Protocol of the Session on November 8, 2007

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Man kann aber erkennen, dass der Standort, den Sie für diese fünf Institutionen gefunden haben, für den Zweck, den dieses Zentrum erfüllen soll, weit ab vom Schuss und ziemlich cityfern ist. Schön ist, dass es jetzt, nachdem diese Institutionen mehr als ein Jahr unter einem Dach sind, endlich eine gemeinsame Telefonzentrale geben wird. Das hätte man vielleicht auch ohne eine räumliche Konzentration hinbekommen können.

Ich möchte nur noch auf zwei Punkte der Mittelstandspolitik eingehen. Ziemlich auffällig ist bei den verschiedenen Clustern, die Sie immer beschwören, der Bereich erneuerbarer Energien, der gerade für Handwerk und mittelständische kleine Planungsbüros ein enorm wichtiger Bereich ist, der auch stark wächst, in Ihrer Clusterpolitik aber nicht auftaucht. Man kann auch nicht feststellen,

dass Sie den Handwerksbetrieben, die versuchen, in diesem Bereich ein zusätzliches Geschäftsfeld zu erschließen, sonderlich unter die Arme greifen. Dieser Bereich - gestern haben wir über Ihren Klimacluster debattiert - wird ja von den Wissenschaftspolitikern so beschworen. Es wäre jetzt wirklich an der Zeit, dass das endlich ein Tätigkeitsfeld für die Wirtschaftspolitiker, für diesen Wirtschaftssenator wird, damit er die Chancen, die Hamburg durchaus hätte, europäisches Zentrum für erneuerbare Energien zu werden, auch nutzt. Das wird nur durch eine vernünftige Wirtschaftspolitik funktionieren. In diesem Bereich - das zeigt der vorliegende Bericht auch sehr deutlich - ist das bisher bei Ihnen eine Nullnummer.

Der zweite wichtige Bereich ist die Wirtschaftsförderung. In der Einleitung stand irgendwo, Sie hätten vermehrte Aktivitäten gestartet, um die lokale Wirtschaftsförderung zu befördern. Da war ich sehr interessiert, weil das ein Punkt ist, den wir Grüne schon seit vielen Jahren fordern. Ich habe dann im Bericht nicht viel gefunden außer dem Hinweis, dass es einen Mittelstandslotsen gibt und der mit den Wirtschaftsbeauftragten vor Ort kräftig zusammenarbeitet. Das ist allerdings ein bisschen wenig, wenn man lokale Wirtschaftsförderung betreiben will. Gerade wenn man sich die soziale Spaltung dieser Stadt ansieht, dann stellt man fest, dass die sozial benachteiligten Stadtteile sehr häufig eine sehr prekäre Wirtschaftsstruktur haben.

Unser Konzept lokaler Wirtschaftsförderbüros, die versuchen, die Bevölkerung vor Ort mit zusätzlichen Dienstleistungen zu aktivieren, Unternehmensgründungen zu aktivieren, eine lokale Einzelhandels-, aber auch Unternehmerkultur zu stärken, um in diesen Bevölkerungskreisen durch Unternehmensneugründungen vor Ort die Selbsthilfekräfte zu stärken, aber dadurch auch die soziale Spaltung zu beseitigen, ist ein ganz wichtiger Punkt. In Ihrem vorgelegten Bericht nehmen Sie in der Einleitung zwar verbal auf diesen Bereich Bezug, aber konkrete Maßnahmen fehlen.

Das sind zwei Bereiche der Mittelstandspolitik, die auch gesellschaftspolitischen Zielen dienen soll - Klimawandel und Bekämpfung der Spaltung in dieser Stadt -, die von Ihnen vernachlässigt wurden. Wir wollen in Zukunft dafür sorgen, dass in diesem Bereich mehr passiert zum Wohle der Stadt, zum Wohle der Bevölkerung, aber auch zum Wohle des Mittelstands. - Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält Senator Uldall.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe ehrlich zu, dass das eine wunderbare Debatte ist.

