Herr Völsch, Sie haben auch gesagt, die Bank wäre schon lange nicht mehr gesund gewesen. Das ist so eine der Thesen, mit denen man jede Debatte zu Ende bringt, indem man sagt, das war schon lange so; damit hat man das zwar noch lange nicht belegt, aber damit stellt man erst einmal infrage, was in den letzten Jahren gemacht wurde. Auch das ist ein wichtiges Element, mit dem sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuss beschäftigen wird, ob die Führung der HSH Nordbank auch unverantwortlich agierte, ob sie gegen geltende Regeln verstoßen hat, dann müssen daraus Konsequenzen gezogen werden.
Der PUA wird nicht nur Aufklärungsarbeit leisten müssen, sondern soll auch Vorschläge machen, die so einen Crash künftig wirksam verhindern. Ich bin gespannt, ob das gelingen wird. Es wird einige Zeit dauern, bis der PUA mit seiner Arbeit fertig ist, aber ob er dahin kommt, uns wirklich Vorschläge zu machen, wie so etwas künftig wirksam zu verhindern ist, ist ungewiss. Abgesehen davon, dass wir alle nicht wissen, ob überhaupt jemals wieder eine Bank in eine derartige Situation kommen wird. Wir werden es sehen.
Was wir heute also noch nicht sagen können, ist, wer wann welche Fehler gemacht hat, wann Fehlentwicklungen zugelassen wurden, welche Weichenstellungen falsch waren, was möglicherweise die Motive waren, wer die Verantwortung trug. Es gibt dazu eine Unmenge Thesen, einige habe ich eben genannt, ich halte schnelle Antworten für schädlich.
Ich glaube aber auch, dass wir noch über den SPD-Antrag hinausgehen sollten, wir wollen die Erweiterung auf die Vorgängerinstitute. Herr Kleibauer hat es schon gesagt, jetzt haben sich rechtliche Fragen ergeben. Wir werden diese Erweiterung dann in einer der Komplexität der Geschäftsordnung des PUA angemessenen Formulierung in die Beratungen einbringen und hoffentlich auch dazu kommen, tatsächlich bis an die Stellen die Arbeit zurückverfolgen zu können, an der die wahrscheinlich falschen Weichen gestellt wurden.
Das ist eben die Schwierigkeit, das wird auch die Situation der schleswig-holsteinischen Vorgängerbank mit betreffen. Es gab einmal eine spielerische Idee, ob nicht beide Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zusammen tagen sollten. Das wäre auch eine interessante Variante, das geht aber rechtlich nicht und wir wollen das politisch nicht ernsthaft für Hamburg. Aber dass man sich mit der Situation vor 2003 befasst, halten wir als GAL-Fraktion für notwendig.
Es ist aus unserer Sicht immer noch eine offene Frage, wie dieses vielfältige Wechselspiel zwischen operativer Ebene, verantwortlichem Vorstand und Aufsichtsrat funktioniert hat, wann die möglichen entscheidenden Versäumnisse aufgetreten sind und von wem sie verursacht wurden. Wir sind immer wieder bei der Frage nach dem Ausbau und der Steuerung der Kreditersatzgeschäfte, oder, das wurde hier schon gesagt, nach den Motiven für die Gründung von Tochtergesellschaften, Zweckgesellschaften, oder auch bei der Frage nach den Ausweitungen auf die Steuerparadiese dieser Welt. Einiges davon gehört wie selbstverständlich zur Geschäftspraktik vieler Banken, hat über Jahre gut funktioniert und erscheint heute gerade deshalb in einem anderen Licht.
Unser Maßstab für die Arbeit im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist, dass eine Bank, für die die Öffentliche Hand letztlich in Form der Gewährträgerhaftung einstehen muss, zu jedem Zeitpunkt transparent und verantwortlich agieren muss. Die Übernahme von Risiken gehört zu den normalen Geschäften. Wann, wo und ob die Grenze zu unverantwortlicher Spekulation überschritten wurde, ist aufzuklären.
Uns schrecken nicht die notwendigen politischen Konsequenzen, wenn sie auf Erkenntnissen basieren und nicht auf Vermutungen. Deswegen möchte ich mich diesem Appell anschließen, der hier von beiden Vorrednern formuliert wurde. Es wird viel Arbeit sein für die Abgeordneten, Kolleginnen und Kollegen, die im PUA arbeiten werden. Für uns sind das der Kollege Waldowsky und der Kollege Müller.
Es wird viel Arbeit sein, es wird notwendig sein, sich fachlich und sachlich in die Dinge hineinzuarbeiten.
Ich weiß nicht, ob die Namen die Unruhe erzeugen oder mein Anspruch, dass dort fachlich und sachlich gearbeitet werden soll, da bin ich jetzt nicht ganz sicher.
