Protokoll der Sitzung vom 28.03.2007

Wir haben einen ausgeglichenen Haushalt und wir haben jede Menge Probleme und wir wissen nicht, wie wir Hafeninvestitionen und eine Reihe anderer Dinge finanzieren, die Sie so gerne hätten, wie die U 4, auf die wir gleich noch kommen. Darum geht es und das hat nichts mit solider Finanzpolitik zu tun.

Lassen Sie mich noch etwas anderes sagen. Jetzt kommen wir wirklich einmal auf solide Finanzpolitik. Ja, im Jahr 2006 gab es 214 Millionen Plus. Was haben Sie gemacht? Sie haben trotzdem 600 Millionen Kredite aufgenommen. Das ergibt einen Saldo von 400 Millionen. Diese 400 Millionen Kredite, diese 400 Millionen auf Pump haben Sie in die Rücklagen gelegt. Wollen Sie das bitte schön als solide bezeichnen? Sie hatten es gar nicht nötig, also müssen Sie sich die Frage stellen lassen, warum Sie es gemacht haben.

Da kommen wir nach Bayern. Bayern ist ein Vorbild für finanzpolitische Solidität und manchmal auch für Tricks.

Also reden wir jetzt über finanzpolitische Tricks. Eine Restkreditermächtigung zu nehmen, den Kredit aufzunehmen, das Ganze in die Rücklagen zu legen und im nächsten Jahr dann einen ausgeglichenen Haushalt auf Kredit zu finanzieren, das macht Bayern und das wollen jetzt offensichtlich auch Sie machen. Das ist übrigens genau das, wovon der Finanzplanungsrat sagt, dass es das in Zukunft nicht mehr geben soll. Restkreditermächtigungen soll es nicht mehr geben. Das wird die Föderalismusreform II bringen. Das haben Sie gerade vorgeführt. Dann erzählen Sie mir bitte schön nichts von Solidität. Erzählen Sie mir höchstens etwas von kreativer Kreditaufnahme.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir können auch in Zukunft über Begrenzung der Verschuldung diskutieren. Nur: Finanzpolitik ist kein Selbstzweck. Finanzpolitik für sich selbst ist nicht sinnstiftend, in keiner Weise. Finanzpolitik hat Politik zu finanzieren. Sie müssen sich noch einmal fragen lassen: Was haben Sie mit Ihrer Finanzpolitik eigentlich in den letzten Jahren nicht finanziert? Da sind wir bei ganz anderen Fragen, über die man diskutieren kann. In Ihrem Haushalt – das ist mein letzter Satz – findet Folgendes statt: Kinder, die im Jahre 2000 geboren sind, haben schlechtere Chancen als Kinder, die im Jahre 2002 geboren sind, weil Sie nämlich die Klassenfrequenzen erst im nächsten Schuljahr absenken und der Rest durchwächst. Das ist ein politischer Skandal. Da ist jeder ausgeglichene Haushalt vergleichsweise wirklich nachrangig.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Maier.

(Michael Neumann SPD: Wann kommt denn Eure Geheimwaffe?)

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Herr Senator Uldall, ich will hier nicht Herrn Naumann vertreten, aber ich finde, sein Fehler ist ein lässlicher Fehler, wenn er den Schnelligkeitsfehler begeht, statt von Finanzierungssaldo von Nettokreditaufnahme zu sprechen,

(Bernd Reinert CDU: Wenn es der einzige Fehler wäre, wäre es verzeihlich!)

während Ihr Fehler ein bewusster Fehler ist. Sie sagen uns hier – das haben Sie sich schnell von Ihren Beamten geben lassen –, erstens, ich hätte nicht vom Finanzierungssaldo gesprochen. Ich habe ausdrücklich und nur vom Finanzierungssaldo gesprochen, also der Summe aus Nettokreditaufnahme und Vermögensmobilisierung. Nachdem ich Ihnen eine Durchschnittszahl von vier Jahren gegeben habe, weil das das einzig Seriöse ist und jeder weiß, dass Konjunkturen sich bewegen, nehmen Sie aus der rotgrünen Zeit das schlechteste Jahr, in der die Konjunktur sank …

(Bernd Reinert CDU: Das Abschlussjahr!)

