Herr Präsident, meine Damen und Herren! Allem Engagement für die Rechte von Frauen zum Trotz ist Gewalt gegen Frauen die häufigste Menschenrechtsverletzung weltweit. Wer letzten Sonntag das Privileg hatte, an dem Festakt zum 25-jährigen Jubiläum des MarieSchlei-Vereins im Ernst Deutsch Theater teilzunehmen, hat bestimmt noch die eindrucksvolle Gestalt der Botschafterin von Mali vor Augen, die in ihrem Land seit Jahren leidenschaftlich für die Abschaffung weiblicher Genitalverstümmelung kämpft, sicherlich eine zumindest aus unserer westlichen Sicht der grauenvollsten Formen von Gewalt gegen Frauen.
Meine Damen und Herren! Auch wir in Hamburg können uns keinesfalls beruhigt zurücklehnen. Die Zahl gewaltsamer Übergriffe von Männern auf Frauen – wir haben das an dieser Stelle schon mehrfach festgehalten – liegt auch in Hamburg gleichbleibend auf hohem Niveau. Im vergangenen Jahr wurden wiederum mehrere Frauen Opfer tödlicher oder lebensbedrohlicher Angriffe und – das ist das Tragische daran, was mich zutiefst beunruhigt – diese Frauen wurden Opfer, obwohl sie bereits Kontakt zu Hilfeeinrichtungen oder zur Polizei hatten. Das muss sich ändern. Das muss sich schnell ändern, bevor sich der Eindruck verfestigt, dass der Staat Frauen nicht vor Gewalt schützen kann. Das müssen wir bekämpfen.
Wir, die SPD-Fraktion, legen Ihnen deshalb heute einen Antrag vor, in dem wir ein ganzes Bündel von Maßnahmen vorschlagen, wie in Hamburg der Schutz von Frauen vor Gewalt unseres Erachtens nach verbessert werden kann.
Zunächst einmal müssen wir mehr wissen. Der Senat hat zuletzt vor zweieinhalb Jahren über statistische Probleme und hohe Dunkelziffern in diesem Bereich berichtet. Wie wenig aussagekräftig die Statistiken zuweilen sind, haben auch nicht wenige unserer Anfragen immer wieder gezeigt. Wir brauchen aber verlässliche Daten. Wir brauchen Analysen zu häuslicher Gewalt, wir brauchen diese Informationen bald und wir brauchen sie dringend. Wir warten also auf das von den Koalitionspartnern versprochene Gutachten zu häuslicher Gewalt.
Meine Damen und Herren! Wir sollten auch immer wieder neue Wege in dieser Beziehung ausprobieren, wir dürfen uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Bisher wurde ein Aspekt zum Beispiel viel zu wenig beachtet, und zwar die Situation der Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, und ihre Situation am Arbeitsplatz. Diese Frauen müssen viel Kraft aufbringen, um nicht auch noch ihr Arbeitsleben und ihre materielle Existenzgrundlage in Gefahr zu bringen. Das macht die Frauen wiederum erpressbar. Gewalttätige Männer setzen häufig genau an diesem Punkt an. Beispiele und Vorschläge, wie diese Situation zu verbessern ist, gibt es bereits, zum Beispiel aus England. Es würde sich meines Erachtens wirklich lohnen, das einmal aufzugreifen und beispielsweise gemeinsam mit den Kammern und Gewerkschaften Hamburger Unternehmen einzuladen, mit uns dieses Thema anzugehen. Das wäre gerade angesichts der Schätzungen, die es in diesem Bereich gibt, wie viele der Fälle von Problemen am Arbeitsplatz von Frauen darauf zurückzuführen sind, eine klassische Win-win-Situation für die Frauen, für die Stadt und auch für die Unternehmen.
Als nächsten Punkt möchte ich anmerken, dass wir mehr Transparenz und mehr Qualitätsmanagement benötigen. Zu viel bleibt bisher dem Zufall überlassen. Zu häufig verläuft die Beweissicherung nicht optimal, weiß niemand, ob Eskalationspotenzial in der Situation drinsteckt oder nicht, kann aufgrund mangelnder Information keine Risikoabschätzung vorgenommen werden, lässt das geltende Polizeirecht von allen als sinnvoll erachtete Maßnahmen gar nicht zu, stecken Täterprogramme noch in den Kinderschuhen und werden Verfahren von der Staatsanwaltschaft, warum auch immer, eingestellt. Dann kommt wieder einer davon und eine ist die Leidtragende.
Wir wollen die gute Arbeit der bestehenden runden Tische, die es ja gibt, und der Arbeitskreise einmal aus dem Dunkel der Amtszimmer herausholen und
ein Stück weit zum Beispiel in das Licht der neuen Medien bringen. Es wäre gut, wenn die Arbeitsergebnisse, die es gibt, einer breiteren Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt würden und allen Interessierten über das Internet zugänglich wären. Wo zum Beispiel ist das polizeiinterne Handlungskonzept zur häuslichen Gewalt? Wir haben mehrfach nachgefragt und der Senat versichert, es würde ständig fortgeschrieben. Gut, aber warum ist es eigentlich nicht öffentlich? Das sollte mir einmal jemand erklären. Warum sollen betroffene Frauen, die noch zögern, sich zum Beispiel überhaupt an die Polizei zu wenden, nicht einfach nachlesen können, welche Standards die Polizei in diesen Fällen entwickelt hat und anwenden wird. Aus meiner Sicht wäre dies wirklich hilfreich und ich sehe nichts, was dagegen spräche. Übrigens machen andere Länder und andere Städte das schon längst. Schauen Sie einmal auf die Website von Hannover, da können Sie sich das einfach runterladen, gucken, was passiert, und verfolgen, welche Verbesserungsvorschläge die Polizei diesbezüglich nach und nach aufgegriffen hat.
Ich komme zum letzten, aber nicht unwichtigsten Punkt. Meine Damen und Herren! Gewalt ist und bleibt aus meiner Sicht bis auf Weiteres ein Gender-Thema, meinetwegen auch Geschlechter-Thema. Es sind überwiegend Frauen, die Gewalt erleiden, und es sind Männer, die als Täter die fundamentalen Rechte der Frauen verletzen. Nun hat zum Beispiel der Bund zuletzt einen Aktionsplan II zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen verabschiedet, ebenso Brandenburg und MecklenburgVorpommern. In Niedersachsen und Berlin gibt es den Landesaktionsplan zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen im häuslichen Bereich. Ich möchte die Reihe nicht weiter fortführen, worum es mir geht, ist folgender Punkt: Wie heißt es hier in Hamburg? In Hamburg werden diese Aktivitäten undifferenziert unter der Überschrift Opferschutz zusammengefasst. Wieso eigentlich? Mir leuchtet es nicht ein, warum wir an dieser Stelle nicht klar und deutlich benennen, was Sache ist. Die Frage, wie wir politisch und öffentlich mit dem Thema Gewalt gegen Frauen umgehen, hat auch Bedeutung dafür, welche gesellschaftlichen Normen wir setzen. Das ist übrigens ein Zitat von Senator Wersich, so hat er es einmal formuliert und er hat recht. Einige der Gewaltfälle der letzten Zeit haben uns doch vor Augen geführt, dass Werte wie die Gleichstellung von Frauen und Männern noch nicht oder nicht mehr in allen Teilen unserer Gesellschaft verankert sind. Es ist deshalb fundamental wichtig – und das müssen und können wir als Metropole auch leisten –, bestimmte Dinge wie die Ächtung von Gewalt gegen Frauen klar beim Namen zu nennen und die Normen hochzuhalten, die auch in einer wie auch immer vielfältigen Gesell
"Wir alle dürfen nicht nachlassen, das gesellschaftliche und öffentliche Bewusstsein gegen Gewalt gegen Frauen zu schärfen. Das ist nicht nur ein Thema für internationale Gedenktage, sondern auch für den Alltag."
Genau so ist es, meine Damen und Herren! Nun sind wir im Alltag, nun brauchen wir Taten gerade auch in den weniger spektakulären und medienwirksamen Bereichen. Auch im Klein-Klein des Alltags brauchen wir Taten, bitte handeln Sie.
