Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Buss, ich war mir nicht ganz sicher, ob das hier eine Büttenrede war oder ob das alles wirklich ernst gemeint war.
Ich muss das wirklich mal so sagen, denn Ihre angeblich hoch widersprüchlichen Darstellungen, warum das nicht schon alles längst passiert sei, haben Sie doch selber beantwortet. Sie haben eben gesagt, dass wir im Dezember 2007 über diesen Antrag debattiert haben. Ihnen ist auch bekannt, dass zwei Monate später die Wahl war und natürlich bei einem neuen Senat – das hat die Senatorin eben gesagt – Anträge der Diskontinuität zum Opfer fallen. Ich sehe darin überhaupt nichts Widersprüchliches, sondern ein konsequentes Handeln. Man kann sagen, das ist dieser Koalition geschuldet, wie schön, dass die Grünen mit der CDU gemeinsam die Regierung bilden und ein wichtiges Problem vorantreiben. Diesem Problem
haben wir uns gemeinsam angenommen und relativ zeitnah einer jungen Regierung diesen Antrag gestellt. Dieses Problem ist gemeinsam erkannt worden und darum gibt es diesen Antrag. Der kommt auch nicht von der Senatorin – wo Sie diesen Glauben her haben,
(Kai Voet van Vormizeele CDU: Das ist sozi- aldemokratische Erfahrung, die machen das nicht anders!)
Vielleicht noch ein paar Punkte, denn wir reden immer viel über Schule. Mein Anliegen ist aber auch, den Fokus noch einmal auf die Kitas zu richten. Da haben Sie, Frau Artus, viele richtige Sachen gesagt und ich empfand auch Ihre Rede sehr viel vorbereiteter als die von Herrn Ciftlik. Sie haben gesagt, dass wir natürlich im Kitabereich anfangen müssen und sich das nachher in der Schule fortsetzen muss, aber die Grundsteine legen wir in der Kita. Ich bin froh, dass die Zeiten vorbei sind – die Senatorin hat es gerade gesagt – und Jungen auch Jungen bleiben müssen; das ist nämlich ganz wichtig. Ich selber kenne noch die Zeit, in der alle Jungen in der Kita an den Basteltisch gezwungen wurden mit der Schere in der Hand, um mühsam alles auszuschneiden. Sicherlich muss man das in einem gewissen Maße anregen, aber es gibt viele Frauen, die damals in Panik verfallen sind – und dazu gehörten auch die Erzieherinnen –, wenn die Jungen sich mal gekabbelt haben, wenn mit Stöcken hantiert wurde. Jungen müssen Jungen bleiben und das gehört zur richtigen Entwicklung dazu. Dafür brauchen wir aber nicht nur die männlichen Erzieher, sondern auch die Fortbildung, über die hier viel geredet wurde.
Herr Ciftlik, wenn Sie jetzt mit Unverständnis reagiert haben, warum ich Sie direkt angegriffen habe, dann liegt das daran, dass Sie absolut uninformiert sind. Sie haben gesagt, es gab zahlreiche Anträge, davon sei nichts umgesetzt worden, so zum Beispiel auch den Antrag, für die Frühpädagogik ein Hochschulstudium einzurichten. Es ist richtig, dass wir bislang nur an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften einen Studiengang Frühpädagogik haben. Aber immerhin wurde der schon eingerichtet und der erste Studiengang läuft erfolgreich. Ich gebe zu – Frau Veit und ich waren neulich dort auf einer Tagung –, dass es über 300 Bewerbungen für 41 Plätze gibt. Das muss man sich einmal klarmachen, der Andrang ist gewaltig. Das heißt, es gibt großes Interesse, aber von diesen 41 Personen ist nur ein Mann. Das muss uns natürlich zu denken geben und wir sollten gemeinsam daran arbeiten, dass sich hier etwas verbessert. Natürlich spielt die Bezahlung eine Rolle, aber doch bitte nicht nur für die Männer, sondern auch für die Frauen, denn auch die Frauen wollen in diesen
frühpädagogischen Berufen mit einer guten Bezahlung ausgestattet sein und dann wird es auch reizvoll für alle.
Aus diesem Grund ist natürlich etwas auf diesem Gebiet geschehen und dieser Antrag ist nur eine logische Fortsetzung dessen, was zumindest die GAL auch in der früheren Zeit bewegt hat. Wenn hier die Frage gestellt wird, warum der Antrag nicht überwiesen werde, dann kann ich nur antworten, das tut nicht mehr nötig, wir müssen handeln. Das Handeln steht an oberster Stelle und der Senat erstattet Bericht; das ist Punkt drei in diesem Antrag. Das heißt, es würde uns wenig bringen, wenn wir das Ganze jetzt noch einmal im Ausschuss diskutieren würden. Dazu gab es eine Enquete-Kommission, dazu wurde schon fundiertes Wissen herangeholt. Jetzt ist die Zeit des Handelns da und das tut der schwarz-grüne Senat. Deswegen ist die Abstimmung auch richtig, der Bericht folgt und wird in der Bürgerschaft vorgelegt. Dann können wir noch einmal darüber reden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kollegen von der SPD, die zu diesem Antrag geredet haben, haben außer einer gewissen Polemik inhaltlich zu dieser Debatte überhaupt nichts beigetragen und deswegen hätten wir uns diese Beiträge heute ersparen können.
In dieser Sache hat sicherlich ein Prozess eingesetzt, und nicht ganz zu Unrecht ist darauf verwiesen worden, dass Frau Koop vor einigen Jahren in dieser Frage nicht so eine breite Rückenstärkung hatte wie heute. Ich glaube, die Kollegen meiner Fraktion stehen alle hinter diesem Antrag und es ist im Interesse der Sache parteiübergreifend auch sehr gut, dass wir uns in diese Richtung weiter bewegen. Im Zuge des traurigen Schicksals von Morsal hatten wir auch darüber geredet, was eigentlich gewesen wäre, wenn ihr Bruder stärker männliche Bezugspersonen im Bereich von Kita und Schule gehabt hätte, ob das nicht möglicherweise eine Veränderung in seinem Machogehabe bewirkt hätte.
