Alles in allem kann ich Ihnen nur empfehlen: Stellen Sie fundierte Anträge, dann sehen Sie auch – Herr von Frankenberg hatte noch das Zeitargument gebracht –, dass wir Sachen überweisen. Natürlich sollen die Ausschüsse arbeiten, aber arbeiten Sie nicht weiter mit Unterstellungen, sondern verschaffen sich von irgendwoher, ob nun über Kleine Anfragen oder sonst etwas, fundiertes Wissen und dann können wir weiter diskutieren.
(Beifall bei der GAL und der CDU – Ingo Egloff SPD: Ist ja klasse, dass Sie das Ge- schäft der Schwarzen betreiben; das ma- chen Sie schon richtig gut!)
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 19/945 an den Sozial- und Gleichstellungsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.
Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer möchte dem SPD-Antrag aus der Drucksache 19/945 zustimmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen ? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen jetzt zum Punkt 51 der Tagesordnung, Antrag der Fraktionen der GAL und der CDU: Stadtgestalt und Klimaschutz.
[Antrag der Fraktionen der GAL und der CDU: Stadtgestalt und Klimaschutz – Drs 19/929 (Neufassung) –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, der Saal braucht eine Pause. Deswegen warte ich ein bisschen.
Herr Becker, lassen Sie mich Sie ein wenig unterstützen. Meine Damen und Herren! Die Geräuschkulisse ist zu groß und zu intensiv. Ich darf Sie bitten, die notwendigen Gespräche außerhalb des Plenums fortzusetzen, damit sich der jeweilige Redner auch verständlich machen kann. – Vielen Dank.
Vielleicht ist das Thema auch nicht für alle so interessant. Für mich ist es nicht nur deshalb interessant, weil ich mich da
mit beschäftigen muss. Es geht im Grundsatz erst einmal darum, dass ein Prozess in der Stadt angefangen hat, der sehr stark zu sehen ist, die energetische Sanierung von Fassaden. Im Prinzip ist es für die Wohnungsgesellschaften schon seit Jahren ein dauerndes Geschäft.
Jetzt machen es auch verstärkt private und kleinere Eigentümer. Wir sehen, dass sich über Nacht das Stadtbild verändert. Auch wenn gesagt wird, in vielen Vierteln mit grauen Betonfassaden merken wir überhaupt nicht, dass die ein bisschen anders aussehen, hat aber in der Stadt eine Debatte angefangen, die vielleicht einigen als Backsteindebatte bekannt geworden ist. In erster Linie haben sich Fachkreise gesorgt, ob es möglicherweise unter den erkannten Denkmälern und schützenswerten Ensembles in dieser Stadt noch weitere Straßenzüge gäbe, die von ihrem äußeren Erscheinungsbild her so wichtig seien, dass sie geschützt werden müssten.
Das war der Anstoß für den Antrag und mit diesem Antrag wollen wir erreichen, dass es mit den Bezirken, mit dem Denkmalschutzamt und mit den beteiligten Experten eine Debatte darüber gibt, ob es solche weiteren schützenswerten Bestände gibt. Es ist wichtig, dass wir als Stadt reagieren und uns das nicht in ein paar Jahren auf die Füße fällt, weil ganz viele Leute kommen und sagen, unsere Quartiere haben sich völlig verändert, unsere Stadt ist so hässlich geworden und ihr habt einfach zugeguckt. Wir sind der Meinung, so kann man damit nicht umgehen. Wir dürfen nicht nur reagieren, sondern müssen agieren, und zwar dadurch, dass wir auf mehreren Ebenen einen Prozess organisieren, um eine breite Diskussion über schützenswerte Bestände hervorzurufen.
Weiterhin sollten Beratungen und Konzepte angeboten werden, wie man mit schützenswerten Fassaden umgeht, denn es ist letztendlich nicht so, dass man sagt, wir haben hier eine schöne Jugendstilfassade und können nichts daran machen, sondern es gibt auch Möglichkeiten, ohne das Stadtbild zu entstellen oder auf unerwünschte Weise zu verändern, an solchen Fassaden Verbesserungen zu erreichen.