Es wird sich vielleicht noch aufklären lassen. Ich glaube auch, dass diese Abgeordneten, die dort arbeiten werden, sehr viel Stärke gegenüber der Öffentlichkeit beweisen müssen. Wir haben schon einige PUA im Parlament hinter uns, es gehört viel Kraft und auch Mut dazu, abzuwehren, was an Interessen und Anforderungen von außen kommt, von der einen oder anderen Seite an politischen Wünschen, aber auch an Wünschen von den Medien, an Aufklärungsinteresse, das völlig richtig ist, das aber manchmal mehr Interesse an den Eskapaden hat, die wohl im internationalen Management durchaus üblich sind. Das wollen wir den Medien überlassen, es selbst herauszufinden, ich glaube, entscheidender ist, dass sich darauf verständigt wird, dass die Aufklärung fachlich und sachlich – diesmal keine Unruhe, wunderbar – erfolgt, dass wir uns als Parlament insgesamt immer wieder mit den Ergebnissen auseinandersetzen. Entscheidender ist auch, dass wir uns im Endeffekt über die inhaltlichen Ergebnisse streiten und nicht darüber, wer wann welches Protokoll oder welches Fax wohin geleitet oder auch nicht geleitet hat.
In diesem Sinne werden es arbeitsreiche Monate werden, aber ich hoffe, dass wir uns als Parlament insgesamt immer wieder auf diese sachliche Art wie heute zur Debatte wiederfinden werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorhin von der SPD-Fraktion vorgelegte Antrag enthält die zentralen Untersuchungsbereiche. Die LINKS-Fraktion wird diesen Antrag unterstützen und geht davon aus, dass die weiteren organisatorischen Bedingungen für die Arbeit rasch geklärt werden.
Wir haben schon mehrfach gehört, die HSH Nordbank hat im vergangenen Jahr 2,7 Milliarden Euro Verlust gemacht. Der erste Punkt, bei dem wir offensichtlich schon nicht übereinstimmen – und ich
nehme mir die Freiheit, zu sagen, sachlich, nicht parteipolitisch – das Finanzinstitut hatte bereits Mitte 2008 eine Kapitalaufstockung von 2 Milliarden Euro erhalten. Ich selbst, da ich neu in diesem Hause bin, bin sofort bei Antritt meines Mandats mit dieser Frage konfrontiert gewesen. Ich sage Ihnen das in aller Offenheit, die Begründung, die Herr Senator Freytag für diese 2 Milliarden Euro immer vorgebracht hat, hat mich nicht überzeugt. Ich glaube, als jemand, der die Einsicht in den Geschäftsbericht der KPMG hatte, bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass damals nicht mit offenen Karten gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber mir als einem Mitglied der Bürgerschaft gespielt wurde. Das ist ein Punkt, der mit aufzuklären ist.
Fest steht in jedem Fall, dass der Freien und Hansestadt Hamburg durch die Geschäftspolitik der Bank und damit ihrer Aufsichtsgremien schwerer Vermögensschaden zugefügt wurde.
Parallel zum Untersuchungsausschuss hier und in Schleswig-Holstein ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg aufgrund einer Strafanzeige wegen des Verdachts schwerer Untreue. Seit die Staatsanwälte die Staatsbank KfW gefilzt und Büros früherer Vorstände der SachsenLB durchsucht haben, ist die Finanzkrise eben auch ein Fall, Frau Möller, für die Strafjustiz. Auch bei anderen Geldinstituten laufen Ermittlungen.
Bankenrechtliche Vorschriften, die bekanntlich durch die Bankenaufsicht BaFin konkretisiert und kontrolliert werden, zielen darauf ab, dass die Handelsgeschäfte und die zugehörigen Risikopositionen regelmäßig auf die mit ihnen verbundenen Verlustrisiken zu untersuchen sind. Offenkundig – da haben wir jetzt durch die Hypo Real Estate neuere Informationen – ist bei einigen Landesbanken, auch der HSH Nordbank, diese Risikokontrolle unzureichend gehandhabt worden. Kollege Kleibauer, Sie haben das eben zitiert,
die Risikokontrolle der HSH Nordbank wäre unterentwickelt gewesen, das sage nicht ich, sondern das konnte man in einer großen Tageszeitung lesen. Aber weil Sie das interpretiert haben, möchte ich Sie doch mit dem genauen Wortlaut konfrontieren. Herr Nonnenmacher sagt:
Offenbar erfüllt gewesen – heute wissen wir, das war nicht ausreichend. Die Kultur der Bank war zu stark davon geprägt, das Neugeschäft zu machen, die Risikokontrolle war qualitativ und quantitativ unterentwickelt. Das ist ein Punkt, den es zu prüfen gilt, ob damals die Risikokontrolle vernachlässigt worden ist. Es ist die Aufgabe des Parlamenta
rischen Untersuchungsausschusses, mit aller Eindeutigkeit herauszuarbeiten und zu prüfen, ob die Verantwortlichen der HSH Nordbank für die Missachtung von Vorschriften verantwortlich waren und wer dafür letztlich in Haftung zu nehmen ist.
Auch wenn wir das jetzt gerne der Staatsanwaltschaft überlassen wollen: Es geht hier nicht um eine einfache Fingerübung, sondern es geht um den Verdacht der Untreue in einem besonders schweren Fall, der eben auch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses begründet.
