Protokoll der Sitzung vom 29.08.2007

Aber zur Chronologie, lieber Kollege Dressel, was eigentlich geschehen war. Am 2. März 2006, also vor knapp anderthalb Jahren, hatte der Leiter des Arbeitsstabs PUA "Feuerbergstraße" einen Namen auf einer Verteilerliste für die Protokolle entdeckt, der dort nicht hingehörte, nämlich den Namen eines Mitarbeiters der Senatskanzlei. Herr Böwer - zur Erinnerung, das ist einer derjenigen, dem Rechtsverstöße vorgeworfen werden - wurde ganz schnell aktiv. Am 6. März heißt es in einer Pressemitteilung von ihm:

"Sollten der Bürgermeister und seine Stellvertreterin eine klärende Aussage verweigern, werten wir das als Eingeständnis, über diese illegalen Machenschaften zumindest informiert gewesen zu sein - wenn sie nicht sogar aktiv beteiligt waren."

Und im "Hamburger Abendblatt" setzt er dann noch eins drauf:

"Der Senat wird zu einer Vereinigung von Tricksern, Täuschern und Rechtsbeugern."

(Michael Neumann SPD: Ja, und?)

Als der PUA eingesetzt wurde, hat Herr Egloff uns hier erzählt, was SPD und GAL mit diesem PUA bezweckt haben. Er sagte nämlich:

"Der Grund für die Einbringung dieses Antrags ist der ernste Versuch der Exekutive, das schärfste Instrument der Legislative, den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, auszuhebeln."

(Ingo Egloff SPD: Das stimmt auch!)

"Niemals in der Geschichte der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse der Hamburger Bürgerschaft (…) ist vonseiten der Regierung der Versuch der Einflussnahme so massiv vorgenommen worden wie von diesem Senat."

(Ingo Egloff SPD: Sind doch weise Worte, Herr Kollege!)

Daraus entnehme ich, dass frühere Senate sehr wohl Einfluss genommen haben.

Und dann kommt noch:

"(…) organisiert von der Senatskanzlei, die wie die Spinne im Netz saß."

(Ingo Egloff und Michael Neumann, beide SPD: Das war Herr Schön!)

Das können Sie im Protokoll der Bürgerschaftssitzung nachlesen.

(Michael Neumann SPD: Ich sage nur Mettbach!)

Die Antworten auf Ihre Vorwürfe gegen den Senat haben sich SPD und GAL in ihrem Minderheitenvotum - das ist der Teil, wo wir als CDU wirklich gänzlich unverdächtig sind, mitgewirkt zu haben - selber gegeben. Da heißt es plötzlich ganz kleinlaut:

"Die ersten drei Protokolle des PUA "Feuerbergstraße" gelangten durch ein Versehen von der Bürgerschaftskanzlei in den Bereich des Senats."

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das haben wir nie bestritten!)

Das hatte uns übrigens, liebe Kollegen, der Sonderermittler der Bürgerschaftskanzlei schon nach wenigen Tagen mitgeteilt; dem war nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU - Michael Neumann SPD: Die Wahrheit kommt ans Licht! - Bernd Reinert CDU: Aber mehr war nicht!)

Dann zur Frage, wie weit denn nun die Sozialsenatorin und Zweite Bürgermeisterin involviert war. Auch da zitiere ich wieder aus Ihrem Minderheitenvotum. Uns ist vorgeworfen worden, wir hätten die Minderheitenmeinung nicht entsprechend berücksichtigt. Deshalb zitiere ich immer nur aus dem Minderheitenvotum, also Ihrem Anteil am Bericht:

"Erkenntnisse darüber, dass auch die Leitung der Behörde für Soziales und Familie im engeren Sinne - zu der im Untersuchungszeitraum Frau Senatorin Schnieber-Jastram und der damalige Staatsrat Meister zählten - in Berührung mit PUAProtokollen kam, hat der Ausschuss nur im Hinblick auf den damaligen Staatsrat Meister gewonnen."

Auch das ist nicht neu. Weiter heißt es dann:

"Erkenntnisse darüber, dass Frau Senatorin Schnieber-Jastram vor März 2006 von dem Vorliegen von Protokollen des PUA "Feuerbergstraße" in der Sozialbehörde wusste, gibt es nicht."

Das sagen SPD und GAL.

Und zum Umgang mit dem Vermerk Nummer 18, der vermutlich in der Sozialbehörde schon auf dem Treppen

haus zu finden gewesen sein soll, jedenfalls ist er an die Presse gelangt:

"Erkenntnisse darüber, dass Frau Senatorin Schnieber-Jastram die Anforderung des Vermerks Nummer 18 veranlasste oder hiervon wusste, gibt es nicht."

Sie wusste noch nicht einmal, dass es ihn überhaupt in der Behörde gegeben hat; auch das stellen SPD und GAL fest.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Sie wusste gar nichts, das ist viel schlimmer!)