Der Antrag soll letztendlich den Ausschlag geben, um in einen solchen Prozess hineinzukommen, und dafür bitten wir um Zustimmung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kein anderes Thema beherrscht derzeit weltweit die gesamtgesellschaftli
che Diskussion so sehr wie die vielfältigen Fragen des Klimawandels und des Klimaschutzes. Die Zukunft der Erde hängt davon ab, dass es der Weltstaatengemeinschaft gelingt, den Klimawandel zu verlangsamen und die eigene Entwicklung nachhaltig umweltverträglich zu gestalten.
Der Anspruch Hamburgs unter unserem Bürgermeister Ole von Beust war und ist es, an vorderster Stelle bei der Verwirklichung dieser Ziele mitzuwirken. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatte die CDU ein Handlungskonzept zum Klimaschutz vorgelegt, das nahezu alle Lebensbereiche umfasst. Im Koalitionsvertrag haben wir uns ein verbindliches Ziel im Klimaschutz gesetzt. Bis 2020 soll der CO2-Ausstoß um 40 Prozent reduziert werden.
Eines der wesentlichen Instrumente zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes ist die Verbesserung der Energiebilanz von Gebäuden. Betroffen sind Wohngebäude, gewerbliche und Verwaltungsgebäude, hier insbesondere die Schulen; das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass immer mehr Backsteinfassaden Hamburgs hinter dicken Dämmplatten aus Kunststoff verschwinden. Noch heute prägt der Backsteinstil der Architektur Fritz Schumachers als Oberbaudirektor in Hamburg und Gustav Oelsners als Bausenator in Altona entscheidend das Stadtbild Hamburgs. Das ist ein wertvolles, kulturelles Erbe, das es zu erhalten gilt.
Die Hamburger Politik ist gefragt, eine vernünftige Lösung zu finden, einerseits die Stadtgestalt nicht einer beliebigen Charakterlosigkeit preiszugeben und andererseits die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen, ohne dabei die wirtschaftliche Umsetzbarkeit außer Acht zu lassen. Der Dialog der Fachwelt hat bereits begonnen, die komplette Standesvertretung hamburgischer Bauplaner schlägt Alarm und der Oberbaudirektor ist sensibilisiert.
Am 1. Juli 2008 ist eines der wichtigsten Elemente des Klimaschutzkonzepts in Kraft getreten. Als erstes Bundesland führt Hamburg mit der Klimaschutzverordnung energetische Standards für Baumaßnahmen flächendeckend ein. Was wir jetzt vordringlich brauchen, sind unterstützende Regelungen für Fördergelder, die auf den Erhalt der Fassaden zielen. Fassadendämmung ist allerdings nur eine Lösung für Wärmedämmung. Zusätzlich lassen sich mit neuer Haustechnik, Dämmung von Kellern und Dächern sowie neuen Fenstern Neubaustandards erreichen.
Neben der Förderung privater Investitionen bedarf es zur Erreichung dieser Ziele der intensiven Bewusstseinsbildung und Beratung der Bevölkerung. Klimaschutz muss auch als gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe begriffen werden.
Wir brauchen eine breite Diskussion und fachliche Information auch für private Hausbesitzer. Ebenso müssen wir aufpassen, dass die Bereitschaft der Bevölkerung, aktiv etwas für den Klimaschutz zu tun, nicht kippt wegen der Bedenken über die Verschandelung von Gebäuden und teuren Maßnahmen zum Klimaschutz. Aufklärung ist hier sehr wichtig und eine positive Werbung für diese Sache. Auch beim Klimaschutz geht es um Neuorientierung und Innovationen, die neue, unkonventionelle Denkansätze und Problemlösungen beinhalten. Dies erfordert einen Aufbruch, der von allen mitgetragen werden muss.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einen gewissen Realitätssinn muss man Ihnen bescheinigen, da Sie dieses Thema adressieren. Es ist in der Tat ein wichtiges Thema, denn hier drohen zwei Ziele, die beide eine große Bedeutung haben, miteinander in Konflikt zu geraten, der Klimaschutz und die historisch gewachsene Stadtgestalt. Es wird Sie sicher nicht wundern, dass eine Initiative zum Erhalt des roten Hamburgs grundsätzlich unsere Unterstützung findet.
