Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

lerdings, was, wenn wir uns hier wieder treffen, mit den Leuten inzwischen passiert ist.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das kann es nun wirklich nicht sein.

Grundsätzlich möchte ich sowohl beim Senat als auch bei Herrn Böttger und anderen, die sich hier hingestellt und von haushaltsrechtlichen Dingen gesprochen haben, nachfragen, wie denn eigentlich Suchthilfe, wie Jugendhilfe in unserer Stadt finanziert wird. Und wenn Frau Möller von AGHs spricht – für diejenigen, die es nicht wissen, das sind Arbeitsgelegenheiten – und Herr Kienscherf davon spricht, dass 50 Stellen für den Träger Subway wieder zur Verfügung gestellt werden, dann heißt das ganz klar, da wird querfinanziert. 50 Stellen sind 10 000 Euro im Monat, da kann der Träger dann entsprechend erhalten werden. Und einem solchen Träger, den man schon mal zwingt, sich entsprechend merkwürdig im Haushalt zu verhalten, wirft man dann vor, dass er seine Mittel nicht entsprechend verwandt habe; das finde ich mehr als merkwürdig.

Dazu möchte ich Ihnen einmal zeigen – das fand ich wirklich den absoluten Gipfel des Zynismus –, wie dick der Bericht ist. Das ist der Bericht und dann spricht man davon, man hätte das durchlesen können, obwohl er erst gestern Abend erschienen ist. Ich bitte Sie, das ist ein Feierabendparlament und das ist eine regelrechte Frechheit.

(Beifall bei der LINKEN – Karl-Heinz Warn- holz CDU: Sie sind doch arbeitslos!)

Dann gibt die Pressestelle des Senats mit Datum vom 17. September dieses Jahres bekannt, die Betreuung der Klientinnen und Klienten durch andere Träger sei sichergestellt. Wir haben es mit einer Gruppe von Betroffenen zu tun, die gerade in diesem Träger ihre sogenannte Familie sehen. So haben die es formuliert, als sie bei einer Presseerklärung waren oder bei uns im Sozialausschuss erschienen sind; einige der dortigen Mitglieder hat es in Ängste versetzt, als sie mit der Realität konfrontiert wurden. Was heißt denn das, andere Träger? Das heißt, dass sie genau aus der Familie, in der sie sich sicher fühlen, herausgerissen werden, dass sie da, wo sie meinten, sich stabilisieren zu können oder sich stabilisiert haben, herausgerissen werden. Das ist die Aussage dieser Presseerklärung und Sie brüsten sich damit, Sie würden da etwas sicherstellen. Was wird denn da sichergestellt? Sichergestellt wird nur, dass Subway aus dem Geschäft gedrängt wird, wenn man das einmal so bezeichnen will, und ansonsten interessiert einen außer haushaltsrechtlich im Großen und Ganzen die Gruppe der dort Betroffenen nicht, zumindest wird die Familiensituation nicht wahrgenommen.

(Antje Möller)

Ich kann mich an ein Gespräch mit Herrn Senator Wersich erinnern, der mir als Arzt gesagt hat, Herr Joithe, Sie müssen berücksichtigen, dass in derartigen Therapien eine gewisse Distanz vonnöten ist. Dem muss man entgegensetzen, dass es auch Gruppen gibt, die entsprechend geschädigt sind und genau das Gegenteil brauchen, nämlich keine Distanz, sondern eine derartige Familie, wie sie augenscheinlich Subway – zumindest wurde das von den Betroffenen so dargestellt – ist.

Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass, wenn wir hier Entscheidungen treffen, diese Entscheidungen auch etwas mit Menschen zu tun haben. Ich kann nicht empfinden, wenn hier von Haushaltsproblemen und Ähnlichem gesprochen wird, dass es überhaupt noch um die Menschen geht, die von Subway betreut werden. Es geht um Zahlen, es geht um betriebswirtschaftliche Werte, aber es geht nicht um die Werte, die dort sind. Darüber sollten gerade Sie als Christdemokraten einmal nachdenken. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Senator Wersich.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will nur ganz kurz auf ein paar Punkte eingehen, weil das meiste schon gesagt worden ist. Es hieß, ich hätte mich in meiner Zeit als Abgeordneter persönlich für den Träger Subway eingesetzt. Damit war der Einsatz nicht zu Ende. Ich bin auch als Staatsrat vor Ort gewesen. Wir haben in einem mehrjährigen Prozess sehr intensiv versucht, den Träger zu beraten, die Probleme, die es auf der Ebene der ordnungsgemäßen Geschäftsführung gibt, in den Griff zu bekommen. Wir haben verschiedene Versuche unternommen, diesen Träger zu bewegen, die Probleme abzustellen. Ich bin traurig darüber, dass wir im Jahre 2007 in die Situation gekommen sind, dass wir ihn nicht mehr fördern können und dürfen. Es ging nicht um Einsparung. Wir haben nicht gesagt, wir brauchen das Geld für irgendetwas anderes, sondern es war die Grenze erreicht, an der eine Behörde einen Träger nicht mehr fördern darf.

Es ist einiges gesagt worden, auf das ich ganz kurz eingehen will. Frau Artus, Sie haben gesagt, der Bericht hätte ergeben, dass keine Steuergelder verschwendet worden seien. Ich weise ausdrücklich darauf hin – das steht auch im Bericht –, dass es nicht Gegenstand der Prüfer war, die Verwendung öffentlicher Mittel in den vergangenen Jahren zu überprüfen, sondern einen Statusbericht zum 31. Juli anzufertigen. Eine Aussage darüber, ob und inwiefern öffentliche Mittel verwendet worden sind, enthält der Bericht nicht. Im Gegenteil. Es ist

so, dass mittlerweile eine Summe von weit über 300 000 Euro strittig ist.

In dem Prüfbericht steht, es handele sich um eine besonders schwierige Klientel. Wir haben Ihnen die Fakten geliefert, dass das nicht zutrifft, wenn man die Klientel von Subway mit der Klientel vergleicht, die sich beispielsweise im Drob Inn oder im Stay Alive in psychosozialer Begleitung befindet. Dort gibt es ähnlich hohe Belastungen. Der Prüfer – allerdings kein Spezialist für den Drogenbereich – hat sich die BADO vorgenommen, oberflächlich die Durchschnittswerte angeguckt und ist deswegen an dieser Stelle zu einem Fehlurteil gekommen. Aber das ist in der Erläuterung richtiggestellt worden.

Herr Kienscherf, Sie haben gesagt, es stünde da nicht, der Träger sei überschuldet. Sie haben jetzt mehrfach Lesehilfe angeboten bekommen. Ich will Sie Ihnen bieten. Auf der ersten Seite steht als erster Satz das gemeinsame Fazit:

"Aktuell weist der Vermögensstatus des Vereins zum 31. Juli 2008 eine Überschuldung von 46 943,62 Euro aus."

Am Ende wird dem Träger dringend eine Rechtsberatung nahegelegt, ob es sich nicht um eine verschleppte Insolvenz handelt.

Schließlich, Frau Domres, hatten Sie kritisiert, im Dezember hätte das Gericht festgestellt, die Behörde trage die Verantwortung für die Überleitung der Klienten. Gleichzeitig liegt jetzt ein solches Angebot vor, nämlich zwei Träger zu fördern, die diese Klienten in der Einrichtung für längere Zeit beraten, um sie an andere Träger überzuleiten. Genau das bezeichnen Sie als keine Lösung. Das geht nicht auf. Wenn Sie sagen, die Behörde hat den Auftrag, dann müssten Sie das begrüßen, was wir jetzt tun.

(Beifall bei der CDU und bei Antje Möller GAL)

Von Frau Möller ist ausgeführt worden, in welchen Dimensionen wir jetzt stehen. Die Betreuung kann gewährleistet werden. Wir haben eine ganze Reihe außerordentlich gut arbeitender Einrichtungen in Hamburg. Wir haben Fachkräfte, die bereit sind, diese Klienten in der Einrichtung zu beraten und zu betreuen. Wir haben im Prüfbericht die Aussage, dass die Wohnungen nicht gefährdet sind. Sollte es dennoch zu einzelnen Kündigungen kommen, haben wir die Bezirksstellen für Wohnungssicherung informiert, damit sie sofort tätig werden könnten. Wir könnten, wenn der Träger sagen sollte, er gebe diese Arbeit auf, auch einen Ersatzträger anbieten, der diese Mietverträge sowie auch die Betreuung übernehmen könnte, sodass den Menschen keine Obdachlosigkeit drohen würde.

