Protokoll der Sitzung vom 11.12.2006

derfinanzausgleich inzwischen zu dem Land geworden sind, das in den letzten Jahren leider Gottes pro Kopf das Meiste oder Zweitmeiste einzahlen musste. 630 Millionen Euro zahlt Hamburg 2006 in den Länderfinanzausgleich ein. Diese Summe ist fast identisch mit der Neuverschuldung. Wenn wir nicht für andere, arme Länder zahlen müssten, hätten wir jetzt bereits einen ausgeglichenen Haushalt. Das zeigt, wie stark diese Finanzkraft ist. Ich bekenne mich dazu, dass wir mit anderen Ländern solidarisch sind und einzahlen, aber man muss eben auch einmal deutlich machen, dass, hätten wir nicht den Länderfinanzausgleich, wir bereits jetzt einen ausgeglichenen Haushalt hätten. Auch das ist das Ergebnis der hervorragenden Politik meines Kollegen und Freundes, Dr. Peiner. Ihm noch einmal ganz herzlichen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Nun sind, wie wir gehört haben, alle traurig, dass Sie gehen.

(Michael Neumann SPD: Das habe ich nicht ge- sagt!)

So ähnlich aber. Sie haben ihm Anerkennung und Respekt für die guten Debatten gezollt. Vielleicht habe ich Sie emotional überbewertet, Herr Neumann.

(Michael Neumann SPD: Weil die Menschlichkeit so aus mir herausquillt!)

Herr Neumann ist also nicht traurig, dass Herr Peiner geht, aber er hat ihm Respekt gezollt. Vielleicht liegt dies neben den guten Ergebnissen seiner Arbeit auch daran, dass er einer der wenigen Politiker ist, die freiwillig gehen und nicht gegangen werden.

(Michael Neumann SPD: Im Moment ist er der ers- te!)

Das ist eine Situation, die in der Politik untypisch ist. Er ist also jemand, dem man Respekt für diese Haltung und Anerkennung für seine Leistung als Finanzsenator entgegenbringt.

Es war nicht nur Sparpolitik, sondern auch Umstrukturierung in den Haushalten, Umstrukturierung, die Sie in jeden Einzelfall aufs Härteste angegriffen haben. Es gibt keinen Punkt, in dem Sie Maßnahmen der Haushaltssanierung oder der Umstrukturierung im Haushalt, die irgendwo wehtaten, unterstützt hätten. Bei jeder einzelnen Maßnahme haben sie behauptet, sie sei unsozial, nicht gerecht, schlecht für die Stadt, das sei Herzenskälte, eine unmenschliche Stadt. Sie werden nur einen Haushalt nicht sanieren können und Sie werden auch nicht umstrukturieren können, ohne auch Maßnahmen zu ergreifen, die Führung bedeuten, weil sie den Menschen im Einzelfall auch wehtun. Das ist so. Haushaltskonsolidierung und Umstrukturierung führen auch zu Schmerzen. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass die Menschen das Ergebnis unserer Maßnahmen, nach anfänglichem Protest gegen Schritte in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft – wo viele aufgeschrien haben und dagegen waren –, anerkennen und respektieren: auf dieser Grundlage Konsolidierung und Freiräume für Investitionen zu erreichen, auch im sozialen Bereich, und durch Umstrukturierung schon in den letzten Jahren wichtige Maßnahmen auch auf dem Gebiet der Kinderversorgung und der Bildung zu erzielen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich haben wir umstrukturiert. Wir haben zumindest, was die westdeutschen Städte angeht, einen Rechtsanspruch auf eine Versorgung mit Kindertagesstätten, der seinesgleichen sucht und weiter ausgebaut wird.

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist doch nicht Ihr Ver- dienst!)

Wir haben – jetzt werden Sie wieder aufheulen – die Anzahl der Ganztagsschulen immerhin verdreifacht, verglichen mit dem, was wir von Rotgrün übernommen hatten. Wir haben durch massive Maßnahmen und Unterstützung dafür gesorgt, dass der Bereich Kultur und Wissenschaft von Sparmaßnahmen und Umstrukturierung nicht betroffen war. Wir haben in diesen wichtigen Bereichen eine Stabilität geschaffen, die vermutlich keine andere Stadt in Deutschland so geschaffen hat. Diese schauen voller Neid auf das, was wir in der Wissenschaft und Kultur in diesem Jahr trotz Sparmaßnahmen und Umstrukturierung getan haben.