Allerdings ist es ein schleichender Prozess, der natürlich auch schon in vollem Gange ist. Die Formulierung im Antrag könnte es doch etwas verharmlosen. In Wahrheit haben wir das natürlich in vielen Bereichen schon und man muss sich fragen, ob wir an der einen oder anderen Stelle überhaupt noch den Verlust von Backsteinfassaden verhindern können. Wir sprechen hier über das Gesicht ganzer Stadtteile und ganzer Quartiere wie der Jarrestadt, Dulsberg, der Veddel und auch weiten Teilen von Rothenburgsort, Hamm, Horn und anderer. Es sind nicht nur die Fachkreise, die sich dafür interessieren, sondern auch die Menschen, die dort leben und für die das ein Stück gewachsene Identität ist.
Wir sprechen – das ist auch schon angeklungen – über ein prägendes Merkmal der Hamburger Baukultur. Es ist richtig, dass die Handschrift von
Fritz Schumacher, Gustav Oelsner und anderen hier noch zu sehen ist und dass das genau dieses architektonische Erbe ist, das Hamburg von anderen Städten unterscheidet, seine Unverwechselbarkeit ausmacht und auch die Identität der Quartiere prägt. Diese Prägung verdient unseren Schutz und sie darf bei aller zugestandenen Wichtigkeit energetischer Sanierung nicht hinter gesichts- und geschichtslosen Wärmedämmfassaden verschwinden.
Wie soll dieser Schutz nun aussehen? Es ist richtig, was gesagt wurde und was im Antrag steht, dass es um Verbreitung von Know-how geht. Es ist auch richtig, dass es um Fördermöglichkeiten geht, die seitens der WK geprüft und eingeführt werden müssen. Allerdings wird dies und anderes nicht reichen, denn weder Know-how noch Geld werden in vielen Fällen in Anspruch genommen werden, wenn ein Bauherr überhaupt keine Veranlassung dazu hat. Es ist eben so, dass das baurechtliche Instrumentarium bisher in den allermeisten Fällen keinerlei Handhabe bietet, einen Bauherrn überhaupt von der Beseitigung der alten Fassaden abzuhalten. Insofern greift der Antrag auch ein bisschen zu kurz. Wir müssen auch über eine Veränderung der bisherigen rechtlichen Instrumente nachdenken. Dazu gehört auch eine Anpassung der Hamburgischen Bauordnung. Sind die Genehmigungstatbestände dort ausreichend definiert, sind auf der anderen Seite Instrumente wie Sanierungssatzung, Erhaltungssatzung, Milieuschutzgebiete und so weiter in ihrer jetzigen Gestalt einsetzbar für das Ziel des Erhalts der Backsteinfassaden? Dieses Instrumentarium ist auch notwendig, damit in den bezirklichen Bauausschüssen die kommunalpolitischen Gremien überhaupt in der Lage sind, sich im Einzelfall mit diesen Fällen zu beschäftigen und auch im Einzelfall zu prüfen und einzuschreiten. Bisher gibt es dafür vielfach keine rechtliche Handhabe.
Insofern wundert es mich dann schon, wenn ich mir den Antrag anschaue. In der Antragsbegründung ist das Ziel, die Hamburgische Bauordnung auf Anpassungen hin zu überprüfen, durchaus enthalten. Nur ist irgendwie auf dem Weg zum Petitum der Mut dazu verloren gegangen. Da findet es sich nicht wieder und das ist schade, denn da gehört es hinein. Wir müssen auch diese Dinge überprüfen.
Der Antrag greift auch in manch anderer Hinsicht ein bisschen zu kurz, er stellt zu stark ab auf einzelne Gebäude, wo Sie sagen, man müsste vielleicht den Kreis der schutzwürdigen Gebäude ein bisschen erweitern. Tatsächlich ist es so, dass wir Gebiete in den Blick nehmen müssen. Viele Einzelgebäude sind für sich nicht schutzwürdig, aber wenn man sie im Zusammenhang sieht und sie in einem geschlossenen Backsteinquartier stehen, dann ergibt sich daraus natürlich schon eine
Ich habe auch den Eindruck, dass der Antrag etwas unausgewogen ist dahingehend, dass die richtigen und wichtigen Klimaschutzziele benannt sind aber eben auch sehr im Detail beschrieben werden. Zur Frage des Erhalts der Backsteinfassaden ist die Rede vom gewohnten und geschätzten Bild und davon, dass die Experten sich Sorgen machten. Da muss ich sagen: Es geht schon um ein bisschen mehr. Es geht um das historisch gewachsene Stadtbild, es geht um ein Stück hamburgische Unverwechselbarkeit und um ein Stück hamburgische Identität, die es hier zu schützen gilt.