Wolfgang Joithe-von Krosigk
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir reden heute über die Arbeitsmarktinstrumente, die Hamburg noch verblieben sind, und über die Umsetzung des aus unserer Sicht nach wie vor völlig verfehlten Hartz-IV-Gesetzes, auch Sozialgesetzbuch II genannt.
Die Senatsvertreter hatten bereits im Wirtschaftsausschuss ihre Gesundbeterei der miserablen Situation von Langzeiterwerbslosen vorexerziert. Aus der positiven Entwicklung der Beschäftigungsverhältnisse wurde der Fehlschluss abgeleitet, dass nun auch die Aussichten der Langzeiterwerbslosen auf einen Arbeitsplatz verbessert worden seien. Aber, meine Damen und Herren, auf was für Arbeitsverhältnisse besteht denn eine Aussicht? Minijobs, kurzfristige Leiharbeit zu Dumpinglöhnen, wie sie die Senatskanzlei ihren Leiharbeitskräften in der Berliner Landesvertretung gezahlt hat, prekäre Beschäftigungen oder das bei den sozialen Dienstleistungsunternehmen sehr beliebte Modell: Minijob und Malochen für die steuer- und sozialversicherungsfreie Ehrenamtpauschale. Das ist Ihr Jobwunder für die Langzeiterwerbslosen, wenn nicht gar Ein-Euro-Jobs oder Bürgerarbeit mit Zwang und ohne Aussicht auf einen Aufstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Da sagen wir: Vielen Dank, Herr Senator Karan und, wie man in Hamburg so schön sagt, tschüss.
Was bleibt von einem Senat, der einräumt, dass es nach wie vor Probleme mit der Zusätzlichkeit von Ein-Euro-Jobs gibt, die sich auch im anstehenden Interessenbekundungsverfahren für die verbleibenden Ein-Euro-Jobs nicht ausräumen lassen werden, Herr Frommann? Was bleibt von einem Senat, der ignoriert, dass in einem Prüfbericht des Bundesrechnungshofs der klare Vorwurf erhoben wird, die Jobcenter hätten größtenteils keine Eingliederungsstrategien mit Hartz-IV-Empfängern entwickelt, keine tiefen Kenntnisse über die Arbeitsprojekte und ebenso wenig über die Kostenkalkulation der Sozialunternehmen mit den Ein-Euro-Jobs?
Sehr viele Ein-Euro-Jobs, die im Vergleich zu anderen Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen als nachrangig bewertet werden, erfüllen nach der
Bewertung des Bundesrechnungshofs nicht die gestellten Kriterien. Sie sind weder zusätzlich noch wettbewerbsneutral oder in öffentlichem Interesse. Jetzt kommt ein interessanter Satz und da bitte ich Sie, intensiv zuzuhören, weil er das ganze Dilemma in seiner Tiefe darstellt: Der Rechnungshof zieht aus seiner Prüfung den Schluss, dass die Sozialunternehmen die Geschäftspolitik vieler Job-Center maßgeblich bestimmen. Darüber sollten Sie einmal gründlich nachdenken.
Was bleibt von einem Senat, der kleinlaut zugibt, vielleicht doch etwas zu leise gegen die Streichungen der Bundesmittel für Arbeitsmarktpolitik Bedenken angemeldet zu haben? Was bleibt von einem Senat, der bedenkenlos mehrere vollständige Jahreseingliederungstitel in den Orkus der Elbphilharmonie versenkt, aber keinen Cent mehr aus Landesmitteln in aktive Arbeitsmarkpolitik steckt?
Bei der Bewilligung von Ein-Euro-Jobs werden auch in Zukunft die Trägerkonzepte von einer Auswahlkommission geprüft, in der ausschließlich Mitarbeiter vom neuen Job-Center team.arbeit.hamburg, der Arbeitsagentur und der Behörde sitzen. Nur in Zweifelsfällen wird ein vorgeblich sachverständiges Gremium, bestehend aus Mitgliedern des zentralen Beirats, hinzugezogen.
Statt weiter auf Ein-Euro-Jobs zu setzen, hätte es angestanden, gerade auch aufgrund der verbesserten Lage auf dem Arbeitsmarkt, diese Jobs ersatzlos auslaufen zu lassen und stattdessen qualitativ hochwertigere Bildungs- und vor allem Fortbildungsangebote für Langzeiterwerbslose einzurichten. Nur so kann den Langzeiterwerbslosen der Weg auf den ersten Arbeitsmarkt geebnet werden, auf dem die Firmen händeringend nach Fachkräften suchen, aber selbst keinen Cent in die Qualifizierung stecken wollen.
Und was ist nun von einem neuen Senat zu erwarten? Leider nicht viel, wenn man von der relativen grundsätzlichen Kritiklosigkeit von SPD und GAL im Wirtschaftsausschuss ausgeht. Da mäkelte man zwar hier und dort und meckerte über konkrete Umsetzungen, kam aber nicht auf die Idee, anstelle der massiven Kürzungen bei den Ein-Euro-Jobs besser gleich alle Zwangsjobs in Hamburg abzuschaffen. Aber was können wir auch von einer Partei erwarten, die einen Bürgermeister stellen möchte, der als Arbeitsminister maßgeblich für die katastrophale Hartz-Gesetzgebung zuständig war.
Auch wenn er sich nun jede erdenkliche Mühe gibt, das vor den Wählerinnen und Wählern zu verschleiern, so ist die Erinnerung so schlecht dann doch nicht. Was ist von einem Bürgermeister zu erwarten, der am 1. Juni 2006 zusammen mit den Hamburger SPD-Abgeordneten Christian Carsten
sen, Hans-Ulrich Klose, Johannes Kahrs, Niels Annen und Ortwin Runde dem Fortführungsgesetz Hartz IV im Bundestag zustimmte, das Hartz IV noch erheblich in den Sanktionen verschlimmerte? Und was ist von einem Bürgermeister zu erwarten, der zusammen mit seinem britischen Amtskollegen auf der Sitzung des EU-Ministerrats am 5. Dezember 2007 in Brüssel die Verabschiedung der EU-Leiharbeitnehmerrichtlinie, die den Grundsatz "equal pay, equal treatment" auch für Deutschland rechtsverbindlich gemacht hätte, verhinderte? Arbeitgeberpräsident Hundt war da sicher ganz angetan.
Nun allerdings gibt Olaf Scholz zu, dass bei der Leiharbeit etwas schiefgegangen sei, so in einem Tagesschau-Video-Chat im Juni vergangenen Jahres. Pech gehabt. Bei Scholz, Schröder & Co. geht eben ab und zu etwas schief. Sorry, wir üben noch, das war nicht so gemeint. So oft, wie Herr Scholz die Hemden wechselt, kommt man gar nicht mit dem Waschen nach.
Die SPD hatte nachgefragt, wie Hamburgs Arbeitsmarkt in der Krise gerüstet sei. Die Antwort für die Zukunft lautet: auch mit Rot-Grün nach wie vor mehr schlecht als recht.
Im Übrigen sind wir der Meinung, dass Hartz IV abgeschafft und durch eine Grundsicherung ersetzt werden muss, die diesen Namen auch verdient. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sprechen hier über den SPD-Antrag "Hamburg setzt die UN-Behindertenrechtskonvention um – Inklusion als Leitorientierung staatlichen Handelns" und wir sprechen über den Änderungsantrag der CDU und der GAL.
Meine Damen und Herren! Zulasten der behinderten Menschen in dieser Stadt wird die gescheiterte Koalition von der GAL weitergeführt. Dieser SPD-Antrag wurde am 2. Dezember letzten Jahres im Sozialausschuss behandelt. Die GAL stimmte mit der CDU gemeinsam für ein Petitum, das den Vorstellungen der Behindertenverbände in wesentlichen Teilen nicht entspricht. Mit vagen Argumenten wurde auf eine Anbindung an die faktisch einflusslose Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen beharrt und die Einrichtung eines wirklich unabhängigen Gremiums zur Erarbeitung eines Landesaktionsplans durch die Behinderten- und Sozialverbände verhindert. SPD und DIE LINKE hatten sich auf ein gemeinsames Petitum verständigt, das für Hamburg ein sehr gutes Verfahren für die Erarbeitung des dringend benötigten Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gebracht hätte.
Noch einmal zur Erinnerung: Diese unendliche Geschichte begann am 13. Mai 2009. An diesem Tag überwies die Bürgerschaft den Antrag der SPD an den Sozialausschuss. Und, oh Wunder, kaum waren anderthalb Jahre vergangen, versandte die Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen am 31. Januar 2011 ein Schreiben an alle gesellschaftlichen Akteure, in dem sie mitteilte, dass sie sich freuen würde, wenn man ihr in den nächsten Wochen und Monaten Anregungen und Vorstellungen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Hamburg zukommen lassen würde – und das nach über anderthalb Jahren.
Wie sie weiter schreibt, wäre es schön, wenn man ihr eine Antwort zum 1. März 2011 zukommen las
sen würde. Wie schön, dass Frau Blumenthal jetzt auch daran denkt, dass Hamburg einen Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention braucht.
Es ist schon ein Trauerspiel, wie Hamburg es geschafft hat, eine so wichtige Angelegenheit zumindest zu verschleppen. Wie schon Kollege Grund erwähnte, hat Rheinland-Pfalz seit fast einem Jahr einen Landesaktionsplan. Hamburg hat eine Senatskoordinatorin, die erst jetzt alle gesellschaftlichen Akteure in Hamburg mit einbeziehen will. Der Landesbeirat bei der Senatskoordination ist ersichtlich ein zahnloser Papiertiger. Das gemeinsame Petitum von SPD und der LINKEN sah deshalb ein direkt bei der Senatskanzlei angesiedeltes Gremium vor. Sie, meine Damen und Herren, werden heute Gelegenheit haben, sich doch noch dieser überzeugenderen Variante anzuschließen.
Dort, wo der Senat bereits ohne Aktionsplan gehandelt hat, wird die UN-Behindertenrechtskonvention bislang nicht ansatzweise ordnungsgemäß umgesetzt. Was nützt es den Eltern, wenn jetzt das erste Mal auch Kinder und Jugendliche mit Behinderungen das Recht haben, eine allgemeinbildende Schule zu besuchen, wenn die erforderlichen Mittel für die notwendige sonderpädagogische Förderung nicht bereitgestellt werden?
Was nützt es den Eltern, wenn man ihnen nicht ehrlich sagt, dass die Entwicklung wirklich inklusiver Schulen in Hamburg bei den bisher dürftigen Mitteln mehr als ein Jahrzehnt dauern wird? Es gibt schon jetzt genug junge Menschen mit Behinderung, die in der Regelschule gescheitert sind, weil die Schullandschaft einfach noch nicht hinreichend auf sie ausgerichtet ist. Eine wirklich inklusive Schule braucht individuelle Lernziele, sie braucht kleinere Klassen und eigentlich auch zwei Lehrer pro Klasse.