(Beifall bei der CDU)

Das war übrigens das Interessante bei den bisherigen Beiträgen zur Debatte: Es ist durch eine gute Innenpolitik und eine gute Personalpolitik bei der Polizei gelungen – das hat man ja bei der Generaldebatte gesehen –, dass das Thema "Innere Sicherheit", das vor fünf, sechs Jahren das Ton angebende Thema in dieser Stadt war, teilweise mit katastrophalen Einzelereignissen und katastrophalen Statistiken, in der Kritik in dieser Stadt keine Rolle mehr spielt, sonst hätten Sie es angesprochen. Auch das ist das Ergebnis unserer Politik.

(Beifall bei der CDU)

Ich bleibe dabei: gute wirtschaftliche Bedingungen zu schaffen, den Haushalt zu konsolidieren und umzustrukturieren und auf dieser Grundlage Maßnahmen zu ergreifen, die dem einzelnen Menschen zugute kommen.

In einem Punkt, Herr Neumann, bin ich ausgesprochen Ihrer Meinung: Das Ziel moderner Sozialpolitik – das ist auch die Diskussion auf Bundesebene über den Stellenwert der Sozialpolitik – wird nicht sein können, jedes Lebensrisiko auf Dauer abzusichern und relativ hoch zu alimentieren, sondern wir müssen Stück für Stück zu einem System kommen, das so weit Chancen eröffnet, dass junge Menschen in die Lage versetzt werden – da haben Sie völlig Recht –, egal aus welcher Schicht sie stammen, ob sie aus Blankenese, von der Veddel, aus Wilhelmsburg oder aus Ohlstedt kommen, persönlich für ihr eigenes Leben eine Perspektive und eine Hoffnung zu haben, die sie verwirklichen können. Es ist unser Auftrag in der Stadt, dies zu gewährleisten.

(Beifall bei der CDU – Doris Mandel SPD: Dann tun Sie das doch mal!)

Genau dies tun wir Stück für Stück. Deutsch vor der Schule testen, und wenn es schlecht ist, Deutsch vor der Schule lehren. Das war vor zehn Jahren hier noch umstritten. Als wir in der Opposition waren und dies vorgeschlagen haben, haben uns die Grünen vorgeworfen, dies sei eine Zwangsgermanisierung. Das war damals Ihre Haltung, die die Misere mit verschuldet hat.

(Beifall bei der CDU)

Es geht also darum, zu testen, vor der Schule Deutsch beizubringen, und des geht darum, in den Grundschulen – zumindest in den Gebieten, in denen soziale Schwierig

A C

B D

keiten bestehen – die Klassenfrequenzen drastisch und sonst moderat zu senken. Auch dazu stehe ich. Natürlich ist es viel bequemer zu sagen, für alle solle die Klassengröße gesenkt werden. Aber ich werde eins nicht tun: Wir werden nicht den Fehler machen, den Sie in den Neunzigerjahren begangen haben, nämlich eine gute Wirtschaftslage und gute Steuereinnahmen dazu zu nutzen, wieder so tief in die Verschuldung hineinzugehen, dass sich die Hamburger Verschuldung in den Neunzigerjahren unter sozialdemokratischer Führung verdoppelt hat. Diesen Weg werden wir nicht gehen, sondern Stück für Stück behutsam, sozial und gerecht.

(Beifall bei der CDU)

Ich meine – darüber können wir gern streiten –, dass es Grundschulklassen in besseren Gegenden auch zumutbar ist, mit 25, 26 oder 27 Schülerinnen und Schülern in einer Klasse zu sitzen

(Petra Brinkmann SPD: Aber nicht mit 30!)

