Protokoll der Sitzung vom 05.11.2008

Beschluss 739,

Beginn: 15.02 Uhr

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.

Abweichend von der Empfehlung des Ältestenrates haben die Fraktionen vereinbart, die Tagesordnung um die Drucksache 19/1443 zu ergänzen, einen Bericht des Haushaltsausschusses. Die Drucksache haben Sie inzwischen erhalten. Sie wurde als Punkt 48 a in die Tagesordnung aufgenommen.

Wir kommen sodann zur

Aktuellen Stunde

Dazu sind vier Themen angemeldet worden, und zwar

von der SPD-Fraktion

Elbphilharmonie: Kostenexplosion, Missmanagement, überforderte und hilflose Kultur-, Sport-, Tourismus- und Medien-Senatorin,

von der GAL-Fraktion

Klimaschutz als Konjunkturmotor – richtige Impulse setzen!

von der Fraktion DIE LINKE

Rückwirkungen der Finanzkrise auf Hamburg – Das Desaster der HSH Nordbank und die öffentlichen Finanzen

und von der CDU-Fraktion

Volksbegehren gescheitert – keine Abschaffung der Gymnasien.

Ich rufe zunächst das erste Thema auf. Das Wort wird gewünscht, der Abgeordnete Neumann bekommt es.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben es uns mit der Entscheidung für die Elbphilharmonie von Anfang an nicht leicht gemacht und, zugegeben, mit Blick auf Hessen oder Eimsbüttel kann man sagen, dass wir es uns grundsätzlich nicht leicht machen. Aber in diesem Fall war es richtig, ordentlich abzuwägen. Am Ende stand für uns fest: Die Elbphilharmonie tut Hamburg als europäischer Metropole gut, als Kulturstadt und auch architektonisch. Deshalb haben wir damals Ja gesagt, aber nicht trunken Hurra geschrien, wie manche hier im Saal, sondern wir haben Bedenken und Fragen formuliert. Wir haben Ja gesagt, weil uns immer wieder vom Senat versichert worden ist, es handle sich um eine Eins-A-Planung, einen Festpreis, es bestehe kein Risiko, Punkt. Heute ist klar: Es ist keine Eins-A-Planung, es gibt keine

Festpreise, es gibt jede Menge Risiken und enorme, nicht überschaubare Mehrkosten. Die Verträge sind jedoch jetzt geschlossen, die Elbphilharmonie ist jetzt im Bau und es stellt sich die Frage, wieso der Senat unsere Stadt in eine solche schwierige, teure und für eine Kaufmannsstadt wie Hamburg mehr als peinliche Situation gebracht hat. Ich unterstelle Ihnen nicht, Herr von Beust, dass Sie die Situation bewusst, gewollt herbeigeführt haben,

(Frank Schira CDU: Das traue ich Ihnen aber auch zu! – Wolfgang Beuß CDU: Das wäre ja noch schöner!)

aber wir wissen, dass den Verträgen damals nur Planentwürfe zugrunde gelegen haben. Sie haben gewusst, dass diese Entwürfe erst im Bauprozess präzisiert werden sollten und damit der Festpreis nie wirklich ein Festpreis war. Es bleibt die Frage, warum Sie sich trotz Ihres Wissens nicht die Zeit nahmen, dieses wichtige Projekt für unsere Stadt ordentlich, sauber und richtig vorzubereiten.

(Beifall bei der SPD)

Ich will noch einmal den ursprünglichen Zeitplan in Erinnerung rufen: Baubeginn April 2007, der Rohbau sollte mit dem Plaza-Fest im Januar 2008 fertig sein und die Fertigstellung sollte im März 2010 sein. Es war wohl recht verlockend, ein großes Fest auf dem Kaispeicher im Januar 2008, so kurz vor der Bürgerschaftswahl – vier Wochen davor – feiern zu wollen. Die enorme Medienpräsenz, ein Bürgermeister, der der Stadt ein neues Sinnbild zu Füßen legt – und es kann auch der Grund gewesen sein, weswegen Sie diese Verträge völlig übereilt geschlossen haben, denn für Sie war nicht wichtig, was und wie gebaut wird, sondern für Sie war offensichtlich Ihr Wahlkampfkalender wichtig und nicht das Wohl der Stadt.

(Beifall bei der SPD)

Heute sagt Frau von Welck, dass man zu naiv gewesen sei, dass man die Komplexität des Projekts unterschätzt habe. Ich habe hier einmal die Drucksache des Senats, die grafische Darstellung der Vertragsbeziehungen für dieses Bauprojekt. Wer anlässlich dieser grafischen Darstellung davon spricht, er sei überrascht worden, der muss mit Blindheit geschlagen gewesen sein.

(Beifall bei der SPD)

Und wenn Sie heute davon sprechen, dass die neue Leitlinie Termin- und Kostensicherheit sei, dann stellt sich die Frage, was denn bisher die Leitlinie war. Frau von Welck hat in ihrer manchmal naiven, apolitischen Art sehr offen gesagt – ich zitiere:

„Das habe ich mich auch gefragt, als ich das Projekt übernommen habe.“

Das macht nicht nur die Naivität der Senatorin deutlich, sondern auch, dass es einzig der Zeit

druck war, der heute die Mehrkosten der Stadt sowie den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufbürdet.