Was nützt es den mehrfach behinderten Menschen, wenn ihnen vollmundig versprochen wird, dass laut UN-Behindertenrechtskonvention jeder, unabhängig von seiner Behinderung, das Recht hat, seinen Wohnort zu bestimmen, wenn der sogenannte Mehrkostenvorbehalt mit aller justizförmiger Brutalität gegenüber einer Handvoll betroffener Menschen durchgesetzt wird? Gerade in der reichen Stadt Hamburg sind behinderte Menschen eben nicht frei. Der Mehrkostenvorbehalt führt in Einzelfällen immer noch dazu, dass insbesondere mehrfach behinderte Menschen, die in einer ambulant betreuten Wohnung oder Wohngruppe leben möchten, auf Wohn- oder Pflegeheime verwiesen werden, weil dies als zumutbar gilt, und vor allen Dingen, weil es preiswerter ist. Was nützt es den behinderten Menschen, wenn das persönliche Budget leerläuft, weil aufgrund der ablehnenden Haltung der Sozialämter in Hamburg persönliche Budgets zuletzt nur 61-mal beantragt und sogar nur 26-mal bewilligt werden konnten?
Da hilft auch ein Landesaktionsplan nur, wenn er endlich ganz konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention enthält. Der Landesaktionsplan muss verbindliche kurz-, mittelund langfristige Ziele für die Umsetzung enthalten und neben konkreten Maßnahmen auch konkrete Zuständigkeiten. Es müssen konkrete Zeitvorgaben für die Umsetzung der aufgestellten Ziele und Maßnahmen festgelegt und hinreichende Kontrollen der Umsetzung geregelt werden.
– Ich komme zum Ende.
Alles das wird nun erst in der neuen Wahlperiode möglich sein. Meine Fraktion wird dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 9. Februar 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes in seiner Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Artikels 20 Absatz 1 des Grundgesetzes mit den gegenwärtig geltenden Hartz-IV-Regelsätzen nicht vereinbar und verletzt ist. Dem Gesetzgeber war eine Frist zur Neufestlegung der Regelsätze bis spätestens zum 31. Dezember 2010 aufgegeben worden. Die Zeit ist knapp und die Nervosität ist groß. Am 3. Dezember hatte der Deutsche Bundestag mit der Mehrheit von Union und FDP den Gesetzesentwurf der Bundesministerin von der Leyen zur Festlegung der neuen Hartz-IV-Regelleistungen beschlossen und schon morgen, am 17. Dezember, soll der Bundesrat über dieses zustimmungspflichtige Gesetz abstimmen. Damit weiteres Unrecht verhindert wird und nicht erneut verfassungswidrige Regelsätze Gesetzeskraft erhalten, hat meine Fraktion einen Antrag eingereicht, in dem der Senat aufge
fordert wird, dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Ermittlung von Regelbedarfen im Bundesrat nicht zuzustimmen.
Buchstäblich in letzter Minute kann Hamburg der Fortschreibung einer drastischen Unterversorgung von Empfängern sozialer Mindestsicherung in die Speichen fahren. Das ist eine Verantwortung für circa 7,8 Millionen Bezieher von Transferleistungen der sozialen Mindestsicherungssysteme, der sich der Senat bewusst sein muss und der er, darauf kommt es insbesondere an, auch gerecht werden muss. Die Bundesregierung wird mit der von ihr vorgelegten Neuermittlung der Regelsätze den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in keiner Weise gerecht. Die Berechnungsgrundlage ist manipulativ, die Abschläge erfolgen weiterhin willkürlich und dies offensichtlich mit dem einen Ziel, eine Punktlandung auf die wohlgemerkt bereits 2008 im Existenzminimumbericht der Bundesregierung genannten 364 Euro für den Eckregelsatz hinzulegen.
Allein durch die manipulative Verkleinerung der Grundgesamtheit von 20 auf die untersten 15 Prozent der Einkommenshierarchie bei Einpersonenhaushalten werden den Leistungsberechtigten durch die Bundesregierung 18 regelsatzrelevante Euro pro Monat unterschlagen. Bei den derzeitigen 359 Euro, das kann noch einmal jemand nachrechnen, sind 18 Euro eine ganze Menge Geld. Weitere 28 Euro behält die Bundesministerin von der Leyen dadurch ein, dass die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Herausrechnung der verdeckt Armen aus dem untersten Einkommensanteil nicht erfolgt ist, obwohl es vorgegeben wurde. Nicht minder willkürlich sind die Abschläge, mit denen rund ein Drittel der Ausgaben des untersten Einkommenanteils handstreichartig als nicht regelsatzrelevant erklärt wurde. Ich möchte Ihnen einmal anschaulich machen, was nicht regelsatzrelevant eigentlich bedeutet, und zwar so, dass es in die Jahreszeit passt. Ein Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt ist den Empfängern von Mindestsicherungsleistungen ebenso wenig vergönnt wie der Weihnachtsbaum im eigenen Heim, jedenfalls dann nicht, wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht. Mit dem durchaus gegebenen und vom Bundesverfassungsgericht eingeräumten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Regelsatzbemessung sowie mit der durch unsere Verfassung gebotenen Verantwortung umzugehen, hat die Bundesministerin von der Leyen nicht verstanden. Sie ist dem Karlsruher Richterspruch keinesfalls gerecht geworden.
Ich möchte aber noch auf einen weiteren Aspekt hinweisen. Sie, sehr geehrte Kollegen von der CDU, haben es in der Hand, Ihrer Parteikollegin,
der Bundesministerin von der Leyen, eine weitere sichere Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht zu ersparen. Wenn Ihnen schon das Los der beinahe acht Millionen Empfänger von Mindestsicherungsleistungen politisch nicht in erster Linie wichtig ist, meine Damen und Herren von der CDU, dann denken Sie doch zumindest einmal an Ihr Ansehen als Volkspartei. Ein Gesetzesentwurf, der mit der Verfassung nicht vereinbar ist, ist für politisch verantwortliche Parteien einfach nur beschämend.
Nehmen Sie Ihre Verantwortung ernst und stimmen Sie dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu den neuen Hartz-IV-Regelleistungen nicht zu. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich sage erst einmal nur etwas zur Ergänzung. Was Herr Wersich über die bereits angewiesenen Bescheide sagte, ist richtig. Mir liegt ein Bescheid eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen vor, auf dem 364 Euro schon ab dem 1. Januar 2011 vorgesehen sind. Hier hat man schon vorgegriffen. Wie weit
man das tun darf und kann, ist eine andere Sache, aber dies kann ich bestätigen. Was ich jedoch keinesfalls bestätigen kann und was ich immer wieder erstaunlich finde, ist, dass ein Senator sagt, dies sei schon richtig berechnet. Stattdessen sagen etliche Experten, darunter auch der Paritätische Wohlfahrtsverband, ganz eindeutig, dass das, was passiert sei, genauso wenig transparent sei wie das, was wir – zugegebenermaßen – von Rot-Grün bekommen haben. Das einfach hier zu wiederholen, zeigt, dass in der Wiederholung nicht wirklich die Wahrheit liegt. Es ist ein ganz entscheidender Punkt, mit wem wir überhaupt umgehen. Wir gehen hier immerhin mit Menschen um und nicht mit Zahlen. Ich finde es mehr als verwerflich, zu sagen, das Bundesverfassungsgericht könne doch wieder entscheiden. Das ist schändlich und Sie sollten sich wirklich überlegen, wie Sie da abstimmen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fachstellen wurden bereits mehrmals erwähnt. Ich will Ihnen dazu einmal aus der Praxis eines Wohnungslosen berichten.
Die Fachstellen zur Verhinderung von Wohnungsund Obdachlosigkeit erweisen sich immer wieder als Schwachstellen; das ist übrigens auch im Antrag der SPD so zu finden. Ohne einer Zustimmung zu einer öffentlichen Unterbringung bei f&w fördern und wohnen wird die Fachstelle erst einmal gar nicht tätig. Wenn der Wohnungssuchende dann binnen dreier Tage den ihm zugewiesenen Platz belegt, erfolgt eine Einstufung, wie er weiter zu behandeln ist. Das fängt mit Stufe 1 an, wenn der Betroffene außer seiner Wohnungslosigkeit keine weiteren Probleme hat. In Stufe 2 garantiert die Fachstelle in erweitertem Maße für die Mietzahlung, weil Schulden vorliegen, und wenn der Betroffene größere Probleme hat, zum Beispiel Suchtprobleme, wird er in Stufe 3 eingestuft und an eine der trägergeführten Wohnungseinrichtungen verwiesen. Aus diesen Daten wird eine Liste erstellt und an die entsprechenden Wohnungsunternehmen weitergeleitet, die sich dann ihre Kandidaten aussuchen und die Fachstellen bitten, sie vorbeizuschicken.
Dies entspricht unseres Erachtens nicht der Globalrichtlinie über die Versorgung von vordringlich Wohnungssuchenden mit Wohnraum – es gibt dazu einen Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2005 –, nach der Personen aus öffentlicher Unterbringung, Bewohner in Wohnprojekten und obdachlose Menschen gleichermaßen mit Wohnraum versorgt werden sollen; das ist aber nicht der Fall. Hier ist die praktische Umsetzung vor Ort zu überprüfen und letztendlich auch durchzusetzen. – Soweit zu dem Aspekt der Fachstellen, die immer so gerühmt werden, die die Wohnungsnot tatsächlich aber nicht so richtig verhindern.
Über die skandalösen Bedingungen im Bunker ist schon genügend gesagt und geschrieben worden.
Selbst Frau Gregersen hat noch einmal ausgeführt, dass die Bedingungen dort nicht nur nicht zumutbar, sondern einfach skandalös sind. Dass der Senat sich in einer Presseerklärung rühmt, er habe hier zusätzliche Plätze geschaffen, zeigt nur, wie weit dieser Endzeitsenat von der Realität entfernt ist. Ich denke, dafür wird er am 20. Februar auch die Quittung bekommen.
Derartige Plätze als hervorragende Plätze zu bezeichnen, ohne sich die Verhältnisse vor Ort überhaupt anzusehen, dass nämlich die Leute dort nicht einmal duschen können und dass die sanitären Anlagen verkrustet sind, da kann man nur sagen: Pfui Deibel.
Meine Fraktion wird im Übrigen dem Antrag der SPD vollumfänglich zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Senat legt uns eine fertige Vereinbarung zur näheren Ausgestaltung und Organisation der zukünftigen gemeinsamen Einrichtung vor, wie sie nach der Änderung unseres Grundgesetzes – darauf sollte man noch einmal hinweisen – möglich geworden ist. Man sollte auch noch einmal darauf hinweisen, dass die Hinweise, die das Bundesverfassungsgericht uns gegeben hat, in dieser Ausgestaltung nicht beachtet wurden. Die Verhandlungen sind parallel betrieben worden, als der Senat noch die Optionskommune favorisiert hat. Dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen, das ist der sogenannte Plan B.
