Solche Städtepartnerschaften wie diese vor über 50 Jahren geschlossene zwischen Hamburg und Marseille waren wesentlich für die Völkerverständigung, für die Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg, die wachsende Freundschaft zwischen Menschen ehemals verfeindeter Länder und bildeten die Basis des heutigen Europas, des Europas, wie wir es kennen. Darüber sollten wir uns wirklich freuen und ein Stück weit auch dankbar und stolz sein.
Ich bin ganz und gar der Meinung von Herrn Heintze, dass wir dem auch gerecht werden müssen. Dieser Partnerschaft, dieser Jumelage entsprechend müssen wir handeln und nicht, wie es in den letzten Jahren durchaus auch längerfristig einmal vorkam, diese Partnerschaft vor sich hin dämmern lassen, wie das unter den CDU-geführten Senaten der Fall war. Das hat sich mit dem Jubiläumsjahr 2008 ein bisschen geändert, das freut uns sehr. Ich hoffe jetzt, dass dieser neue alte Esprit, von dem Herr Heintze schon fast infiziert war, sich ein bisschen hält und nicht nach dieser einmaligen Performance gleich wieder verschwindet und versandet.
Da geht es um drei Themen, einmal um die Nachqualifikation von Schülerinnen und Schülern ohne Schulabschluss und Ausbildung. Hier soll der Senat prüfen, ob ein in Frankreich erfolgreiches Modell auf Hamburg übertragen werden kann. Es geht um eine gemeinsame Konferenz zur Integrationspolitik, um einen Dialog für Kreuzfahrtschiffe und Tourismus. Meine Fraktion war – Herr Heintze hat das etwas verfälscht, aber durchaus wahrheitsgemäß angemerkt –
über diesen Punkt irritiert, nicht darüber, dass so ein Programm näher betrachtet werden soll, sondern darüber, dass die CDU in dieser Ausschusssitzung nicht in der Lage war, im Detail zu erklären, was denn das Besondere an diesem Programm ist und warum wir das hier unbedingt übernehmen sollten. Es ist ein Programm, Sie haben es auch schon gesagt, das es seit 1997 gibt. Es geistert durch diverse Anträge und Landtage, unter anderem wurde dieser Antrag auch im Saarland vor Jahren schon einmal gestellt, Rheinland-Pfalz hat sich ebenfalls am Rande damit beschäftigt. Wir hätten eigentlich erwartet, dass uns hier Konkreteres vorgestellt wird und wir konkreter darüber diskutieren können; das war leider in der Sitzung nicht möglich.
aber angesichts der Tatsache, dass in den letzten Jahren jedes Jahr über 11 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Hamburg die Schule ohne Abschluss verlassen haben und die Zahl der Altbewerberinnen und Altbewerber um einen Ausbildungsplatz hoch ist, geht es aus unserer Sicht hier um ein absolut zentrales Thema, das unseres Erachtens nicht einfach am Rande verhandelt und mit einem sehr weichen Prüfungsauftrag, wie in diesem Antrag, versehen werden sollte. Wir hätten uns da konkretere Zielvorgaben durchaus vorstellen können.
Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist die Qualifizierung und Vermittlung junger Menschen mit niedrigen Grundqualifikationen eines der Kernanliegen, das wissen Sie und das ist allgemein bekannt. Alle jungen Menschen haben ein Recht auf eine zweite oder auch auf eine dritte Chance für einen Schulabschluss; ich denke, wir sind uns da alle einig.
Ich schlage Ihnen deshalb vor, sich mit der Prüfung dieses Punktes nicht allzu viel Zeit zu lassen, denn auch im letzten Jahr sind in Hamburg wieder 8,2 Prozent des Jahrgangs ohne Schulabschluss geblieben. Ich möchte Sie auch gern daran erinnern, dass wir uns – nicht unbedingt alle gemeinsam, in der Arbeitsgruppe war nur ich vertreten – auf der Ostseeparlamentarier-Konferenz und in der entsprechenden Arbeitsgruppe zum Thema Arbeitsmarkt und soziale Wohlfahrt unter der Leitung von Staatsminister Thönnes, übrigens ein SPD-Mann, soweit ich mich entsinne, mit dieser Thematik ausgiebig befasst haben und auch in der Zwischenzeit konkrete Empfehlungen dazu beschlossen haben. Die wurden einstimmig in der Resolution zur 18. BSPC-Konferenz angenommen. Hamburg hat hier mitgestimmt, das war alles im Konsens und ich gehe davon aus, dass wir uns dann auch in diesem Haus demnächst ausgiebig damit beschäftigen werden, damit Sie auch europapolitische SPD-Positionen zu diesem Thema hier vorgetragen bekommen und wir uns dem stellen können.
