Steuergerechtigkeit. Das ist ein Wort, was Sie offensichtlich nicht so gerne mögen. In der Mitteilung des Senats vom 22. Dezember 2008 kommen Sie zu dem Schluss, dass eine personelle Aufstockung
der Stellen für Betriebsprüfer und Betriebsprüferinnen und Steuerfahnder und Steuerfahnderinnen in Hamburg nicht nötig sei. Das ist angesichts der vorliegenden Zahlen absolut skandalös. Sie schützen ganz offensichtlich die Einkommensmillionäre.
Wir von der LINKEN gehen noch einen Schritt weiter. Wir fordern sogar eine Sonderabgabe von 5 Prozent auf Privatvermögen von mehr als 1 Million Euro.
Wir haben uns nie grundsätzlich gegen Neuverschuldung ausgesprochen, lehnen es aber ab, nur die Ausgabenseite des Staates zu betrachten. Wir begrüßen, dass bei den geringeren Einkommen die Bemessungsgrenzen heruntergesetzt werden, aber wir halten die Forderungen nach Steuersenkungen, die jetzt aus der Industrie, den Wirtschaftsinstitutionen, den Kammern, der CSU und der FDP kommen, für unverantwortlich. Nicht nur, dass uns die Steuersenkungen aus der Vergangenheit heute noch schwer zu schaffen machen, wie zum Beispiel die Erbschaftsteuer, die dazu beiträgt, dass wir jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag als Minderausgabe im Haushalt haben, sondern auch die Unternehmensteuer und die Vermögensteuer schlagen zu Buche. Diese Mittel fehlen der öffentlichen Hand und sind auch ein Schlag gegen die Steuergerechtigkeit.
Ab 2020 soll nun eine Schuldengrenze eingeführt werden; das ist ein schlechter Witz. Neulich wurde das im Radio einmal auf die Situation einer Familie übertragen. Eine Familie hat zu viele Schulden und weiß nicht mehr, wie sie weiterkommen soll. Dann berät sie und beschließt, dass alles so weitergeht wie bisher. Sie nehmen noch ein paar mehr Schulden auf und die Kinder übernehmen ab 2020 die Schulden; so kann das wirklich nicht gehen.
Der Nobelpreisträger Robert Solow hat in der "Frankfurter Rundschau" erklärt, Steuersenkungen könnten zu einer Belebung der Konjunktur beitragen, sofern sie hauptsächlich Haushalten zugute kämen, die von Liquiditätsbeschränkungen betroffen sind. Deshalb begrüßen wir auch die Steuersenkungen im Zuge der Einstufung. Aber genau an dieser Stelle setzt auch unsere Kritik an dem Konjunkturprogramm des Senats an. Das vorgestellte Programm greift unserer Meinung nach zu kurz, es ist zu einseitig und verstärkt die soziale Schieflage in dieser Stadt. Der Senat hat immer zugestanden, dass es bei Schulen einen Sanierungsstau von rund 4 Milliarden Euro gibt; es werden jetzt aber nur 97 Millionen Euro eingesetzt. Die konjunkturellen Impulse gehen hauptsächlich an Handwerk und Gewerbe. Wir finden es gut, dass viele kleine Handwerksbetriebe, auch im Baugewerbe, jetzt
Um zu verhindern, dass die Menschen, die nicht schuld an dieser Finanzkrise sind, nun auch noch besonders darunter leiden müssen, sind umfassende arbeitspolitische Maßnahmen notwendig.
Wir begrüßen zwar, dass die freien Stellen im öffentlichen Dienst wieder besetzt werden sollen, aber das reicht nicht, eine Aufstockung ist erforderlich.
Genauso ist es mit der Bildung. Sonst kommt es auf Millionen und Milliarden nicht an, um es einmal deutlich zu sagen.
Es klingt natürlich gut, wenn man sagt, wir investieren in Bildung. Hier werden aber nur die von der CDU über Jahre selbst verursachten Missstände viel zu spät angegangen. Erst die Schulen verfallen lassen und dann die notwendigen Maßnahmen als Konjunkturoffensive zu verkaufen, ist schlicht unseriös.
Außerdem beschränken sich die für die Bildung vorgesehenen Maßnahmen vor allem auf bauliche Maßnahmen, auf Investitionen in Beton. Es werden Erwartungen geweckt, die nicht erfüllt werden. So stehen zum Beispiel hinter dem Betreuungsprogramm Schule und Kita – da denke ich an Betreuung, an Menschen aus Fleisch und Blut, die Kinder in der Kita betreuen – nichts anderes als bauliche Maßnahmen, die die Voraussetzungen für die Primarschulen herstellen sollen. Das ist wieder nur eine Investition in Bau und nicht in Menschen.
