Protokoll der Sitzung vom 04.03.2009

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Ich beginne heute zunächst mit Geburtstagsglückwünschen. Diese gehen an unseren Kollegen Andreas Waldowsky.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Lieber Herr Waldowsky, im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen herzlich zu Ihrem Geburtstag und wünsche Ihnen alles Gute zu Ihrem neuen Lebensjahr.

Zur heutigen Tagesordnung teile ich Ihnen mit, dass die antragstellende Fraktion Ihren Antrag aus Drucksache 19/2371 zurückgezogen hat.

Bevor wir zu den Beratungen des Einzelplans 3.2 kommen, möchte ich Ihnen noch die Ergebnisse von der gestrigen Wahl der von der Bürgerschaft zu wählenden Mitglieder der Bundesversammlung mitteilen: abgegebene Stimmen 118, gültige Stimmen 118, Enthaltungen 3. Von den gültigen Stimmen haben erhalten: die Liste 1: 55 Stimmen, die Liste 2: 45 Stimmen, die Liste 3: 15 Stimmen.

Nach § 4 Absatz 3 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung werden die Sitze den Listen nach der Zahl der ihnen zugefallenen Stimmen im Höchstzahlverfahren d'Hondt zugeteilt. Danach entfallen auf die Liste 1 die Sitze eins bis sechs, also sechs Sitze, auf die Liste 2 die Sitze eins bis fünf, also fünf Sitze, und auf die Liste 3 der Sitz eins, also ein Sitz. Somit sind gewählt von Liste 1 die Bewerberinnen und Bewerber eins bis sechs, von Liste 2 die Bewerberinnen und Bewerber eins bis fünf und von der Liste 3 der erste Bewerber.

Fortgang der Haushaltsberatungen

Dann kommen wir jetzt zum Haushaltsplan-Entwurf 2009/2010 und ich rufe sodann den

Einzelplan 3.2 Behörde für Wissenschaft und Forschung

auf.

Das Wort wird gewünscht, die Abgeordnete Dr. Stapelfeldt bekommt es.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern haben Herr Schira, Herr Kerstan und auch der Erste Bürgermeister eine gemeinsame Verantwortung für die Wissenschaftsmetropole Hamburg von uns, der SPD-Fraktion, eingefordert. Wenn die gemeinsame Verantwortung für die Wissenschaftsmetropole heißen soll, Studiengebühren zu erhalten, eine Wissenschaftsstiftung mit fragwürdiger Finanzierung zu errichten, eine deutliche Absenkung der Investitionen für die Hochschulen gutzuheißen, dann nein, kann es keine gemeinsame Verantwortung für die Wissenschaft in Hamburg geben.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die gemeinsame Verantwortung für die Wissenschaftsmetropole in Zeiten von Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise und schwieriger werdenden öffentlichen Haushalten bedeutet, mehr Studienplätze in guter Qualität und ohne zusätzliche soziale Hürden zu schaffen und zum Beispiel nachhaltige Hochschulbaumaßnahmen im Umfang von 100 bis 150 Millionen Euro zusätzlich jährlich auf den Weg zu bringen, dann ja, dann lassen Sie uns reden.

Nach einem Jahr schwarz-grüner Wissenschaftspolitik ist es Zeit, Bilanz zu ziehen und zu fragen, gibt es eine Kontinuität von Fehlentwicklungen oder gibt es einen Politikwechsel im Interesse der Studierenden und der Hamburger Hochschulen.

Es hat drei folgenschwere Entscheidungen für die Entwicklung der Hamburger Hochschulen seit 2001 gegeben.

Erstens: Mit der sogenannten Hochschulstrukturreform sollte die vollständige Partikularisierung in 13 Schools erfolgen. Das ist zum Glück misslungen. Das Ergebnis ist aber eine beseitigte HWP ohne gleichwertigen Ersatz für studierwillige Berufstätige und eine neue HafenCity Universität, die, auf fünf Standorte verteilt, auf einen Neubau harrt, der jeden Maßstab von Wirtschaftlichkeit sprengt.

Folgenreicher, wenn auch ohne messbare negative Auswirkungen auf den Haushalt, sind das Fakultätengesetz und die Einführung von Hochschulräten. Hier gibt es wirklich gravierende Änderungen der Wissenschaftskultur mit der Abschaffung der akademischen Selbstverwaltung, eine Demotivierung der Hochschulangehörigen. Es gibt kein System mehr von checks and balances, keine öffentliche Legitimierung der Entscheidung von Hochschulräten, keine Transparenz und keine Verantwortungskultur. Das ist noch viel einschneidender und das bedauern wir sehr.

