Protocol of the Session on August 29, 2007

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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon richtig, dass der Antrag, den die SPD-Fraktion vorgelegt hat, sehr ambitionierte Ziele nennt. Ich muss auch zugeben, dass wir wahrscheinlich Schwierigkeiten hätten, das 1 : 1 hinzubekommen. Deswegen hat die GAL-Fraktion beantragt, diesen Antrag an den Stadtentwicklungsausschuss zu überweisen, denn es kann zwischen unseren drei Fraktionen eigentlich gar keinen Dissens geben,

(Michael Neumann SPD: Eben!)

dass wir uns in diesen Bereich sehr viel ambitioniertere Ziele setzen müssten, als das bisher der Fall ist.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das haben wir auch schon mehrfach diskutiert!)

Deswegen ist es überaus bedauerlich, dass die Mehrheitsfraktion in diesem Hause nicht in der Lage ist, jetzt eine sachliche Befassung mit dem Thema neu zuzulassen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Mit dem größten Vergnügen.

Lieber Kollege Lühmann, Sie stimmen mir doch sicher zu, dass wir das Thema im Ausschuss mehrfach diskutiert haben, wie wir den öffentlichen Personennahverkehr behindertenfreundlich ausbauen können?

Herr Hesse, ich stimme Ihnen zu, dass wir schon über einige Maßnahmen gesprochen haben. Jetzt hatten wir einen Antrag, mit dem wir noch einmal über die Zielsetzungen und über einen sehr viel forcierteren Zeitplan hätten sprechen können. Es ist überhaupt kein Problem, sich dann über verbindliche neue Ziele zu einigen. Das hätte man in diesem Ausschuss vernünftigerweise machen können. Es muss unser Ziel sein, dass wir Menschen nicht länger von Mobilität ausschließen. Genau das passiert aber, wenn Stationen nicht behindertengerecht ausgebaut sind. Wir verweigern Menschen dann die Möglichkeit, sich in dieser Stadt selbstständig zu bewegen.

Das zweite Problem, Herr Quast hat es auch schon kurz angesprochen: Es ist richtig, dass es nicht nur um Menschen geht, die beispielsweise auf einen Rollstuhl angewiesen sind und die deshalb U- und S-Bahnstationen nicht benutzen können. Es gibt auch eine Vielzahl älterer Menschen, die zum Beispiel auf einen Gehwagen angewiesen sind und denen die Überbrückung des Ebenenunterschieds zwischen dem Straßenniveau und einer höher oder einer tiefer gelegten Haltestelle ein echtes Problem bedeutet.

Es gibt auch die große Gruppe derer, die zum Beispiel mit dem Kinderwagen oder einer Kinderkarre unterwegs sind und für die genau dasselbe Problem besteht. Wenn Sie sich einige U- und S-Bahn-Stationen angucken, werden Sie erleben, dass Mütter mit ihrem Kinderwagen immer wieder größte Probleme haben und auf Hilfe angewiesen sind.

(Wolfgang Beuß CDU: Väter auch!)

- Väter auch, Herr Beuß.

Sie sind in der öffentlichen Wahrnehmung leider immer noch die Minderheit. Aber Sie haben Recht, Herr Beuß, jetzt habe ich diesen Fehler der Wahrnehmung noch einmal wiederholt. Ich gebe das zu.

(Michael Neumann SPD: Auch Großeltern, Geschwister, alle überhaupt!)

Trotzdem ist auch das eine Gruppe, für die ein barrierefreier Ausbau zwingend notwendig ist. Die letzte Gruppe, die wir brauchen, sind natürlich die Personen, die den öffentlichen Personennahverkehr mit einem Fahrrad vernünftig nutzen wollen. Auch da haben wir immer wieder große Probleme, weil es an diesen Stationen oft genug nicht einmal Schiebehilfen gibt.

Aus all diesen Gründen und für all diese Gruppen wäre es notwendig, noch einmal im Ausschuss verstärkt über diesen Antrag zu beraten. Es ist beschämend, wenn die Mehrheitsfraktion hier diese Beratungen verweigert.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Zu guter Letzt möchte ich in aller Kürze darauf hinweisen, dass es selbstverständlich ein System des öffentlichen Personennahverkehrs gibt, das all diese Probleme notwendigerweise gar nicht kennt.