Im Ergebnis ist dieses keine Frage der Drogenpolitik und der Einsparung, sondern es geht darum, ob

(Wolfgang Joithe-von Krosigk)

ein Träger des Staats Steuergeld haben will, ob er solide wirtschaften, über die Mittelverwendung Rechenschaft ablegen und an der Klärung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit mitarbeiten muss. Wenn ein Träger diese Vorgaben nicht erfüllt, dann kann er von uns gemäß Landeshaushaltsordnung nicht gefördert werden. Das ist leider – das betone ich nochmals – bei Subway der Fall. Wenn Sie politisch den Eindruck erwecken, Träger könnten auch allein wegen "gut gemeint" gefördert werden, dann ist das ein verhängnisvolles Signal für Hunderte oder Tausende von Zuwendungsempfängern in der Stadt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Die Insolvenz und Geschäftsführung des Trägers sind nicht von uns zu verantworten. Für die betroffenen Menschen stehen Alternativen und Lösungen bereit. Genau daran, Herr Kienscherf, haben wir in den vergangenen Wochen, nachdem der Bericht vorlag, intensiv gearbeitet. Alle Träger, die in der Drogenpolitik und Drogenberatung erfahren sind, haben gesagt, nein, wir gehen bei diesem Träger keine Rechtsnachfolge ein, die Risiken sind unübersehbar und es gibt dagegen fachliche Bedenken. Wir haben Ihnen alles dargestellt. Wir haben jetzt eine andere Lösung für die betroffenen Menschen angeboten und ich habe die große Hoffnung, dass der Träger konstruktiv an dieser Lösung mitwirkt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Herr Dr. Schäfer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Das Problem bei dieser Geschichte ist nicht neu. Deswegen überrascht es umso mehr, dass erst jetzt – drei, vier Wochen vor dem Ende der Betreuung der Klientinnen und Klienten – mit großer Hektik begonnen wurde, nach Lösungen zu suchen. Vorher war davon nur zu spüren und zu bemerken, hier sollte ein unliebsamer Träger– warum auch immer – schlicht und ergreifend "platt gemacht" werden. Das war das eigentliche Ziel der Behörde. Die Behörde ging den ganzen Sommer über in keiner Weise auf die eigentlichen Probleme ein und konnte nicht sagen, wie die dortigen Klientinnen und Klienten weiter betreut werden könnten, sodass sie nicht verloren gehen.

(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus DIE LINKE Selbstverständlich haben Sie Recht, Herr Wersich, wenn Sie sagen, das Drogenhilfesystem in Ham- burg könnte jederzeit 200 Einzelpersonen aufneh- men. Die Frage ist aber, ob genau diese 200 Leu- te, die dort betreut werden oder betreut worden sind, auch da ankommen. Das bezweifeln wir stark. Es geht darum, ob man diese drei Standbei- ne, auf denen dieser Träger mittlerweile steht, er- halten sollte. Zwei bleiben, wenn ich das richtig se- he: die Wohnungen bleiben weiterhin angemietet, die Arbeitsgelegenheiten stehen diesem Träger weiterhin zur Verfügung. Lediglich das, was dort gewissermaßen als Wohnstube genutzt wird – die psychosoziale Betreuung, die Beratungstätigkeit –, soll jetzt zu einem anderen Träger übergehen. (Antje Möller GAL: Das ist doch das Einzige, was je gefördert wurde!)