Das Ganze ist ein viel zu ernstes Thema, um es hier possenmäßig, wie Herr Busse es mal wieder versucht hat, auseinanderzunehmen. Das Thema ist sehr ernst und wir müssen uns darüber klar sein, dass das Ganze mittel- und langfristig ein Bohren von dicken Brettern ist.
Eben wurde schon die Qualifizierung von Erziehern an der Fachhochschule erwähnt. Ich habe heute Morgen von 9.00 bis 13.30 Uhr Erste Staatsexamen bei Lehrern abgenommen, genau gesagt bei Sprachheilpädagogen. Es waren fünf Prüfungen und von diesen fünf Prüfkandidaten waren fünf weiblich. Das ist bezeichnend für die Situation auch in Berufen, die finanziell ganz attraktiv sind. Wir müssen also viel früher ansetzen und es wird noch eine lange Zeit dauern, bis wirklich bei unseren Jungen angekommen ist, dass es auch schick sein kann, zum Beispiel Grundschul- oder Sonderschullehrer zu werden, denn Männer sind in diesen Berufen leider Gottes inzwischen eine Rarität.
Das wollte ich an dieser Stelle noch einmal sagen, weil ich glaube, dass uns Polemik hier nichts nützt, sondern wir müssen uns alle in der Sache engagieren, damit wir dieses Ungleichgewicht an der Stelle wirklich wegbekommen. – Ich danke Ihnen.
Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 19/1356 an den Familien-, Kinder- und Jugendausschuss zu? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt.
Dann stimmen wir in der Sache ab. Wer möchte den gemeinsamen Antrag der CDU/GAL-Fraktion aus der Drucksache 19/1356 annehmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist einstimmig bei einer geringen Zahl von Enthaltungen angenommen.
Meine Damen und Herren! Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, gebe ich Ihnen das Ergebnis der Wahl einer Deputierten der Behörde für Kultur, Sport und Medien bekannt. Abgegebene Stimmen: 98; alle Stimmzettel waren gültig. Frau Hilke Stein erhielt 92 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen bei 2 Enthaltungen. Damit ist Frau Stein gewählt. Herzlichen Glückwunsch von hier aus.
Ich rufe dann Punkt 52 der Tagesordnung auf, Antrag der Fraktion DIE LINKE: "Ausweispflicht und individuelle Kennzeichnung von Polizeibediensteten", Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: "Ausweispflicht und individuelle Kennzeichnung von Polizeibediensteten" Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) – Drs 19/1255 –]
Diese Drucksache möchte die SPD-Fraktion an den Innenausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? Frau Schneider, bitte.
Meine Damen und Herren, Herr Präsident, Herr Senator! Ich beginne mit einem Zitat aus allerjüngster Zeit, das einen wesentlichen Aspekt der hier zur Rede stehenden Problematik beleuchtet. Eine Staatsanwaltschaft begründete die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens gegen Polizeibeamte wegen Körperverletzung im Amt unter anderem wie folgt – ich zitiere –:
"Im Rahmen der Zeugenvernehmung ergaben sich mehrere Hinweise darauf, dass einzelne Beamte in unverhältnismäßiger Weise und ohne rechtfertigenden und entschuldigenden Grund mittels Schlagstöcken auf unbeteiligte Besucher, zum Teil Kinder und Frauen, eingeschlagen haben sollen. … Unter Gesamtwürdigung dieser Darstellungen geht auch die Staatsanwaltschaft davon aus, dass es zu Tätlichkeiten seitens der eingesetzten Polizeibeamten gekommen ist."
"Dennoch war das Ermittlungsverfahren diesbezüglich einzustellen, da eine Individualisierung einzelner Beamter trotz umfangreicher Ermittlungen nicht möglich war."
"Die Einsatzkräfte waren sämtlich einheitlich gekleidet … und nicht durch Namen oder Identifikationsnummern zu individualisieren."
Es handelt sich hier um die Einstellungsbegründung der Staatsanwaltschaft München I. Konkret ging es um den Einsatz von Dachauer Bereitschaftspolizei und USK gegen Fußballfans von 1860 München Ende letzten Jahres. Über die Einstellung des Verfahrens wurde in der Süddeutschen Zeitung am 15. Oktober berichtet.
Wenn man nicht antibayerische Vorurteile nähren will, Herr Warnholz, dann muss man zugeben, dass weder Tätlichkeiten seitens eingesetzter Polizeibeamter noch mangelnde Individualisierung von Polizeibeamten noch das daraus resultierende Problem von Strafwürdigkeit spezifisch bayerische Probleme sind.
Die Sektionsgruppe Polizei von Amnesty International in der Bundesrepublik Deutschland geht in einem Positionspapier so weit zu sagen:
"Die Straflosigkeit von BeamtInnen mit Polizeibefugnissen ist eines der zentralen menschenrechtlichen Probleme in Europa."
Sie hören wenigstens zu, das ist ja schon mal etwas. – Vielmehr geht es um eine allgemeine Problematik, die nicht nur die LINKE bewegt, sondern in weiten Bürgerrechtskreisen bis hin zu den Grünen und auch der FDP immer wieder thematisiert wird. Die Polizei ist physische Trägerin des staatlichen Gewaltmonopols. Ihr ist die Aufgabe zugeteilt, innerhalb gesetzlicher Grenzen unmittelbare Gewalt, unmittelbaren Zwang auszuüben.