Wir haben Ihnen einen Maßnahmenkatalog vorgelegt und jetzt fordere ich Sie auf, einer Überweisung unseres Antrags an den entsprechenden Ausschuss zuzustimmen, damit wir dort gemeinsam diskutieren und erarbeiten können, wie wir die Situation der von Gewalt betroffenen Frauen in Hamburg nachhaltig verbessern können, damit die Situation eine bessere wird, als sie derzeit ist. Lassen Sie es uns ruhig auch gemeinsam anpacken. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dobusch, um es gleich vorwegzunehmen, wir werden Ihrer Forderung, die Sie an uns gestellt haben, entsprechen.
Dass Gewalt im Allgemeinen und Gewalt gegen Frauen kein marginales soziales Randthema ist, wissen wir alle. In allen Formen von Medien, denen man begegnet, schreit uns Gewalt entgegen. Wenn man die Zeitung heute Morgen aufgeschlagen hat, findet man schlimmste Darstellungen von Verfolgung von Frauen sowie von Gewalt in jeglicher Hinsicht und es ist bedrückend, wie präsent die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft ist und wie eilfertig sie auch ausgeübt wird. Man kann immer nur wieder gebetsmühlenhaft in allen Bereichen sagen, dass Gewalt niemals Mittel einer Auseinandersetzung sein kann und darf, weder im öffentlichen noch im privaten Raum. Das haben wir alle verinnerlicht, aber bei aller einvernehmlichen Ablehnung von Gewalt darf man nicht vergessen,
dass von einer Gewaltausübung auch immer eine Faszination ausgeht. Eine Faszination, die wir beispielsweise im gesellschaftlichen Mikrokosmos Schulhof beobachten. Auf meine Frage "Warum müsst ihr euch eigentlich immer kloppen? Könnt ihr euch nicht auch anders auseinandersetzen? " war die klare und deutliche Antwort eines kleinen Siebenjährigen: "Das andere geht schneller." Diese Möglichkeit, unmittelbar auf jemanden einzuwirken und etwas zu erreichen, ist in unserer Gesellschaft noch vielfach verbreitet. Ich habe in meiner Jugend von Martin Luther King gelernt, dass Gewalt immer unmoralisch ist, weil sie einen anderen erniedrigt. Gewalt ist bei uns aber auch im häuslichen Bereich da – ich will nicht fragen, wer am Sonntagabend "Tatort" gesehen hat, warum die Serien, die aus Amerika rüberschwappen und die vor Gewalt nur so strotzen, solch hohe Einschaltquoten haben. Das sind Dinge, mit denen man schwer umgehen kann, wenn man selbst vielleicht einmal Gewalt erlebt hat, und die Verharmlosung oder Verallgemeinerung trägt natürlich auch dazu bei, dass Gewalt akzeptiert wird.
Opfer von Gewalt kann jeder werden, darüber muss man sich im Klaren sein. In besonderem Maße sind Frauen und Kinder betroffen und gerade bei Kindern kann man feststellen, dass ein Kind nicht selbst von Gewalt betroffen sein muss, aber wenn es sehen muss, wie im häuslichen Bereich Gewalt ausgeübt wird, wissen wir aus dem schulischen Bereich, dass das auch umgesetzt wird und in der Folge als eine selbstverständliche Form der Auseinandersetzung angenommen wird. Diesen Teufelskreis von Gewalt erleben und Gewalt weitergeben zu durchbrechen, muss unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein.
Da darf ruhig einmal geklatscht werden. Nun ist es aber nicht so, wie Sie etwas kühn behaupten, dass in den Behörden große Wissenslücken in Hinblick auf die Ausmaße des Problems bestehen. Sie haben in Ihrem Vorwort auch deutlich aufgezählt, welche Einrichtungen es bereits gibt, und in Bezug auf den Aktionsplan Opferschutz, Frau Dobusch, finde ich es gar nicht so problematisch, dass da nur Opferschutz drübersteht. Denn wenn man sich anschaut, welche Maßnahmen, Aktivitäten und dergleichen dort aufgezählt sind, stellt man fest, dass sich diese zu 90 Prozent auf Gewalt gegen Frauen beziehen. Wenn Sie wollen, können wir gerne den Titel ändern. Wenn Sie dann zufrieden sind, ist das ja in Ordnung.
