Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

(Michael Neumann SPD: Und wie!)

und zwar eine, die in der gesamten Gesellschaft geführt wird. Wir Grüne haben die Debatte hinter uns gebracht und haben uns für "9 macht klug" entschieden. Die SPD ringt darum eine klare Linie zu finden, während Sie, meine Damen und Herren von der CDU, diese Debatte überhaupt gar nicht führen, sondern diese Debatte um die Schule für alle noch vor sich haben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die SPD ringt mit der Tatsache, dass es eben bisher keine Wissenschaftler und keine wissenschaftlichen Studien gibt, die aus pädagogischen Gründen für ein gegliedertes System sind, egal ob zwei-, drei- oder viergliedrig. Die SPD ringt um die Frage, ob eine Schule für alle politisch durchsetzbar ist. Da genau liegt meine Hoffnung, teilweise auch meine Enttäuschung. Wie gesagt, während die SPD um den richtigen Kurs ringt, sind Sie, meine Damen und Herren von der CDU, gar nicht bereit die richtigen Fragen zu stellen.

Letzte Woche haben über 100 Schulleiter aus dem Musterländle Baden-Württemberg diese Frage so formuliert. Ich zitiere:

"Kann es sein, dass Veränderungen blockiert werden, weil es Politikern an Mut fehlt, notwendige Schulstrukturveränderungen gegen den Widerstand von Lobbyistengruppen durchzusetzen, die nach wie vor keine gesamtgesellschaftliche Verantwortung übernehmen wollen, sondern weiterhin auf ihre „Pfründe“ bestehen? "

Herr Heinemann, Sie sind ja immer ganz schnell dabei, wenn Kritik kommt, zum Beispiel auch vom UNBeauftragten Muñoz, der das gegliederte System kritisierte, und sagen, dass er keine Ahnung habe. Wahrscheinlich werden Sie die Schulleiter aus Baden-Württemberg auch als Altachtundsechziger abtun oder wie auch immer. Ich glaube, Sie täuschen sich da, weil der Chor der Kritiker aus allen Lagern wächst und mit ihm auch die Zahl der Menschen, die eine Schule für alle befürworten. Ich zitiere noch einmal aus dem Brief der Schulleiter:

"Angesichts aller oben aufgeführten Fakten und Erkenntnisse fordern wir die Landes- und Bildungspolitik auf, einen längst überfälligen Paradigmenwechsel einzuleiten - weg vom selektiven

dreigliedrigen Schulsystem, hin zu einem integrativen Schulsystem, in dem Kinder (…), wie in anderen Staaten üblich, länger gemeinsam (…) lernen (…) "

Jetzt aber zu meiner Anfangsbemerkung zum Thema Vergleichsarbeiten: Wir müssen heute tatsächlich über das Chaos Ihrer Schulbehörde und Ihrer Schulsenatorin bei den Vergleichsarbeiten reden. Das ist aktuell.

(Wolfgang Beuß CDU: Frau Goetsch, Sie halten die falsche Rede!)

Aber auch über diesen erneuten Pfusch der CDUSchulsenatorin wollen Sie natürlich nicht diskutieren, Herr Beuß. Denn, was kümmert Sie das, Herr Beuß, wenn Sie Drittklässler mit verrückten Arbeiten triezen. Das scheint Sie überhaupt nichts anzugehen. Sie müssen einmal darauf schauen, was Sie mit den Kindern in dieser Stadt anstellen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Angesichts dieses fortgesetzten schulpolitischen Chaos des CDU-Senats ist es ganz schön mutig, so ein Thema anzumelden, wo Sie selbst im Grunde genommen einen Schlingerkurs eines Schulbusses fahren, der anscheinend montags produziert worden ist. Ich will jetzt gar nicht vom Büchergeld, der Stärkung der Hauptschule oder dem Schulentwicklungsplan, der jetzt schon nicht mehr greift, sprechen. Wie gesagt, wer im Glashaus sitzt, sollte ein wenig vorsichtiger mit den Steinen sein.

(Wolfgang Beuß CDU: Da fassen Sie sich einmal an die eigene Nase!)

Und wer in den letzten Jahren gewaltig ins Schlingern gekommen ist, ist Ihre Schulsenatorin Dinges-Dierig. Die hat einen Schlingerstil, der zum Himmel schreit. Wann ist es in dieser Stadt schon einmal passiert, dass Gymnasialschulleiter sich zusammentun und der Senatorin in einem Brandbrief die Rote Karte zeigen, der die Unfähigkeit Ihrer Chefin öffentlich darstellt. Die Senatorin verfährt genau so, wie sie mit den angeblich selbstverwalteten Schulen verfährt: Immer, wenn etwas schiefgeht, dann - das können wir in der Zeitung lesen - sind die Beamten in der Schulbehörde Schuld. Aber jetzt schaut Sie dann auch einmal ordentlich hin. Ich frage Sie, warum immer hinterher - warum übernimmt Sie nicht die Verantwortung? Ich glaube, das Einzige - ich komme zum Schluss -, was dringend nötig ist, ist: Es ist an der Zeit, dass in der Schulpolitik wieder Klarheit, Sorgfalt, Ruhe und handwerkliche Kompetenz eintritt und nicht diese Stümperhaftigkeit dieser Schulsenatorin. - Danke.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt Senatorin Dinges-Dierig.

