Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

Ich komme zum nächsten Punkt. Sie werden sehen, wie wir diese Regieanweisung – sollte es sie jemals gegeben haben – ignorieren; kommen Sie in die Haushaltsausschusssitzung. Zur Substanz der Sache: Es kann passieren, dass bei Verhandlungen mit Investoren irgendwann Dinge bekannt werden, die vorher auch einer Finanzbehörde nicht klar waren, schließlich verhandelt die ein bisschen mehr am Tag. Und auch Situationen bei Investoren ändern sich. Jeder, der sich in dieser Stadt jemals intensiv mit Vergabe und Verkäufen von Grundstücken beschäftigt hat, und das haben die Haushälter der SPD – wie das bei Ihnen ist, Herr Böwer, weiß ich nicht –, weiß, dass dort Fehler passieren können.

Jetzt stellen wir laut Medienberichterstattung fest, dass ein Fehler passiert sein könnte. Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses sage ich Ihnen klar und deutlich: Wenn dem so ist und dieser Investor kein seriöser und zuverlässiger Partner für die Stadt ist, muss dieses Verfahren rückabgewickelt werden. Dafür stehen beide Fraktionen und das werden Sie im Haushaltsausschuss erleben; da werden wir für Aufklärung sorgen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Allerdings werden wir dort auch nur das tun, was dem Haushaltsausschuss zusteht, zu schauen, was passiert ist und zusammen mit der Behörde zu ermitteln, ob wir handeln müssen oder nicht. Wenn wir handeln müssen, werden wir das tun und sagen: bitte aufheben. Dann geht das aber bitte auch wieder dahin zurück, wo es hingehört, in den Ortsausschuss und in den Bezirk.

Deswegen haben wir als CDU und GAL einen sehr offenen Antrag eingebracht, den wir im Haushaltsausschuss beschließen werden. Seien Sie sicher, Ihr Kriminalstück so hat nicht stattgefunden. Wir werden feststellen, dass wir vermutlich einen Investor haben, der nicht die Glaubwürdigkeit hat, die wir gerne hätten, was sich im Laufe eines Verfahrens herausgestellt hat. Wenn das so ist, dann werden wir das ändern. Es gibt kein Kriminalstück, aber wenigstens kommen wir jetzt nach Hause.

Wir freuen uns auf die Sitzung im Haushaltsausschuss.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Becker.

(Carola Veit SPD: Haben die keinen ande- ren Redner?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Endlich einmal ein Eimsbüttler Thema. Der Kollege Böwer hat eine Rede gehalten wie ein Bezirksabgeordneter; so eine Rede habe ich jedenfalls hier lange nicht mehr gehört. Er hat glänzend recherchiert, wenn es sich auch überwiegend um irrelevante Fakten handelt, die er vorgebracht hat.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GAL)

Der Sachverhalt ist eigentlich ganz einfach. Es geht darum, dass ein Gebäude einerseits veräußert werden, andererseits einer auch teilweise öffentlichen Nutzung zugeführt werden soll. Das heißt, es geht um den Nutzen für die Stadt und um den öffentlichen Nutzen. Wir haben Anhaltspunkte dafür, dass dieses Verhältnis nicht im angestrebten Sinne zustande kommen kann; das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite gibt es – was allerdings für eine Rückabwicklung nicht ausreicht – Verdachtsmomente dafür, dass möglicherweise der Bieter, der den Zuschlag bekommen hat, nicht seriös ist. Es stand diesbezüglich einiges in der Zeitung, aber wir wissen alle, dass das nicht unbedingt zu 100 Prozent belastbar ist. Das muss man alles noch einmal untersuchen. Wir haben einen Fall, der im Bezirk hängt, und dort gehört er auch hin. Wie der Kollege Heintze schon sehr richtig gesagt hat, haben wir deshalb einen offenen Antrag formuliert. Wir werden beide Anträge an den Haushaltsausschuss überweisen und dann sicher auch die richtige Entscheidung finden. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort erhält nunmehr Frau Schneider.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man könnte mit Blick auf den Antrag von CDU und GAL auf den Gedanken kommen, es sei wenigstens ein bisschen Bewegung in die Sache gekommen. Auf der anderen Seite frage ich mich aber natürlich, warum Sie ernsthaft glauben, dass man Ihrem verschwiemelten, vagen und der Verwaltung wirklich übergroßen Handlungsspielraum lassenden Antrag überhaupt zustimmen sollte, anstatt dem doch vergleichsweise klaren, konkreten und einleuchtenden Antrag der SPD. Ich habe auch mit dem Antrag der