Das Abschlussjahr.

Dann beginne ich einmal mit Ihrem Anfangsjahr. Das steigt von unserem Abschlussjahr mit 1,4 Milliarden auf 2,2 Milliarden in Ihrem Anfangsjahr.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

So einen Unsinn kann man nicht machen, sondern man muss schon eine Reihe von Jahren addieren, um einen durchschnittlichen Verlauf über möglichst einen Konjunkturzyklus, der nicht mit dem Regierungszyklus übereinstimmt, zu haben. Aber einigermaßen kann man es so machen. Dann verfahren Sie so unseriös, die Phase des konjunkturellen Niedergangs 2001 mit der Phase des konjunkturellen Aufschwungs 2006/2007, für den Sie nichts können, zu vergleichen. Das ist just diese Sorte von Politikerauskünften, weswegen Politiker in der Bevölkerung so beliebt sind,

(Beifall bei Gudrun Köncke GAL)

weil sie ganz bewusst und gezielt einen Sachverhalt verfälschen. Das haben Sie gerade getan. Das ist etwas anderes als das, was Herr Naumann gemacht hat,

(Beifall bei der GAL und der SPD)

der nicht eine bewusste Verfälschung eines Sachverhaltes, sondern einen Irrtum begangen hat. Wenn Sie das tatsächlich über eine Reihe von Jahren machen, dann ist eben der Finanzierungssaldo unter Ihrer Regierung dauerhaft schlechter als unter der Vorgängerregierung.

Rechnen Sie mir das einmal vor. Sie sagen, Sie hätten im letzten Jahr, also von 2005 auf 2006, den Finanzierungssaldo von 1,4 Milliarden auf 815 Millionen gesenkt. Das ist wahr. Aber wenn Sie von 2002 bis 2007 einschließlich Ihres Planungsjahres gehen, dann kommen Sie auf knapp 9,6 Milliarden. Das sind eben 1,6 Milliarden pro Jahr, wenn bei Ihnen noch die Gesetze des kleinen Einmaleins gelten. Aber ich weiß nicht, ob das im Zuge Ihrer Aufbruchstimmung möglicherweise auch zur Disposition steht.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn es denn nicht zur Disposition steht, bleibt es eben dabei, dass Sie sich das anziehen und mit Ihrem Lob aufhören müssen. Darum sind wir auch so skeptisch gegenüber einer Schuldenbremse, die nur das Thema der weiteren Nettokreditaufnahme thematisiert. Die Journalisten rechnen so etwas normalerweise nicht nach. Die bejubeln Sie und sagen: "Schon wieder weniger Schulden." Aber dass Sie in der Zwischenzeit das Vermögen der Stadt in einem nennenswert höheren Maße verkauft haben, wird nicht gleichzeitig gegengerechnet. Insofern bekommen Sie dann auch eine schöne Presse, obwohl Sie die Vermögensveräußerer par excellence sind. Was soll denn das? Das kann man doch nicht so machen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Jetzt kommen dann noch die ganzen angeschobenen Projekte. Die wunderbare Situation ist so, dass der Luftikus, der die ganze Zeit die Projekte auf dem Bausektor aufgeblasen und eins nach dem anderen in die Welt geschickt hat, nachdem er sie zu niedrig veranschlagt hat, jetzt Finanzsenator wird und sie bezahlen muss. Das gefällt ihm natürlich nicht, dass er jetzt das dicke Ende von den Sachen, die er am Anfang gemacht hat, bekommt. Aber uns gefällt nicht, dass ein Mann, der so luftikös veranschlagt hat, jetzt die Finanzen der Stadt reguliert. Das kann nicht vernünftig sein. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Niedmers.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Maier, Sie werden auch in Deutschland herumkommen, viele andere politische Entscheidungsträger sehen und treffen. Eines ist doch wohl völlig unumstritten: Hamburg wird voller Hochachtung von allen möglichen Finanzpolitikern des Bundes und der Länder angesehen.