(Beifall bei der SPD und bei Elisabeth Baum und Norbert Hackbusch, beide DIE LINKE)

Die zweite folgenreiche Entscheidung erfolgte nahezu zeitlich parallel, nämlich die Einführung der

Studiengebühren, die seitdem als ausschließliche Möglichkeit betrachtet wird, die Studien- und Lehrbedingungen in Hamburg qualitativ zu verbessern.

Drittens: Seit 2001 haben wir im Hochschulbau ein Kontinuum von Vertagen und Vernachlässigen, soweit es nicht das Universitätsklinikum oder kleinere Prestigemaßnahmen betrifft. Das halte ich allerdings für eine Stadt, die sich die Exzellenz der Wissenschaften auf ihre Fahnen geschrieben hat, für wenig ruhmreich und um es klar und deutlich auszudrücken, für ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der SPD)

Ich will das an wenigen Beispielen veranschaulichen. Die Hochschule für Musik und Theater zum Beispiel, die kleinste, harrt einer notwendigen Modernisierung, was auch schon der Rechnungshofsbericht als notwendig erachtet hat.

Die Hochschule für Bildende Künste: Obwohl durchgeplant, wurde ein Erweiterungsbau am Lerchenfeld zurückgezogen zugunsten des Mediencampus und heute fehlen sogar Ateliers für die Künstler.

Die Technische Universität: Hier gab es einen quälend langen Prozess bei der Schwarzenberg-Kaserne, der jetzt erst durch die wohltuenden Mittel des Konjunkturprogramms der Bundesregierung seinen Abschluss findet.

Oder die Hochschule für Angewandte Wissenschaften: Komplett offen ist die Sanierung des Elektrohochhauses am Berliner Tor, obwohl diese Maßnahme schon einmal zur Bundesfinanzierung mit angemeldet war.

Die Staats- und Universitätsbibliothek hat dringende Bedarfe, und zwar auch an ihrem Hauptbau. Das Studierendenwerk bräuchte weitere 20 Millionen Euro, um ältere Wohnanlagen zu modernisieren.

Wenn wir uns die Entwicklung der Investitionsausgaben für die Hochschulen seit 2003 ansehen, fällt auf, dass an fast allen Hochschulen die Investitionen massiv heruntergefahren wurden, zum Beispiel für die Universität, wo 2003 noch 47 Millionen Euro investiert wurden und im vergangenen Jahr nur noch knapp 17 Millionen Euro. Insgesamt heißt das, dass seit diesem Zeitpunkt 2003 die Investitionen an den Hochschulen nahezu halbiert worden sind.

Sehen wir uns vor diesem Hintergrund die Universität Hamburg, die im Fokus des Interesses ist, noch einmal etwas genauer an. Seit 2001 wurden keine neuen Sanierungsmaßnahmen mehr auf den Weg gebracht. Der eigentliche Skandal besteht darin, dass durchgeplante und vollzugsreife Maßnahmen auf die lange Bank geschoben oder gestoppt wurden, und zwar zugunsten von Prestigeprojekten oder der HafenCity Universität. Um es ganz klar zu sagen, es wurde fast alles gestoppt,

die Rückkehr der Informatik an den Campus, die Sanierung des Geomatikums und ein Masterplan für die gesamte Universität Hamburg, obwohl der sogar 2005 im Senat selbst beschlossen worden ist.

Heute gibt es einen Politikwechsel unter SchwarzGrün und was macht der Senat? Er kürzt weiter. Die Investitionen 2010 sollen gegenüber 2008 noch einmal halbiert werden. Das ist vor dem Hintergrund dessen, was ich beschrieben habe, gar nicht zu verstehen und auch nicht zu akzeptieren.

(Beifall bei der SPD)

Stattdessen gibt es für das größte Sanierungsprojekt, nämlich die Universität Hamburg, die auch Neubauten braucht, vier Arbeitsgruppen. Wir haben über dieses Thema hier schon sehr ausführlich gesprochen.