Dieser Aktionsplan ist 2007 eingesetzt worden und er wird kontinuierlich verändert und weiterentwickelt. Es soll 2010 eine aktualisierte Fassung herauskommen, in der neue Ideen aufgenommen werden, in der zum Beispiel auch die Genitalverstümmelung mit aufgenommen wird, in der Gewalt
gegen Ältere, auch gegen ältere Frauen – hier gibt es eine Dunkelziffer, mit der wir uns noch gar nicht beschäftigt haben – aufgenommen wird und vor allem auch ein Umbruch, ein Ausbau in der Rollenveränderung thematisiert wird, denn das ist das, wo wir wirklich ansetzen müssen. Von Frau Blömeke aus der grünen Fraktion wurde die Jungenarbeit angesprochen, das ist etwas, was ich fast gebetsmühlenartig schon vor zehn Jahren eingebracht habe.
Es gibt Dinge, da muss man lange, lange bohren, Herr Dr. Dressel. Aber Lernerfolge sind doch auch etwas Großartiges. Und gerade die Jungenproblematik, die ich auch als Lehrerin und als Mutter immer gesehen habe, ist etwas, an der wir arbeiten müssen. Man braucht für die Jungen ein vernünftiges Männerbild und wenn ich sehe, in welchem Maße das Männerbild sich im Umbruch befindet, dann ist es sehr wichtig, dass wir da ansetzen und neben der Mädchenförderung auch auf die Jungenförderung setzen. Natürlich gibt es Wissenslücken im Wissenschaftsbereich, das wissen wir alle. Dass man das noch ausarbeiten kann, weiß ich auch. Was ich für wichtig halte, und das soll auch in den neuen Aktionsplan aufgenommen werden, ist die Beteiligung von Unternehmen, damit in der Arbeitswelt erkannt wird, wo eine Betroffene ist und wie man ihr helfen kann, dass sie ihren Arbeitsplatz auch behält.
In Bezug auf das Gutachten, das Sie eingefordert haben, habe ich nicht verstanden, warum dies aufgenommen worden ist, denn wir haben eine Fülle von Materialien. Sie haben den Aktionsplan II erwähnt und es gibt den großen Bericht "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland". Er ist von 2006, aber er führt grundlegende Erkenntnisse an, die auch heute noch gültig sind. Dann haben wir den Bericht "Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen", der 2008 auf Bundesebene veröffentlicht worden ist.
Das sind nicht grundsätzlich andere Bereiche und auch zum Thema Migrationshintergrund könnte man noch eine Menge machen. Es liegt eine Sondererhebung zur Phänomenologie der Beziehungsgewalt in Hamburg vor, da geht es um Vorgangsauswertung und da hätten Sie Hamburger Zahlen, Herr Dr. Dressel, wenn Sie wollen.
Natürlich haben wir auch Berichte aus der Leitstelle Integration und Zivilgesellschaft. Es gibt eine Fülle von Daten. Natürlich kann man immer mehr sammeln, das ist völlig richtig, man kann sie auch immer aktualisieren. Es ist erst einmal abzuwarten, in welchem Maße wir dies tatsächlich brauchen.