(Jürgen Schmidt SPD: Ja!)

Erst kam eine sehr gute Rede von Frau Ahrons, in der die wichtigen Punkte dargestellt wurden, und dann kamen zwei Oppositionsredner, denen man anmerkte, mit welcher Mühe sie in den letzten Tagen überlegt haben, was man denn Kritisches zu der Wirtschaftspolitik des Senats sagen könne.

(Beifall bei der CDU)

A C

B D

Herr Kerstan sagte eben schon, das sei all das, was wir seit Langem forderten. Wunderbar, Sie sind immer schon dafür gewesen, wir wollen Ihnen das Urheberrecht gar nicht streitig machen. Wenn es ein hübsches Kind geworden ist, so wie wir es draußen gesehen haben, dann sind immer alle dafür gewesen und sagen, toll, dass das unser Kind ist.

Wenn aber irgendetwas schlecht gelaufen ist in der Politik, dann will es keiner gewesen sein. Wenn alle hier sagen, so klang es auch bei Ihnen durch, Herr Egloff, das ist eine tolle Geschichte, was dabei herausgekommen ist, das haben wir schon immer gefordert, dann gibt es mit Ihnen über diesen Punkt gar nichts zu diskutieren und zu streiten. Entscheidend ist, dass das, was herausgekommen ist, gut für den Mittelstand in Hamburg ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte nur einen Ihrer Punkte aufnehmen, Herr Kollege Egloff, die Investitionsbank, eines Ihrer Lieblingsthemen. Da gibt es nun wirklich einen Unterschied zwischen Ihnen und uns. Ich bin mit aller Energie dagegen, in Hamburg eine Investitionsbank zu errichten, denn - Sie haben genau den treffenden Terminus getroffen - dieses wird eine Bank der notleidenden Kredite. Alle Kredite, die im normalen Bank- oder Sparkassenwesen in Hamburg nicht mehr unterzubringen sind, werden dann über politischen Einfluss, der zu Diskussionen im Parlament führen wird, dazu gebracht werden, dass man sagt, da muss doch die Hamburger Bank einsteigen, die ist doch für diese Art von Krediten da, aber dieser Weg geht in die Irre. Wir haben, wie Sie es richtig gesagt haben, Herr Egloff, mit der Bürgschaftsgemeinschaft und der Beteiligungsgesellschaft gut funktionierende Instrumente. Ich möchte es vermeiden, die ganzen Zahlen hier vorzutragen. Es würde alle nur noch einmal in Begeisterungsstürme versetzen, welche Erfolge dort erzielt worden sind, aber die bestreiten Sie auch gar nicht und deswegen will ich das nicht wiederholen.

Wir haben vier Ziele, die wir mit unserer Politik für den Mittelstand erreichen wollen. Wir wollen erstens ein investitions- und innovationsfreundliches Klima für die kleinen und mittleren Unternehmen schaffen, zweitens Flächen und auch Kapitalhilfen zur Verfügung stellen und drittens die mittelständischen Interessen auf EU- und auf bundespolitischer Ebene verstärkt vortragen. Und wir wollen einen engen Dialog zwischen Behörde, Bezirksämtern und den mittelständischen Betrieben herstellen, denn wir alle wissen - darin sind sich sicherlich die drei Fraktionen einig -, dass es den Betrieben in Hamburg gut gehen muss, damit neue Arbeitsplätze entstehen. Diese Leitlinie verfolgen wir und ich hoffe sehr, dass jetzt nicht nur die CDU klatscht, sondern auch die Sozialdemokraten und die GAL.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern Abend ist der Bericht des Sachverständigenrats für das Jahr 2008 vorgelegt worden. Der Sachverständigenrat geht im kommenden Jahr von einem Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent aus. Ich selber habe hier schon einmal gesagt, dass wir von einem höheren Wert ausgehen. Ich veranschlage für das kommende Jahr in Hamburg ein Wachstum von 2,5 Prozent. Nun kann man fragen, was Wachstum bedeutet. Wachstum ist die Grundlage für die Schaffung von neuen Jobs in Hamburg. Jeder weiß doch, wenn die Wirtschaft nach unten geht, werden Arbeitsplät

ze abgebaut, neue Arbeitsplätze entstehen, wenn die Wirtschaft nach oben geht. Deswegen müssen wir alles tun, um Wachstum zu erreichen.