Herr von Beust, die Zeche für Ihren persönlichen Ehrgeiz, Hamburg ein neues Wahrzeichen zu geben, zahlen nun alle Hamburgerinnen und Hamburger mit ihren Steuern. Sie haben die Elbphilharmonie in Ihrer Verantwortung miserabel vorbereitet und überstürzt begonnen, genauso, wie Sie aus bloßer Wahlkampftaktik die Ausgaben im Haushalt haben explodieren lassen. Die Verantwortung für die Vernichtung von Steuergeldern im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie trägt der Erste Bürgermeister dieser Stadt, tragen Sie, Herr von Beust, ganz persönlich. Da hilft es auch nicht, die Schultern zu zucken,

(Erster Bürgermeister Ole von Beust: Ich nicke!) Ole von Beust : sondern das sind Steuern und Gelder, für die die Menschen dieser Stadt arbeiten, und das können Sie nicht einfach schulterzuckend mehr ausgeben. Dafür tragen Sie die Verantwortung! (Beifall bei der SPD)

Wenn Sie schon nicken, Herr von Beust, ist das immerhin schon eine erste Regung zu diesem Thema. Dafür bedanke ich mich schon fast. Kommen Sie heute nach mir ans Rednerpult und nennen Sie uns die Gründe für all die gemachten Fehler, denn ich glaube, nur durch Offenheit und Ehrlichkeit Ihrer Person kann die Elbphilharmonie vielleicht in der Akzeptanz durch die Bevölkerung noch gerettet werden. Machen Sie also heute reinen Tisch, sagen Sie zumindest im Bereich der Elbphilharmonie endlich die Wahrheit. Das ist das Mindeste, was ich von einem Ersten Bürgermeister erwarte.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Martens.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich ehrlich bin, Herr Neumann, hatte ich bis zum 17. September dieses Jahres gelegentlich schon Bauchschmerzen, wenn es um die Kontrollmechanismen für das Projekt Elbphilharmonie ging. Aber das Entscheidende ist: Der Bürgermeister und Frau von Welck haben am 17. September rechtzeitig – ich wiederhole: rechtzeitig –

(Jan Quast SPD: Hundert Millionen Euro später!)

die Reißleine gezogen. Die Geschäftsführung der ReGe wurde ausgetauscht und Sachverstand von außen hinzugezogen. Natürlich kann man hinterher immer sagen, früher wäre besser gewesen. Hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. Die

Kultursenatorin, Frau von Welck, hat erst im Mai dieses Jahres die Federführung für das Projekt Elbphilharmonie übernommen. Seitdem wurde das gesamte Projekt noch einmal intensiv analysiert und es wurden konsequent Korrekturen aus der Analyse gezogen.

Mit Heribert Leutner haben wir eine erfahrene Person in der Geschäftsführung, die das Projekt von Anfang an kennt. Er hat am 1. November sein Amt angetreten, aber er war – und das ist wichtig – zuvor in allen wichtigen Verhandlungen miteinbezogen worden. Der Aufsichtsrat der Bau KG wurde unter anderem kompetent mit externem Sachverstand mit Johann Lindenberg, ehemals Unilever, als Vorsitzendem sowie Dr. Wilhelm Friedrich Boyens von der Zehnder International und vor allen Dingen auch dem Bauexperten Jens-Ulrich Maier von ECE besetzt. Mit dieser personellen …

(Dr. Peter Tschentscher SPD: Das wissen wir doch!)

aber es kommt ja nicht an, Herr Tschentscher.

Mit dieser personellen und organisatorischen Neustrukturierung kann endlich auf gleicher Augenhöhe mit Sachverstand verhandelt werden.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Es konnten offensichtlich in der Kürze der Zeit wieder eine Vertrauensbasis und vertrauensvolle Gespräche zwischen Generalplaner, ReGe und Generalunternehmer aufgebaut werden. Damit können die weiteren komplexen Schritte der Bauverwirklichung gemeinsam angegangen werden. Endlich ist damit der Sachstandsbericht spätestens zum Ende des Jahres möglich und die Fakten sowie belastbare Zahlen kommen dann auf den Tisch. Frau von Welck hat bereits in der Aktuellen Stunde am 1. Oktober 2008 einen ausführlichen Bericht über das Projekt Elbphilharmonie zugesagt, was Kostenentwicklung und Zeitplan anbetrifft. Dieser Bericht ist jetzt für Ende November im Kulturausschuss angekündigt.

(Arno Münster SPD: Welches Jahr?)

Da ich gerade bei dem Bericht bin: Den Berichtsantrag der SPD von heute lehnen wir ab.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist also Ihre Antwort auf Transparenz!)

Ihr Antrag war schon bei Einreichung zeitlich überholt, überflüssig und von Misstrauen geprägt.

(Beifall bei der CDU)

Die Elbphilharmonie ist etwas Besonderes. Die Einmaligkeit und Komplexität des Projektes Elbphilharmonie stellt aber nun auch einen großen Teil der gegenwärtigen Herausforderung dar und ist für die Kostenerhöhung verantwortlich. Es gibt in vielen Bereichen keine belastbaren Erfahrungs

(Michael Neumann)