Ich erwarte erst einmal einen zügigen und aussagekräftigen Bericht des Senats, mit dem wir uns dann sorgfältig auseinandersetzen sollten.
Meine Damen und Herren! Zu den anderen beiden Punkten will ich weiter nichts sagen oder jedenfalls nicht viel, außer, dass ich mir das Thema Integration – Inklusion vielleicht auch – auch schon im Jubiläumsprogramm gewünscht hätte. Ich habe auch nachgefragt, denn in dem langen, umfangreichen
Jubiläumsprogramm gähnte eine ganz bemerkenswerte Lücke, wenn man sich vor Augen hält, welche parallele Geschichte alte Hafenstädte hinter sich haben als Exilstädte, Zu- und Auswanderungsstädte und so weiter. Vielleicht können wir dort tatsächlich etwas von dem Melting Pot oder dem Creuset Marseille lernen, das würde mich freuen, das ist eine sehr gute Idee.
Zum Thema Kreuzfahrtschiffe: Marseille wäre doch ein idealer Kandidat für diesen Senat, um die Allianz der Hafenstädte für Landstrom einmal etwas aufzupeppen. Das wäre eine richtig gute Idee, überzeugen Sie doch Marseille, bei Ihnen mitzumachen. Das wäre eine Großtat.
Erlauben Sie mir noch einen letzten Punkt. In Marseille hat sich seit den Neunzigerjahren tatsächlich vieles zum Positiven gewendet. Nun wird diese Stadt samt Umgebung 2013 europäische Kulturhauptstadt. Es wäre wirklich schön, wenn wir in Hamburg unsere Kräfte bündeln und diese Chancen auch tatsächlich nutzen könnten. Damit die Städtepartnerschaft, wie Herr Heintze richtig gefordert hat, einmal wirklich zum Leben kommt, könnten wir gemeinsam darauf hinarbeiten – meinetwegen auch in einem interfraktionellen Antrag, an dem wir dann gerne mitarbeiten –, dass die Bemühungen nicht mit diesem doch recht dünnen Antrag gleich wieder zu Ende sind. Marseille sollte bei dem einen oder der anderen hier in kultureller Hinsicht durchaus etwas an Erinnerungen auslösen. Denken Sie an Kriminalromane, an viele tolle Filme, die Sie bestimmt auch gesehen haben, also mehr Kultur. In diesem Sinne: Allons enfants, vers le Midi, auf in den Süden. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Alles begann in den Fünfzigerjahren und zudem mit einem doppelten Paukenschlag. Hamburg wurde wieder in die internationale Völkergemeinschaft aufgenommen. 1957 schließt die Freie und Hansestadt Hamburg eine Städtepartnerschaft mit Leningrad und ein Jahr später, 1958, mit Marseille; die Hansestadt als Mittlerin zwischen den Völkern, besser noch als Mittlerin zwischen den Blöcken. Zunächst werden Bande der Freundschaft mit der schönen Stadt an der Newa geknüpft, eine Stadt, die mit heldischem Mut und millionenfachen Opfern über 28 Monate hinweg der beinahe tödlichen Umfesselung durch die Wehrmacht standgehalten hat.
waren 1958 die Erinnerungen an die Besatzungszeit noch frisch und wer sich heute an den Alten Hafen stellt, kann die Spuren deutscher Gewaltherrschaft nicht übersehen. Am Ostufer spiegeln sich wunderschöne alte Fassaden im Wasser bis hin zum Hausberg mit Notre-Dame de la Garde und, am Fuße dieses Hausbergs, die alte Abtei von Saint-Victor, eine der ältesten christlichen Kirchen im westlichen Mittelmeerraum. Wendet man sich auf der gegenüberliegenden Seite zum Westufer, steht dort das barocke Rathaus, umgeben von schmucklosen Bauten der Fünfzigerjahre, ein liebloser Wiederaufbau eines Stadtquartiers, das die Wehrmacht 1943 komplett in Schutt und Asche gelegt hat. Auch wer nicht nach Marseille fährt, ein Besuch der KZ-Gedenkstätte Neuengamme reicht, um hier und heute zu ermessen, wie viel Leid gerade auch sowjetische Bürger und Franzosen in Hamburg erleiden mussten.