Die LINKE fordert hingegen 840 neue Lehrerstellen für 2009 und 2010. Ich weiß, dass Sie dafür nie Geld haben, sonst aber Millionen und Milliarden ausgeben.
Während die Arbeitslosigkeit auch in Hamburg in den nächsten Monaten deutlich zunehmen wird – der Bürgermeister hat darauf hingewiesen –, bleibt der Senat bei wenigen Mitteln für Ausbildungsförderung in Qualifizierungskursen begleitend zur Kurzarbeit. Ich finde das wirklich einfallslos. Wie will man mit 3,5 Millionen Euro für Arbeitsmarktpolitik den drohenden Anstieg auf bis zu 100 000 Arbeitslose gegen Jahresende bekämpfen?
Die LINKE erneuert ihre Forderung nach einer Rückkehr zu einer aktiven Arbeitsmarktpolitik. Wir fordern die Abschaffung der Ein-Euro-Jobs und wir wollen eine Ausweitung des öffentlichen Dienstes. Wer die Krise bekämpfen und den Menschen Zuversicht geben will, der muss entschieden handeln. Um mich nicht falsch zu verstehen: Es gibt eine ganze Menge Ansätze, die wir durchaus unterstützen. Wir finden es zum Beispiel sehr gut, dass im baulichen Bereich investiert wird, dass kleine Handwerksbetriebe Aufträge bekommen, dass es eine energetische Nachrüstung im Altbau gibt. Das finden wir alles wunderbar, aber es reicht bei Weitem nicht aus.
Wirtschaftssenator Gedaschko hat selbst in einer Zeitung gesagt, als er das Hamburger Konjunkturprogramm vorgestellt hat, wichtigstes Ziel der Landespolitik sei die Abmilderung des zu erwartenden Anstiegs der Arbeitslosigkeit um 20 000 Menschen.
Wir glauben, dass Sie mit diesem Programm das Ziel, das Herr Gedaschko sich gestellt hat, glatt verfehlen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kerstan, wenn Sie uns Ihre Wissenschaftsstiftung als Ausweg aus der Krise darlegen, dann können Sie nicht erwarten, dass wir das ernst nehmen. Das besprechen wir am besten, wenn Ihre Drucksache der Bürgerschaft vorliegt und wir erfahren, dass Sie 375 Millionen Euro neue Schulden in obskuren Grundbucheinträgen verstecken wollen. Das ist nicht das heutige Thema, das sind Ihre schwarz-grünen Obskuritäten und Kuriositäten. Darüber wollen wir heute nicht sprechen, sondern die Regierungserklärung des Bürgermeisters ist das Thema.
Der hat heute die Lage beschrieben, in der sich Hamburg vor der beginnenden Konjunkturkrise befindet, und er hat zu Recht die Lage Hamburgs mit der Haushaltslage des Senats in Verbindung gebracht. Dabei hat er allerdings das gleiche Ablenkungsmanöver, die gleiche Täuschung zur Haushaltslage vorgenommen, die wir von seinem Finanzsenator kennen. Er hat darauf verwiesen, dass der Senat in den letzten zwei Jahren keine offiziellen Schulden gemacht habe, aber er hat kein Wort zu den unsoliden Haushaltstricks gesagt, die der Senat vorgenommen hat und die sich zu einem Defizit von 1,4 Milliarden Euro im kommenden Doppelhaushalt summieren, ohne dass sich die Finanzmarktkrise überhaupt ausgewirkt hat.
Lesen Sie noch einmal das Protokoll der Bürgerschaft vom 7. Mai 2008. Da haben wir gesagt, dass Sie mit Ihrer Haushaltspolitik auf einer großen konjunkturellen Welle reiten und dass, wenn diese konjunkturelle Welle abbricht, Ihr Finanzsenator mit seiner Rhetorik hart aufs Pflaster schlagen wird. Und dazu kommt es nun. Man muss noch nicht einmal Wirtschaftsexperte oder Prophet gewesen sein, um das vorherzusagen.
Es nützt jetzt aber nichts, sich bei der CDU über die Finanzpolitik der Vergangenheit zu beschweren. Wenn man nicht aufpasst und die Dinge beim Namen nennt, wirft einem der Bürgermeister plötzlich auch noch Häme vor. Wir brauchen jetzt einen Weg, wie wir gemeinsam am besten aus der Krise kommen. Dafür gibt es kein Patentrezept, aber es gibt ein paar wichtige Grundsätze und einer ist, dass wir die Ausgangslage zutreffend beschreiben und die Handlungsmöglichkeiten nicht schönreden. Zu dieser Lage gehört die Erkenntnis, dass dieser Senat uns ohne jede finanzielle Reserve in die Krise führt. Es sind zwei Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben.
