Protokoll der Sitzung vom 08.07.2009

(Zurufe von der CDU: Oh! Oh!)

Sie werden mich noch ein bisschen ertragen müssen. Sie haben natürlich Recht, Herr Senator, was Wählerinnen und Wähler der LINKEN angeht, damit müsste man sich sicherlich auseinandersetzen. Ich bin aber der Meinung, dass es die Aufgabe von Parteien ist, sich mit Meinungen von Wählerinnen und Wählern auseinanderzusetzen und sich vielleicht auch einmal zu streiten, anstatt sich von Volkes Stimme treiben zu lassen. Parteien wirken an der Meinungsbildung mit und das sollten wir sehr ernst nehmen und uns nicht einfach von Meinungen treiben lassen. Das würde ziemlich übel enden. Das muss ein Dialog sein, das muss eine Auseinandersetzung sein und deshalb haben Sie aus meiner Sicht in dem ersten Punkt auch nicht Recht.

Zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Trepoll: Sicherheitsbedürfnis ist ein dehnbarer Begriff. Und ich möchte darauf hinweisen, das ist etwas völlig anderes als das, was der Senator gesagt hat. Der Senator hat gesagt, dass der Strafvollzug neben der Resozialisierung den Schutz der Menschen vor Straftätern nicht aus dem Auge verlieren darf. Das ist etwas anderes, als auf das Sicherheitsbedürfnis zu spekulieren, das endlos ist und überhaupt nie aufhört.

Ich halte das für eine Floskel, und zwar für eine Floskel zugunsten des Kompromisses, den Sie in der Koalition gefunden haben und der fern von der Realität ist. Ich kann mir überhaupt nichts anderes denken zum Schutz der Bevölkerung vor Straftätern und Straftaten, der natürlich sehr wichtig ist, als die erfolgreiche Wiedereingliederung von Gefangenen. Deswegen sehe ich hier keinen Widerspruch oder Gegensatz. Es gibt keinen Schutz der Bevölkerung ohne die Resozialisierung, ohne die Reintegration von Gefangenen in die Gesellschaft.

Zu dem, was Sie zum offenen Vollzug gesagt haben und zur Gleichrangigkeit mit dem geschlossenen Vollzug: Also ich kann, ehrlich gesagt, eine Gleichrangigkeit bei 300 geplanten Haftplätzen für den offenen Vollzug überhaupt nicht erkennen. Ich frage Sie: Wie viele Ersatzstrafler gibt es, wie viele Kurzstrafler gibt es, wie viele Gefangene, die auf die Entlassung vorbereitet werden müssen, gibt es? Gibt es wirklich nur 300 Gefangene, die dafür geeignet sind? Wir durften ja leider im Rechtsausschuss nicht darüber sprechen, aber das ist eine Relation, die wirklich an den Möglichkeiten voll vorbeigeht. Im Unterschied zur SPD unterstütze ich die Pläne in Bezug auf Fuhlsbüttel, aber ich finde, 300 Plätze im offenen Vollzug sind wirklich zu wenig, damit kann man nicht von Gleichrangigkeit reden.

Sie erwähnten die Entlassungsvorbereitung. Das finde ich richtig gut, dass Sie solch eine Kommission eingerichtet haben. Und was Sie zur Zusammensetzung gesagt haben, gefällt mir auch sehr gut. Aber man muss ja feststellen, dass bisher eine Entlassungsvorbereitung nur äußerst minimal stattfindet. Alle Fachleute, mit denen Sie sich unterhalten, sagen Ihnen, wenn das jemand macht, dann sind es nur die Ehrenamtlichen, vonseiten des Staates findet das nicht statt. Das soll geändert werden und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie möglichst schnell auch zu Potte kämen.

(Wolfgang Beuß CDU: Was heißt das denn?)

Das Problem der Arbeit ist mit dem, was Sie dazu sagen, nicht gelöst. Ich sehe durchaus, dass ich nur die eine Seite dieses Problems benenne, nämlich auf die Entlohnung abhebe. Ich sehe auch die Problematik, die Sie ansprechen. Trotzdem ist das Problem nicht gelöst, dass natürlich der Gefangene gering geachtet wird, indem seine Arbeit so schlecht bezahlt wird. Man kommt um eine Diskussion nicht herum. Die Forderung von 40 Prozent sollte an das Reformziel erinnern, natürlich wird schrittweise erhöht werden müssen. Aber man muss anerkennen, dass die Pflichtarbeit von Gefangenen angemessen bezahlt werden muss. Man muss Schritte in die Richtung gehen und darf diese Seite des Problems nicht bestreiten, genauso wie ich die von Ihnen benannte Seite natürlich auch nicht bestreiten will.

Das war es, was ich noch sagen wollte.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, bevor ich Frau Spethmann das Wort gebe, darf ich darum bitten, dass sich die Diskussionszirkel entweder auflösen oder ihre Tätigkeit nach außerhalb des Plenarsaals verlagern. Ich glaube, ich bin verstanden worden. Nicht so ganz? Dann darf ich das wiederholen, bitte führen Sie Ihre Unterhaltungen draußen weiter und nicht hier. Es stört ein bisschen die Debatte. – Frau Spethmann, Sie haben das Wort.

