Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Heintze und Herr Kerstan, Sie haben vorhin dargestellt, dass im Sozialbereich praktisch nicht gekürzt werde, die ganze Aufregung sei umsonst und man solle die Stadt nicht weiter verunsichern. Eines möchte ich ganz deutlich sagen: Was wir im Sozialbereich zukünftig erleben werden oder was wir in den letzten Wochen erlebt haben in dieser Stadt, ist in puncto Zusammenarbeit zwischen dem zuständigen Senator und den Wohlfahrtsverbänden einmalig. Es ist einmalig, dass ein Senator in dieser Form die Wohlfahrtsverbände getäuscht hat, wie Herr Wersich es getan hat. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
Wir wissen doch alle, was im nächsten Jahr auf diese Stadt zukommen wird. Sie haben einfach gesagt, wir machen einen Ausgabenstopp, es wird keine Mehrbedarfe im Sozialbereich geben. Der Senator hat gleichzeitig dargestellt, dass es höchstwahrscheinlich Mehrbedarfe im Umfang von 100 bis 200 Millionen Euro geben wird. Das sind gesetzliche Leistungen, das sind Ansprüche, das sind Bedarfe, die letztendlich Menschen auch in Anspruch nehmen müssen, damit ihre Teilhabe an der Gesellschaft weiter ermöglicht wird. Und was machen Sie? Sie sagen einfach, diese Bedarfe wird es nicht mehr geben.
Es gab ein Gespräch, zu dem der Senator die Wohlfahrtsverbände eingeladen und gesagt hat, er möchte mit ihnen darüber diskutieren. Die haben das natürlich nicht ausgeschlagen, haben aber auch deutlich gesagt, dass die Schmerzgrenze im Sozialbereich mittlerweile erreicht sei. Und was war die Folge? Alle bekamen ein Schreiben, in dem der Senator erklärte, es sei ja schön, dass sie miteinander gesprochen hätten und sie könnten sich nun auf einen gemeinsamen Weg begeben, anbei würde er ihnen noch einmal zehn goldene Regeln für ihr zukünftiges Handeln mitgeben. Das sind die goldenen Regeln, die sogenannten Wersichschen Regeln, in denen steht, dass man Hürden aufbauen will für Hilfeempfänger, dass man die Personalbemessung verändern will und dass man die Löhne reduzieren will. Und da sagen Sie, das sei folgenlos für den Sozialhaushalt?
Wir sagen ganz deutlich: So kann es nicht gehen. Alle Wohlfahrtsverbände hatten ihm unisono mitgeteilt – Senator Wersich wusste das vor der Pressekonferenz –, dass der Vorschlag, den er gemacht hatte und der letztendlich in dieses Papier eingeflossen ist, 100 bis 200 Millionen Euro unter anderem durch Verzicht zu finanzieren, von ihnen abgelehnt würde. Trotzdem haben Sie diesen Vorschlag aufgenommen und das ist unverantwortlich.
Sie brauchen auch gar nicht so verwundert dreinzuschauen. Es ist doch logisch, dass zum Beispiel die Landespastorin Stoltenberg so reagieren musste, als sie im "Hamburger Abendblatt" erklärte, dass aus ihrer Sicht diese Politik, die Sie jetzt verfolgen wollen, in den nächsten Jahren den sozialen Frieden in dieser Stadt gefährden wird. Das ist die Tatsache.
Sich dann hier hinzustellen, wie Herr Heintze und Herr Kerstan, und zu sagen, der Sozialbereich bleibe fast ausgeschlossen, ist der reinste Hohn. Wir wissen alle, dass in den nächsten Jahren gerade durch Sie, Herr Wersich, dem Sozialbereich viel Schlimmes drohen wird und dass viele Menschen in dieser Stadt abseits stehen werden. Das ist die bittere Realität in dieser Stadt, meine Damen und Herren.
vor allem, wenn man sich vor Augen führt, was Ihr Haushaltssprecher vor Ihnen gesagt hat. Ich bin richtig dankbar, dass Sie die Chance ergriffen haben, sich hier noch einmal für die SPD-Fraktion so richtig zu blamieren.