Lieber Kollege Dressel, die Senatskanzlei als Spinne im Netz, Aushebelung des Untersuchungsausschusses, massive Einflussnahme durch den Senat, in Ihrem eigenen Bericht ist dazu absolute Fehlanzeige zu beobachten. Wenn Sie, Herr Egloff und Herr Böwer, der sich als Hinterbänkler geoutet hat, irgendetwas wissen, was nicht im Minderheitenvotum von SPD und GAL steht, dann sollten Sie uns das bitte heute sagen. Ansonsten ist das die Gelegenheit, sich endlich für die ausgesprochen polemischen Vorwürfe gegenüber dem Senat zu entschuldigen.

(Beifall bei der CDU)

Am Kollegen Böwer kann man übrigens das Phänomen der selektiven Wahrnehmung ganz hervorragend studieren.

(Dr. Till Steffen GAL: Aber nicht so gut wie an Ihnen, Herr Krüger!)

Wie wir wissen, war für ihn schon am 6. März 2006 klar, dass der Senat eine Vereinigung von Rechtsbeugern sei. Über ein Jahr später, am 4. Mai 2007, heißt es dann in einer Pressemitteilung von Herrn Dr. Dressel:

"Ebenso stünde mittlerweile fest, dass bei der Weiterleitung von Protokollen des PUA zur geschlossenen Unterbringung Feuerbergstraße durch Behörden und Senat 'geltendes Recht gebrochen' worden sei."

Dass sich Herr Dr. Dressel hier in indirekter Rede zitieren lässt, ist vielleicht schon ein Hinweis darauf, dass er sich beim Verfassen der Zeilen selbst nicht mehr ganz sicher gewesen ist. Aber so weit, so schlecht.

Um die Frage zu klären, welche Rechtsverstöße es denn tatsächlich gegeben hat, wurde der Arbeitsstab beauftragt, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Dazu erklären SPD und GAL vollmundig in einer Pressemitteilung:

"Dressel und Steffen kündigen an, die Darstellung des Arbeitsstabs …"

- also dieses Rechtsgutachten zu den Rechtsverstößen -

"… als Teil ihres Votums in die Abschlussberatungen einzuführen."

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, weil Sie daran her- ummanipulieren!)

Das ist völlig konsequent, Herr Dr. Dressel, da man erwarten kann, dass so ein Rechtsgutachten auch wirklich Ross und Reiter nennt und man in der Darstellung des Arbeitsstabs nachlesen kann, wer denn alles Rechtsverstöße begangen hat. Das Rechtsgutachten des

Arbeitsstabs findet sich tatsächlich im PUA-Bericht, nämlich im offiziellen Teil, für den wir die Verantwortung haben. Im Minderheitenvotum von SPD und GAL - ich erinnere an Ihre Pressemitteilung - fehlt dieses Rechtsgutachten erstaunlicherweise. Sie haben es einfach weggelassen und das ist eigentlich logisch. Offensichtlich ist Ihnen das Ergebnis nämlich völlig peinlich, zu Recht. Aufseiten des Senats hat es in der sogenannten Protokollaffäre keinerlei Rechtsverstöße gegeben.

Herr Böwer und Frau Blömeke haben hingegen gegen das PUA-Gesetz verstoßen. Sie haben in Pressemitteilungen vertrauliche Unterlagen veröffentlicht. Insofern hatte Herr Dr. Dressel sicherlich nicht ganz unrecht. Er hat zwar in seiner Pressemitteilung von Rechtsverstößen gesprochen, nur waren es seine eigenen Kollegen, die es mit der Vertraulichkeit nicht so ganz genau genommen haben.

Es ist ein Treppenwitz dieses PUA, dass ausgerechnet diejenigen, bei denen die meisten Fragen offen geblieben sind, am massivsten, am lautstärksten Aufklärung gefordert haben, wenn es allerdings um Vorwürfe gegen andere ging. Der Kollege Böwer hatte nämlich im Ausschuss jede Frage zur Weiterleitung vertraulicher Unterlagen an Dritte kategorisch verweigert. Er hat uns nicht eine einzige Aussage gemacht.

Auch die anderen Mitglieder von SPD und GAL haben sich im Ausschuss nicht immer mit Ruhm bekleckert. Es wurde verlangt, dass quasi die Dienstrechner aller Zeugen - wir hatten fast 50 - gesperrt werden. Ja, der Senat sollte sogar seinen gesamten E-Mail-Verkehr offen legen. Wir haben uns sogar mit so wesentlichen Teilen beschäftigt wie mit der Frage, welche Farbe der Aktendeckel gehabt haben mag, der in der Sozialbehörde diese vermeintlichen Protokolle enthalten hat, und haben dann über Rot oder Grün gestritten. Selbst solche wesentlichen Fragen haben wir erörtert.

Sogar gegen den Ergänzungsvortrag der CDU, doch aufzuklären, ob nicht auch von Abgeordneten die Vertraulichkeit gebrochen worden sei, ist man vor das Verfassungsgericht gezogen und dort, wie wir wissen, auf den Boden der rechtlichen Tatsachen zurückgebracht worden.