Zwei Varianten sind sowieso schon vom Tisch, nämlich die Sanierung am Standort ohne irgendwelche Neubauten und, wovon wir ausgehen, auch die komplette Verlagerung, die mit ihren geschätzten über 3 Milliarden Euro an Kosten nie finanzierbar war und deswegen auch heute endgültig vom Tisch ist. Es bleiben also die zweite Variante und die dritte – sie ist noch in der Diskussion –, die Teilverlagerung an einen anderen Standort. Leider sind die Befürchtungen nicht entkräftet, dass eine Teilverlagerung präjudiziert wird. Das wäre verheerend, weil dadurch zum Beispiel das exzellente Klimacluster an der Bundesstraße zerstört würde; das können wir nicht akzeptieren.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung bietet die einmalige Chance, dringende Maßnahmen zur baulichen Sanierung auch im Hochschulbereich in Angriff zu nehmen. Mit den insgesamt 80 Millionen Euro ist das ein wirklich beachtlicher Teil des Konjunkturprogramms der Bundesregierung, den wir in Hamburg umsetzen können. Wir verdanken der SPD-Bundestagsfraktion eine deutliche Schwerpunktsetzung auf Bildung und Wissenschaft. Die Vorschläge des Senats zum Umgang mit den Mitteln tragen wir auch weitestgehend mit.

Völlig offen bleibt indes, wie die 20 Millionen Euro für die Universität verwendet werden sollen. Indem Sie an dem vermeintlich offenen Prozess zur Zukunft der Universität festhalten, sind Sie gehindert, die notwendigen Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Für uns gibt es da nur eine Priorität, nämlich die Innensanierung des Philosophenturms, die vollständig durchgeplant wäre und in diesen beiden Jahren noch umsetzbar aus dem Konjunkturprogramm zu finanzieren, endlich auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der SPD)

Notwendig sind diese Entwicklungsplanungen für die Hamburger Hochschulen und deswegen haben wir dazu auch einen Antrag vorgelegt.

Das zweite bestimmende Thema im ersten Jahr der schwarz-grünen Wissenschaftspolitik ist die Rettung der Studiengebühren. Der Zugang zu höherer Bildung darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Dieser Anspruch gilt nicht für den schwarz-grünen Senat. Studiengebühren verlieren ihre abschreckende Wirkung und ihren sozial-selektiven Charakter nicht dadurch, dass man sie nachgelagert erhebt. Sie werden auch nicht dadurch sozialer, dass man die zuvor von der Zahlungspflicht entbundenen alleinerziehenden Studierenden oder Studierende mit Behinderungen oder chronisch Kranke zur Kasse bittet, um andere Verbesserungen zu erzielen.

Frau Senatorin Gundelach hat an dieser Stelle erklärt – Zitat –:

"Ich sage ganz deutlich, während des Studiums wird hier in Hamburg niemand zur Kasse gebeten, außer er macht von seinem Recht auf Sofortzahlung Gebrauch und dann ist es seine höchst eigene Entscheidung."

Tatsache hingegen ist, dass mehr als 12 200 Studierende nicht stundungsberechtigt sind und weitere 12 440 Studierende haben sofort gezahlt. Dem stehen gerade einmal 21 000 Stundungen gegenüber. Hier von einem Recht zu sprechen, mutet sonderbar an und es ist bekannt, dass die Studierenden große Sorgen vor Verschuldung haben.

Wir lehnen dieses Modell komplett ab, wir sagen, Studienbedingungen kann man auch anders verbessern und deswegen gehören die Studiengebühren abgeschafft.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Joachim Bi- schoff und Norbert Hackbusch, beide DIE LINKE)

Wir haben hier schon so manches Mal über die HafenCity Universität gesprochen, über den Neubau, der 66 Millionen Euro kosten soll und jede Dimension sprengt, die vor mehreren Jahren angedacht war. Dazu ist schon das Richtige gesagt worden. Ich hoffe, dass der Senat sämtlichen Einsparpotenzialen, die er angekündigt hat, wirklich nachkommt und sie überprüft.

Ich will aber auf etwas anderes eingehen, nämlich auf den vorliegenden Antrag zur Errichtung eines Master-Studiengangs Projektentwicklung und Immobilienmanagement. Das ist ein guter Weg, hier eine Ergänzung vorzunehmen, es ist ein kreativer Impuls auch aus der Stadt, den wir unbedingt aufnehmen wollen.

Wenn man das knapp eine Jahr schwarz-grüner Wissenschaftspolitik betrachtet, kann man sagen,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Gute Sache!)