Um es zunächst einmal klarzustellen: Mein Vorschlag, nicht über Kürzungen zu reden, sondern die Zuwächse bei den Trägern zu begrenzen …
Ich spreche über die Frage, ob wir die Kostensätze in den kommenden Jahren um einen definierten Betrag steigen lassen können in einer Zeit, in der
schlagen Sie die Zeitung auf – Arbeitsplätze abgebaut werden und jede Menge Firmen in die Insolvenz gehen. Das ist eine Situation, die wir im Sozialbereich nicht haben. Dieser Vorschlag ist vom Senat nicht angenommen worden, er ist in der Diskussion. Es macht keinen Sinn, wenn Sie hier diesbezüglich immer völlig falsche Behauptungen in die Welt setzen.
Ich will kurz auf das Thema soziale Spaltung eingehen. Nie hat sich die soziale Spaltung stärker vertieft als in der Zeit zwischen 1998 und 2005, denn sie ist die Folge eines wirtschaftlichen Niedergangs mit Massenarbeitslosigkeit von mehr als 5 Millionen Menschen gewesen. Seit dem Regierungswechsel in Berlin im Jahr 2005 wird die soziale Spaltung schwächer, dank unseres Weges, Menschen wieder in Arbeit zu bringen, anders als zu Ihren Regierungszeiten der Massenarbeitslosigkeit.
Ich habe die Reaktionen in Ihrer ganzen Fraktion sehr genau beobachtet, als Herr Tschentscher gesprochen hat. Ich kann Ihnen bestätigen, Sie waren alle begeistert.
Herr Tschentscher hat gesagt, dass wir heute gut daständen, hätten wir alles so weitergemacht wie Sie bis zum Jahr 2001.
Erstens sind Sie 2001 abgewählt worden und wir sind gewählt worden, um gerade nicht so weiterzumachen wie Sie. Zweitens haben Sie damals behauptet, Sie hätten gelernt, dass das nicht richtig war. Heute dagegen holen Sie die Situation von 2001 wieder aus der Mottenkiste hervor und sagen, es sei doch richtig gewesen.
(Ingo Egloff SPD: Es geht doch um die Haushaltssituation! Es geht doch um das Sparen, Herr Wersich!)
Drittens – darauf wurde schon hingewiesen und das ist für mich der entscheidende Punkt – haben Sie bis 2001 Stellen im ASD abgebaut. Hätten wir so weitergemacht wie Sie, hätte das bedeutet, dass wir den Kinderschutz nicht ausgebaut und die Krankenhausinvestitionen nicht gesteigert hätten
und dass wir weder Eltern-Kind-Zentren noch einen Kita-Ausbau hätten. Alleine der Kita-Ausbau verursacht eine Steigerung von 170 Millionen Euro im Betriebshaushalt.
Während Sie gesagt haben, auf all dies hätte unsere Regierung verzichten sollen, haben Ihre Leute geklatscht, die sonst immer fordern, dass das eigentlich noch viel zu wenig Geld sei.
All das, was wir in die Hand genommen haben zur Stärkung von Familien, Förderung von Kindern, zur frühen Prävention und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf – nachgewiesenermaßen die beste Maßnahme gegen Kinderarmut – macht zusammen im schwarz-grünen Haushalt eine Steigerung des Betriebshaushalts von 300 Millionen Euro aus. Sie können doch nicht sagen, dass Sie das ablehnen, wenn gleichzeitig immer dann, wenn es konkret wird, Ihre Sprecher permanent mehr fordern.
Zum Schluss will ich noch sagen, dass ich mich über eine Sache geärgert habe, weil das eine echte Irreführung war, Herr Tschentscher.
Sie haben behauptet, wir würden die Kita-Beiträge erhöhen, um damit die Zinsbelastungen abzudecken. Es gibt ein ganz klares anderes Commitment. Wir erhöhen die Kita-Beiträge, aber jeder Cent bleibt im Kita-System, um damit seinen weiteren Ausbau zu finanzieren. Hier wird kein Euro eingenommen, um damit irgendwelche Zinslasten abzudecken. Dieses Geld wird eingenommen, um die Kitas weiter auszubauen.
(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: Wo wird das Geld sonst hergenom- men? Das ist mehr als Irreführung!)
Das ist mir wichtig, weil das ein gravierender Unterschied ist. Ich glaube, die Eltern sind bereit, in die Kita-Betreuung zu investieren, weil dieses Geld ihren Kindern zugute kommt und wir so im Kita-Bereich nicht kürzen müssen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben eine Haushaltsdebatte erlebt, die eigentlich recht sachlich war, teilweise auch emotional, aber insgesamt doch geprägt von inhaltlichen Auseinandersetzungen bis zu dem Zeitpunkt, als Herr Kienscherf kam und seine bittere Realität für die Stadt verwechselt hat mit Kienscherfs Märchenstunde.