Frau Schneider, zu den Ausführungen zu Ihren Wählern und deren Meinungen: Ich glaube, Sie haben deswegen so wenig Wähler, weil die Anzahl der Strafgefangenen abnimmt, dann bekommen Sie auch weniger Wähler.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Warten Sie mal ab!)

Das ist Ihre Interessengruppe, die Sie dann wählt in diesem Punkt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Frau Schneider, von welcher Welt träumen Sie? 300 Plätze im offenen Vollzug werden wahrscheinlich sogar sehr schwer zu füllen sein.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wenn Sie die auswählen, dann ist das klar!)

Wir haben eine Problematik bei Gefangenen, die heutzutage ausgesprochen schwierig ist. Nicht alle Gefangenen sind geeignet für den offenen Vollzug. Die Zahl ist genau die richtige.

Was ich aber aus den Worten von Herrn Klooß vernehmen kann, ist eine ganz große Frustration. Es ist natürlich furchtbar, wenn sich diese beiden Gegensätze Schwarz und Grün einigen und in Sachen Strafvollzug tatsächlich Lösungen bringen, die pragmatisch und gut sind. Aber, Herr Klooß, ich möchte noch einmal Ihre Erinnerung auffrischen, wir sind schon länger beide zusammen im Parlament. Wenn ich noch an die Subkultur in der rotgrünen Koalition zurückdenke, die in den Haftanstalten herrschte – Gott sei Dank ist die vorbei.

(Unruhe bei allen Fraktionen)

Und ich erinnere an Zeiten, wo in Fuhlsbüttel durch alle Flure hinweg eine freie Kommunikation stattfand und noch im Jahre 2001 die Bediensteten Angst hatten, auf die Flure zu gehen. Das ist Subkultur, Herr Klooß. Und was Sie hier berichtet haben, ist ein Zerrbild des heutigen Vollzuges.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Ich möchte einmal darauf eingehen, welche Strukturreform stattgefunden hat. Die CDU-Regierung hat in den letzten Jahren die Vielzahl von Haftanstalten von 12 auf 15 reduziert. Das hat Kosten eingespart und Übersichtlichkeit geschaffen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das war schon wieder so ein Zahlendreher!)

Herr Dressel, Sie müssen einmal zuhören, von 12 auf 5 sind die Haftanstalten reduziert worden und wir haben den Zustand, dass wir heute 100 Haftplätze weniger haben als im Jahr 2001. Dass Sie eine Schaffung von Überkapazitäten sehen, kann ich nicht nachvollziehen, wir haben sogar Haftplätze reduziert und es werden noch weniger werden, aber wir haben keine zusätzlichen geschaffen. – Danke.

(Beifall bei der CDU und GAL)

Das Wort bekommt Herr Farid Müller.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Erzähl doch mal was über die Subkultur!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will zum Abschluss etwas zur Reaktion einiger SPD-Abgeordneter sagen, als Herr Trepoll hier gesprochen hat. Sie haben Häme zu

erkennen gegeben darüber, dass die Union sich in der Koalition mit der GAL in einigen Punkten bewegt hat. Mir hat das noch einmal deutlich gemacht, dass offenbar einige in der SPD-Fraktion verlernt haben, was Demokratie bedeutet. Demokratie heißt auch, aufeinander zuzugehen, um Mehrheiten zu organisieren. Und meiner Ansicht nach hat sich die SPD– einige von Ihnen jedenfalls, ich will das nicht pauschalisieren –, wieder in den Zustand der Neunzigerjahre versetzt, als Sie Probleme hatten, auf uns zuzukommen. – Danke.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen dann zur Abstimmung. Zunächst zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/3489. Die SPD-Fraktion möchte diesen ziffernweise abstimmen lassen.

Wer möchte Ziffer 1 des Antrages aus der Drucksache 19/3489 annehmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist dann mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer schließt sich Ziffer 2 an? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 3 zustimmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist ebenfalls mit Mehrheit abgelehnt.

Wer nimmt Ziffer 4 an? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 5 beschließen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer stimmt Ziffer 6 zu? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 7 annehmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist ebenfalls mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer schließt sich Ziffer 8 an? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 9 zustimmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Die Ziffer ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer nimmt Ziffer 10 an? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist ebenfalls mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 11 beschließen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch Ziffer 11 ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

(Viviane Spethmann)

Wer stimmt Ziffer 12 zu? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist ebenfalls mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 13 annehmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch Ziffer 13 ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer schließt sich Ziffer 14 an? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist ebenso mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wer möchte Ziffer 15 zustimmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Auch Ziffer 15 ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Nun zum Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/3510. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist abgelehnt worden.

Nun zum gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU und GAL aus der Drucksache 19/3525. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist bei wenigen Stimmenthaltungen einstimmig angenommen.

Wir kommen dann zum Bericht des Rechtsausschusses aus der Drucksache 19/3295.