Es ist aber sehr wohl etwas dagegen zu sagen, dass in der Darstellung des Senats in der Mitteilung so getan wird, als ob die gemeinsame Einrichtung den Einfluss Hamburgs genauso gut wahren konnte wie angeblich die Option. Der Senat hätte nach der Regelung in Paragraf 44b SGB II die Vereinbarung zur gemeinsamen Einrichtung auch unter vorheriger Einbeziehung der Bürgerschaft vorbereiten können. Bei gemeinsamen Einrichtungen unter Beteiligung von kommunalen Trägern in den Flächenländern ist nämlich eine Einschaltung der Kommunalparlamente gewährleistet. In Hamburg wurde die Bürgerschaft jedoch übergangen.
Der Senat war schon bei dem Versuch, die Option einzuführen, nicht bereit – darauf sollte man noch einmal gesondert hinweisen –, eigene Landesmittel zur aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung zu stellen. Nun stehen die Kürzungen der Bundesmittel fest und die gemeinsame Einrichtung wird ebenfalls nicht mit eigenen Landesmitteln ausgestattet. Das ist ein Armutszeugnis für die boomende Stadt. Wir sind der Ansicht, dass die angeblich auf Hamburg angewandte politische Verantwortung bei der gemeinsamen Einrichtung mit finanziell sichtbaren Veränderungen im Einsatz der Haushaltsmittel einhergehen müsste.
Insgesamt ist die Vereinbarung über die gemeinsame Einrichtung sehr offen und stellt lediglich eine Rahmenvereinbarung dar. Es wird insofern noch erheblicher Anstrengungen bedürfen, eine stärkere Kooperation mit den Landesbehörden zu errei
chen. Hier ist außer einer Absichtserklärung nicht ersichtlich, wie in Zukunft eine bessere Abstimmung und Abgrenzung zwischen der Sozialpolitik der Stadt und den arbeitsmarktpolitischen Lösungen der gemeinsamen Einrichtung erfolgen sollen. Das heißt, die Chance für eine echte Verbesserung wurde nicht genutzt. Es sieht alles danach aus, als ob vor allem die bisherige Arbeit von team.arbeit.hamburg mit nunmehr erheblich reduzierten Eingliederungsmitteln weitergeführt werden soll. Es ist aber entschieden zu wenig. Die Hartz-IV-Geschädigten hätten eine echte Veränderung erwartet und sind wieder einmal enttäuscht worden.
Frau Badde, wenn Sie sagen, dass etwas Gutes herausgekommen sei, dann muss ich Ihnen sagen, dass eigentlich die Fortschreibung des rechtswidrigen Chaos der ARGE dabei herausgekommen ist. Wenn Sie fragen, was an Sozialprojekten gestrichen werden müsste, dann müssten wir einmal darüber diskutieren, was Sie unter Sozialprojekten verstehen.
Frau Möller muss ich in wesentlichen Punkten zustimmen. Die gemeinsame Einrichtung wird mit weiteren Aufstockern zu tun haben und wird große Schwierigkeiten haben, das mit dem jetzigen Personalkontingent zu leisten, abgesehen von der Software und weiteren Problemen, die nach wie vor bei der ARGE bestehen.
Meine Fraktion wird einer Überweisung an den Wirtschaftsausschuss zustimmen. – Ich danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren den SPD-Antrag "Massive Einsparungen bei Arbeitsmarktmitteln und falsche Akzentsetzung durch die team.arbeit.hamburg – die Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik in Hamburg muss transparent und nachvollziehbar sein". Transparenz und Nachvollziehbarkeit in der Arbeitsmarktpolitik in Hamburg, das klingt doch gut. Um das Unproblematische zuerst zu formulieren: Meine Fraktion wird dem Petitum dieses Antrags, das vom Senat Transparenz und Nachvollziehbarkeit in seiner Arbeitsmarktpolitik und die Ablehnung des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 im Bundesrat fordert, zustimmen.
Als sozialpolitischer Sprecher meiner Fraktion und als – das habe ich nach beinahe drei Jahren in diesem Hohen Haus keinesfalls vergessen – Hartz-IVGeschädigter möchte ich dann aber doch einige durchaus problematische Unschärfen dieses Antrags zur Sprache bringen. Zunächst wissen wir,
dass die Mittel, die in Hamburg zur Arbeitseingliederung von Erwerbslosen des Rechtskreises SGB II zur Verfügung stehen, in den kommenden drei Jahren drastisch heruntergefahren werden sollen. Ausgehend von 187 Millionen Euro in diesem Jahr werden die Mittel im Jahr 2011 auf rund 130 Millionen Euro und 2012 auf 101 Millionen Euro abgesenkt, um im Jahr 2013 mit 89 Millionen Euro bei rund der Hälfte der gegenwärtig aufgewendeten arbeitsmarktpolitischen Mittel im Rechtskreis des SGB II zu gelangen. Der Verweis auf die Sparbeschlüsse der Bundesregierung, den Vertreter der BWA und von team.arbeit.hamburg bei der Verkündung ihres arbeitsmarktpolitischen Streichkonzerts bemühen, entbindet den Senat der Freien und Hansestadt aber überhaupt nicht von seiner Verantwortung.
Er verdeutlich vielmehr, dass es der Senat in der Vergangenheit – da können Sie dann noch einmal "Frechheit" sagen – fahrlässig versäumt hat, sich in der Frage der Integration in Arbeit vom bundespolitischen Diktat zu lösen
und eigene Haushaltsmittel für den Erhalt und die Schaffung regulärer Arbeitsplätze und die Realisierung vollwertiger Qualifikationsangebote in die Hand zu nehmen. Dies wäre eine nachhaltige Zukunftsinvestition gewesen ohne den leidigen Drehtüreffekt, der den bundesrepublikanischen Arbeitsmarktinstrumenten systematisch anhaftet. Diese bundespolitischen Arbeitsmarktinstrumente – und wir sprechen da von den Ein-Euro-Jobs und von den sogenannten 16e-Maßnahmen – sind aber auch, und das muss wieder einmal gesagt werden, Kinder der SPD. Und wenn wir in diesem SPD-Antrag lesen, dass die Hartz-IV-Betroffenen – ich zitiere –
"[…] zu den größten Sparopfern der Wirtschafts- und Finanzkrise werden",
dann ist das zweifelsfrei zutreffend. Zutreffend ist aber auch, dass die Hartz-IV-Betroffenen die ersten Opfer der rot-grünen Koalition Schröder/Fischer im Bund waren. Dies haben sie keinesfalls vergessen. Meine Fraktion heißt die drastischen arbeitsmarktpolitischen Einsparungen des schwarz-grünen Hamburger Senats zulasten der Langzeiterwerbslosen natürlich keinesfalls gut, das muss ganz offen gesagt werden. Allerdings war es wiederum die rot-grüne Bundesregierung, die durch die Schaffung des Zweiklassensystems in der Arbeitsförderung, also der Rechtskreise SGB II und SGB III, den prekären Status eines entrechteten langzeitarbeitslosen ALG-II-Empfängers geschaffen hat. Auch das sei Ihnen noch einmal ins Buch geschrieben.
In der Regel erfolgt der Absturz in das Hartz-IVSystem nach einem Jahr Erwerbslosigkeit, bei ent
sprechend kurzen Anwartzeiten sogar schon nach einem halben Jahr. Die vorgebliche – ich zitiere noch einmal aus diesem Antrag –
"[…] Distanz von Langzeitarbeitslosen zum Arbeitsmarkt […]"
hat die rot-grüne Schröder/Fischer-Administration als erste definiert und in die Welt gesetzt, um von der strukturellen Distanz des Arbeitsmarktes von der freigesetzten Erwerbsbevölkerung abzulenken und einem in Europa beispiellos ausgeweiteten Niedriglohnsektor das Feld zu bereiten.
Ich darf für meine Person in Anspruch nehmen, nicht nur über Hartz-IV-Betroffene zu sprechen, sondern auch mit ihnen zu reden. Und ich darf deshalb an dieser Stelle auch in Richtung der SPD formulieren: Lassen Sie uns über eine transparente und nachvollziehbare Arbeitsmarktpolitik in Hamburg diskutieren, aber bitte – und hören Sie da bitte gut zu – nehmen Sie nicht länger die rund 200 000 in Hamburg von Hartz IV betroffenen Menschen in Geiselhaft, wenn es Ihnen in Wahrheit – und das klang bei Frau Badde wieder durch – um die Interessen der angesichts der jüngsten Sparbeschlüsse sichtlich nervösen Beschäftigungsträger geht; das ist unredlich.
Meine Fraktion kann die Sparbeschlüsse des Senats in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik ebenso wenig gut heißen wie die SPD-Fraktion. Ich betone das, damit wir nicht morgen in der Presse lesen müssen, die LINKE heiße die neoliberale Sparpolitik von Schwarz-Grün gut. Das macht sie selbstverständlich nicht. Aber – und das hat Frau Badde schon vorausgesehen – wir weinen den Arbeitsgelegenheiten, die nun wegfallen sollen, keine Träne nach und wir fordern weiterhin die Abschaffung der verbleibenden 7250 Plätze. Da gibt es gar kein Wenn und Aber. So steht es in unserem Wahlprogramm und daran halten wir uns.
Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Ein-EuroJobs sind keine adäquaten Fördermaßnahmen. Sie verdrängen reguläre Beschäftigung, sie leisten einer Ausweitung des Niedriglohnsektors Vorschub und sie bringen die Erwerbslosen nicht nachhaltig in auskömmliche, reguläre und würdevolle Arbeit. Sie binden überdies arbeitsmarktpolitische Mittel, die sinnvoll für die Schaffung und den Erhalt von Arbeitsplätzen und für Qualifikation eingesetzt werden könnten.
In abgeschwächter Weise gilt dies auch für die 16e-Maßnahmen, die sogenannte JobPerspektive, die den Arbeitsmarkt verzerren, einheitliche Arbeitnehmerrechte aufweichen, die Arbeitslosenversicherung schwächen, indem keine Beiträge abge
führt werden, und dem Drehtüreffekt weiterhin Vorschub leisten.
Der SPD-Antrag spricht verschiedene, für Hamburg und seine Menschen hochwichtige politische Aspekte an, aber er ist auch ein wenig diffus. Ich erkenne in dem Antrag die nachfolgenden Aspekte: Erstens die Situation der Hartz IV-Betroffenen, zweitens die soziale Integration in den Stadtteilen und drittens das Los der Beschäftigungsträger. Zu diesen drei wichtigen Politikfeldern möchte ich der Reihe nach die Position meiner Fraktion erläutern.
