Protocol of the Session on August 30, 2007

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In Berlin läuft das an. Da geht es darum, über die Rechte aufzuklären, den Betroffenen Mut zu machen, sich gegen Diskriminierung zu wehren. Das unterstreicht den Handlungsbedarf. Wenn man sich im Internet anguckt - vielleicht haben Sie das einmal gemacht, Frau Koop -, welches Repertoire an Möglichkeiten die Berliner Antidiskriminierungsstelle anbietet, kann Hamburg sich eine gute Scheibe davon abschneiden. Sie haben, das war den Medien zu entnehmen, gesagt, das ist alles nichts, das brauchen wir gar nicht, das ist alles Quatsch.

(Karen Koop CDU: Quatsch habe ich nicht gesagt!)

Zu dem Thema Antidiskriminierungsstelle haben Sie gesagt,

"Das klinge, als wolle man die Menschen zum Klagen tragen. Gleichbehandlung der Menschen müsse aber über Erziehung erreicht werden."

Das ist Ihre Einlassung zu diesem Thema. Wir sagen, es geht bei uns nicht darum, zusätzliche Bürokratie zu erzeugen. Es geht uns darum, Hilfe zur Selbsthilfe zu leis

ten, und da braucht es, wenn ein solches neues Gesetzeswerk umgesetzt werden soll, auch Hilfestellung von staatlicher Seite. Genau das wollen wir den Menschen geben. Das wollen Sie nicht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Ein bisschen muss man wieder an das denken, was die Zweite Bürgermeisterin sagte:

"Derjenige, der wirklich Hilfe benötigt, der wird sie auch bekommen."

Das ist der Punkt, den mein Kollege Kienscherf in jeder sozialpolitischen Debatte zu Recht anbringen kann. Auch an dieser Stelle erweist sich der Satz der Zweiten Bürgermeisterin als hohles Gewäsch.

(Karen Koop CDU: Na, na! - Dr. Manfred Jäger CDU: Und das von Ihnen!)

- Doch, das ist so.

Es ist sehr interessant, was der Erste Bürgermeister im Bundesrat gesagt hat, als die Debatte zum Antidiskriminierungsgesetz weiter ging.

"Meine Damen und Herren, jede Art von Diskriminierung ist unanständig, ja unmoralisch. Jede Art von Diskriminierung gilt es zu verurteilen. Doch nicht jedes unanständige, verurteilenswürdige oder unmoralische Verhalten kann juristische Konsequenzen haben."

So die Aussage des Ersten Bürgermeisters. Das ist doch interessant für eine Partei, die den Anspruch, die Partei von Recht und Ordnung zu sein, wie eine Monstranz vor sich her trägt und an dieser Stelle die Hilfe und den Schutz von Opfern von Diskriminierung so wenig ernst nimmt, dass sie nicht einmal ordentlich darüber informieren will. Das ist beschämend für eine weltoffene und liberale Stadt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Frau Koop, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Herr Dressel, wir haben ja nun noch nicht die Klingen gekreuzt.

(Dr. Manfred Jäger CDU: Dafür ist er auch Sozial- experte!)

Ich sehe das Ganze natürlich mehr vom Gesichtspunkt der Gleichstellung und weniger vom juristischen.

In Ihrer gewohnten dramatischen Apokalyptik, mit der Sie darauf hinweisen, was in dieser Stadt alles in Misskredit gekommen ist, kann ich Ihnen natürlich nicht folgen. Das ist klar.

(Michael Neumann SPD: Wieso ist das klar?)

Für mich ist das ein typischer sozialdemokratischer Anschlag. Sie springen schnell noch einmal drauf, was auf den Weg gebracht wurde, und wollen noch ein bisschen populistisch zeigen, was Ihnen ganz besonders am Herzen liegt. Wir machen gute Arbeit. Ihre Arbeit ist immer gut gemeint, aber damit erreicht man nicht immer das, was man will. Ich sehe das positiv.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD: Oh, oh! - Vizepräsidentin Dr. Verena Lappe über- nimmt den Vorsitz.)

Es hat lange gedauert, bis das Gesetz auf den Weg gebracht wurde. Es ist als rotgrünes Antidiskriminierungsgesetz gestartet und von der Großen Koalition letztendlich als Gleichbehandlungsgesetz verabschiedet worden. Es ist nicht von allen mit gleicher Begeisterung aufgenommen worden, das ist richtig. Es gab große Erwartungen an das Gesetz, endlich mit Benachteiligung im Arbeitsleben und im Zivilrecht aufzuhören oder Ungerechtigkeiten abzubauen. Das ist ein großer Anspruch. Ich denke, dass er gerechtfertigt ist.

Gleichzeitig ergaben sich aber schlimme Befürchtungen, dass man gesagt hat, nun wird der Frieden beispielsweise in Betrieben aufs Spiel gesetzt, die Gerichte werden blockiert, es wird eine Flut von Klagen und Prozessen geben. Das ist nach einem Jahr nicht eingetreten. Nun kann man natürlich die Erfolge herausstellen. Ich war bei meinen Recherchen überrascht, dass es auch in Hamburg schon eine Verhandlung vor dem Arbeitsgericht gegeben hat. Eine Logistikfirma südlich der Elbe hat seinen Frauen den gleichen Lohn wie den Männern zahlen müssen. Das ist eines der hervorragenden Ergebnisse, die wir auch weiter vertreten sollten, denn gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist genau das, was ich mir vom Gleichbehandlungsgesetz erhoffe.