Erstens: Der Senat kämpft mit den Folgen seiner unsoliden Haushaltspolitik in den wirtschaftlich guten Jahren; Herr Neumann hat es dargestellt. Sie haben ertragreiche Vermögen verkauft, Fehlinvestitionen wie die U 4 vorgenommen, teure Großprojekte wie die Elbphilharmonie schlecht gemanagt und schließlich eine riskante Geschäftspolitik der HSH Nordbank gefördert und Renditeforderungen von 17 bis 20 Prozent gestellt. Dies wird alles zu einem Vermögensverlust in Milliardenhöhe führen. Während nahezu alle anderen Bundesländer die wirtschaftlich guten Jahre genutzt haben, um ihr Defizit zu verringern, hat Hamburg genau in diesen Jahren das Defizit vergrößert. Deshalb haben wir jetzt keine finanziellen Reserven mehr für ein eigenes, zusätzliches, regionales Konjunkturprogramm. Deshalb erschöpft sich das Senatshandeln darin, bereits geplante Investitionen vorzuziehen. Das ist sinnvoll, aber es ist eben kein zusätzliches Konjunkturprogramm. Sie können noch nicht einmal Ihren 25-Prozent-Anteil am Bundesprogramm ohne neue Schulden finanzieren.
Zweitens: Die Senatsmitglieder verkünden derzeit stolz und mit großem Presseaufwand, wie sie das zusätzliche Geld des Bundes ausgeben wollen. Herr Bürgermeister, ich sage Ihnen eines. Ihre Senatoren werden mit ein bisschen Pech noch nicht einmal in der Lage sein, das Geld überhaupt kurzfristig und wirksam in kleinteiligen Vergaben zur Förderung der mittelständischen regionalen Wirtschaft einzusetzen. Schon daran werden Ihre Behörden vermutlich scheitern, weil sie die Planungs, Vergabeund Baubetreuungskapazitäten gar nicht haben. Das sind die beiden Probleme, die wir aktuell lösen müssen. Sie haben keine Mittel für
ein eigenes Konjunkturprogramm und Sie sind nicht in der Lage, Ihre vorgezogenen Investitionen und die zusätzlichen Mittel des Bundes kurzfristig sinnvoll einzusetzen. Deshalb brauchen Sie Hilfe. Sie sollten sich nicht zur Senatsklausur nach Lüneburg zurückziehen, um über einen neuen Slogan zu beraten und zu besprechen, wie Sie das Geld des Bundes für eine Politikshow einsetzen. Sie brauchen Hilfe. Sie brauchen die Hilfe der Bezirke, der öffentlichen Unternehmen,
möglicherweise auch Dritter, die in der Lage sind, vorgeplante, dem Gemeinwohl dienende Investitionen kurzfristig umzusetzen, vielleicht auch durch Anreize und Zuschüsse an Dritte, die dann private Investitionen auslösen. Wenn ich die Liste sehe, die Sie in Lüneburg beraten haben, dann sind da einige richtige Punkte. Es sind aber auch viele Punkte dabei, die unter die Kategorie fallen, wie der Rechnungshof es nennt – gar nicht wahr, der Bund der Steuerzahler nennt es so –:
"Abarbeitung schwarz-grüner Wunschzettel." Über diese Punkte sollten Sie mit der Opposition, mit den Verbänden und mit den Gewerkschaften reden. Lassen Sie sich helfen bei diesen Problemen, die Ihnen derzeit an allen Fronten über den Kopf wachsen.
Herr Kerstan, Sie haben uns als Opposition angesprochen und gesagt, wir seien die SPD-Programmpartei, und das ist richtig.
Wir haben im Oktober 2007 ein neues Grundsatzprogramm beschlossen. In einem ersten Kapitel "Die Zeit, in der wir leben" haben wir etwas gesagt, was hochaktuell ist. Wir haben gesagt, wir brauchen
"Der globale Kapitalismus häuft große Mengen an Kapital an, die aber nicht zwangsläufig neuen Wohlstand erzeugen. Entfesselte Finanzmärkte bringen Spekulation und Erwartungen hervor, die einer nachhaltigen und langfristig ausgerichteten Wirtschaftsweise entgegenstehen. Wo das einzige Ziel die schnelle und hohe Rendite ist, werden allzu oft Arbeitsplätze vernichtet und Innovationen verhindert. Kapital muss der Wertschöpfung und dem Wohlstand dienen."