Seit 2001, vor Einführung des Gutscheinmodells, ist die Zahl der Kinder in der Kindertagesbetreuung bis 2007 um fast 6000 gestiegen. Sie von der Opposition behaupten gerne, dass sozial benachteiligte Kinder davon nicht profitieren würden. Tatsache ist aber, dass die Betreuungsquoten auch in Stadtteilen mit sozialen Problemen in den letzten Jahren nicht nach unten, sondern nach oben gegangen sind. Auch die Zahl der Kinder, denen ein Gutschein wegen dringlichen sozialpädagogischen Bedarfs bewilligt wird, steigt seit Jahren kontinuierlich.
Erfolg ist natürlich nicht umsonst zu haben, Erfolg hat seinen Preis. Zwar hatte der Senat bei seinen Haushaltsplanungen im Frühjahr 2006 bereits damit gerechnet, dass die Nachfrage nach Kita- und Krippenplätzen weiter steigen würde, 2008 sind es aber im Jahresdurchschnitt gut 5000 Kinder mehr als veranschlagt, die einen Platz benötigen. Das muss natürlich finanziert werden.
Immer mehr Mütter und Väter haben Arbeit oder eine Ausbildungsstelle gefunden und benötigen daher eine Betreuung für ihre Kinder.
Zweitens: Immer mehr Mütter mit kleinen Kindern steigen nach Auslaufen des Elterngeldes wieder zügig in den Beruf ein und brauchen daher für die Kleinen einen Krippenplatz. Von allen Hamburger Kleinkindern unter drei Jahren wurden 2007 fast 22,2 Prozent in einer Krippe betreut. 2008 werden es fast 26 Prozent sein. Damit liegt Hamburg an der Spitze aller westlichen Bundesländer.
Ein weiterer wichtiger Grund für die überraschend starke Zunahme ist drittens, dass nicht zuletzt infolge der Bildungsdiskussion nach PISA die Eltern ihre Kinder immer früher in die Tageseinrichtungen bringen. Immer mehr Eltern sind überzeugt, dass Kita und Vorschule wichtige Stationen auf dem Bildungsweg ihrer Kinder sind. Es gibt heute in Hamburg fast keine Fünf- bis Sechsjährigen mehr, die nicht in eine Kita oder Vorschule gehen.
Die Folgen dieser starken Nachfrage sind vielerorts in Hamburg zu besichtigen. Bislang haben in diesem Jahr 31 Kitas neu eröffnet. Bis zum Ende des Jahres werden voraussichtlich 34 weitere dazu kommen. Außerdem erweitern mehr als 80 Kitas ihr Angebot an Plätzen. Dafür werden im Haushalt rund 28,3 Millionen Euro zusätzlich benötigt. 2008 wird unsere Stadt damit rund 410 Millionen Euro in die Tagesbetreuung von Kindern investieren. Ich sage bewusst investieren, denn Ausgaben für eine moderne, menschlich und pädagogisch anspruchsvolle Betreuung sind keine sozialen Almosen, sondern Investitionen in die Zukunft unserer Kinder und damit von uns allen.
Nun werden Sie zu Recht anmerken, dass diese Nachforderungen für 2008 nicht allein der Kindertagesbetreuung geschuldet sind. Nicht prognostizierte Mehrausgaben gibt es auch auf dem Gebiet der Hilfen zur Erziehung und für den Kinderschutz. Auf diese Hilfen haben Kinder und Jugendliche einen Rechtsanspruch. Hier sind die durchschnittlichen Fallzahlen deutlich gestiegen. Waren es 2007 noch rund 7000 Fälle, so werden es in diesem Jahr mehr als 8000 Fälle sein, rund 1000 mehr als seinerzeit erwartet. Dafür werden im laufenden Haushalt rund 27 Millionen Euro mehr benötigt.
Besonders stark haben die Fälle der sozialpädagogischen Familienhilfe zugenommen, also die Fälle, in denen Fachleute in die Familie hineingehen, um dort über viele Monate lang die Organisation des Alltags und des Umgangs miteinander verbessern zu helfen. Warum diese nicht vorhergesehene Steigerung bei den Hilfen zur Erziehung? Ein wichtiger Grund ist, dass das Thema Kinderschutz – auch dank der Anstrengung des Hamburger Senats – stärker in das öffentliche Bewusstsein gedrungen ist. Kitas, Schulen, nicht zuletzt die Polizei, aber auch Nachbarn melden sich heute eher beim Jugendamt oder unter der von der damaligen Senatorin Schnieber-Jastram eingerichteten Kinderschutz-Hotline, wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Kind oder Jugendlicher vernachlässigt oder sogar misshandelt wird. Heute wird seltener weggeschaut, wenn ein Kind möglicherweise in Not ist.