Zur Situation der von Hartz IV-Betroffenen: Selbstverständlich hören auch wir im Gespräch mit EinEuro-Jobbern oft das Argument, dass es die sogenannte Mehraufwandsentschädigung von 120 bis 160 Euro im Monat ist, die es ihnen ermöglicht, sich einigermaßen über Wasser zu halten. Und selbstverständlich wissen auch wir, dass es eben genau der Betrag ist, der einem von Hartz IV Betroffenen für eine grundlegende soziokulturelle Teilhabe im Monat fehlt. Die systematische politische Forderung, die daraus resultiert, kann aber doch nicht ein Festhalten an den arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiven, entwürdigenden und entrechtenden Ein-Euro-Jobs sein. Die systematische sozialpolitische Forderung muss die nach einer repressionsfreien und eine würdevolle Existenz gewährleistenden Mindestsicherung sein.
Die SPD hat die Möglichkeit, den erneuten Verfassungsbruch bei der Neuberechnung der Regelsätze, auf den die Bundesministerin von der Leyen geradewegs zusteuert, im Bundesrat zu stoppen. Ich fordere Sie an dieser Stelle auf, sich dafür einzusetzen. Solange dieses unterste Netz einer sozialen Mindestsicherung nicht gespannt ist, müssen wir gar nicht groß über stark konjunkturabhängige arbeitsmarktpolitische Konzepte diskutieren. Meine Fraktion fordert deshalb eine repressionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 500 Euro im Monat, unabhängig von den individuell weder zu vertretenden noch zu beeinflussenden strukturellen und konjunkturellen Verwerfungen des Arbeitsmarktes, denn nur so nehmen wir den Menschen ihre Zukunfts- und ihre Existenzangst.
Dann zur sozialen Integration in den Stadtteilen, die sowohl von der GAL als auch von der SPD bemüht wurde: Wenn Defizite bei der sozialen Integration in den Stadtteilen – wohl weniger in den Elbvororten – wahrgenommen werden, und wir teilen diese Wahrnehmung, dann sollte die Behebung dieses Problems selbstverständlich oberste staatspolitische Priorität haben. Wenn wir die soziale Integration in der Stadt als einen hervorragenden politischen Wert erkennen – und dies tun wir doch wohl über alle Parteigrenzen hinweg –, dann sollten wir uns diese Wertschätzung auch etwas kosten lassen. Wir brauchen in den Quartieren bestens motivierte Lehrer, Erzieher, Sozialpädago
gen und Fach- und Pflegekräfte. Natürlich kann die Arbeit am Menschen und mit den Menschen nur fruchtbar sein, wenn sie auch entsprechend motiviert ist. Daraus aber ableiten zu wollen, dass dies auf Kosten der Bezahlung erfolgen soll oder auch nur kann, erscheint zutiefst absonderlich. Es erscheint abwegig, auf die Idee zu kommen, die stadtpolitisch hochwichtige soziale Quartiersarbeit ausgerechnet von den sogenannten Billigheimern – wie die Ein-Euro-Jobber von einigen bezeichnet werden – durchführen zu lassen. Ich frage ernsthaft in diese Runde: Ist das Ihr Konzept für die Zukunft der wachsenden Metropole Hamburg, eine soziale Stadtentwicklung in der Billigvariante und zudem je nach Kassenlage des Bundes? Das kann wohl nicht sein.
Schließlich und endlich komme ich auf das Los der Beschäftigungsträger zu sprechen. Die Hartz-IVReformen haben an die eher – so muss man das wohl bezeichnen – niederen Tugenden der Branche appelliert. Mir ist kaum je ein Sozialpädagoge vorgekommen, der im vertraulichen Gespräch nicht über die fachfremden Zwänge, die ihm das HartzIV-System diktiert, geklagt hätte. Es ist doch letztendlich der wirtschaftliche Überlebenskampf der Beschäftigungsträger und ihrer Mitarbeiter, der sie in den Interessenbekundungsverfahren bei team.arbeit.hamburg mitpokern lässt. Ich verurteile die subjektive Verfolgung von Interessen keinesfalls, allerdings haben wir als Parlament die Aufgabe und die Möglichkeit, zwischen den Interessen, die da aufeinanderprallen, auszugleichen.
Wenn ich nun das bis hierher Entwickelte noch einmal Revue passieren lasse und eins und eins zusammenzähle, dann haben wir einen, das ist hier im Hause unbestritten, erheblichen Bedarf an sozialer Stadtentwicklung in den Quartieren. Und wir haben Fachleute in den sozialen Berufen bei den Beschäftigungsträgern.
Meine Damen und Herren, darf ich noch einmal um Aufmerksamkeit bitten.
Was liegt also näher, als den Trägern ihren originären sozialpädagogischen Auftrag zurückzugeben? Es gibt doch mehr als genug zu tun in unserem Hamburg, in den Quartieren. Und das wird keineswegs mit einem sozialpolitischen Sparhaushalt zu bewältigen sein.
Dann können wir auch weiter über Arbeitsmarktpolitik diskutieren, aber dann wirklich im Interesse der Langzeiterwerbslosen und nicht, indem wir deren Interessen nur vorschieben, in Wahrheit aber die Interessen der durch Hartz IV korrumpierten Beschäftigungsträger meinen, die den Arbeitsmarktpolitikern der SPD zuweilen doch offensichtlich sehr am Herzen liegen.
Meine Fraktion stimmt dem Antrag der SPD unter den von mir eben ausgeführten Vorbehalten zu und ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich mache es deswegen auch ganz kurz. Frau Badde, als Replik zu Ihrer letzten Aussage: Ich meine, dass es realitätsfern ist, wenn man Arbeitsgelegenheiten, die einem Zwang unterliegen, eben nicht als unwürdig bezeichnet. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat die Bundesregierung aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Sätze transparent berechnet werden. Ich bin erstaunt, dass in den Reihen der CDU qualifizierte Abgeordnete
der Hellseherei fähig sind. Herr von Frankenberg hat eben erklärt, es wäre alles mit rechten Dingen zugegangen. Haben Sie denn die Rohdaten bekommen, Herr von Frankenberg? Ich denke, nicht. Die Abgeordneten der Opposition im Bundestag haben sie jedenfalls nach wie vor nicht erhalten. Von daher lässt sich gar nicht feststellen, ob tatsächlich gerechnet oder ob so vorgegangen wurde, wie man es schon 2004 getan hat, als 345 Euro politisch vorgesehen und dann genau dieser Betrag errechnet wurde. Deshalb hat es dieses Gerichtsurteil des Bundesverfassungsgerichts gegeben. Wenn der Betrag von 364 Euro für das Existenzminimum bereits am 27. Oktober 2008 festgesetzt wurde, und zwar auf genau 364 Euro,
obwohl die EVS 2008 noch gar nicht vorliegen konnte, dann wurde augenscheinlich nicht gerechnet – schon gar nicht transparent –, sondern auf genau diesen Betrag gezielt. Ich kann nicht nachvollziehen, Herr von Frankenberg, wie Sie das nachvollziehen wollen.
Der Rechenweg wurde nicht offengelegt, Herr Lieven hat das schon gesagt. Frau von der Leyen hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht und wird nicht umsonst in der Presse, zumindest in der "Hamburger Morgenpost" von gestern, der Trickserei beschuldigt. Nichts anderes hat da stattgefunden.
Es wird über Chipkarten geredet und darüber, wie man das Bildungspaket umsetzen könne. Man hat noch nicht einmal die technischen Gegebenheiten, stellt aber Dinge in den Raum, als ob diese schon laufen würden, und rechnet damit, dass dieses Angebot von dem einen oder anderen, aus welchen Gründen auch immer, nicht in Anspruch genommen wird. Das wären dann auch wieder Einsparungen.
Wenn pro Kind und Monat 10 Euro für Sport, Kultur oder Nachhilfestunden vorgesehen sind, dann rechnen Sie sich doch bitte einmal aus, wie viele Nachhilfestunden oder meinethalben auch Reitstunden oder was auch immer Sie dafür erhalten. Wenn Sie auf Nachbarschaftshilfe abheben, dann bekommen Sie das vielleicht für 10 Euro hin, aber ob dann der nette junge Mann von nebenan, der gerade sein Abitur gemacht hat, über die Chipkarte abrechnen kann, wage ich zu bezweifeln.
Das ist unausgegoren, falsch gerechnet – es gibt Zahlendreher in dem Referentenentwurf –, von vorne bis hinten zusammengeschustert und entspricht in keiner Weise dem Gerichtsurteil.
Diese 5 Euro werden von den wütenden Erwerbsloseninitiativen als Almosen betrachtet und als nichts anderes.
Wir als Politiker sollten uns mit den Problemen auseinandersetzen, und zwar direkt mit der Lebenswirklichkeit der Betroffenen und nicht mit irgendwelchem Papierkram. Wir haben zwar die EVS und wir hatten den Warenkorb, der aus bestimmten Gründen abgeschafft wurde und den auch wir nicht unbedingt wieder einführen wollen, aber wenn dabei herauskommt, dass für Bücher bei Kindern 2,16 Euro im Monat zur Verfügung stehen, dann frage ich Sie – wo in Hamburg ohnehin gerade die Bücherhallen nach und nach abgeschafft werden –, wie Sie Ihre Kinder mit 2,16 Euro an das Lesen heranführen wollen. Das ist doch Unfug.
Das ist Papierkram, Bürokratie, aber nichts im Kopf; anders kann ich das nicht beurteilen.
Wenn dann davon gesprochen wird, dass wir das Lohnabstandsgebot beachten müssen, und wenn ich sehe, dass eine Friseurin in Brandenburg 4,22 Euro verdient, dann kann es nur eines geben: Wir brauchen einen Mindestlohn, und zwar einen flächendeckenden,
den die SPD inzwischen auch entdeckt hat.
Eines muss man ganz klar sagen: Ohne dem geht es nicht. Es kann keine Rede davon sein, den Satz an den Niedriglohn anpassen zu müssen, sondern man muss von einem Lohn, für den man den ganzen Monat arbeitet, auch einen ganzen Monat leben können.
Abschließend sei eines denen hinter die Ohren geschrieben, die meinen, ihre Betriebe müssten unbedingt subventioniert werden. Wer so nicht zahlen kann, dass man davon einen ganzen Monat leben kann, wenn man einen ganzen Monat arbeitet, der soll seinen Laden zumachen. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorab will ich auf das eingehen, was Herr von Frankenberg gesagt hat, dass nämlich Mieter – in diesem Fall erwerbsfähige Hilfebedürftige – eine Wahlfreiheit hätten. Wie kommen Sie denn darauf? Haben Sie sich einmal mit der Praxis auseinandergesetzt? Wenn Sie innerhalb der Mietobergrenze umziehen wollen, dann wird Ihnen die ARGE das schon bei einer anderen Altersbauklasse nicht genehmigen. Das ist die Wahlfreiheit, die Sie verkünden. Und was die Mietervereine anbelangt, die sowohl Herr von Frankenberg als auch Herr Lieven angeführt haben, so sagte erst vor Kurzem ein Vertreter des Mietervereins zu Hamburg in einem Interview mit der "Hamburger Morgenpost", die Mitarbeiter der
ARGE wüssten nicht, dass ihre – in Anführungszeichen – Kunden das Recht haben, sich von Mietervereinen beraten zu lassen und die ARGE ihre Beitragskosten trägt. Das ist den zuständigen Mitarbeitern nicht einmal bekannt; soviel dazu.