Die Städtepartnerschaften mit Leningrad und Marseille waren der Anfang für eine nachhaltige Aussöhnung mit den Opfern deutscher Gewalt in Ost und West. Seitdem hat sich vieles verändert. Aus Leningrad wurde wieder St. Petersburg, aus der kommunistischen Diktatur ein moderner russischer Staat, der seinen demokratischen Weg noch sucht. Die Deutsch-Französische Freundschaft, Frau Dobusch hat darauf hingewiesen, ist gelebter Alltag geworden.
Meine Damen und Herren! Die neue Ordnung hier ist fantastisch, aber das Grundgeräusch ist doch ein bisschen zu hoch. Vielleicht können Sie die Gespräche hier einschränken oder nach draußen verlagern.
Die Hamburger Delegation von Senat und Bürgerschaft, die im Herbst letzten Jahres zu den Feierlichkeiten anlässlich des 50. Geburtstages der Städtepartnerschaft nach Marseille reiste, merkte gleich beides, sehr viel Vertrautes, aber auch die Unterschiede zwischen den beiden Metropolen des Mittelmeeres und des Nordens. Wenn man vom Bahnhof Saint-Charles die zentrale Avenue, die Canebière, hinabschlendert, fällt auf, wie sie schnurgerade auf den Hafen zuläuft, und für jeden Franzosen ist im Geiste präsent, dass sie so angelegt ist, dass diese Avenue weiter gedacht ist über das Mittelmeer hinaus in die ehemals französischen Gebiete in Nordafrika. Einstmals trennte das Mittelmeer nicht, sondern verband Frankreich mit den Mittelmeeranrainern, ganz so, wie wir auch die Aufgabe der Ostsee im nördlichen Europa verstehen, als etwas
Verbindendes, nicht als etwas Trennendes. Marseille und das Mittelmeer, Hamburg und die Ostsee, hier zeigt sich der ungeheure Reichtum Europas. Jede Stadt, jede Region konzentriert sich auf bestimmte Großräume innerhalb der EU oder an ihrer Peripherie. Marseille, mit dem Rücken zum Kontinent, wendet sein Gesicht dem Mittelmeer zu und Hamburg tut dies in ähnlicher Weise mit dem Ostseeraum und dennoch ist dieses Bild nicht stimmig. Kurz bevor die Canebière auf den Alten Hafen stößt, dominiert auf der rechten Seite die Handelskammer die Prachtavenue. In ihren Räumen breitet eine stolze und alte Kaufmannschaft ihren Reichtum und ihre Erfahrung aus. Im Festsaal hängen die Wappen der wichtigsten und ältesten Handelspartner, unter ihnen auch das der Freien und Hansestadt Hamburg, mit der Marseille seit der Renaissance stetige Handelskontakte unterhält.
Auch heute noch verbindet uns vieles mit der Partnerstadt in Südfrankreich, zunächst und am auffälligsten gewiss das Projekt der Stadterneuerung am Hafenrand. Was in Hamburg die HafenCity ist, ist in Marseille Euroméditerranée. Nach vielen Jahren der Krise und der Lethargie ist Marseille erwacht. Ehrgeizig hat man das Ziel formuliert, als europäische Metropole nicht mehr zweitklassig zu sein, sondern zu modernisieren und als wachsende Stadt am Wasser Anschluss zu finden an die großen Wirtschaftsmetropolen Europas. Dazu wird viel Geld in die Hand genommen und heruntergekommene Stadtviertel am Hafenrand werden grundlegend saniert und modernisiert. Dabei kann auch Hamburg viel lernen. Diese Viertel werden wieder lebendig, weil dort Wohnraum für unterschiedlichste Menschen und Lebensentwürfe geschaffen wird und weil dort ganz natürlich Freiräume für eine kreative Szene geschaffen werden, die sowohl die alternative Kreativszene als auch die klassische Hochkultur umfasst. Aus alten Getreidespeichern wird ein Kultur- und Kongresszentrum und mit dem Bürgermeister haben wir eine Van-Gogh-Ausstellung im jetzt aufgewerteten Museumszentrum der Vieille Charité besucht. Zugleich wird am Rand des Alten Hafens mit dem Musée des Civilisations de l'Europe et de la Méditerranée ein Museumskomplex geschaffen, der die vielfältigen Beziehungen zwischen Frankreich und dem Mittelmeerraum ins Zentrum stellt und dabei natürlich auch die Tabus angehen muss, die in Frankreich noch die koloniale Vergangenheit belasten. Auch Hamburg hat in dieser Frage seine Hausaufgaben noch nicht gemacht.
