Sie haben gesagt, ganz Othmarschen sei ein Wohngebiet und wo sollen die Kitas denn da hin? Da wiederum, Frau Veit, muss ich mich fragen, ob Sie das Urteil, über das Sie heute reden, über
"Der Betrieb einer Kindertagesstätte dürfte grundsätzlich mit dieser Ausweisung als Wohngebiet vereinbar sein, weil eine solche Nutzung Wohnbedürfnisse im Sinne von Paragraf … erfüllt."
Hören Sie doch zu. Wenn Sie es nicht gelesen haben, haben Sie jetzt die Chance, daraus ein paar Zitate wahrzunehmen.
"Der Gebietsbezug der Kindertagesstätte ist durch die tatsächliche Nachfrage der Anwohner, die aus dem maßgeblich durch den Baustufenplan Othmarschen ausgewiesenen Wohngebiet stammen, begründet."
(Carola Veit SPD: Es ist übrigens auch nur ein Beschluss und kein Urteil, Herr Wersich! Aber das macht nichts!)
"Nur in einem besonders gelagerten Einzelfall können sie unzulässig sein oder, um Interessenkonflikte auszugleichen, Nutzungsbeschränkungen bedürfen."
Das heißt, erst einmal hat das Gericht festgestellt, dass auch in einem reinen Wohngebiet eine Kita sein darf.
Damit ist, glaube ich, der wesentliche Kritikpunkt, dass Kitas nicht in Wohngebieten sein dürfen, ein juristisches Damoklesschwert, abgeräumt.
Dann stellt auch das Gericht fest, dass der Lärm der Kinder in der Kita unvermeidbar ist. Es bedarf keiner juristischen Feststellung in einem Gesetz, dass man dieses erst feststellen muss. Das Gericht erkennt das an. Jetzt kommt der Punkt, der vorhin erwähnt worden ist, dass keine Vorkehrungen zur Vermeidung getroffen wurden und keinerlei Auflagen getroffen wurden.
Das war für das Gericht der springende Punkt zu sagen, wenn das nicht passiert, dann hat der Widerspruch aufschiebende Wirkung. Deswegen bitte ich darum, dass wir – auch wenn man sich gerne am Senat reibt – diesen Fall und dieses Urteil auf das Maß zurückschrauben, worum es geht.
Es geht nicht um die Frage Kitas in Wohngebieten ja oder nein, sondern es geht um die Frage der gegenseitigen Rücksichtnahme und dessen, was man tut.
Jetzt, Frau Veit, sind Sie hingegangen und haben vollmundig gesagt, das wäre alles nicht passiert, wenn wir unser Gesetz beschlossen hätten. Jetzt gehe ich mit Ihnen noch einmal in die Textarbeit, nämlich mit Ihrem eigenen Gesetz. Sie schreiben dort in Paragraf 2, Rücksichtnahmegebot:
"Jeder hat sich so zu verhalten, dass störende Geräuschimissionen vermieden werden, soweit dies nach den Umständen des Einzelfalls technisch und wirtschaftlich möglich und zumutbar ist. Unvermeidbare Geräuschimissionen sind grundsätzlich auf ein Mindestmaß zu beschränken."
"Die Privilegierung des Paragrafen 3 gilt nur für die von der jeweiligen Aufsichtsbehörde genehmigten Betriebszeiten und -nutzungen."
Das heißt zunächst einmal, dass Sie mit dieser Regelung dem Bezirksamt, der Verwaltung die Rolle zuschieben zu regeln, wann, wie und was in einer Kita passiert. Das ist ein massiver Schritt zur Bürokratisierung,
weil nämlich plötzlich die Verantwortung bei der Behörde liegt zu sagen, von wann bis wann Kinder dort überhaupt spielen dürfen.
Das ist zum Glück in den meisten Kitas nicht erforderlich, weil sich dort Nachbarn und Kitas einigen und es da keiner behördlichen Festlegung bedarf, wann Kinder draußen spielen dürfen.
Dann wollen Sie in dem Gesetz festschreiben, dass die Anzahl der Einrichtungen in diesen Wohngebieten in einem angemessenen Verhältnis zu dem wohnortnahen Bedarf des jeweiligen Gebietes stehen. Das ist gut gemeint, aber jeder, der ein bisschen etwas von der Entwicklung von Stadtteilen weiß, weiß auch, dass wir Phasen haben, wo es ganz viele Kinder gibt, wenn zum Beispiel neue Gebiete errichtet werden, dass diese Kinder aber nach wenigen Jahren aus dem Kindergartenalter
raus sind. Wenn wir das in ein Gesetz schreiben, bekommen wir ein juristisches Damoklesschwert über Kitas in Bereichen, in denen es dann für ein paar Jahre keine Kinder gibt.
Der Punkt ist einfach der: Eine Kita wird für 50 Jahre gebaut und jeder, der weiß, wie die Generationenfolgen in solchen Wohngebieten sind, weiß, dass heute ganz viele junge Kinder da sind.
Die werden dann älter und das würde bedeuten, dass diese Kitas möglicherweise später geschlossen werden können, weil sie keine Kinder aufnehmen dürfen, die nicht aus dem Stadtteil stammen.
Schließlich schreiben Sie in Paragraf 5 Maßnahmen der Lärmminderung, dass die zuständige Behörde durch lärmmindernde Maßnahmen dafür zu sorgen hat, dass die Belastungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
Und es geht sogar so weit, dass der Betreiber verpflichtet werden kann, Maßnahmen zur Lärmminderung zu treffen, die in erheblicher Weise die Nachbarn beeinträchtigen. Wenn man diese Vorschriften auf den Fall, den wir heute konkret diskutieren, bezieht – mit keinerlei Auflagen –, finde ich, ist es eine ungeheuerliche Vorstellung, dass Sie glauben, dass mit diesem Gesetz nicht dasselbe Urteil herausgekommen wäre, wie wir es jetzt haben.
Ich glaube, dies Gesetz ist gut gemeint, es hat aber viele Risiken und Nebenwirkungen, es erhöht die staatliche Bürokratie, es verschärft möglicherweise sogar Auflagen für den Betrieb einer Kita, weil es genau festschreibt, was wo wann passieren muss. Es bedroht Kitas in Wohngebieten, in denen möglicherweise nicht mehr so viele Kinder sind, die dann die Kinder aus anderen Wohngebieten betreuen müssen.
Deshalb ist aus meiner Sicht ganz klar: Wir brauchen Interessenausgleich und gegenseitige Rücksichtnahme. Das ist das Entscheidende für das Zusammenleben in den Stadtteilen. Das gilt auch für Kitas und wir brauchen eine Bewegung auf beiden Seiten. Ich bin sehr froh, dass auch in dem von uns angesprochenen Fall der Gesprächsfaden nicht abgerissen ist und dass man dort gemeinsam
darüber redet, wie man aus der Situation herauskommt. Zum Schluss will ich noch einmal sagen: Unsere Stadt ist kinderfreundlich, das wird in 900 Kitas jeden Tag bewiesen. Wir haben steigende Geburtenzahlen, immer mehr entscheiden sich zu Kindern. Was kann es für einen besseren Beleg geben? – Vielen Dank.
Herr Senator, ich habe trotz des langen Zitats darauf hinzuweisen, dass Sie 210 Prozent der Abgeordnetenredezeit in der Aktuellen Stunde in Anspruch genommen haben. – Das Wort bekommt die Abgeordnete Dr. Föcking.