Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

(Beifall bei Antje Möller GAL)

Deswegen sage ich als Erstes: 130 000 Menschen in unserer Stadt sind in ziemlich schwerem Ausmaß Verkehrslärm ausgesetzt. Das kann man auch nicht von heute auf morgen ändern. Aber die Politik muss sich daran messen lassen, ob sie Lärmsanierung voranbringt, ob sie Projekte so strukturiert und steuert, Investitionen und die Planungen so anlegt, dass die Lärmsanierung immer besser wird mit entsprechenden Technologien, aber auch die Bereitschaft wächst, für Lärmschutz Geld auszugeben. Ich glaube, da muss sich dieser Senat überhaupt nicht verstecken.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Bei allen Projekten, die wir vorantreiben in der Verkehrspolitik, wollen wir die Auswirkungen des Verkehrs – ich sage das jetzt einmal so – zivilisieren. Das heißt, wir wollen den Verkehr sicherer machen, wir wollen ihn sauberer machen, lärmärmer machen. Man kann ja nicht sagen, dass es ohne Lärm geht. Wir wollen somit den Stadtraum und die Lebensqualität für die Hamburgerinnen und Hamburger so wenig wie möglich durch den Verkehr beeinträchtigen.

Ich komme auf das erste Beispiel Autobahn A 7. Wir haben letzten Dienstag im Senat die Entscheidung über die Planungen, auch über die Deckelverlängerungen, die wir von Hamburger Seite finanzieren wollen, getroffen und das ist eine sehr weitreichende Entscheidung. Ich erwarte dann auch von der Opposition, dass sie hier einmal in der Sache Stellung nimmt und nicht nur immer zum Verfahren spricht. Sie sind auch gefordert, wie Sie das in der Sache beurteilen. Das sage ich zur LINKEN, weil die SPD zumindest in Altona und auch sonst sich zu diesem Projekt sehr eindeutig geäußert hat.

Ich sage Ihnen deutlich, für mich heißt Beteiligungskultur nicht, Herr Bischoff, meine eigene Meinung zurückzustellen, um abzuwarten, wie ein Bürgerentscheid abläuft, wenn meine inhaltliche Überzeugung klar ist, dass dieses Projekt ein gesamtstädtisches ist. Ich würde es für unverfroren halten, diese meine Meinung dann nicht auch kundzutun. Man kann von einer Senatorin genauso wie von einem Bürgerschaftsmitglied erwarten, sich dazu eine Meinung zu bilden.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wenn die LINKE sagt, das ist ein Altonaer Projekt und wenn die Altonaer Bürger dagegen sind, dann dürfen wir den ganzen Deckel nicht bauen, dann müssen Sie es so und nicht anders vertreten. Inhaltlich sind Sie dann auf dem Holzweg, aber dann haben Sie wenigstens in der Sache Stellung ge

nommen. Bisher haben Sie das leider nicht getan, aber Sie treten ja gleich noch an das Pult.

Ich möchte deutlich sagen, dass wir selbstverständlich mit dem Bezirk kooperieren. Auch wenn wir die Bebauungspläne jetzt an uns ziehen, brauchen wir trotzdem die bezirkliche Kompetenz. Ich bin froh, dass die breite Mehrheit in der Bezirksversammlung unser Vorgehen stützt, weil sie weiß, dass der Planungsprozess für die Überdeckelung der A 7 ein so komplexer Vorgang ist und dass es sich zum Lärmschutz für über 25 000 Menschen im Westen dieser Stadt lohnt, dieses Projekt zu verwirklichen. Dann ist es, glaube ich, nicht mehr schwer zu erklären, dass das eine allgemeine Herausforderung und die Entscheidung der Evokation angemessen ist.

Ich vertrete das jedenfalls gern. Mir liegt selbstverständlich auch daran, mich mit den betroffenen Kleingärtnern in den Dialog zu begeben, um auch deren Interessen zu berücksichtigen. Aber Sie können nicht sagen, wenn es einen Bürgerentscheid gibt oder auch einen Volksentscheid, dann muss ich nicht mehr in der Sache Stellung nehmen. So geht Politik nicht.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Aber das heißt auch, dass man einen Bürgerentscheid und einen Volksentscheid unterstützen kann, auch damit haben wir Erfahrung.

Zur Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße muss ich in der Sache hier nicht so viel sagen, denn wir wissen alle, worum es geht. Aber auch da wäre es mir wichtig, Frau Timmermann, dass Sie sich bei einem so großen Projekt auch als Opposition in der Sache positionieren. Es ist doch ganz selbstverständlich, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in Wilhelmsburg Sorgen haben, dass sie wissen wollen, ob wir den Lärmschutz garantieren können, wenn wir die Trassen bündeln.

Es ist ganz klar, dass die gesamte Verlärmung deutlich abnehmen wird. Es geht hier um ein Projekt, dessen Dimensionen weit über diese Legislaturperiode hinausreichen, auch deswegen müssen sich Regierungstragende wie Oppositionsfraktionen zu so einem Projekt inhaltlich positionieren. Aber wir haben gerade jetzt eben auch ein ganz besonderes Zeitfenster.

(Ingo Egloff SPD: Dann legen Sie uns eine Planung vor, dann bekommen Sie eine Mei- nung von uns!)

Eine Verwirklichung vor der Eröffnung der Internationalen Bauausstellung und der Gartenschau 2013 macht Sinn und deswegen werbe ich dafür im ganzen Haus, dass wir uns trotz der in Wilhelmsburg zu führenden Diskussion daran beteiligen und uns auch jeweils in der Sache dazu äußern. Und selbstverständlich ist im demokratischen

(Senatorin Anja Hajduk)

Schlagabtausch eine unterschiedliche Argumentation immer erwünscht.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Über das Thema Hafenquerspange werden Sie auch noch in geeigneter Weise im Ausschuss informiert werden. Wir haben es für richtig gehalten, die Ergebnisse, die die DEGES nach meiner Beauftragung jetzt vorlegen konnte, natürlich auch innerhalb der Spitzen der Koalition zu diskutieren. Aber ich habe sie eben auch den Personen vorgestellt, die insbesondere in der Hafenwirtschaft davon betroffen sind. Die Bezirksamtsleiter von Harburg und Hamburg-Mitte, alle Fraktionsvorsitzenden aus den Bezirksparlamenten hatte ich heute in meinem Haus und wir haben darüber dann schon einmal diskutiert, damit sie die Ergebnisse dieser Untersuchung kennen.

Wenn ich als Senatorin nach Wilhelmsburg gehe und mich dort einer Diskussion stelle, sehe ich es selbstverständlich als meine Aufgabe an, einen Vorschlag mitzubringen,

(Beifall bei der GAL und CDU)

der mit Fakten unterlegt ist, der aufzeigt, wie eine Umsetzung aussehen könnte. Noch einmal: Sich mit einem solchen Vorschlag dann auch der Diskussion zu stellen, halte ich für ein richtiges Vorgehen. Das will ich auch machen und deswegen kann ich eine Kritik nicht akzeptieren, die unterstellt, die Wilhelmsburger würden nicht gefragt. Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, dass ihre Stadtregierung Machbarkeitspläne entwickelt, und es ist gut, wenn man sich dann der Diskussion stellt; so haben wir das vor.

Und ich bitte Sie noch einmal, etwas in der Sache dazu zu sagen, wie Sie den Vorschlag, soweit Sie ihn jetzt kennen,

(Karin Timmermann SPD: Dann sagen wir etwas!)

beurteilen, und nicht immer nur zum Verfahren zu sprechen; das wäre mir wichtig.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Dazu habe ich jedenfalls von Herrn Bischoff noch nichts gehört.

