Wird uns bei der Zielsetzung schon Sand in die Augen gestreut, so gilt dies umso mehr bei den Rechenbeispielen zum Sondervermögen und zur Aufbringung der Zinsen. Ich habe es bereits betont, es sind keineswegs nur die rezessionsbedingten Kosten, die in das Sondervermögen eingestellt werden, sondern es taucht das bisherige Finanzierungssaldo von immerhin über einer Milliarde in 2009 auf. Dieses Finanzierungssaldo sollte eigentlich durch Rücklagen und nicht durch Schuldenaufnahme abgefangen werden, der Senator hat das eben erläutert. Doch da scheint es wahlpolitisch dann doch viel günstiger, sich die Rücklagen aufzusparen für spätere Jahre vor der Wahl.
Wir nehmen dann als Neuschulden nicht nur die rezessionsbedingten 600 Millionen, sondern gleich eine Milliarde 666 Millionen auf; man sehe sich einmal das Verhältnis an. Dann zu den Zinsen. Dieses Jahr wollen wir gar keine mehr bezahlen. Ab nächstem Jahr werden 82 Millionen Euro angesetzt, auch kein Pappenstiel. Immerhin könnte man von diesen Zinsaufwendungen eine weitere HafenCity-Uni bauen oder 2000 Lehrkräfte für unsere Bil
dung beschäftigen. Nun wäre es naheliegend, zu überlegen, womit wir denn ab nächstem Jahr diese Zinsaufwendungen aufbringen, was wir also an Einsparungen erbringen sollen, denn der Finanzsenator hatte ja seine Kollegen aufgefordert, sich hierüber Gedanken zu machen. Da man die Sparbereiche aber momentan nicht identifizieren kann, müsste man zumindest globale Minderausgaben ansetzen. Das ist aber überhaupt nicht der Fall. Auch hier wird so getan, als könnten die 82 Millionen mal eben aus den allgemeinen Zinsaufwendungen, die sowieso für 2010 angesetzt waren, umgebucht werden. Das nenne ich Optimismus. Man baut auf stabil niedrige Zinsen und schon hat man 82 Millionen herbeigezaubert; mal schauen, wo sie herkommen.
Was diese Haushaltspolitik bietet, ist weder transparent noch solide. Daher fordern wir im Sinne des Steuerzahlerbundes den Bürgermeister auf, hier endlich Verantwortung zu zeigen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Badde, ich habe volles Verständnis dafür, dass Sie es mittlerweile nicht mehr hören können, dass man Ihnen die Sünden der Vergangenheit vorwirft. Da haben Sie ein bisschen Recht, aber wenn Sie gerade in finanzpolitischen Dingen so sehr mit dem Finger auf den jetzigen Senat zeigen, der würde alles falsch machen, dann kommt man leider nicht umhin, das ab und zu zu tun. Es ist nun einmal so, dass Sie in den letzten zehn Jahren vor dem Regierungswechsel den Schuldenstand in Hamburg mehr als verdoppelt haben.
Sie haben mit den Vorgängersenaten dafür gesorgt, dass wir eine Zinslast von bummelig 1 Milliarde Euro jedes Jahr übernommen haben. Wenn Sie darauf verweisen, was man jetzt mit den zusätzlich entstehenden Zinsaufwendungen für tolle Lehrerstellen schaffen könnte oder was man für die Universitäten bauen könnte, dann können wir Ihnen auch noch einmal vorrechnen, was man mit
1 Milliarde Euro noch alles machen könnte, wenn wir die nicht hätten übernehmen müssen. Das wäre natürlich nett, aber das sind Tempi passati, alles Sünden der Vergangenheit, wir haben ja diese Milliarde.
Wenn Sie jetzt trotzdem noch sagen, wir sollen diese Zinsaufwendungen vermeiden, dann freue ich mich auf Ihre Sparvorschläge, was wir tun sollen,
um diese Zinsaufwendungen zu vermeiden. Sie wissen, dass wir demnächst eine Senatsklausur haben, wo genau darüber gesprochen wird,
Machen Sie eine konstruktive Oppositionspolitik. Bringen Sie dem Senat ganz konkrete Vorschläge, was man machen kann, um die Nettokreditaufnahme zu reduzieren und um Betriebshaushaltsaufwendungen einzusparen. Machen Sie konkrete Vorschläge, das ist herzlich willkommen. Wir haben keinen einzigen konkreten Vorschlag gehört. Wir haben einen von Herrn Neumann gehört, der leider ein bisschen kompetenzbefreit war, aber immerhin war es ein Vorschlag; das kann man ja einmal versuchen.
Jedenfalls habe ich den Eindruck – mindestens bei Herrn Dr. Bischoff –, dass wir uns einig sind, dass eine prozyklische Finanzpolitik kontraproduktiv ist. In der Krise sparen will offensichtlich keiner von Ihnen. Alle sind der Meinung, dass das nicht sinnvoll ist. Zumindest Ihr großer Vorturner in Berlin, Herr Steinbrück, hat das auch erkannt.