Frühere HSH-Vorstandsmitglieder und Mitglieder des Aufsichtsrats stehen im Verdacht, ihre Vermögensfürsorgepflicht sträflich vernachlässigt zu haben. Die Bank hatte kurz vor dem Auslaufen der Gewährträgerhaftung Billigkredite aufgenommen und damit hochriskante Papier aufgekauft. Bei dieser Operation, das habe ich gelernt durch die Unterausschüsse, wurde das sogenannte Schnellankaufverfahren praktiziert. Wissen Sie, was ein Schnellankaufverfahren ist? Wenn eine Bank von langjähriger Prüfung abweicht und im 24-Stunden-Rhythmus Papiere von Milliardengrößenordnungen ankauft, das nennt man im Umlaufverfahren ein Schnellankaufverfahren. Das ist aufzuklären, ob das mit den bankenrechtlichen Vorschriften übereinstimmt, und es ist aufzuklären, welche Rolle der Aufsichtsrat in dieser Praxis darstellt.
Selbstverständlich, Frau Möller, geht es nicht darum, das haben wir auch von Herrn Freytag schon öfter gehört, alle Bankmanager oder Aufsichtsratsmitglieder zu Tätern oder Gehilfen einer nicht-existierenden Straftat namens Finanzkrise zu erklären, das ist völlig unstrittig. Aber es muss geprüft werden, ob sich das Führungspersonal wissentlich oder fahrlässig über Mindestanforderungen hinweggesetzt hat und damit der Freien und Hansestadt Hamburg einen immensen Vermögensschaden zugefügt hat, bei dem das Ende noch nicht absehbar ist. Das ist auch im Verständnis unserer Fraktion die Aufgabe eines solchen Untersuchungsausschusses.
Jetzt sagen Sie – das ärgert mich auch in gewisser Weise – natürlich sei es nicht so, dass Herr Freytag für die globale Finanzkrise verantwortlich ist, das würde ich ihm auch nicht unterstellen.
Aber, Frau Möller, wir dürfen das alles auch nicht zum Naturereignis herabstufen und dabei gleichsam so reden, als seien wir mit einem Finanz-Tsunami konfrontiert und Herr Freytag und Herr Peiner seien bloße Opfer einer Naturkatastrophe.
Weil Sie gesagt haben, ob wir überhaupt noch einmal dahin kommen, dann möchte ich darauf verweisen, dass der Nobelpreisträger für Ökonomie, Krugman, meines Erachtens zu Recht, konstatiert:
"Die Bankenkrise zeigt, dass deregulierte, unüberwachte Finanzmärkte allzu leicht katastrophale Ausfälle hinnehmen müssten. Dies war schon die Erfahrung aus der ersten großen Weltwirtschaftskrise des 20. Jahrhunderts. Wir heute im 21. Jahrhundert zahlen den Preis für unsere vorsätzliche Amnesie. Wir haben es vorgezogen zu vergessen, was in den Dreißigerjahren passiert ist. Und weil wir uns geweigert haben, aus der Geschichte zu lernen, wiederholen wir sie jetzt."
Das, was wir wiederholen, ist, dass wir und die Fraktion vorneweg, immer eine Politik der Deregulierung betrieben haben. Diese Finanzmärkte, hier sind wir uns einig, müssen zu harten Regeln zurückkommen.
Diese Aufgabe ist noch nicht beendet und das ist nach unserem Verständnis auch ein wichtiger Beitrag, der aus dem Untersuchungsausschuss entwickelt werden kann und der selbstverständlich erst dann weitergegeben wird, wenn er hier im Plenum erörtert worden ist und die notwendige Unterstützung erfahren hat.
Es geht also um Regulation, aber es geht auch darum, aufzuhellen, ob hier Täter vorhanden sind, die sich nicht auf den Tsunami zurückziehen können, sondern die für den schweren Vermögensschaden der Stadt verantwortlich sind. Es geht also nicht nur um die Manager – die sind zum Teil weg, Herr Nonnenmacher durfte nur noch ausputzen –, geprüft werden muss vor allem auch die Rolle des Aufsichtsrats bei der Fehlentwicklung und dem sich anschließenden Krisenprozess.
Namentlich wollen wir das Verhalten des HSH-Chefaufsehers und früheren Finanzsenators Wolfgang Peiner sowie des jetzigen Finanzsenators Freytag unter die Lupe nehmen. Ich bin nicht davon überzeugt – da können Sie sagen, das ist Parteipolitik – dass das alles in Ordnung war, wir haben über die Risikopositionen gesprochen, das soll der Untersuchungsausschuss zutage bringen.
Peiner hat bereits eingeräumt, dass er aufgrund seiner Erfahrung hätte erkennen können, dass das Kreditersatzgeschäft für die Landesbank zu groß geworden ist. Der Aufsichtsrat der HSH Nordbank hat die Arbeit der amtierenden und früheren Vorstände überprüfen lassen, die Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer soll feststellen, ob