbe gegeben, ein sehr umstrittenes Projekt. Da war kürzlich ein Interview mit Wolfgang Thierse, dem Bundestagsvizepräsidenten, in der "Zeit". Wolfgang Thierse sagte – das bitte ich auch einmal zu bedenken –: