Protokoll der Sitzung vom 11.06.2009

Peiner hat bereits eingeräumt, dass er aufgrund seiner Erfahrung hätte erkennen können, dass das Kreditersatzgeschäft für die Landesbank zu groß geworden ist. Der Aufsichtsrat der HSH Nordbank hat die Arbeit der amtierenden und früheren Vorstände überprüfen lassen, die Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer soll feststellen, ob

die Bankvorstände ihren unternehmerischen Pflichten nachgekommen sind. Selbstverständlich gilt es, diese Untersuchungsergebnisse des Auftrags der Sozietät im Untersuchungsausschuss einzubeziehen.

Im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss soll insgesamt geklärt werden, wer für die Entwicklung der HSH Nordbank zu einer Kapitalmarktbank verantwortlich war. Von großem Interesse ist weiterhin, ab welchem Zeitpunkt die schwierige Geschäftslage für Vorstand und Aufsichtsrat bekannt war, ob angemessene Schritte zu einer Rückführung des Verlustrisikos eingeleitet wurden und ob die Parlamente auch zeitnah darüber informiert wurden. Nicht nur der Vorsitzende, sondern, Frau Ahrons, der gesamte Aufsichtsrat hatte eine Vermögensfürsorgepflicht, die offenkundig im Bereich des Kreditersatzgeschäfts unzureichend wahrgenommen wurde. Ich hoffe, dass wir diesen Zusammenhang zwischen Finanzkrise und Tätern wirklich schonungslos aufklären können.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Meine Fraktion wird sich bei all dem, was uns an Kräften zur Verfügung steht, dafür einsetzen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort bekommt Herr Völsch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Einige ganz kurze Bemerkungen. Natürlich haben wir in den letzten Jahren viele Dinge gemeinsam entschieden, das ist auch gut so. Es ist aber seit spätestens Anfang letzten Jahres so, dass wir deutliche Hinweise darauf haben, dass wir nicht mehr ausreichend informiert werden vor diesen Entscheidungen, dass wir teilweise falsch informiert werden. Die Wahrheit ist im letzten Jahr immer nur scheibchenweise herausgekommen. Wenn nicht mehr zu verhindern war, dass etwas bekannt wird, dann ist es bekanntgegeben worden, mehr auf keinen Fall. Dafür gibt es mehrere Beispiele, ich erwähne nur noch einmal das Thema Kapitalerhöhung der HSH Nordbank letztes Jahr im Mai.

Zweite Bemerkung: Kreditersatzgeschäfte. Herr Kleibauer, niemand hat jemals behauptet, dass Vorgängerinstitute niemals etwas mit Kreditersatzgeschäften zu tun hatten. Aber wir haben in einer Vielzahl von Kleinen Anfragen, in den Protokollen und den Sitzungen des Haushaltsausschusses im letzten und in diesem Jahr mehrfach erfahren, dass die Probleme im Kreditersatzgeschäft bei Geschäften entstanden sind, die ab den Jahren 2003, 2004 und 2005 gemacht wurden. Da sind die hohen Verluste der letzten Jahre entstanden, das lässt sich auch nicht mehr wegdiskutieren. Das

(Dr. Joachim Bischoff)

können wir im Untersuchungsausschuss gerne noch vertiefen, ich glaube nicht, dass wir zu deutlich anderen Ergebnissen kommen werden.

(Beifall bei der SPD)

Dritte Bemerkung zum Thema Aufsichtsrat: Das Beispiel, Frau Möller, war nett gewählt, es war drollig, Sie wissen aber vermutlich selbst, dass es hinkt, denn von einem Finanzsenator erwarte ich natürlich, dass er etwas von diesem Geschäft versteht, wenn er in den Aufsichtsrat einer solchen Bank geht, sonst sollte er nicht Finanzsenator sein.

(Beifall bei der SPD – Michael Neumann SPD: Genau das ist das Problem! – Antje Möller GAL: Ich habe über Herrn Kopper ge- sprochen, nicht über den Senator!)

Deshalb bin ich etwas erstaunt darüber, dass Sie einer weiteren Entstaatlichung des Aufsichtsrats der HSH Nordbank so das Wort geredet haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Antje Möller GAL: Das ist ja Unsinn! Das ist ja Quatsch!)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag der SPD–Fraktion aus der Drucksache 19/3178. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

Der gemeinsame Antrag der Fraktionen der CDU und der GAL, Drucksache 19/3258, ist zurückgezogen worden.

Meine Damen und Herren! Ich rufe dann den Punkt 54 der Tagesordnung auf Drucksache 19/ 3173, ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen der CDU und der GAL: Flächenmanagement für Hamburgs Kreative.

[Antrag der Fraktionen der CDU und GAL: Flächenmanagement für Hamburgs Kreative – Drs 19/3173 –]

Hierzu liegen Ihnen als Drucksache 19/3254 ein Antrag der Fraktion DIE LINKE sowie als Drucksache 19/3271 ein Antrag der SPD-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Flächenmanagement für Kreative – Drs 19/3254 –]

[Antrag der Fraktion der SPD: Effektive Flächenvergabe zu Gunsten von Hamburgs Kreativen – Drs 19/3271 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. Gümbel hat es.

(Glocke)

Meine Damen und Herren! Mögen Sie die Nebengespräche bitte draußen fortführen, das ist ein deutlich zu hoher Geräuschpegel hier. – Bitte sehr, Frau Dr. Gümbel.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Das war jetzt eine große Stunde des Parlaments, aber trotzdem bitte ich um Ihre Aufmerksamkeit für das Thema, das wir nun haben.

Die GAL hat in das neue Leitbild des Senats, Wachsen mit Weitsicht, die Förderung der Kreativwirtschaft und der kreativen Talente eingebracht. Die kreative Stadt mit der Förderung von Technologie, Toleranz und Talenten ist der programmatische Kern grüner Stadtpolitik. Sowohl in den Koalitionsverhandlungen als auch in den Haushaltsberatungen haben wir uns für eine bessere materielle Ausstattung der Kreativen stark gemacht. Dazu zählen unter anderem die bessere, gezielte Förderung der Off-Kultur, die verstärkte Förderung der Hamburger Klubszene sowie die Gründung einer Kreativagentur mit einer entsprechenden materiellen Ausstattung.

Die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft nimmt insbesondere für Metropolen immer mehr zu. Die Kultur- und Kreativwirtschaft bietet in Deutschland inzwischen mehr Arbeitsplätze als die Autoindustrie. Die zunehmende Digitalisierung hat dazu geführt, dass aus Kreativen Unternehmer wurden. In der Folge ist es zu einem schnellen Wachstum der Kreativwirtschaft gekommen und das Spektrum der Branchen, die hier in Hamburg große Bedeutung erlangt haben, reicht von der Filmwirtschaft, Verlagen, Galerien bis hin zu Industrieunternehmen, Werbeagenturen und der jetzt sehr aufsteigenden Software-Games-Industrie.

Neben der besseren materiellen Ausstattung für die Kultur- und Kreativwirtschaft ist es von besonderer Bedeutung, günstige Rahmenbedingungen für Kreative zu schaffen. Ein, wenn nicht der zentrale Punkt dabei ist die Bereitstellung von Flächen. Sowohl von Flächen, die sich für eine dauerhafte Nutzung als auch für eine Zwischennutzung eignen. Viele Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft sind Kleinunternehmen, meist sogar Ein-Personen-Gesellschaften und für diese Kleinunternehmer ist die Raumfrage existenziell. Gerade für einen Existenzgründer ist es entscheidend, ob die Frage nach einer bezahlbaren Raummiete für geeignete Flächen mit einem Ja beantwortet werden kann. Gelingt es nicht, so kann er oder sie nicht den Schritt in die Selbstständigkeit wagen und der Hansestadt, also uns, geht die Chance verloren, dass aus dem zunächst prekären Kleinstunternehmer ein florierendes Unternehmen werden kann. Als gelungenes Beispiel hier kann die gezielte Förderung der Games-Branche ange

(Thomas Völsch)

sehen werden. Deshalb wollen wir ein Flächenmanagement implementieren, das dafür sorgt, dass der Kreativwirtschaft geeignete und finanzierbare Flächen zur Verfügung gestellt werden. Es wird darauf ankommen, die Zuständigkeiten zu bündeln, verlässliche Verfahren zu entwickeln und mit entsprechenden Richtlinien auszustatten. Dabei gilt als Maßgabe, dass es nicht so sehr darauf ankommt, marktübliche Mieten zu fordern und den Haushalt der Hansestadt zu entlasten, sondern vielmehr, über diese Wege der Kultur- und Kreativwirtschaft mit ihren besonderen Bedingungen eine spezielle Förderung zukommen zu lassen.

(Beifall bei der GAL und bei Norbert Hack- busch DIE LINKE)

Das freut mich, Herr Hackbusch!

Ziel ist es, den immer wichtiger werdenden Wirtschaftszweig der Kreativwirtschaft zu fördern und den Wettbewerb der Metropolen an Hamburg zu binden. Das entspricht auch der Handlungsempfehlung des Schlussberichts der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags, Kultur in Deutschland. Dort wird den Städten empfohlen, kultur- und kreativwirtschaftliche Strukturen gezielt zu fördern.