Ich räume ein, dass eine ausführliche Information zu den verkehrlichen Wirkungen noch fehlt. Wir werden eine Drucksache zum Fernstraßenausbau wahrscheinlich Ende März im Senat haben, so dass wir das auch mit der gebotenen Information im Parlament debattieren können. Aber Sie wissen ja, wie die Trassenplanung auf der Karte aussieht. Diese Hafenquerspange wurde schon zu Herrn Senator Wagners Zeiten diskutiert und wenn wir nach einem halben Jahr eine neue Trasse vorlegen, dann ist das auf der Zeitschiene keine so schlechte Leistung. Dass Sie dann noch Detailinformationen erhalten, ist das eine, aber dass Sie nicht Stel

lung nehmen könnten zu dieser Idee, kann ich mir nicht vorstellen. Wenn ich das richtig gehört habe, hat die SPD das in einer Pressemitteilung auch schon getan.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Echt!)

Ich möchte noch zu anderen Punkten der Verkehrspolitik kommen, denn es sind nicht nur die Straßenbauprojekte, die bei uns im Zentrum der Aktivitäten stehen, sondern es ist natürlich auch der Ausbau und die Steigerung der Attraktivität des ÖPNV. Ich habe Ihre Kritik gehört, Frau Timmermann, aber dennoch nehme ich für uns in Anspruch, dass wir auch eine ganze Menge machen.

Die Umgestaltung und Sanierung des U- und SBahnhofs Barmbek war lange fällig, auch dazu haben wir jetzt eine Drucksache auf den Weg gebracht. Wir haben ebenso den Bergedorfer Bahnhof im Blick und wir sind mit der Umgestaltung des S-Bahnhofs Poppenbüttel beschäftigt. Wir haben Taktverdichtungen realisiert und wir haben uns vor allem auch des Themas "Barrierefreier Ausbau von U- und S-Bahn-Stationen" angenommen. Es ist richtig, dass das ein Dauerthema ist, es war aber auch schon ein Thema, als wir zum Beispiel von 1997 bis 2001 noch gemeinsam regiert haben; das gehört zur Ehrlichkeit dazu.

(Karin Timmermann SPD: Die demografi- sche Entwicklung muss man im Auge behal- ten!)

Die demografische Entwicklung muss man sehr im Auge behalten, aber wir wollen unsere Anstrengungen zum Ausbau barrierefreier U- und S-BahnStationen auch steigern. Insofern freue ich mich dann auch über Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ihre Bewertung, Frau Timmermann, wir hätten eine Trassenentscheidung bei der Stadtbahn zugunsten des Koalitionsfriedens getroffen, teile ich nicht. Es ist möglich, basierend auf der Analyse von Fakten und Zahlen, auch auf der grünen Seite der Koalition neue Prioritäten zu setzen und das in der Sache zu vertreten und entsprechend zu argumentieren. Deswegen ist das eine Entscheidung in der Sache; man kann wirklich gute Gründe dafür haben, die Strecke jetzt im ersten Abschnitt, ausgehend von Bramfeld/Steilshoop über den – ich sage jetzt einmal grob – Ring 2, Richtung Altona zu führen. Das ist gar nicht so schlecht, vielleicht können wir Sie auch dafür gewinnen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ein weiterer Punkt, an dem wir arbeiten und für den wir auch gerade im Haushalt erhebliche Mittel bereitstellen, ist die Fahrradstrategie. Ich habe jetzt nicht mehr genug Zeit, um das deutlich zu machen, aber dies ist nicht nur ein Kernbestandteil unserer Verkehrspolitik – wir richten Mitte Mai ein Fahrradleihsystem ein –, es geht auch darum, tatsächlich

(Senatorin Anja Hajduk)

die Radwege zu verbessern. Zu den ersten Projekten gehören die Instandsetzung und der Ausbau der Radwege vom Barmbeker Markt zum Beispiel bis zur Bramfelder Chaussee und weiter zur Kellinghusenstraße, Verbesserungen an der Hamburger Straße und auch ein Pilotprojekt, eine Fahrradstation in Bergedorf.