Hinzu kommt, dass bei den Hilfen zur Erziehung die Zahl der Fälle, vor allem aber deren Kosten sehr schwer vorherzusagen sind. Das Gesetz schreibt vor, dass so geholfen werden soll, wie es dem jeweils besonderen Einzelfall entspricht. Da kann es genügen, dass ein Schulkind für eine begrenzte Zeit in einer sozialpädagogisch geleiteten Gruppe ein altersgemäßes Sozialverhalten lernt. In einem anderen Fall hingegen muss eine Familienhelferin zwei Jahre lang eine Familie intensiv betreuen oder muss ein Kind in einem Heim untergebracht werden. Entsprechend unterschiedlich sind die Kosten für den einzelnen Fall.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Entwicklung in anderen deutschen Großstädten nicht anders ist als in Hamburg, ja die Leistungsdichte, also die Zahl der Fälle pro Einwohner, in einigen anderen Großstädten sogar noch deutlich höher ist als hier. Nichtsdestoweniger wollen wir natürlich erreichen, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Hilfen zur Erziehung brauchen, nicht immer weiter steigt, denn hinter dem, was die Statistik nüchtern als Fall bezeichnet, verbirgt sich ein Kind oder junger Mensch, um den sich keiner richtig kümmert, der möglicherweise Gewalt erlebt oder kein Zuhause hat. Daher ist es wichtig, dass unsere neuen präventiven Hilfsangebote, zum Beispiel die der Familien-Hebammen- oder ElternKind-Zentren greifen. Je früher den Eltern, die nicht allein für das Wohl ihrer Kinder sorgen können, geholfen wird, desto besser sorgen wir dafür, dass diese Kinder eines Tages nicht die oft schwierig zu leistende Hilfe zur Erziehung brauchen.
Sie sehen also, dass die Nachforderungen für den laufenden Haushalt notwendig und wohl begründet sind. Deshalb werden wir als CDU-Fraktion diesen Nachforderungen zustimmen. Schließlich hat sich auch der Haushaltsausschuss einstimmig überzeu
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin nicht Carola Veit, soll Sie aber herzlich von ihr grüßen und für meine Fraktion Stellung zum Nachtragshaushalt Kita und Hilfen zur Erziehung nehmen. Weil man als Stellvertreter in der Sache nicht mehr so drin ist, guckt man zur Vorbereitung in alte Protokolle.
Dort stehen Worte des GAL-Haushaltspolitikers Willfried Maier aus der letzten Legislaturperiode, die eine Verbindung zwischen der Elbphilharmonie und der Kindertagesbetreuung herstellen. Ich möchte die nur vorlesen, weil wir nachher auch über den Kita-Bereich reden. Da sagt er laut Protokoll:
"Gleichzeitig ist völlig unklar, wie dieser Erfolg bezahlt werden soll. Deswegen haben wir Haushaltspolitiker in der Fraktion gesagt: Es verstößt gegen unsere Berufsehre, etwas zu beschließen, von dem wir nicht wissen, woher das Geld kommen soll. Darum stimmen wir zwar nicht dagegen, aber wir enthalten uns."
Als wir am 21. April 2004 gemeinsam das Kinderbetreuungsgesetz beschlossen haben, wussten wir, was wir taten. Von daher findet der geforderte Nachtrag von etwa 30,69 Millionen Euro absolut unsere Zustimmung,
weil wir schon vor langer Zeit gesagt haben, dass es einen verstärkten Bedarf in der Verbindung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt. Es gibt einen hohen Bedarf im Zusammenhang mit der Frage der frühkindlichen Erziehung und Bildung. Weil ich Böwer bin, will ich daran erinnern, dass Sie in diesem Parlament dreimal gegen dieses Gesetz gestimmt haben und erst beim vierten Mal gemeinsam zugestimmt haben.
Auch auf diesem Wege sind wir nun in einem Boot. Von daher brauchen wir uns in dieser Frage nicht zu streiten.
Ein Punkt sei allerdings bei einer Nachforderung von 30 Millionen Euro angesprochen und das ist die Umsetzung des Gesetzes im Zusammenhang
"Die zuständige Behörde führt in den Einrichtungen für alle Kinder zahnärztliche Reihenuntersuchungen und eine einmalige ärztliche Untersuchung auf Seh- und Hörstörungen sowie motorische und Sprachauffälligkeiten in der Regel im vierten Lebensjahr durch."