SPD ein Problem, dazu komme ich aber gleich noch.

(Dirk Kienscherf SPD: Was?)

In Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der CDU und GAL, fehlt etwas ganz Wichtiges und darüber lohnt es sich meines Erachtens, auch in Ihren Reihen nachzudenken. Es fehlt nämlich die Forderung – aus Ihrer Sicht müsste man sagen, die Zusage –, dass das ganze Verfahren ab sofort absolut transparent zu gestalten ist, transparent für die kommunalpolitischen Gremien und transparent darüber hinaus vor allem für die gesamte interessierte Öffentlichkeit. Nicht zuletzt fragt man sich, warum der Senat so viel Zeit hat ins Land gehen lassen und warum er erst jetzt ansatzweise die Bereitschaft zu erkennen gibt, das Interesse an einer öffentlichen Nutzung der Amsinckvilla wenigstens verbal anzuerkennen.

Bereits seit Jahren ist die Villa, dieses schöne 160 Jahre alte Kleinod, ungenutzt. Es ist keineswegs so, dass die Forderung, die Amsinckvilla müsse als öffentlicher Stützpunkt sozialer und kultureller Tätigkeiten im Bezirk Eimsbüttel erhalten bleiben, ganz neu ist. Nachdem die Amsinckvilla zum Verkauf angeboten wurde, forderte etwa die Patriotische Gesellschaft unter der Überschrift "Die Amsinck-Villa hat Besseres verdient", das Bauwerk nicht zu verkaufen, sondern für die öffentliche Nutzung zu erhalten. Die Patriotische Gesellschaft schlug damals verschiedene Nutzungsvarianten vor, etwa die Villa als Außenstelle eines Museums zu nutzen.

Auch in den vergangenen Monaten wurden gegen das höchst eingeschränkte und, ich möchte schon sagen, elitäre Nutzungskonzept eine Reihe von alternativen Nutzungsansätzen entwickelt. Im Gespräch ist zum Beispiel – das ist noch strittig –, dass das Bürgerhaus Lokstedt dorthin ziehen könnte. Es gibt auch Interessenten für die Einrichtung von Kitas und im Gespräch sind außerdem das Stadtteilarchiv oder eine Museumsnutzung. Zum Beispiel gibt es den Vorschlag, dort ein Museum für Gehörlosensprache einzurichten. Künstlerinnen und Künstler haben ein großes Interesse an der Nutzung dieser Villa. Es gibt Theatermacherinnen und Theatermacher, die Vorschläge entwickeln, wie diese Villa zum Beispiel für Theateraufführungen zu nutzen ist. All das gibt es und das heißt, dass ein reges öffentliches Interesse an der Nutzung vorhanden ist.

Über die Vorgänge der letzten Monate ist im Einzelnen schon lange gesprochen worden, das werde ich nicht noch einmal alles nachvollziehen. Es lassen sich aber jedenfalls drei Lehren daraus ziehen, Lehren, die im Antrag der Regierungsfraktionen meiner Meinung nach nicht zu erkennen sind.

Erstens: Wie es im SPD-Antrag richtig heißt, ist das Prinzip der Höchstgebotsvergabe nicht geeig

(Roland Heintze)

net, um tragfähige und akzeptierte Lösungen zu finden. Dieses Prinzip steht öffentlichen, sozialen, kulturellen Interessen und gemeinwohlorientierten Ansätzen in der konkreten Situation eben doch entgegen. Bedürfte es eines Beweises, hier ist wieder ein neuer.