Sie wissen alle, dass gerade in dieser Wirtschaftskrise Hamburg als Schifffahrtsstandort weit überdurchschnittlich betroffen ist. Dennoch machen wir deutlich weniger prozentuale Neuverschuldung als in Berlin. Das kann man als solide Politik dieses Senats anerkennen. Der Bund erhöht seine Nettoneuverschuldung im Vergleich um 26 Prozent, wir in Hamburg nur um 17 Prozent. Wir sind aber in der Krise mit den Steuerausfällen und mit den Umsatzausfällen der gewerblichen Wirtschaft weit mehr betroffen.
Herr Tschentscher, Sie haben das Thema Tilgungsautomatik in Ihrem öffentlichen Statement beklagt. Wie wollen Sie es denn machen?
Wir haben klar festgelegt, dass wir, wenn das Steueraufkommen um mehr als 5 Prozent steigt, anfangen, diese krisenbedingten Neuschulden zu tilgen. Wie wollen Sie es denn machen, wenn Ihnen das nicht recht ist? Machen Sie doch einmal einen Vorschlag. Wollen Sie sie gar nicht tilgen? Wollen Sie die zusätzlichen Zinsen, die entstehen, auf Dauer in den Betriebshaushalten haben oder was wollen Sie? Bisher hören wir nur Gemecker, keine Vorschläge, zumindest keine Vorschläge auf der Ausgabenseite.
Auf der Einnahmenseite haben Sie Vorschläge gemacht, zwei Vorschläge, die immer wieder kommen. Der eine ist die Börsenumsatzsteuer. Ganz abgesehen davon, dass Sie natürlich wissen, weil Sie sich damit beschäftigt haben, dass, wenn man sie erhebt, sie netto ohnehin nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, wissen Sie auch, dass man sie abgeschafft hat, weil man festgestellt hat, dass der im internationalen Vergleich vergleichsweise unbedeutende Finanzstandort Deutschland ganz erheblich darunter leidet. Trotzdem machen Sie immer wieder diesen Vorschlag. Es ist auch gut, dass Sie das tun, weil wir alle, auch Sie, wissen, dass überhaupt keine Gefahr besteht, dass eine Bundesregierung, an der Ihre Partei beteiligt ist, auf die Idee käme, so einen Blödsinn zu machen.
Das Gleiche gilt für das Thema Wiedereinführung einer Vermögensteuer. Wie kontraproduktiv das ist, haben wir an vielen Stellen gesehen,
– Vielen herzlichen Dank, Herr Präsident. Ich sehe das zum ersten Mal, aber ich werde mich daran gewöhnen.
Herr Präsident, liebe Kollegen! Als die SPD das Thema Rekordverschuldung angemeldet hat, habe ich erst gedacht, es ginge um ein bundespolitisches Thema. Herr Tschentscher hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Probleme im Bund und in Hamburg genau dieselben sind. Übrigens sind auch die Reaktionen darauf dieselben.
Sie wissen alle, dass der Bundesfinanzminister dieses Jahr mit Rekordschulden ins Guinessbuch der Rekorde eingeht, fast 50 Milliarden Schulden sind angepeilt. Damit wird der Rekord von Waigel in den Schatten gestellt. Heute im Interview in der "Welt" sagt Steinbrück, dass er im nächsten Jahr mit 100 Milliarden zusätzlicher Verschuldung rechnen müsse. Insofern braucht die SPD sich nicht auf das hohe Ross zu setzen und auf Hamburg zu zeigen, wenn es um Rekordverschuldung geht; das Problem gibt es überall.
Die Antworten sind ähnlich. Auch der Bund reagiert darauf nicht mit Ausgabenkürzungen, sondern mit Neuverschuldung. Übrigens sind ein Drittel dieser neuen Schulden auf Bundesebene nicht konjunkturbedingt, sondern Folgen von Steueränderungsgesetzen im Einkommensteuerbereich, aber auch bei der Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge. Allein 100 Milliarden Steuern, die in den nächsten Jahren bis 2013 wegbrechen, sind dem geschuldet. Darauf muss man hinweisen.
Übrigens konnte man heute auch die Absatzstatistiken der deutschen Automobilindustrie in der Zeitung sehen. Die Abwrackprämie war Ihnen fünf Milliarden Euro wert. Dazu haben wir Grünen sehr viele ökologische Bedenken, aber wenn man sich anschaut, welche Fahrzeuge in diesem Jahr verkauft worden sind – Fiat, Skoda, Peugeot, Renault, Citroen und Toyota haben unheimliche Zuwächse bei den Umsätzen –,
dann war das ein richtig gutes Konjunkturprogramm, das uns in Deutschland mit den fünf Milliarden sehr gut geholfen hat.
Die Grünen stehen für Solidität und für Nachhaltigkeit, auch in der Finanzpolitik. Dafür haben wir immer gestanden und werden auch in Zukunft dafür stehen.