Dieses ist eine Gesetzesnorm und in der Tat könnte der Senat jetzt hingehen und sagen, ja, aber wir sind ermächtigt worden zu einer Rechtsverordnung. Ein Blick in die Rechtsverordnung dieses gleichen Gesetzes, denn man weiß ja, was man geschrieben hat. Dort heißt es:
Von daher fordere ich den Senat an dieser Stelle auf, insbesondere dann, wenn man sagt, wir machen dieses auch zum Schutze und Wohle der Kinder, endlich die Bestimmungen des Kinderbetreuungsgesetzes auch in diesem Punkt umzusetzen.
Das ist einer der wesentlichen Bereiche gewesen, über den wir im April 2004 verhandelt haben. Das war einer der Bereiche, bei dem Senatsmitglieder in den Verhandlungen gesagt haben, dafür brauchen wir noch ein Jahr länger. Das ist zugebilligt worden. Deswegen ist genau dieser Paragraf, Herr Staatsrat, ein Jahr später in Kraft getreten. Aber eine 25-Prozent-Regelung, wie Sie sie im Augenblick versuchen der Öffentlichkeit weiszumachen, findet sich nirgendwo im Gesetz wieder, auch nicht in den Ermächtigungen.
Wir kommen zu einem zweiten Bereich im Bereich der Nachtragsdrucksachen, das ist der Bereich Hilfen zur Erziehung. Ich will konstatieren, dass ich den Eindruck habe, dass mit Senator Wersich das erste Mal seit vielen Jahren wieder ein Senator auf dem Stuhl in der Sozialbehörde sitzt, der ein Verständnis zu der Thematik aufgebaut hat. Das war einige Jahre vorher nicht der Fall und das ist ein Fortschritt. Gerade in dem Zusammenhang Hilfen zur Erziehung kommt das zum Tragen, was der vor kurzem viel zu früh verstorbene Professor Riedesser mit dem afrikanischen Sprichwort formuliert hat:
Gerade Erziehung in schwierigen Fällen ist keine Privatangelegenheit. Von daher ist eine Nachforderung in dieser Höhe gerechtfertigt. Man muss
nur noch einmal hinschauen, ob das Geld an dieser Stelle richtig ausgegeben ist und ob dieses Thema auch stimmt.
Erster Punkt, der gerade von der Kollegin Föcking angesprochen worden ist. Sie sagt, die sozialpädagogische Familienhilfe sei gestiegen und begründet dieses mit dem aufkommenden Anmeldeverhalten im Zusammenhang mit der Frage von Kindeswohlmissbrauch und all den Dingen. Frau Föcking, ich habe meine Zweifel, ob wir da auf dem richtigen Weg sind, denn – verglichen mit der Medizin – wenn jemand mit einem Herzinfarkt ins UKE eingeliefert wird, dann bekommt er von vornherein Intensivmedizin angeboten. Wir in der Jugendhilfe bieten zu oft nur ein halbes Aspirin an. Ich erinnere daran, dass wir mittlerweile wissen, dass Morsal von sozialpädagogischer Familienhilfe betreut wurde. Sozialpädagogische Familienhilfe verkommt, so wie in Hamburg praktiziert, zu einem Placebo der Jugendhilfe bei einer Bruttobetreuung von umfänglich sechs Stunden. Das ist zu wenig.
Ein zweiter Punkt. Sie haben nach dem Fall Morsal gesagt, dass Sie ein Worst-Case-Szenario entwickeln und alle Fälle überprüfen werden. Darüber hatten wir auch eine Debatte im Ausschuss geführt. Dort ist gesagt worden, das tun wir. Wir überprüfen alle Fälle. Frau Goetsch und Herr Wersich sind vor die Presse getreten und haben gesagt, dass jetzt alle Fälle nach dem neuen Standard untersucht werden. Die Antwort auf eine Kleine Anfrage ergibt, dass es gar nicht passiert. Es ist ein Papiertiger.
Das Geld ist angelegt, aber die Frage sei gestattet, ob es gut angelegt ist. In diesen 27 Millionen Euro verbergen sich auch Kosten von 550 000 Euro für die Unterbringung von ein bis zwei Jugendlichen in der Feuerbergstraße für die Monate Januar bis August. Das ist eine stolze Summe, insbesondere dann, wenn man feststellen durfte, dass sich Jugendliche dort mittlerweile selbst entlassen können. Klaus-Peter Hesse hat diese geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße als eine Perle der Jugendhilfe und Hilfen zur Erziehung bezeichnet.