Frau Präsidentin, verehrte Abgeordnete, meine Damen und Herren! Die Wünsche der Schulpolitik der SPD sollen jetzt hier Thema sein und die versuche ich seit einigen Wochen am Spitzenkandidaten der Hamburger SPD zu entdecken, denn er hat, als er hier anfing, von einem sogenannten fröhlichen Lernprozess gesprochen, den er, bezogen auf die Situation der Menschen in unserer Stadt, noch zu absolvieren habe.

(Christa Goetsch GAL: Damit haben Sie sich ja auch schwer getan!)

Nun denke ich, es ist wirklich gute Hamburger Tradition der Fairness und auch des anständigen Umgangs miteinander, jedem Mann und jeder Frau diesen Lernprozess zuzubilligen. Ich denke, das ist fair, egal wo er oder sie herkommt. Deshalb gilt es zunächst einmal für uns Zurückhaltung zu üben.

(Christa Goetsch GAL: Und warum melden Sie das dann an?)

Dennoch: Man braucht für eine frisch-fröhlich-freie Herangehensweise, denke ich, ein Mindestmaß an Faktenkenntnis, und zwar bevor politische Forderungen erhoben werden. Da, verehrte Sozialdemokraten, muss ich mich dann doch ein bisschen wundern.

(Michael Neumann SPD: Das glaube ich Ihnen nicht!)

Ausgerechnet in Sachen Bildung sind die Aussagen Ihres Spitzenmanns, der sich ja immer so gerne als Bildungsbürger apostrophieren lässt, immer wieder peinlich.

(Ingo Egloff SPD: Peinlich ist Ihre Politik, Frau Se- natorin, und zwar oberpeinlich!)

Das ging schon bei seiner Bewerbungsrede auf Ihrem Parteitag Ende März los. Ich zitiere:

"Eine vernünftige Sprachförderungsstrategie für Kinder wird nicht nachdrücklich genug betrieben. "

(Ingo Egloff SPD: Das stimmt doch!)

Ich kann dazu nur sagen: Wir haben die verpflichtende Viereinhalbjährigenuntersuchung vor drei Jahren eingeführt, …

(Glocke)

Frau Senatorin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Goetsch?

(fortfahrend) : - Nein.

… insbesondere auch, um Entwicklungsverzögerungen in der Sprache frühzeitig zu erkennen und so handeln zu können, nämlich um zusätzliche Sprachförderkurse und das verpflichtende Vorschuljahr ab dem nächsten Schuljahr für diese Kinder einführen zu können. Das sind die Fakten unserer konsequenten Bildungspolitik.

Ihr Bewerber hält sich aber nicht mit Fakten auf, sondern träumt manchmal lieber. Im Harburger Hotel Lindner hat er Ihnen erzählt, ich zitiere:

"Von Klassenstärken bis 17 Schülern pro Unterrichtseinheit können wir nur träumen. "

Hierauf kann man nur erwidern: Träumen Sie ruhig frisch und fröhlich weiter, denn wir haben schon lange gehandelt. Auch Ihnen, Herr Buss, möchte ich noch einmal an dieser Stelle erklären:

(Ingo Egloff SPD: Peinlich ist das!)

Wir haben in den Stadtteilen gehandelt, in denen es sozial besonders schwierig ist, auch wenn Sie behaupten, dass wir nichts tun. Wir haben dort vom nächsten Schuljahr an im Durchschnitt 19 Schüler.

(Ingo Egloff SPD: Und in diesem Schuljahr 30, o- der was!)

Das ist der Beweis dafür, dass wir in unserer Bildungspolitik handeln.

(Beifall bei der CDU)

Aber es gibt noch etwas, was mich persönlich sehr erschüttert und Herr Heinemann vorhin aufgegriffen hat, nämlich Ihre Idee, maximal 20 Prozent Schüler nicht deutscher Herkunft in der Klasse zu haben. Warum mich das so erschüttert hat, sage ich Ihnen direkt: Fakt ist, zwischen null und sechs Jahren haben wir 48 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund, zwischen sechs und 18 Jahren 45 Prozent.

Ich frage mich wirklich, wie kann jemand eine solche Aussage machen, der noch nicht einmal die Grundkenntnisse über das Wichtigste hat, was wir in der Stadt besitzen, nämlich die Menschen.

(Michael Neumann SPD: Haben Sie solche Angst um Ihr Pöstchen?)

Kinder mit Migrationshintergrund sind wichtig. Sie sind eine Riesenchance für unsere Stadt. Wir brauchen sie alle und daher macht die CDU Bildungspolitik für alle und nicht nur für die 20 Prozent.

(Beifall bei der CDU)

Auf den unüberbrückbaren Widerspruch zwischen Ihrem Spitzenkandidaten, der die Stadtteilschule irgendwie neben dem Gymnasium ansiedeln will, und der Fraktionsmehrheit, die Gymnasien gegen den Elternwillen abzuschaffen, möchte ich an dieser Stelle nicht mehr eingehen.

Ich denke, eines ist klar: Fakten kann man sich später immer noch aneignen, aber die Sensibilität für unsere Menschen, für unsere internationale Stadt,