Neuralgischer Punkt bei Ihrem Antrag sind natürlich immer die Frauenhäuser. Brauchen wir in dem Maße mehr Frauenhäuser, brauchen wir vielleicht eine andere Konzeption, müssen nicht endlich einmal die Männer weg aus den Häusern, können die Frauen nicht in den Wohnungen bleiben? Alles das wollen und werden wir mit Ihnen im Sozialausschuss besprechen. Allerdings finde ich Ihre letzten beiden Punkte etwas merkwürdig, denn für mich ist es selbstverständlich, dass in einer Behörde beziehungsweise einer Dienststelle Qualitätsmanagement und Fortbildung betrieben wird. Natürlich kann man das noch einmal wieder fordern, falls sich hier Nachlässigkeiten eingeschlichen haben, aber eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit. Es ist ein dauerhaftes Thema, wir werden das im Sozialausschuss hoffentlich ausführlich besprechen können und dann sehen wir weiter. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich war etwas schockiert, als ich bei "Welt online" letzte Woche die Überschrift las: "Hort des Männerhasses. Warum das Frauenhaus abgeschafft werden muss." In dem dazugehörigen Artikel hat der Soziologieprofessor Amendt die Frauenhäuser als Orte beschrieben, in denen Frauen in eine Opferrolle gedrängt und Männer grundsätzlich als böse Gewalttäter dargestellt werden. Ich glaube, wir waren in der Debatte schon einmal deutlich weiter als Herr Amendt.
Dieses künstliche Gegeneinanderausspielen von Frauen und Männern, wie es hier mit der Formulierung "Hort des Männerhasses" geschieht, ist eindeutig der falsche Weg. Gewalt gegen Frauen muss gesellschaftlich geächtet sein, und zwar aus meiner Sicht sowohl von Frauen als auch von Männern. Darin sind wir uns wohl alle einig.
(Beifall bei der GAL, bei der CDU und ver- einzelt bei der SPD – Karl-Heinz Warnholz CDU: Sehr gut!)
Das ist auch der richtige Ansatzpunkt, um wirksam gegen Gewalt zu arbeiten. Um konkret zu Ihrem Antrag zu kommen: Die Ächtung von Gewalt insgesamt ist auch in der Debatte um Ihren Antrag nicht ganz unerheblich, denn Sie tun in Ihrem Antrag ein bisschen so, als sei in Hamburg bisher noch kein Aktionsplan gegen Gewalt erarbeitet worden, der auch verschiedene Maßnahmen bündeln würde. In Ihrer Pressemitteilung gestern habe ich immerhin den Hinweis auf den Landesaktionsplan Opferschutz von 2007 gefunden und ich möchte an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass dieser
Landesaktionsplan insbesondere auf die Initiativen von GAL und SPD im Jahr 2005 zurückgeht und Sie auch an dessen Konzeption maßgeblich mitgewirkt haben. Nun bemängeln Sie plötzlich, das Thema Frauen sei in dem Aktionsplan ein untergeordnetes, und ich glaube, es ist auch hier falsch, Opfer gegeneinander auszuspielen und abzustufen. Die aktuelle polizeiliche Kriminalstatistik zeigt sehr deutlich auf, dass Gewalt gegen Männer und gegen Frauen natürlich sehr unterschiedliche Formen hat. In über 85 Prozent der Fälle von Sexualdelikten haben wir leider weibliche Opfer und auch bei jenen Gewalttaten, die durch direkte Verwandte begangen werden, sind Frauen zu rund 77 Prozent betroffen. Männer, die Opfer von Gewalt werden, stehen hingegen vielfach in keiner Vorbeziehung zu den jeweiligen Tätern. Dass es aufgrund dieser unterschiedlichen Ausgangsbedingungen jeweils spezifische Angebote für Frauen und Männer geben muss, ist klar. Wir haben in den letzten Jahren viel Neues geschaffen, die interkulturellen Gewaltberatungsstellen in dieser Stadt arbeiten mittlerweile sehr gut, demnächst wird auch ein Wohnprojekt für von Zwangsheirat bedrohte Frauen in Betrieb gehen und das sind nur wenige der Projekte, die auf diese Erkenntnis, dass Gewalt gegen Männer und gegen Frauen sehr unterschiedliche Formen hat, reagieren.
Die Angebote, die ich aufgezählt habe, sprechen auch speziell Migrantinnen und Migranten an, und zwar deshalb, weil dies häufig eine schwer zu erreichende Gruppe ist und wir hier besonders daran arbeiten müssen, Zugangshürden abzubauen. Dennoch möchte ich in dieser Debatte noch einmal ausdrücklich betonen, dass Gewalt gegen Frauen kein spezielles Migrantenproblem ist, wie es trotzdem hin und wieder noch versucht wird zu suggerieren.