Ob das im Hinblick auf die Betreuung dieser Leute effizient ist, Frau Möller wage ich zu bezweifeln.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Frau Möller, es wäre interessant, in aller Ruhe darüber zu reden, wie die schwarz-grüne Drogenpolitik aussieht, denn im Moment weiß ich das noch nicht. Das sollte nicht in der Hektik geschehen, die jetzt im Zusammenhang mit dem Träger Subway notgedrungen fällig ist, weil das, was vorgesehen ist, meiner Überzeugung nach so nicht funktionieren wird. So werden einige Leute verloren gehen. Das ist das Problem.

Am Ende wird die Behörde einen kleinen Träger erfolgreich kleinbekommen haben und vermutlich mit hoher Wahrscheinlichkeit vor Gericht so erfolgreich sein wie bisher, denn in allen drei Verfahren, die der Träger gegen die Behörde durchgeführt hat, hat sie fulminant verloren. So viel zur Wahrscheinlichkeitsabschätzung hinsichtlich der Erfolgsaussichten vor Gericht. Wie soll es weitergehen, wenn nicht so, dass man sich jetzt ganz schnell die "lumpige" Summe von 50 000 Euro besorgt, damit es so weitergehen kann, bis eine vernünftige Lösung gefunden worden ist. Diese wurde dadurch verpasst, Herr Wersich, dass im letzten Jahr nichts getan wurde. Sie hätten zum Beispiel eine Ausschreibung machen können für das, was dieser Träger anbietet. Das ist nicht geschehen. Sie haben abgewartet, bis es nicht mehr weitergeht. Das ist der Skandal in der Geschichte.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Frau Domres, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren! Jetzt muss ich doch noch einmal ganz kurz nach vorne kommen, weil ich Frau Möller gern antworten möchte.

Ich bin ziemlich neu in dieser Bürgerschaft und ich habe die letzten Monate überwiegend damit zugebracht, den Debatten zu lauschen. Heute bin ich das erste Mal nach vorne gegangen. Ich habe fest

(Senator Dietrich Wersich)

gestellt, dass insbesondere die Abgeordnete Möller gern ihre Reden damit beginnt, ihren Vorrednern zu sagen, sie haben wieder einmal nichts verstanden, sie haben wieder etwas vermischt.

(Antje Möller GAL: Ich habe meine Rede so nicht angefangen!)

Wenn man nicht festgestellt hat, welches die Ziele der SPD in der heutigen Debatte in Richtung Subway waren, dann haben Sie vielleicht heute irgendetwas nicht ganz verstanden.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich möchte aus dem vorliegenden Bericht zitieren. Das Fazit des Prüfers sagt:

"Zusammenfassend sind die Daten der Basisdokumentation Beleg dafür, dass Subway mit einem signifikant schwierigeren und stärker belasteten Klientenstamm arbeitet, als dies im Schnitt der Träger der Hamburger ambulanten Suchthilfe der Fall ist."

Das heißt, der Prüfer hat eindeutig festgelegt, dass es hier nicht um "normale" Abhängige geht, sondern um Abhängige mit schwereren Krankheiten, mit einer schwereren Drogenabhängigkeit und –vergangenheit. Das sind Klienten, die über Jahre – das ist heute schon mehrfach gesagt worden – ein Vertrauensverhältnis zu dem Träger aufgebaut haben, einem Träger, der zum einen eine einzigartige Lage hat – er liegt nämlich in der Neustädter Straße direkt neben dem Pik As –, um diese niedrig schwellige Beratung anzubieten, sowie zum anderen ein einzigartiges Angebot. Auch das wurde heue schon mehrfach gesagt.

Ich möchte Herrn Dr. Schäfer ergänzen, der sagte, wir können diese Klienten nicht schnell auf einen anderen Träger überleiten, ganz abgesehen davon – ich betone es nochmals –, dass dieser Träger für das Beratungsangebot nicht in Sicht ist, sondern dass sowohl Jugendhilfe e.V. als auch Jugend hilft Jugend nur die Überleitung begleiten soll. Ich glaube auch, dass uns die Klienten von Subway verloren gehen werden. Das kann für keinen das Ziel sein und das finde ich bedauerlich.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Eg- bert von Frankenberg CDU: Aber was die SPD will, ist immer noch nicht klar!)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 19/981 Kenntnis genommen hat.