(Michael Neumann SPD: Die Straßenbahn!)

Herr Reinert, Sie freuen sich schon so. Sie haben Recht, es ist die moderne Stadtbahn. Ihre Stationen liegen auf Straßenniveau, sie sind mithin barrierefrei zu erreichen, und die modernen Niederflurbahnen lassen ein barrierefreies Ein- und Aussteigen für alle sofort zu. Deswegen ist auch in diesem Punkt die Stadtbahn die bessere und günstigere Alternative für den Ausbau unseres ÖPNVNetzes. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Kienscherf.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Ich möchte nur auf das eingehen, was Herr Böttcher gesagt hat. Herr Böttcher, es merkwürdig, Sie werfen uns vor, wir könnten Hamburg nicht mit Berlin vergleichen, und in Ihrem schönen Regierungsprogramm 2001 schreiben Sie, dass Berlin zu 100 Prozent barrierefrei ist, und fordern, dass dies auch in Hamburg geschieht. Wer hat denn Berlin zuerst mit Hamburg verglichen? Sie doch, meine Damen und Herren. Von daher müssen Sie jetzt auch dazu stehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann mich noch sehr gut an eine wunderschöne Pressekonferenz im September 2001 mit Herrn Schira und Frau Koop erinnern. Herr Hesse, Sie vielleicht nicht. Mit Tränen unterdrückter Stimme haben Sie dargestellt, wie schlimm das alles in Hamburg sei

(Wolfgang Beuß CDU: Das kann die gar nicht!)

- doch, das kann sie manchmal doch -

und wenn die Bürgerinnen und Bürger im September CDU wählen würden, dann würden Sie dafür sorgen, dass in den nächsten Jahren 100 Haltestellen umgebaut werden.

Das ist der sozialpolitische Skandal, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Sie sind letztendlich an die Regierung gekommen, aber Sie haben es nicht geschafft, diese Haltestellen barrierefrei auszubauen. Damit grenzen Sie weiterhin die Menschen in dieser Stadt aus. Das ist schändlich.

(Beifall bei der SPD - Michael Neumann SPD: Große Rede!)

2001 haben Sie das gewollt - Frau Koop, Sie können noch so viel und so vertieft in Ihren Unterlagen blättern -, und nun haben Sie die Möglichkeit, das mit uns im Ausschuss zu diskutieren. Herr Hesse, Sie möchten eine Zwischenfrage stellen?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hesse? - Das tun Sie. Herr Hesse, bitte.

A C

B D

Herr Kienscherf, ist Ihnen bekannt, dass der SPD-geführte Senat Anfang der Achtzigerjahre ein Programm aufgelegt hat - ich glaube, es waren 120 Millionen D-Mark -, wonach 80 Stationen behindertenfreundlich umgebaut werden sollten, dass aber anschließend lediglich eine Handvoll realisiert wurde?

Herr Hesse, wir können die Diskussion auch fortführen, was der Ortsverein Langenhorn im Jahre 1970 alles gefordert hat, aber ich weiß nicht, ob uns das unbedingt weiterbringt.

(Heiterkeit bei der SPD)

Fakt ist letztendlich, dass die Mittel in den letzten Jahren drastisch zusammengestrichen worden sind, und Fakt ist auch, dass wir die Diskussion mit Ihnen gemeinsam im zuständigen Fachausschuss führen wollen. Ich glaube, dass es Ihnen gut anstehen würde - auch vor dem Hintergrund, dass Frau Senatorin Schnieber-Jastram morgen einen Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen in dieser Stadt abgeben wird -, diese Diskussion im Fachausschuss zu führen. Wir wollen das, bitte verweigern Sie sich dem nicht weiter. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 18/6724 an den Stadtentwicklungsausschuss zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte den SPD-Antrag aus der Drs. 18/6724 annehmen? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 66, Drs. 18/6778, Antrag der GAL-Fraktion: Das Wissen über Hamburgs Bausubstanz verbreiten: Einrichtung einer Denkmaldatenbank.