Meine Fraktion DIE LINKE unterstützt den Antrag der SPD und wird einer Überweisung an den Sozialausschuss zustimmen. Allerdings geben wir zu bedenken – Herr Lieven hat den sogenannten Betreuungsdienst angeführt, wer immer da betreut werden soll –, dass diesem Außendienst, wie wir ihn nennen, von team.arbeit.hamburg keine weiteren Eintrittsbefugnisse wegen der Unverletzlichkeit der Wohnung eröffnet werden. Ortsbesichtigungen sind, auch wenn es im Fernsehen anders dargestellt wird, nur mit der Zustimmung des Mieters möglich. Auch für einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen gilt nach wie vor die Unverletzlichkeit der Wohnung. Wir wissen allerdings aus Erfahrung, dass die ARGE sich häufig rechtswidrig verhält und Einlass begehrt, obwohl die Sachlage auch schriftlich zu klären wäre. Um beispielsweise festzustellen, ob es sich um eine Einstands- oder eine Bedarfsgemeinschaft handelt, muss man keine Wohnungsbesichtigung machen; man kann schriftlich Auskunft einfordern, wie die Parteien zueinander stehen. Eine Bettkuhle ist kein Beweismittel, zumindest keines, das vor Gericht Bestand hätte. Die verfassungsgemäße Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung bedeutet, dass diese nicht gegen den erklärten Willen des Wohnungsinhabers betreten werden kann; basta.
Mit Aufforderungen zur Mietkostensenkung ist die ARGE schon bei geringen Überschreitungen schnell bei der Hand, handelt es sich doch um Steuergelder, wie die Sachbearbeiter nicht müde werden, in jedem zweiten Satz ihrer Schreiben zu erklären. Wie verhält es sich da im Falle Kuhlmann? Gibt ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger geringfügige Einnahmen, zum Beispiel ein Geburtstagsgeschenk, nicht an, bezichtigt man ihn des Sozialbetrugs. Wie steht es da mit dem – nur aus juristischen Gründen vorgeblichen – Sozialbetrüger Kuhlmann, der als Deputierter der CDU unter Ausnutzung der Situation seiner Mieter für das Wohl seines Portemonnaies sorgen konnte? Hat die CDU eigentlich schon ein Parteiausschlussverfahren beantragt? Das entspräche wohl kaum einer Vorverurteilung, denn so weit reicht der Sachstand allemal aus, dass man sich mit diesem Herrn eigentlich nicht schmücken kann.
Oder lässt man es damit bewenden, dass der Herr, wie ich einer Äußerung von Herrn Heinemann in der Presse entnehmen konnte, keine weiteren Ämter beantragen werde?
team.arbeit.hamburg wirft dem Abzocker und Miethai Kuhlmann weiterhin Steuergelder hinterher, das kritisiert auch der Mieterverein zu Hamburg. Dazu erklärt der Pressesprecher der ARGE, Herr Weise – Zitat –:
"Da die Obdachlosenheime überquellen, sind wir leider erpressbar."
Das sagt der Pressesprecher der ARGE so einfach dahin: Wir sind erpressbar, und deshalb schmeißen wir dem noch weiter die Steuergelder hinterher. Eindeutiger kann man eine verfehlte Wohnungspolitik und die Unterstützung von vorgeblichen Kriminellen kaum eingestehen. Auf der einen Seite Wuchermieten zahlen, auf der anderen Seite auf Teufel komm raus bei den Ärmsten der Armen einsparen. Man muss eben, wie Herr Kuhlmann, das richtige Parteibuch in der Tasche haben.
Es wird Zeit, dass dem Treiben dieser Miethaie ein Ende gesetzt wird und ebenso der Verfolgungsbetreuung der Hilfebedürftigen. Im Übrigen sind wir der Meinung, dass Hartz IV abgeschafft werden muss. – Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will die Gelegenheit nutzen, zumal heute Sozial- und Wirtschaftssenator anwesend sind, auf den Hamburger Mietenspiegel hinzuweisen, den Herr Wersich erwähnt hat. DIE LINKE hat eine Anfrage gestellt und der Senat hat erklärt, dass er den Hamburger Mietenspiegel 2009 bis zum Ende des dritten Quartals 2010 entsprechend verwenden will, um die Mietobergrenzen anzupassen. Ich darf daran erinnern, dass heute der 29. September ist. Ich bin
gespannt, was wir von Ihnen hören. Auf die Fensterrede oder Parteitagsrede von Herrn Wersich will ich nicht näher eingehen,
aber auf eines schon, nämlich die Angst um die Wohnungen. Die wird nämlich nicht in erster Linie bei den Mietwucherern sein, sondern bei den Mietern, wenn die Möglichkeiten der Stadt, auf die Kosten der Unterkunft Einfluss zu nehmen, ab dem 1. Januar 2011 steigen werden. Wir wollen dann einmal sehen, inwieweit die Mieter Angst um ihre Wohnungen haben müssen, wenn sie weitere Mietkostensenkungsaufforderungen stellen. Das werden wir sehr genau beobachten.
Frau Badde, was Sie über die Bescheiderklärer sagten, ist richtig. Man muss sich einmal anschauen, was das eigentlich bedeutet. In diesem Land war es eigentlich sehr lange Zeit üblich, dass man, wenn man einen Bescheid vom Amt bekam, den entweder selbst verstanden hat oder zum Nachbarn gehen konnte. Jetzt gibt es auf den Ämtern Bescheiderklärer, weil die nicht mehr in der Lage ist, Bescheide so zu gestalten, dass der Bürger sie nachvollziehen kann. Wenn das nicht eine Bankrotterklärung ist – besonders auch aufseiten der ARGE, dass sie nicht einmal nach fünf Jahren in der Lage ist, vernünftige Bescheide zu erstellen –, dann weiß ich nicht, was eigentlich eine Bankrotterklärung ist. Das Amt dann selbst als Beschwerdestelle nutzen zu können, wage ich sehr zu bezweifeln bei dem Qualifizierungsstand, den die ARGE-Mitarbeiter haben, insbesondere auch unter dem Druck der geringen Personalressourcen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist schon ein starkes Stück. Da wird ein Antrag gestellt und auf besondere Eile gedrängt, als handele es sich um ein Sonderangebot, bei dem man sofort zugreifen muss, weil es sonst ausverkauft ist, und dann wird dieser Antrag einfach so zurückgezogen, weil man die notwendige Mehrheit nicht findet. So kann man mit einem Parlament nicht umgehen. Man muss sich dem schon stellen und notfalls auch einmal eine Niederlage eingestehen, aber dazu scheint die Koalition augenscheinlich nicht fähig zu sein.
Zu Ihnen, Frau Ahrons, komme ich gleich.
Was war denn die Überschrift Ihres Antrags? Der gemeinsame Antrag der schwarz-grünen Koalition ist überschrieben mit: "Hamburg wird Optionskommune". Was für ein Wille, und was ist von ihm übriggeblieben? Heute stellen Sie sich hin und sagen: Wir wollten das eigentlich, es wäre auch ganz gut gewesen, aber wir finden die notwendige Mehrheit nicht, also fahren wir die andere Schiene.
GAL und CDU waren sich einig und haben so getan, als wäre das schon eine beschlossene Sache gewesen, so als würde die Zweidrittelmehrheit – von der Sie wussten – bestehen; die hat es aber nie gegeben.
Da muss man sich wirklich fragen, wes Geistes Kind man ist. Man tut so, als wäre alles schon in
trockenen Tüchern, und in dem Moment, wo die Tücher nass werden, zieht man zurück.
Wunschdenken ist, dass es sich laut Ihrem Antrag um "eine einmalige Auswahlmöglichkeit" handelt, so steht es da wörtlich drin. Auch wenn Herr Ahlhaus vorhin von kreativem Humus sprach, das war weder Humus noch kreativ.
Mich erinnert Ihr ganzes Vorgehen und die Gestaltung dieses Antrags an den Chirurgen, der einem Kranken das Messer an den Hals setzt und sagt: Wenn wir heute nicht schneiden, bist du morgen tot. Es erinnert mich auch an einen Hausarzt, der sagt: Entscheidend ist, wie sie mit ihrer Krankheit umgehen. Krank genug ist dieses Gesetz, das sich im Sozialgesetzbuch II widerspiegelt, ganz gewiss, aber ebenso ungesund ist seine Umsetzung vor Ort durch die ARGE SGB II, auch team.arbeit.hamburg genannt, in den sogenannten Job-Centern, so ungesund, dass sowohl die rund 200 000 Betroffenen als auch die rund 2000 Mitarbeiter immer kränker gemacht werden.
Das besonders Bemerkenswerte ist, dass nun der Erreger – der Fisch stinkt immer vom Kopf her – den Chirurgen spielen will.
Die Optionskommune soll oder sollte richten, was die ARGE nicht vermochte, und zwar mit denselben sowohl personell als auch fachlich überforderten Mitarbeitern, die mehr als häufig rechtswidrig handeln und dieses mit Anweisungen von oben begründen. Ob übrigens dieser Kopf in der Optionskommune ein anderer geworden wäre, sei dahingestellt.
Dann wird wieder einmal das allen Erfahrungen widersprechende Argument "alles aus einer Hand" ins Feld geführt. Das kennen wir schon aus den Anfangszeiten dieses Gesetzes: Alles wird besser, wir müssen nur daran glauben. Bei einer Fachveranstaltung von ver.di zum Thema Optionskommune bemerkte das Plenum zutreffend – und ich habe es heute bei Frau Ahrons genauso empfunden –: Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der CDU führte kein einziges wirklich gültiges Argument für die Optionskommune ins Feld.
Wir haben heute auch keines gehört, und genauso enthält auch dieser Antrag, der nun nicht zur Abstimmung kommt, nur Allgemeinplätze, Vermutungen und Wünsche und nichts Konkretes. Er enthält aber einen Satz, auf den man doch noch zurückkommen muss und mit dem DIE LINKE übereinstimmt – ich zitiere –:
"Einigkeit bestand darin, dass die Qualität der Leistungen für die circa 200 000 Hamburgerinnen und Hamburger, die Unterstützung nach dem SGB II erhalten, der Maß
stab für die anstehende Organisationsentscheidung sein muss."
Zitatende.
Wir, die Fraktion DIE LINKE, sagen:
Erstens: Die Erwerbslosen haben es satt, als Testkaninchen für die Experimentierwütigkeit der Politik herhalten zu müssen.
Zweitens: Die ständige Drangsaliererei, Entrechtung und Herabwürdigung in den Jobcentern ist sofort einzustellen.