ich habe gerade gesagt, was ab nächstem Jahr reduziert wird –, denn andere Gebiete brauchen die Solidarität und die besondere Hilfe der Stadt. Solidarität heißt auch, dass diejenigen aus guten und geordneten Verhältnissen bereit sind, zugunsten derjenigen zu verzichten, die es allein nicht schaffen können. Das ist Solidarität in der Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Solidarität heißt auch, dass es viele Aufgaben gibt, die gesellschaftliche sind und keine privaten. "Gesellschaftliche Aufgaben" bedeutet jedoch nicht, dass der Staat sie alle übernimmt. Wir haben in Hamburg vielmehr ein vorbildliches System Zehntausender Ehrenamtlicher, Freiwilliger, von Mäzenen und Stiftern, die es als hanseatische Tugend verstehen, gesellschaftliche Aufgaben mit wahrzunehmen. Auch das ist etwas, auf das wir in Hamburg stolz sein können.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte an dieser Stelle diesen Menschen danken, sei es, dass sie Zeit opfern, sei es, dass sie sich engagieren, indem sie teilweise sehr viel Geld geben, um im kulturellen, sozialen, Bildungs- oder ökologischen Bereich durch Mäzenatentum und Spenden Gutes für die Stadt tun. Ich finde es beschämend, dass eine Gewerkschaft immer versucht, diese Leute als nicht Steuern zahlende Millionäre zu denunzieren, statt Ihnen zu danken, dass sie dieser Stadt helfen. Das ist nicht anständig, was dort teilweise passiert.

(Beifall bei der CDU – Uwe Grund SPD: Das ist doch Quatsch!)

Wir werden diesen Weg weitergehen, eine Politik, die Chancen eröffnet, die Gerechtigkeit in der Stadt walten lässt, die die wirtschaftliche Grundlage stärkt und den Haushalt weiter konsolidiert.

Die Frage wird sein – Frau Goetsch, Sie haben es angesprochen –, wo der wirtschaftliche Schwerpunkt liegt. Sie haben einige Dinge gesagt, die ich für bemerkenswert halte. Ich glaube, dass Hamburg in Sachen Klimaschutz schon sehr viel getan hat.

(Manuel Sarrazin GAL: Hallo, hallo!)

Die Stadt hat jüngstens viele Preise gewonnen. Ich glaube aber, dass wir als Stadt noch mehr tun und den Vorbildcharakter dieser Region weiter entwickeln können.

Wo Sie in eine richtige Richtung argumentieren, aber etwas zu undifferenziert, ist die Quasi-Gegenüberstellung der Wachsenden Stadt und der kreativen Stadt. Sehen wir uns andere Städte an, Großstädte mit einem riesigen Potenzial. Ich nenne nur einmal Berlin: Berlin ist vermutlich die Stadt mit einem kreativen Humus, wo Sie einen starken Zuzug und viele Gründungen von PR-Agenturen, Werbeagenturen, im Bereich der Pop-Musik und von Designern und so weiter haben. Viele junge, kreative Menschen zieht es dorthin. Wenn Sie mit den Berliner Unternehmern und den Kammern sprechen – manche dieser Firmen sind nicht in Kammern aktiv, aber in Verbänden und wissen auch, Ihr Wort zu erheben –, sagen diese Ihnen allerdings, das große Problem in Berlin sei, dass es dort zwar einen großen kreativen Humus und Geist und Unterstützung für kreative Firmen gebe, aber die industriell-gewerbliche Grundlage und Nachfrage vor Ort fehle, um diesen Firmen auch wirtschaftlichen Erfolg zu geben, denn trotz Globalisierung brauchen auch Firmen in diesem Bereich eine industriell-gewerbliche Grundlage, die die Nachfrage in der Region sichert.

Darum gehört dies zusammen. Wir brauchen Industrie. Wir brauchen Gewerbe, wir brauchen Handwerk, damit gerade diese Firmen Ihre Chance der wirtschaftlichen Entwicklung bekommen, denn Kreativität allein ist sehr schön, aber wenn man mit ihr kein Geld verdient, hilft sie dem Menschen auch nichts.

(Beifall bei der CDU)

Darum gehört dies zusammen. Diesen Weg weiter zu beschreiten, eine solide Haushaltspolitik, eine aktive Wirtschaftspolitik und eine gerechte Politik, die jedem eine Chance gibt, das waren die Markenzeichen dieser Senatspolitik und werden es für die nächsten fünf Jahre auch bleiben, Herr Neumann.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Petersen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bürgermeister, in Ihrer Regierungserklärung zu Beginn Ihrer zweiten Amtszeit findet sich ein Versprechen. Der Senat wolle das Leitbild "Metropole Hamburg, wachsende Stadt" in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellen.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Genau! – Wolfhard Ploog CDU: Richtig!)

Ausdrücklich heißt es in diesem Zusammenhang, Sie beabsichtigten,

"die Schwachen dabei nicht im Stich zu lassen".

(Beifall bei der CDU)

Seit drei Jahren haben Sie, Herr von Beust, die absolute Mehrheit in Hamburg und damit auch die absolute politische Verantwortung.