Ein wichtiges Feld des Flächenmanagements für Kreative soll aber auch die Vermittlung von Räumen zur temporären Nutzung sein, darunter verstehen wir zum Beispiel Bürogebäude, die für eine andere Nutzung gedacht sind, aber auf dem Markt derzeit nicht nachgefragt werden. Sie sollen nun durch ein geeignetes Flächenmanagement für eine Zwischennutzung durch Kreative zur Verfügung stehen. Berlin hat hier sehr gute Erfahrungen gemacht und hier wollen wir anknüpfen. In Hamburg hängt es im Augenblick noch von glücklichen Fügungen ab, ob Kreative geeignete Räume zur temporären Zwischennutzung finden. Die Raumsuche der Künstlerateliergemeinschaft SKAM ist hierfür nur ein Beispiel. Durch eine klare Regelung der Zuständigkeiten, der Einführung eines entsprechenden Flächenmanagements sowie der Beratung und Hilfe bei der Raumsuche soll dieser Missstand nun behoben werden. Auch hier sei der Hinweis erlaubt, dass die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags den Kommunen empfiehlt, ihre Liegenschaften einer Zwischennutzung für Künstler und kultur-kreative Akteure zugänglich zu machen.

Wir Grünen haben ein Flächenmanagement für Kreative schon lange gefordert und mit einem entsprechenden Beschluss heute können wir als Bürgerschaft ein deutliches Signal an die Kultur- und Kreativwirtschaft senden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Hamburg wird seine Anziehungskraft auf Kreative ausbauen. Wir wollen für die Kreativen dieser

Stadt die bestmöglichen Rahmenbedingungen schaffen und deshalb bitten wir Sie um Zustimmung für den gemeinsamen Antrag von CDU und GAL. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt Frau Martens.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Letzte Woche titelte das "Hamburger Abendblatt":

"Die junge Kunst im Sog der Altstadt. Kreative Szene: Alte und neue Galerien verleihen dem Quartier besonderes Flair"

Das sind Berichte, die jedes Kulturpolitikerherz höher schlagen lassen. Denn in diesem Bericht geht es nicht um Berlin, sondern er beschreibt Hamburgs kreative Szene rund um den Domplatz. Super. Endlich. In Zukunft muss Hamburg es seinen Künstlern, Musikern und anderen Talenten aber leichter machen, an günstige Immobilien zu kommen, deshalb haben wir einen Antrag zu diesem Thema eingebracht. Der Senat zielt mit seinem neuen Leitbild – Frau Gümbel hat es schon gesagt, Wachsen mit Weitsicht – auch auf die besondere Förderung und Entwicklung seines Leitprojekts "Kreatives Hamburg". Dazu gehört auch, Kreativen in Hamburg günstigen Raum zur Verfügung zu stellen. Es ist erforderlich, ein Verfahren zu entwickeln, um Immobilien, die im städtischen Besitz sind, an Künstler und Kreative zu vergeben. Das gilt je nach Nachfrage für temporäre Nutzung bei Leerständen ebenso wie für langfristige Anmietungen. Es gibt bereits erfolgreiche Entwicklungen in diesem Zusammenhang, ich möchte hier nur stichwortartig das Musikgründerzentrum Karostar nennen oder auch die Künstlerateliers in der Speicherstadt. Besonders wichtig ist hier die Imagewirkung einer gemeinsamen Adresse ebenso wie die positive Szeneentwicklung eines ganzen Stadtquartiers. Es bedarf hier in Hamburg dringend einer Bestandsaufnahme der geeigneten Kreativflächen und der Erstellung eines Immobilienkatalogs, um einen Überblick zu bekommen, welche Flächen überhaupt zur Verfügung stehen.

Über die in Gründung befindliche Kreativagentur in Hamburg besteht zukünftig die Möglichkeit, geeignete Flächen an Kreative und an Kreativunternehmen zu vermitteln. Wenn wir mit diesem Konzept Erfolg haben wollen, genügt es nicht, wenn wir Kulturpolitiker uns tief in die Augen schauen, Herr Hackbusch, sondern wir müssen alle Ressorts davon überzeugen, wie wichtig die Unterstützung der Kreativszene in Hamburg ist.

(Jörn Frommann CDU: Also, Herr Bischoff!)

(Dr. Eva Gümbel)

Es ist längst Allgemeingut, dass die Kreativwirtschaft kein "nice to have" ist, sondern einen handfesten Wirtschaftsfaktor darstellt. Maßgebliches Kriterium für jede kreativwirtschaftliche Tätigkeit ist dabei der schöpferische Akt. In Deutschland wurde im Jahr 2006 ein Betrag von 61 Milliarden Euro in der Kreativwirtschaftsbranche erwirtschaftet, das entsprach 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Hamburg wies die Kreativwirtschaftsbranche einen Umsatz von 13,1 Milliarden Euro aus, das entsprach 4,6 Prozent des Umsatzes der Gesamtwirtschaft.

Der überwiegende Teil der kreativen Wirtschaftsunternehmen und Kulturschaffenden setzt sich, das hat auch schon meine Vorrednerin Frau Gümbel gesagt, aus kleinen bis hin zu Ein-PersonenGellschaften zusammen. Für sie ist die Raumfrage existenziell. Mit dem von uns geforderten Immobilienmanagement setzt Hamburg ein deutliches Signal für die Förderung der kreativen Szene. Auf die zusätzlichen Anträge von SPD und der LINKEN möchte ich noch kurz eingehen. Wir lehnen sie ab und ich gehe davon aus, dass der Senat jetzt auch Taten folgen lässt.