Drittens: Die Verhängung von Sanktionen, um die Quote zu erhöhen und die Ausgaben zu senken, ist sofort zu unterbinden.
Viertens: Der Umgang zwischen Sachbearbeitern und Betroffenen hat auf Augenhöhe zu erfolgen.
Damit haben wir in der Stadt eine große Aufgabe, der wir uns stellen müssen, ehe wir uns neuen Ufern zuwenden können. Die ständigen Gesundbetereien des Herrn Bösenberg helfen dabei wahrlich wenig.
Die Frage der Software mit diesem irren Risiko, dem man sich aussetzen wollte, hat Frau Badde schon angesprochen. Man muss sich einmal vorstellen, dass nur noch eineinhalb Jahre Zeit sind. Und dann hätte man da 10 Millionen Euro hineingepumpt in der Hoffnung, man werde das in diesen eineinhalb Jahren schon hinbekommen. Fragen Sie jeden, der mit IT zu tun hat. Wenn Sie das in dieser Zeit mit dieser Summe durchziehen wollen, dann verzichten Sie auf eines, nämlich auf Qualitätssicherung. Dann hätten wir das bekommen, womit die Mitarbeiter der ARGEn und die Betroffenen auch heute nach wie vor zu kämpfen haben: ein Arbeitslosengeld II mit neuem Namen, aber denselben Problemen und ein fehlerhaftes System, bei dem man friggeln muss und trotzdem eigentlich nichts richtig hinbekommt.
Meine Damen und Herren! Wir haben keine Zeit zu verlieren, das ist richtig. Wir müssen umgehend die Zustände in der ARGE SGB II Hamburg verbessern, und zwar zum Wohle der Betroffenen und der Mitarbeiter. Dazu braucht es keine Optionskommune, sondern es braucht den politischen Willen und eine gewisse Kompetenz.
Das Beispiel mit dem Fisch habe ich schon angesprochen. Im Übrigen sind wir der Meinung, dass Hartz IV Armut per Gesetz ist und abgeschafft werden muss. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Waldowsky, Sie müssen mit mir vorlieb nehmen nach Ihrem Geschichtsvortrag, der teilweise ziemlich am Thema vorbeiging. Bei näherer Durchsicht dieser Großen Anfrage wird deutlich,
wofür bei Anfragen der CDU an den Senat die Abkürzung GA steht: Gefälligkeitsanfrage. Die CDU fragt nach, damit der Senat sein arbeitsmarktpolitisches und soziales Engagement darlegen kann; Frau Ahrons hat dies in ihrem Vortrag auch eindeutig bewiesen.
Die laufende siebte Förderperiode des Europäischen Sozialfonds steht unter der Maxime Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung.
Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmer konnte in Hamburg tatsächlich durch die ESF-Förderung gesteigert werden. Die Beschäftigung von Langzeiterwerbslosen, wie erwähnt, konnte jedoch nicht gesichert werden. Und das ist eigentlich auch nicht die Hauptaufgabe des Fonds. Allerdings liest sich die Liste der Bezieher von Zuwendungen, der wir diese Große Anfrage verdanken, wie das "WHO'S WHO" im Trägersumpf unserer Stadt: Hamburger Arbeit, SBB, "Mook wat", "einfal", "passage", "Quadriga". Hier finden sich alle Hamburger Träger wieder, die maßgeblich an der Armuts- und Erwerbslosenindustrie beteiligt sind.
Ja, starke Worte, Herr Frommann.
Die Zuwendungen stellen eines sicher, die Arbeitsplätze der eingesetzten Anleiter und Geschäftsführer. Die Sinnhaftigkeit der hochtrabend Projekte genannten Maßnahmen ist hier zweitrangig. Ein Beispiel aus meinem reichhaltigen Erfahrungsschatz: Da wurden zum Beispiel bei SBB Verstärker für Gitarren hergestellt als Entwicklungshilfe für Lateinamerika. Auf Nachfrage, mit wem man denn im Bereich Entwicklungshilfe im Lande zusammenarbeite, um die geforderte Nachhaltigkeit zu sichern, erhielt ich die Antwort, das könne man selbst. Klar, solange man das Spielmaterial zugewiesen bekommt, nämlich die Erwerbslosen, läuft der Laden von selbst. Bei SBB ist das wohl sogar die Philosophie der Firma. Mit EinEuro-Jobbern als Entwicklungshelfer rollt der Euro in die richtige Richtung, nämlich in Richtung SBB.
Die Träger werden gut bedient, unter anderem auch Handels- und Handwerkskammer mit jeweils über 3 Millionen Euro; also alles bestens, Frau Ahrons.
Die Stadt setzt den geringstmöglichen Betrag ein, um den höchstmöglichen Betrag aus dem ESF zu erhalten, und das ist durchaus legitim. Was sich wirklich hinter den Projekten, wie zum Beispiel "Fit auf den Weg", "Qua-Fit" und "proFit by Basics" verbirgt, will man dann schon gar nicht mehr so wirklich wissen, es muss irgendetwas mit Fitness-Studios zu tun haben. Auch "Worklife" klingt richtig hübsch, viel besser als das herbe Arbeitsleben; und "GOAL" passt nun haargenau in unsere Fußball-Weltmeister-Welt. Den Arbeitsplatz kann man sich dann beim Elfmeter-Schießen sichern. Wer vorbeischießt, bekommt die Rote Karte und muss bei Pluspunkt noch einmal von vorne anfangen.
Klar.
Laut Programm sollte die ESF-Förderung in Hamburg eigentlich – Zitat –
"[…] stärker auf die Beschäftigungsaufnahme und Beschäftigungssicherung ausgerichtet werden."
Hiervon ist allerdings nichts zu bemerken. Stattdessen wird der Bereich der behördennahen Beschäftigungsträger weiter aufgebläht, ohne dass eine nachhaltige und messbare Integration, Frau Ahrons, gerade von Langzeiterwerbslosen in den ersten Arbeitsmarkt erreicht wird. Statt der direkten Integration in Betriebe werde Mithilfe der ESF-Förderung nur dauerhaft Arbeitsplätze der Arbeitnehmer der Beschäftigungsgesellschaften gesichert. Für die Erwerbslosen wird hingegen nur für einen dauerhaften Verbleib in Maßnahmen gesorgt.
Schließlich braucht man sie als Spielsteine; ohne sie kein Moos.
Im Oktober 2007 gab es schon einmal öffentliche Kritik an der Vergabepolitik in Bezug auf die ESFMittel; das "Hamburger Abendblatt" titelte:
"Wird 'Hamburger Arbeit' bevorzugt?"
Die Kritik wurde damals zurückgewiesen; auch ein bewährter Träger müsse sich dem Wettbewerb stellen. Tatsächlich gilt aber für die weit überwiegende Zahl der geförderten Projekte: Wer einmal in die Förderung aufgenommen wurde, kann in der Regel mit der Fortführung rechnen.
Bei einem Video-Talentwettbewerb wird in Hamburg ein "Hamburg-Star" gesucht; auf der diesjährigen Großveranstaltung "ESF im Dialog" am 14. September wird der Wirtschaftssenator die Gewinner prämieren. Wir meinen, ESF-Mittel kann man auch sinnvoller einsetzen. Wir holen uns die Fachleute aus dem Oderbruch, um hier endlich den Trägersumpf trockenzulegen. Das schafft dann auch mehr Arbeitsplätze, und zwar reguläre. Meine Fraktion wird dem Überweisungsbegehren der Sozialdemokraten zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal zu Herrn von Frankenberg, der sich hinstellt und sagt, man könne nicht viel machen, das sei Bundesrecht. Aktuell liegen die Kosten der Unterkunft nach wie vor in den Händen der Kommunen; das sollten Sie einmal nachlesen.
Hartz-IV ist Armut per Gesetz. Rund 200 000 Menschen sind in Hamburg davon betroffen. Für zahlreiche von ihnen und auch für Geringverdienende stellt der Wohnungsnotstand in Hamburg inzwischen ein existenzielles Problem dar.
Hartz-IV ist aber nicht nur Armut per Gesetz, für viele ist Hartz-IV auch ein riesiges Geschäft: für die Beschäftigungsträger, die sich mit der Durchführung von für die Betroffenen völlig perspektivlosen Ein-Euro-Jobs erhalten, für die Bildungsträger, denen team.arbeit.hamburg die Langzeiterwerblosen als Überbringer der Bildungsgutscheine zuführt, für findige Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Hungerlöhne mit dem Hinweis zahlen, sie könnten doch zur ARGE gehen und dort aufstocken und schließlich für nicht minder findige Vermieter, die die Mieten ihrer Schrottimmobilien exakt nach den Mietobergrenzen in der Fachanweisung der Sozialbehörde zu Paragraf 22 des SGB II ausrichten.
Es handelt sich hier nicht um Einzelfälle, Herr von Frankenberg, es handelt sich um sehr viele Fälle. Wo Geld gemacht werden kann, da wird es auch gemacht und wenn die Behörde nicht entsprechend prüft, dann wird das eben so weitergehen. Ich kann Ihnen eines sagen: Als ich erwerbslos wurde und Ende Januar 2005 Arbeitslosengeld II beantragen musste, habe ich den Herrschaften meine ziemlich komplizierten Nebenkostenabrechnungen vorlegen müssen. Man sagte mir, dass man die doch nicht prüfen müsse und gab dann auf meine Nachfrage hin an, dass man noch einen entsprechenden Schulungsbedarf hätte – soviel dazu.
Die Vermieter, allesamt ehrbare – in Anführungszeichen – hanseatische Kaufleute, wissen sich im
Stadtstaat der kurzen Wege selbstverständlich auch politischen Einfluss zur Wahrung ihrer Interessen zu sichern. Der Vermieter Kuhlmann ist lediglich ein – nunmehr publik gewordenes – Beispiel dafür, wie sich mit dem Leid der von Hartz-IV Betroffenen Geld verdienen lässt. Es handelt sich keinesfalls um einen Einzelfall.
Sehenden Auges willigen Mieter ein, wenn ein Mietvertrag falsche Angaben, etwa in diesem Fall zur Größe der Wohnung, ausweist und die Wohnung auch sichtbare Mängel wie Schimmel hat und wehren sich auch später nicht gegen diese Missstände. Wie kommt das? Der Grund für derartige Handlungsweisen liegt offensichtlich in dem stark angespannten Wohnungsmarkt, der insbesondere im bezahlbaren Segment nicht genügend Wohnungen aufweist und Geringverdienern und von Hartz-IV Betroffenen keine Alternativen zu den Immobilien à la Kuhlmann bietet. Der Grund hierfür liegt in erster Linie darin, dass der Senat sich aus dem sozialen Wohnungsbau nahezu völlig zurückzieht, während die noch bestehenden Sozialbindungen sukzessive auslaufen. Das Eduard Pestel Institut hat in seiner Studie "Sozialpolitische Implikationen geringer Wohnungsbautätigkeit" im Juni 2009 auf eben jene Zeitverzögerung und Trägheit des Gesamtmarktes hingewiesen und stellt fest:
"Heutige Versäumnisse machen sich erst Jahre später bemerkbar, sind dann jedoch kurzfristig nicht mehr zu korrigieren."