(Dr. Willfried Maier GAL: Da können Sie einmal sehen, was in der Republik los ist!)

Viele haben Hochachtung davor, was in Hamburg finanzpolitisch seit dem Regierungswechsel 2001 erreicht worden ist. Darauf können wir alle stolz sein.

(Beifall bei der CDU)

Hätten wir diese mutigen Entscheidungen – maßgeblich getragen von christdemokratischen Politikern – nicht gehabt, würden wir heute nicht hier sitzen und über einen ausgeglichenen Betriebshaushalt und die Möglichkeit eines ausgeglichenen Gesamthaushaltes in der Zukunft reden, sondern dann würden wir darüber reden, wie wir Milliardenlöcher stopfen, so wie Sie das immer in regelmäßig wiederkehrenden Abständen gemacht haben.

(Beifall bei der CDU)

Aber Sie haben im Grunde genommen auch gar keine andere Wahl. Sie haben einen Kandidaten gekürt, der im Grunde genommen schon flügellahm ist, bevor er startet. Jetzt versuchen Sie auch beim Thema Finanzpolitik, bei dem Sie sowieso keinen Stich sehen, noch einmal wieder alles schlechtzureden, aber dieses Schlechtreden wird Ihnen einfach nicht gelingen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte noch einmal eines verdeutlichen. Ich bin weit davon entfernt, Herrn Dr. Maier einen Märchenonkel zu nennen, aber eines muss man an dieser Stelle natürlich auch noch einmal klären, wenn Herr Dr. Maier seine Sicht der Dinge hier am Rednerpult der Öffentlichkeit preisgibt. Die CDU hat öffentliches Vermögen privatisiert, um neues Vermögen zu schaffen.

(Bernd Reinert CDU: Richtig!)

Das ist der kriegsentscheidende Unterschied christdemokratischer Haushaltspolitik.

(Beifall bei der CDU – Ingo Egloff SPD: Mann, ist der schlau!)

Das sollten Sie sich an dieser Stelle auch einmal hinter die Ohren schreiben, hinter die grünen und roten Ohren.

(Michael Neumann SPD: So ein Lümmel, da vorne!)

Bei dieser Gelegenheit darf ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass sich die Zahl der öffentlichen Beteiligungen, also der Unternehmungen, an denen Hamburg beteiligt ist, gegenüber 2005 auf 284 erhöht hat. Es geht hier nämlich nicht darum, dass wir alles verkaufen, sondern man kann sich durchaus an Unternehmen beteiligen, die zu einem späteren Zeitpunkt einen sehr viel größeren Exit bringen.

Weil wir aber schon einmal in aller Herrlichkeit über Ihren tollen Spitzenkandidaten geredet haben, habe ich hier noch einmal einen kleinen Hinweis zur Güte. Herr Naumann, Ihr toller Spitzenkandidat, hat am 8. März 2007 im "Hamburger Abendblatt" behauptet, die Pro-Kopf-Ver

schuldung in der Stadt Hamburg läge bei 17 000 Euro pro Mann und Maus. Da hat er sich auch geirrt. Tatsächlich liegt die Pro-Kopf-Verschuldung bei 12 808 Euro liegt. Ich würde empfehlen, Sie sollten das Beraterteam um Herrn Naumann komplett austauschen.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Da gibt es noch keines!)

Vielleicht tauschen Sie auf halber Strecke im Wahlkampf auch Herrn Naumann aus, dann kann für diese Stadt jedenfalls nichts mehr schiefgehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich Herrn Dr. Maier das Wort gebe, möchte ich doch noch einmal auf die Sprachwahl dieses Hauses hinweisen. Sie sollte maßvoll sein. – Herr Dr. Maier, bitte.