Insgesamt werden 13 Millionen Euro – wenn man noch weitere Mittel aus dem Klimaschutzprogramm hinzurechnet, liegt die Summe sogar noch ein bisschen höher – in diesem Jahr aus dem Haushalt in den Fahrradbereich fließen.

Ein weiterer Punkt, den ich im Zuge der Debatte aufgreifen möchte, ist, dass wir nicht nur eine Fahrradstrategie verfolgen, sondern auch an anderer Stelle den Verkehr und vielleicht auch die Kultur des Verkehrs in dieser Stadt zur Diskussion stellen wollen.

Ich komme zum Projekt Shared Space oder Gemeinschaftsstraße, wie wir das künftig vielleicht nennen sollten, um auf diesen Anglizismus endgültig verzichten zu können.

(Beifall bei Elke Thomas CDU)

Auch die Kritik an diesem Projekt kann ich nicht teilen. Wir haben nicht einfach entschieden, Shared Space von oben herab brutal in die Großstadt hinein zu planen, egal, welche Sicherheitsfrage berührt ist, sondern wir haben dafür extra ein Gutachten in Auftrag gegeben, das den Bezirken auch demnächst zur Verfügung gestellt wird, sodass in jedem Bezirk die Chance für ein Pilotprojekt besteht. Wo ist das Problem, Frau Timmermann? Nehmen Sie Stellung in der Sache, kritisieren Sie uns doch nicht im Verfahren, es sei denn, Sie wollen darauf verzichten. Ich glaube, die SPD in den Bezirken wird da mitmachen,

(Beifall bei der GAL und der CDU)

das möchte ich auch noch einmal sagen.

Ein Punkt, den ich vorhin zur Hafenquerspange vielleicht zu kurz angesprochen habe und der heute auch nicht vollständig ausdiskutierbar ist, fällt mir aber doch noch ein, Herr Bischoff, bevor ich für heute meine Stellungnahme beende. Wir haben in der Tat bewusst unsere Konzeption so angelegt, dass die Hafenquerspange als Autobahn eine Verbindung von der A 7 zur A 1 darstellt und dass sie eben nicht in der Weise mit der Wilhelmsburger Reichsstraße verknüpft ist, sondern die Wilhelmsburger Reichsstraße weiterhin die Nord-Süd-Verkehre von Harburg nach Hamburg abwickelt; das macht sie nämlich heute schon mit einem Volumen von 55 000 Autos pro Tag. Dass wir diese Verknüpfung mit der Autobahn nicht vorsehen, soll genau den Effekt bringen, den wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, nämlich dass wir eine verkehrliche Entlastung Wilhelmsburgs erreichen wollen.

Insofern sind wir diejenigen, die im Auftrag des Bundes die Hafenquerspange planen, und ich plane sie so. Wenn Sie glauben, dass das im Sinne der Vernetzung nicht richtig sei, dann müssen Sie eben den Vorschlag machen, das vielleicht zu verknüpfen; aber dann würden Sie dort einen in der Sache ganz schwierigen Spagetti-Knoten bauen und ein problematisches Kreuz, das an der Stelle nicht notwendig ist. Ich lade Sie ein, unserer Argumentation zu folgen, den Durchstich direkt zur A 1 vorzusehen und nur nach Süden und entsprechend die Verkehre abzulenken. Das hat den Effekt, dass sowohl Wilhelmsburg als auch Harburg deutlich vom innerstädtischen Verkehr entlastet werden. Und auch hier geht es nicht nur um die Frage, ob Sie mir glauben, ob ich das ernst meine, sondern es geht wieder um eine Entscheidung und Positionierung in der Sache zu einer wichtigen verkehrspolitischen Frage in Hamburg.