Der Hamburger Senat tut nicht das Geringste, um diese Entwicklung umzukehren, es sei denn, Wohnungen zu Preisen von 24 Euro kalt im Überseeviertel zu schaffen, wie heute im "Hamburger Abendblatt" zu lesen ist. Sind gegenwärtig noch rund 100 000 Wohnungen in der Sozialbindung, so werden dies in zehn Jahren voraussichtlich nur noch rund 60 000 Wohnungen sein. Das eigentliche Problem ist dem Grunde nach also nicht ein ehrbarer Hamburger Kaufmann wie der Vermieter Kuhlmann von der CDU, sondern ein Senat aus GAL und CDU, der die wohnungsbaupolitischen Zeichen der Zeit nicht erkennt.
Das Pestel Institut stellt in der erwähnten Studie als zentrales Ergebnis heraus – Zitat –:
"… dass bei einem 'weiter so wie bisher' das bezahlbare Wohnen für alle in absehbarer Zeit preisgegeben wird."
Dabei ist es insbesondere das städtische Wohnungsunternehmen SAGA GWG, welches in Hamburg rund 130 000 Wohnungen vermietet und keinesfalls die ihm gebührende soziale Verantwortung übernimmt. Im Zehn-Jahres-Zeitraum von 1997 bis 2007 hat das städtische Unternehmen seine Nettokaltmieten sogar überdurchschnittlich erhöht. Während der Hamburger Mietenspiegel einen durchschnittlichen Anstieg von 17,1 Prozent auswies, erhöhte die SAGA im gleichen Zeitraum die Mieten
um 33 Prozent. Auch hier könnte der Senat über sein städtisches Wohnungsunternehmen mäßigend auf die Mietpreisentwicklung Einfluss nehmen, was er aber unterlässt, weil er unter anderem eben auch die Mieter von SAGA und GWG die kostenexplodierende Elbphilharmonie finanzieren lässt und damit eine weitere Verschärfung der Wohnungssituation in Hamburg billigend in Kauf nimmt.
Dem Antrag der SPD-Fraktion wird meine Fraktion DIE LINKE zustimmen, weil es in der Tat ein Geschmäckle hat, wenn ein CDU-Politiker, der zudem für die CDU in der Deputation der Sozialbehörde saß, als Vermieter offensichtlich allzu bedenkenlos die soziale Notlage seiner Mieter ausnutzte und die Hamburger Sozialverwaltung diesem Treiben wohl allzu lange arglos zusah. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es fällt auf, dass der Senat, wie sonst häufig auch, in der Beantwortung dieser Großen Anfrage sehr stark auf bundespolitische Zuständigkeiten verweist, so zum Beispiel mit Hinweis auf die bundesrechtlich geregelten Rentenansprüche. Andererseits nennt er dann aber zu gern Leistungen im Sozialgesetzbuch II als Maßnahmen – Zitat:
"Abwendung von Armut […]."
Und da handelt es sich ebenfalls um bundesrechtlich geregelte Ansprüche. Hier schmückt sich der Senat mit fremden Federn.
Der Senat kann sich zur Bekämpfung der Armut nur das auf die eigene Fahne schreiben, was aus Hamburger Haushaltstiteln bestritten und von der Bürgerschaft beschlossen wurde – daran sollte man einmal denken –, und das ist herzlich wenig.
Da es sich hier um eine Große Anfrage der CDU handelt, darf man natürlich trotzdem die bundespolitische Bedeutung nicht außer Acht lassen, schließlich bilden die Christdemokraten in Berlin einen nicht unerheblichen Teil der Bundesregierung. Deshalb ist hier zu bemerken: Wer einen auskömmlichen Mindestlohn ablehnt, wer gleichen Lohn für gleiche Arbeit im Bereich der Leiharbeit nicht umsetzt, wer bei einem europäischen Vergleich ein abgeschlagen niedriges Rentenniveau politisch zu verantworten hat und das grundgesetzlich gebotene Existenzminimum im Bereich der Grundsicherung unterschreitet, der sollte erst gar nicht von Bekämpfung der Armut oder sozialer Ausgrenzung sprechen. Der sollte sich ehrlich hin
stellen und postulieren: Deutschland sagt Ja zur Armut.
Bei der Vorstellung der Armutsgefährdungsquoten wird allzu offensichtlich der Vergleich zu den beiden anderen Stadtstaaten Bremen und Berlin gesucht und Hamburg würde auf den ersten Blick besser abschneiden; Herr Kienscherf hat darauf bereits hingewiesen. Tatsächlich liegt das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner in Hamburg im europäischen Spitzenbereich. Es belief sich in 2005 in Hamburg auf durchschnittlich 47 767 Euro pro Einwohner. In den Städten Bremen und Berlin zeigt sich ein signifikant abweichendes Bild. In Bremen waren es 37 321 Euro pro Einwohner und in Berlin gar nur 23 292 Euro pro Einwohner – so die Zahlen der Eurostat-Erhebung 19/2008. Damit ist, im Gegensatz zu den Ausführungen von Herrn von Frankenberg, das Armutsgefälle in Hamburg weitaus größer als das der beiden anderen Stadtstaaten Bremen und Berlin. Dies schlägt sich insbesondere darin nieder, dass im einkommensstarken Hamburg die Preisstrukturen, nämlich Wohnen, öffentliche und private Infrastruktur, überdurchschnittlich hoch sind, was eine stärkere Ausgrenzung der auf Grundsicherungsleistungen angewiesenen Menschen mit sich bringt. Die Höhe der Grundsicherungsleistung ist schließlich bundesweit einheitlich.
Die Links-Fraktion in der Bürgerschaft hatte deshalb bereits für den Bereich der bei der städtischen Zuständigkeit liegenden Sozialhilfeleistungen regionale Regelsätze gefordert. Ebenfalls bereits 2008 war es die Fraktion der Linken, die einen substanziellen Armuts- und Reichtumsbericht gefordert hat, der nach wie vor aussteht. Übrigens gibt es mit heutigem Datum einen aus Bremen, dort geht das. Die Träger der freien Wohlfahrtspflege fordern einen derartigen Bericht seit Langem, aber der Senat verweigert sich beharrlich, vermutlich deshalb, weil er das in Deutschland und Europa einzigartige Armutsgefälle der Freien und Hansestadt Hamburg nicht abbilden will.
Armut ist auch ein relationales Phänomen. Wer von Armut in Hamburg spricht, der muss auch von Reichtum in Hamburg sprechen und davon, wie ein Lastenausgleich zu erzielen ist. Wohlwollend werden in der Antwort auf die Große Anfrage einige Bürger gesellschaftlicher und ehrenamtlicher Initiativen erwähnt, so etwa das Projekt "Hinz & Kunzt", die BUDNIANER HILFE, das Engagement der Darboven GmbH und die Hamburger Tafel. Freiwilliges Mäzenatentum reicht aber keinesfalls aus, das Armutsgefälle in Hamburg zu bekämpfen.
Die Links-Fraktion hat deshalb die Wiedereinführung einer reformierten Vermögensteuer und eine nachhaltige Verbesserung des Steuervollzugs gefordert. Der Senat schont jedoch weiterhin die starken Schultern von Hamburgs Reichen und Superreichen und beteiligt sich nicht konsequent an der
Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Die ermäßigten Teilnahmegebühren und Eintrittsgelder für Menschen mit niedrigem Einkommen verdecken den Umstand, dass selbst die ermäßigten Theater-, Kino- und Konzertpreise für die Betroffenen – in der Regel Empfänger von Grundsicherungsleistungen – unerschwinglich bleiben. Die Links-Fraktion hat deshalb bereits im Januar 2009 kulturelle Teilhabe für alle gefordert und hierbei hat sie sich an den sogenannten Berliner 3-Euro-Tickets orientiert. Weit entfernt davon, kulturelle Teilhabe für alle zu ermöglichen, baut der Senat die wenigen Vergünstigungen, die es gibt, auch noch ab. So sollen die Leistungen des HVV-Familienpasses eingeschränkt und die HVV-Tarife erhöht werden. Das nennt sich dann Armutsbekämpfung. Außerdem ist eine Gebührenerhöhung für die Rechtsberatung und praktische Rechtshilfe und für Güteverfahren bei der ÖRA geplant.
Dass Studierende ebenfalls eine armutsgefährdete Bevölkerungsgruppe bilden, erkennt der Senat zwar an, ohne jedoch daraus die notwendige Konsequenz einer Abschaffung der Studiengebühren abzuleiten. Die Links-Fraktion hat diese Forderung im Rahmen der Haushaltsverhandlungen gestellt.
Meine Damen und Herren! Die beste Armutsvermeidung ist die Integration in auskömmliche Erwerbsarbeit.
Hier könnte die Freie und Hansestadt Hamburg über ihre verschiedenen städtischen Betriebe Einfluss nehmen. Die Links-Fraktion hat mit ihrem Landesprogramm zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze gefordert und jüngst konkrete Vorschläge für die Neubesetzung der Hausbetreuerlogen bei der SAGA GWG gemacht. Entsprechende Handlungsweisen stehen noch aus.
Des Weiteren fällt auf, dass im Zusammenhang mit dem quantitativ bedeutsamen Anteil der Grundsicherung für Arbeitsuchende lediglich auf die entsprechenden Statistiken der Arbeitsagentur hingewiesen wird, ohne die Zahlen selbst auszuweisen. Diese Praxis ist uns allerdings aus der Beantwortung unserer parlamentarischen Anfragen bekannt.
Der Senat strebt bei der Umstrukturierung der Verwaltung des SGB II eine Optionskommune an. Dann wäre er eigenverantwortlich für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende und müsste diese Zahlen selbst pflegen und ausweisen. Wir sind gespannt, wie er diese Aufgabe, soweit es zu dieser Optionsform kommt, lösen wird. Meine Fraktion wird dem Überweisungsbegehren der SPD an den Sozialausschuss zustimmen. Dort lassen sich dann weitere Ungereimtheiten bei den
Antworten des Senats klären. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Zu der Behauptung von Herrn Lieven, wir könnten nicht vergleichen und Hamburg würde ähnlich dastehen wie Bremen und Berlin, möchte ich Folgendes sagen: Wenn Sie nicht einmal berücksichtigen, dass Hamburg im Bundesvergleich hinsichtlich der Mieten die drittteuerste Stadt ist, dann frage ich mich, welches Geschwätz wir uns gerade angehört haben. Ich bin darüber entsetzt, Herr Lieven, dass Sie sagen, wir könnten alle drei Städte über einen Kamm scheren.