(Uwe Grund SPD: Das gilt auch schon nicht mehr!)

Bezeichnenderweise haben die Sachverständigen ihre Gutachten unter den Titel gestellt: Das Erreichte nicht verspielen. Dieses ist eine Mahnung, die sich an die Bundesregierung richtet. Dieses ist aber auch eine Mahnung, die sich an uns alle, die wir Wirtschaftspolitik in Hamburg betreiben, richtet.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Egloff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Senator, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie hier so offen gesagt haben, dass die CDU gegen eine Investitionsbank sei. Dann haben wir Klarheit, was diese Forderung angeht.

(Bernd Reinert CDU: So ist es!)

Nur, ich glaube, Herr Senator, dass Sie mit Ihrer Aussage nicht ganz richtig liegen. Es ist nicht so, dass wir blauäugig diese Forderung erhoben haben. Wir haben uns natürlich erkundigt, wie das in den anderen Bundesländern läuft und haben beispielsweise Veranstaltungen gemacht und auch mit Vorstandsmitgliedern der Investitionsbanken in Schleswig-Holstein und NordrheinWestfalen gesprochen. Wenn es in allen anderen 15 Bundesländern Investitionsbanken gibt, dann frage ich mich, was daran verkehrt sein kann und warum es in Hamburg die Bank der notleidenden Kredite sein wird, wenn das in den anderen Bundesländern nicht der Fall ist. Das ist ein bisschen schräg in der Aussage, Herr Senator, und auch nicht zutreffend.

Wir erinnern uns alle an die Situation, die wir gehabt haben und zum Teil noch haben, dass die Geschäftsbanken die Kredite, die die KfW, und zwar zu Zeiten, als wir eine höhere Arbeitslosigkeit in dieser Stadt hatten, für kleine und mittlere Unternehmen angeboten hat, gesagt haben, wir haben kein Interesse daran, die an den Endverbraucher durchzuleiten, weil wir zu wenig daran verdienen. Das ist die Situation gewesen und ich finde es nicht in Ordnung, dass wir eine staatliche Institution haben, die sagt, wir können mehrere Milliarden Euro bereitstellen, um Wirtschaftsförderung zu betreiben, und die Geschäftsbanken, die es eigentlich machen sollen, sagen, wir wollen es nicht, weil wir nicht genug daran verdienen. Ich bin schon der Auffassung, dass eine solche Bank, die wir dann als Stadt betreiben, die Aufgabe hat, diese Wirtschaftsförderungsaufgabe wahrzunehmen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Außerdem vergeben Sie sich einer Chance, Infrastrukturinvestitionen zu finanzieren. Eine Investitionsbank ist eine Bank mit einer staatlichen Haftung, wie es früher die Landesbanken waren, die es aufgrund der europäischen Gesetzgebung nicht mehr sind. Die letzte Bundesregierung hat mit der Europäischen Kommission über die Frage der Investitionsbanken verhandelt und es gibt eine Übereinkunft, die es den Ländern erlaubt, regionale Wirtschaftsförderung zu betreiben, Infrastrukturprojekte, Umweltschutzmaßnahmen und Wohnungsbau zu finan

zieren. Das heißt, wir haben hier ein Instrument, um staatliche Infrastrukturpolitik in vielen Bereichen und zum Teil auch vernetzt durchführen zu können und die Möglichkeit, dass diese Bank sich am internationalen Kapitalmarkt günstig refinanziert, weil sie der Staatshaftung unterliegt und deswegen ein AA-Rating bekommt. Um diese Chance bringen Sie sich, wenn Sie es nicht machen wollen. Wir werden versuchen, nach dem 24. Februar diese Chance zu ergreifen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan GAL)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer stimmt einer Überweisung der Drs. 18/7143 an den Wirtschaftsausschuss zu? - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Punkt 7, Drs. 18/6968, Große Anfrage der CDU-Fraktion: Leseförderung in Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion der CDU: Leseförderung in Hamburg - Drs. 18/6968 -]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Kulturausschuss überweisen.