Belohnt wurden all diese kulturellen Anstrengungen mit der Verleihung des Titels der Kulturhauptstadt Europas für das Jahr 2013. Auch da kann man als Hamburger nur neidisch werden.
Euroméditerranée zeigt aber auch, dass die Verkehrskonzepte des 20. Jahrhunderts nicht mehr in ein modernes Stadtquartier hineingehören. So wird
eine vierspurige aufgeständerte Hochstraße abgerissen. Was StadtRAD ist, also die öffentlichen Fahrräder, und wie es funktioniert, konnten die Delegationsmitglieder sich im letzten Herbst bereits in Marseille anschauen und im wahrsten Sinne des Wortes erfahren. Ich erinnere mich daran, dass einige Kollegen sich ganz neugierig dort ein Rad ausgeliehen haben, um einmal zu erleben, was wir seit wenigen Wochen auch in Hamburg erleben dürfen, nämlich mit diesen Fahrrädern durch die Innenstadt zu fahren.
Der Motor der Quartiersentwicklung in Marseille schließlich ist die neue Straßenbahn. Auch Marseille hat im 20. Jahrhundert die Straßenbahn abgeschafft und versucht, ein U-Bahn-Netz aufzubauen. Dies war natürlich zu teuer; an einen Ausbau des noch sehr kleinen Netzes ist auch aus finanziellen Erwägungen schon lange nicht mehr zu denken. Nun verbindet eine moderne Stadtbahn Euroméditerranée mit der Innenstadt. Entlang der Rue de la République kann man eindrucksvoll nachverfolgen, wie ein völlig heruntergekommenes Stadtviertel des späten 19. Jahrhunderts zu einem lebendigen modernen Quartier mit kleinen Läden, Straßencafés und hoher Lebensqualität geworden ist. Die weitere bauliche Erschließung des Hafenrands wird in Marseille ganz selbstverständlich vom Ausbau des Straßenbahnnetzes begleitet.
Marseille ist sich auch der Bedeutung seines Hafens sehr wohl bewusst. So wie Hamburg aus gutem Grund Hapag-Lloyd als Deutschlands größte Reederei in der Stadt halten wollte und deshalb viel Geld in die Hand genommen hat, sorgt Marseille dafür, dass CMA CGM, die drittgrößte Reederei der Welt, ihren Firmensitz in einem markanten Hochhausgebäude, erbaut von der irakischen Stararchitektin Zaha Hadid, am Hafenrand einnehmen wird. Ganz selbstverständlich erklären die Manager von Euroméditerranée, dass sie nicht begreifen wollen, warum Containerschiffe zukünftig auf dem Weg von Ostasien nach Europa noch Spanien umfahren und den Weg durch den Ärmelkanal nehmen sollten. Mit einer leistungsfähigen Hinterlandanbindung will Marseille ein Hafen werden, der nicht nur Frankreich, sondern auch die Schweiz und Süddeutschland als Kunden begreift. Noch ist Marseille auch im Vergleich zu Genua ein Zwerg im internationalen Containerverkehr, aber mit Visionen verändert man die Welt. Hamburg wird einmal mehr deutlich gemacht, wie wichtig, Krise hin, Krise her, leistungsfähige Hinterlandanbindungen für unseren Hafen sind.
Beeindruckend sind auch die Pläne für das Kreuzfahrtgeschäft. Noch müssen die Kreuzfahrtschiffe weit außerhalb der Innenstadt vor Anker gehen, aber wenn es nach den Plänen von Euroméditerranée geht, werden in einigen Jahren die kilometerlangen Kaimauern, die jetzt noch den Hafenbereich vom offenen Meer trennen, abgeris
Wo heute noch Stauraum für Schiffsausrüstung, alte Parkplätze, verfallene Hangars und Leerflächen Perspektivlosigkeit verbreiten, wird dann direkt am Meer ein großes Einkaufszentrum die internationalen Kreuzfahrttouristen empfangen.