Ihnen scheint wirklich jeglicher Sinn für die Realität zu fehlen. Den Vergleich von Hamburg mit Bremen und Berlin haben nicht wir eingeführt, sondern damit hat sich Herr von Frankenberg vor uns gebrüstet mit seiner Behauptung, Hamburg stehe sehr viel besser da als Bremen und Berlin. Dass darauf eine Replik erfolgt, sollte Sie nicht wundern. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Grund hat aus dem umfangreichen Zahlenwerk bereits viele Zahlen genannt; daher möchte ich einige Grundpositionen formulieren. DIE LINKE unterstützt die Forderung der Behindertenverbände nach einem Teilhabesicherungsgesetz. Und damit Hamburg mehr Geld für die Eingliederungshilfe zur Verfügung hat, haben wir bereits im Bundestag einen Antrag auf ein Nachteilsausgleichsgesetz gestellt. DIE LINKE unterstützt auch die Forderung "Daheim statt Heim", die schon erwähnt wurde. Das heißt, Menschen, die Unterstützung brauchen, sollten nicht vorrangig in Heimen untergebracht werden, sondern weiterhin in ihrer gewohnten Umgebung wohnen können, solange es irgendwie geht.
Die vom Senat genannten Maßnahmen zur Kostenbegrenzung für die Jahre 2010 bis 2012 – Verhandlungserfolg bei der Eingliederungshilfe – gefährden die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe und gefährden auch Arbeitsplätze bei den Trägern. Anders als der Senat behauptet, spielt der Ausbau des erwähnten persönlichen Budgets für ihn keine besondere Rolle, denn bei den Sozialämtern sind im Jahr 2009 nur sieben trägerübergreifende persönliche Budgets unter Beteiligung der Sozialhilfeträger bewilligt worden. Der Umbau der Eingliederungshilfen ist entgegen den Behauptungen des Senats eben nicht mit der erklärten Kostenneutralität sinnvoll zu erreichen. Das Programm zur Umwandlung stationärer in ambulante Hilfen kann solange nicht ernst genommen werden, wie der Senat weiterhin den Grundsatz "ambulant vor stationär" unter einen Kostenvorbehalt stellt und mit dem Argument unverhältnismäßiger Mehrkosten behinderte Menschen gegen ihren Willen und im Widerspruch zur UN-Behindertenkonvention in eine stationäre Unterbringung zwingt.
Meine Fraktion wird einer Überweisung an den Sozialausschuss zustimmen, wo wir darüber weiter
diskutieren können; darauf freue ich mich. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben im November schon einmal einen Antrag zu diesem Paragrafen gestellt. Damals ging es um dessen Aussetzung und heute, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, geht es um seine Abschaffung.
Die Sanktionierung von Hilfeempfängern ist seit geraumer Zeit Gegenstand heftiger Kritik von zahlreichen Verfassungsrechtlern und Wohlfahrtsverbänden. Dem Sanktionsmoratorium haben sich inzwischen parteiübergreifend viele Menschen – auch Mitglieder dieses Hauses außerhalb meiner Fraktion – angeschlossen. Es geht darum, ob man das Existenzminimum noch kürzen darf und ob die Kürzung des Existenzminimums nicht im Konflikt mit dem grundgesetzlich gewährleisteten Teilhabeanspruch steht.
Ich möchte gleich im Vorwege klarstellen, dass es in unserem Antrag ausschließlich um den sogenannten Sanktionsparagrafen 31 SGB II geht. Es gibt im Sozialgesetzbuch II noch vielfältige andere Möglichkeiten, das Existenzminimum rechtmäßig zu unterschreiten. Ich nenne hier nur die Aufrechnungsmöglichkeiten bei der Darlehensgewährung oder den Fall, dass jemand vorsätzlich und grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. Selbstverständlich wird er in einem solchen Fall zur Kasse gebeten, die Zahlungen werden bis zu 30 Prozent unter das Existenzminimum gekürzt und gegebenenfalls wird eine Anzeige wegen Betrugs gestellt. Kosten für Unterkunft und Heizung können bei Unangemessenheit gekürzt werden und Unter-25-Jährige müssen einen Totalverlust des Anspruchs auf Unterkunftskosten fürchten. Verstöße gegen die Erreichbarkeitsanordnung führen ebenfalls zur Kürzung. Über all diese Maßnahmen sprechen wir hier nicht.
Um das noch einmal für diejenigen deutlich zu machen, die in dem Thema nicht so tief drin stecken: Hier geht es ausschließlich um die Sanktion des Paragrafen 31 SGB II. Nach Meinung aller Erwerbsloseninitiativen, der Wohlfahrtsverbände, meiner Partei, aber inzwischen auch von Mitgliedern der SPD und der Grünen ist seine Anwendung auszusetzen.
Welche Gründe haben wir für diese Forderung? Sie werden sagen, Sanktionen habe es immer gegeben, nicht nur im SGB II. Auch im alten Bundessozialhilfegesetz und im SGB III, im Bereich des Arbeitslosengeldes, waren und sind Sanktionen verankert. Sie werden außerdem sagen, Sanktionen seien Steuerungselemente, die verhindern, dass das System ausgenutzt wird. Soweit, so gut – oder doch nicht? Die Bedingungen haben sich seit der Einführung der schändlichen Hartz-IV-Gesetze enorm verschärft. Früher kannte man beispielsweise in der Arbeitsmarkt- oder Sozialpolitik die Sippenhaft nicht, die im SGB II verankert wurde.
Hören Sie gut zu.
Der Paragraf 31 SGB II ist so zugeschnitten, dass schon bei einem ersten Verstoß die Sanktionen,
die ein Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft treffen sollen, auch Auswirkungen auf alle anderen Personen der Bedarfsgemeinschaft haben, Herr von Frankenberg. Möglich wird dies durch das unselige Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft und auch durch die vor vier Jahren vorgenommene Änderung des SGB II dahingehend, dass erwachsene Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in diese Bedarfsgemeinschaft miteinbezogen werden, als ob Eltern heutzutage tatsächlich die Kontrolle über ihre erwachsenen Kinder ausüben könnten. Wer das denkt oder fordert, ist komplett lebensfremd. Es kann doch nicht sein, dass alle darunter leiden müssen, wenn einer Mist baut; das verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
So kam es im August letzten Jahres zu dem Fall, dass eine Mutter ihre Miete nicht mehr zahlen konnte, weil der unter 25-jährige Sohn für drei Monate zu 100 Prozent sanktioniert wurde – soviel zur Sippenhaftung –
und das auch die anteiligen Kosten für die Miete betraf. Der junge Herr war seinem Termin bei der ARGE nicht nachgekommen. Die arrogante Reaktion des Pressesprechers der ARGE, eines gewissen Herrn Weise, war, die Mutter hätte ihren Sohn zu größerer Zuverlässigkeit erziehen sollen. Ein entsprechender Bericht erschien in der "Hamburger Morgenpost"; danach musste die ARGE nachbessern.
Es ist ein Unding, den Müttern die Schuld in die Schuhe zu schieben und es die Mütter ausbaden zu lassen. Dies ist aber ein typischer Ausfluss des Sanktionsparagrafen, der im Grunde genommen alle Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft, gleich welcher Größe, dazu verpflichtet, sich ständig gegenseitig zu kontrollieren. Sie müssen nicht nur die Post prüfen, um mitzubekommen, ob ein Termin bei der ARGE ansteht – versuchen Sie mal, das bei Ihrem 24-jährigen Sohn zu überprüfen –, Sie müssen den erwachsenen Sohn oder die Tochter möglichst noch zum Gesprächstermin tragen, sonst können Sie unter Umständen morgen die Miete nicht mehr zahlen. Das ist geradezu absurd und gehört abgeschafft.
Inzwischen weisen Studien nach, dass Sanktionen insbesondere gegen unter 25-jährige Erwachsene wenig bringen, obwohl sie angeblich einen erzieherischen Charakter haben sollen. Ganz im Gegenteil sind die Folgen häufig Verschuldungsprobleme, Räumungsklagen, Verweigerung ärztlicher Behandlung, Kündigung von Bankkonten, Sperrung von Telefonanschlüssen sowie eine Verschärfung der Lage und insbesondere gesundheitliche Probleme. Psychische Probleme nehmen bei Jugend
lichen und Jungerwachsenen ohnehin zu, wie die Statistiken der Krankenkassen ausweisen. Es darf als Tatsache betrachtet werden, dass die Sanktionierung nicht den Zweck einer Annäherung an den Arbeitsmarkt erfüllt. Ganz im Gegenteil, betroffene Personen können sich in ihrer verschärften Lage erst recht nicht mehr mit dem Thema Arbeit auseinandersetzen. Insofern ist das kontraproduktiv oder politisch gewünscht; darüber kann man gerne streiten.
Die Hilfebedürftigkeit der sanktionierten Personen erhöht sich. Die Menschen müssen sich an andere Stellen wenden, um die neu entstandenen Probleme zu bewältigen; dafür müssen dann also andere sorgen. Sozialarbeiter berichten, dass in manchen Fällen auch der kriminelle Weg eingeschlagen wird, um den Geldverlust zu kompensieren. Das kann nicht Sinn und Zweck von Arbeitsmarktpolitik sein
und ebenso wenig Sinn und Zweck von Sozialpolitik. Der Sanktionsparagraf gehört abgeschafft.
Selbst die SPD/CDU-regierte Hansestadt – also Schwesternstadt, wenn Sie so wollen – Lübeck unterstützt den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, den Sanktionsparagrafen auszusetzen. Der dortige Sozialausschuss hat das am 3. November 2009 bei zwölf Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und einer Stimmenthaltung mehrheitlich beschlossen. Demnächst wird der Bürgermeister, Bernd Saxe, diesen Antrag unterzeichnen; das sei vielleicht einigen Kollegen der SPD ins Stammbuch geschrieben.
Man kann die fehlende Motivation, nach Jahren der Erwerbslosigkeit den ständigen Aufforderungen der Behörde, dies oder das zu tun, jedes Mal nachzukommen, nicht so auslegen, dass die Betroffenen aus der Erwerbslosigkeit nicht herauskommen wollen. Im Gegenteil, es ist nur so, dass die Hoffnung, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt würden steigen, wenn man den Formalitäten nachkommt, immer mehr gegen Null tendiert. Gebraucht wird man nur noch als Spielstein für den Trägersumpf, Frau Badde. Ohne erwerbslose Hilfebedürftige in Maßnahmen gibt es kein Geld für die Beschäftigungsträger. Da müsste die Rathauspassage unter uns ihre Münztoilette, die mit ein bis zwei Ein-Euro-Jobbern besetzt und bis 21:00 Uhr geöffnet ist, von heute auf morgen schließen und die Besucher müssten ihre Geschäfte allein regeln. Meine Fraktion hält das für eine gute Alternative, der Verschwendung von Steuergeldern Einhalt zu gebieten. Zu diesem Thema ein Zitat aus einer Besprechung der Studie von Anne