Ich bin allerdings erstaunt, wenn Sie beim Ausbleiben dieser Klageflut zu einer anderen Beurteilung kommen und meinen, es läge nun daran, dass die Leute uninformiert und verschreckt sind und vielleicht Angst haben. Ich kann das nicht damit in Einklang bringen, dass Sie auf der einen Seite von dem mündigen, verantwortungsbewussten und so umfassend informierten Bürger ausgehen, den man bei jeder Gelegenheit zu politischen Themen befragen kann und der sich mit einmischen soll, und auf der anderen Seite jedem einen Lebensberater mitgeben wollen, damit er durch die Unbilden des Lebens schippern kann. Das passt für mich nicht immer ganz zusammen. Ich gehe eher davon aus, dass sich in den Vorstandsetagen der Unternehmen etwas verändert hat. Ich möchte ein Zitat aus dem BGB bringen. Die Rechtsexpertin des BGB hat gesagt:

"Allmählich geht man in den Unternehmen konstruktiv damit um."

Das ist doch schon ein Erfolg. Es hat sich etwas bewegt, umfangreiche Schulungen haben stattgefunden, es ist gerade so, als wären daran Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Fortbildungsinstitute, für Personalberater und für Versicherungen angeknüpft.

Das Bewusstsein hat sich verändert - sicherlich nicht in allen Betrieben, auch wenn es im Augenblick vielleicht nur darum gegangen ist, anzügliche Bilder von der Wand zu nehmen und den Umgangston untereinander etwas freundlicher zu gestalten. Es ist schon ein Erfolg dieses Gesetzes, dass man in der Sprache und um Umgang sensibler miteinander umgeht.

Es ist ein Anfang gemacht. Das, was Sie und ich erreichen wollten, das Bewusstsein dafür, dass ein Fehlverhalten geändert werden muss, zu haben, glaube ich, geschieht nicht auf gesetzlicher Grundlage. Im Gegenteil. Es wird eher die Möglichkeit gesucht auszuweichen, wenn noch mehr gesetzlicher Druck dahinter steht.

Sie können nicht erwarten, dass jemand seine Geisteshaltung ändert, der sie nicht ändern will, selbst wenn er den dritten, vierten oder fünften Kursus gemacht hat. Das macht mir Sorge. Von unten muss die Geisteshaltung wachsen. Wenn kleine Jungen zu mir sagen, die Klasse zu fegen, ist Mädchenarbeit, dann muss ich mich nachher nicht darüber wundern, dass Frauenarbeit geringer eingeschätzt wird.

(Dirk Kienscherf SPD: So einfach ist das also!)

- Nein, so einfach ist das nicht, aber so einfach kann man damit anfangen, Herr Kienscherf.

Kommen wir zu Punkt 1 Ihres Antrags. Die Aufgaben werden meines Erachtens von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gut in Angriff genommen. Die BSG ist damit in Kontakt. Ein enger Austausch kann natürlich immer noch enger werden. Aber ich denke, dass mit zahlreichen Vertretungen von Migrantinnen und Migranten Kontakt aufgenommen worden ist. Ich erwähne nur Basis & Woge, die ein Handbuch zur Beratung erstellt haben. Die ADS ist mit 18 Stellen ausgestattet und hat eine durchschnittliche Auslastung von ungefähr acht Anfragen pro Tag. Das kann man steigern und man kann auch nicht unbedingt sagen, dass damit die Stelle überfordert ist. Sie haben eine Textbroschüre herausgebracht, sie sind an weiterführenden Schulungen interessiert. Die Textbroschüre kann man natürlich anfordern, verteilen und auch lesen. Gewerkschaften oder Frauenverbände, Beratungsstellen in allen Bereichen können diese Textbroschüre anfordern und ihre Informationen weitergeben.

Ganz abgesehen davon, haben wir hier 121 Abgeordnete, an die man sich auch wenden kann. Die Möglichkeit, sich Informationen einzuholen und diese auch anzuwenden, ist gegeben.

Von Punkt 2 sind wir im Augenblick nicht überzeugt. Zu Punkt 3 kann ich nur sagen, dass die BSG bereits eine derartige Beschwerdestelle eingerichtet hat. Als weitere Anlaufstelle haben wir auch noch die Personal- und Betriebsräte. Ich denke, dass die mit diesem neuen Gesetz auch verantwortungsvoll umgehen.

Was mir nicht ganz geläufig ist - ich bin nun keine Juristin -, ist, warum es extra angemahnt werden muss, dass Richterinnen und Richter mit einem neuen Gesetz vertraut gemacht werden. Ich dachte immer, es gehöre zur Allgemeinbildung und zum lebenslangen Lernen, dass man sich damit beschäftigt. Vielleicht sollten Sie in Ihrem eigenen Umfeld ein bisschen deutlicher darauf hinweisen.

Im Übrigen denke ich, dass sich Vieles erledigt hat und dass wir im Grunde genommen genügend Möglichkeiten haben, die Informationen weiterzugeben. Wenn es sich denn herausstellen sollte, dass die Bundesstelle überlastet ist, dann sind die Länder gefordert und dann können wir noch einmal darauf zurückkommen. Bisher lehnen wir diesen Antrag ab.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Dr. Steffen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ein ganz hervorragender Antrag, den meine Fraktion ausdrücklich unterstützt und über den wir jetzt auch abstimmen sollten.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD - Michael Neumann SPD: Große Rede!)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor und damit kommen wir zur Abstimmung.