Wer wünscht das Wort? Frau Strasburger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lesekompetenz hat eine Schlüsselfunktion für eine intakte Gesellschaft, denn Lesekompetenz fördert Chancengerechtigkeit. Leseförderung hat daher für unsere Fraktion einen hohen Stellenwert. Jedes Kind zu erreichen, ist unsere Devise und das gelingt uns auch, wie ich Ihnen gleich erzählen werde.

(Uwe Grund SPD: Sie lesen was vor, das ist rich- tig!)

Hamburg hat ein flächendeckendes Bücherhallensystem mit 34 Filialen, einer Kinderbibliothek, einer Trendbibliothek für Jugendliche, zwei Fahrbibliotheken, Medienboten auch für Menschen, die nicht mobil sind, und Internet. Die CDU-Fraktion hat erkannt, dass das Vorhalten von Bücherhallen nicht ausreicht. Viele Kinder und Familien haben keinen Bezug zu Büchern, zum Lesen und werden nie eine Bücherhalle von alleine aufsuchen. Deshalb muss das Buch zum Kind gebracht werden und die Kinder müssen durch gezielte Aktionen in die Bücherhallen gezogen werden. Die Bücherhallen haben diese Strukturveränderung erkannt beziehungsweise sie haben ihre Strukturen verändert, weil sie das erkannt haben, und die HÖB arbeitet nun sehr erfolgreich, wie die folgenden Zahlen belegen.

Es gibt jährlich 1.800 Klassenführungen, 2 Millionen Kinder und Jugendliche besuchen jährlich Bücherhallen. Insgesamt sind 40 Prozent der Besucher der Bücherhallen Kinder und Jugendliche und im Jahr 2006 wurden über 2,8 Millionen Ausleihen für Kinder und Jugendliche registriert. Über 2.200 buchbezogene Kinderveranstaltungen bietet die HÖB jährlich an.

Mit der BBS gibt es Kooperationen. An den Schulen gibt es Lesekisten, Bücherhallenpässe und Ausleihen sowie obligatorische Bücherhallenprojekte. Mit der BSG gibt es auch Kooperationen. Es gibt Medienkisten und so werden

die Kinder schon früh gezielt in den Kitas an die Bücher herangeführt. Die Kulturbehörde hat neben dem Projekt "Seiteneinsteiger" und den Leseclubs das hamburgweite Projekt für frühkindliche Leseförderung "Buchstart" eingerichtet, das die Veranstaltung "Gedichte für Wichte" organisiert. Dieses Projekt, obwohl es erst seit Kurzem läuft, ist jetzt schon eine Erfolgsgeschichte, die wirklich bemerkenswert ist. Bisher wurden knapp 13.500 Buchpakete durch die Kinderärzte vergeben und täglich werden mehr angefragt. Sowohl vonseiten der Kinderärzte als auch vonseiten der Eltern ist die Resonanz nur positiv. Die Aktion "Gedichte für Wichte" kann schon heute 20 teilnehmende Gruppen vorweisen. Weitere Anfragen beschaffen uns Wartelisten, die demnächst abgearbeitet werden.

Hier möchte ich ausdrücklich Senatorin Frau von Welck danken, die sich in ganz bemerkenswerter Weise für Leseförderung für Kinder einsetzt. Also Ihnen ganz herzlichen Dank für alle Anstrengungen der Kulturbehörde.