Zweitens: Die arrogante Haltung der Finanzbehörde gegenüber den kommunalen Gremien ist unmöglich. Es war nicht leicht – Herr Böwer hat es in aller Breite geschildert –, dass der Ortsausschuss Lokstedt das Konzept des Investors überhaupt zur Kenntnis bekam und das auch nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Über Monate hinweg hat sich die Verwaltung über das eindeutige Votum des Ortsausschusses hinweggesetzt, hat ein Nutzungskonzept favorisiert, das die erklärten Interessen vor Ort ignorierte und einen Investor, von dem nicht einmal klar war, ob er das Projekt überhaupt finanzieren kann.

Drittens: Der Ausschluss der Öffentlichkeit aus dem ganzen Verfahren ist wirklich unerträglich. Die Finanzbehörde scheint zu vergessen, dass die Immobilien, die sie verwaltet, öffentliches Eigentum sind und dass sie mit diesem ihr anvertrauten öffentlichen Eigentum nicht nach Gutsherrenart umgehen kann, sondern dass sie sich demokratische Kontrolle gefallen lassen muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Das setzt Öffentlichkeit und Transparenz voraus.

Jetzt zu dem Problem, was ich mit dem ansonsten recht guten SPD-Antrag habe. Auch Sie gehen davon aus, dass die Amsinckvilla verkauft werden muss. Wir wollen das problematisieren. Deshalb finden wir es gut, dass beide Anträge an den Ausschuss überwiesen werden, damit man diskutieren kann, wie die Villa in öffentlichem Eigentum bleiben und für öffentliche, soziale und kulturelle Nutzungsinteressen vor Ort tatsächlich genutzt werden kann. Deswegen stimmen wir selbstverständlich der Überweisung beider Anträge an den Ausschuss zu.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort erhält nunmehr Frau Dr. Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Heintze, ich habe nicht ganz verstanden, warum Sie diese ganze Angelegenheit so ins Lächerliche ziehen.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben beide im Ortsausschuss Lokstedt hinreichend Erfahrung. Ich war Vorsitzende und Sie waren mein Stellvertreter. Sie wissen auch ganz genau, was eigentlich das Wichtigste an der Arbeit im Ortsausschuss ist, dass die Bürgerinnen und Bürger hinkommen und Fragen zu dem stellen kön

nen, was in ihrer unmittelbaren Umgebung vor sich geht. Der Ortsausschuss hat in Sachen Amsinckvilla seit geschlagenen zwei Jahren versucht, herauszubekommen, was die federführende Finanzbehörde vorhat, und ist immer wieder gegen die Wand gelaufen. Der Finanzsenator ist auch für die Bezirke zuständig. Er hätte die Pflicht gehabt, dafür zu sorgen, dass vor Ort die Informationen ankommen.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Heitmann?

Nein, im Moment nicht.

Vor kurzem…

(Glocke)

Das Wort hat allein Frau Dr. Schaal. Ich darf Sie um etwas mehr Ruhe bitten, sonst ist das auch hier oben nicht entsprechend zu verfolgen.

Es hat mehrfach in der Kommunalpolitik, im Ortsausschuss und auch in der Bezirksversammlung – Herr Böwer hat darauf hingewiesen – entsprechende Voten gegeben, die Fachbehörde solle endlich die Karten auf den Tisch legen. Nichts ist geschehen. Der Antrag, den wir jetzt als SPD-Fraktion eingebracht haben, ist im Prinzip ein Hilfeschrei, dass endlich etwas passiert und die Wahrheit auf den Tisch kommt.

Wenn sich der Bürgermeister beklagt, dass sich an allen Ecken und Enden in der Stadt Bürgerinitiativen gegen etwas bilden, dann kann ich nur sagen, dass sich auch in Sachen Amsinckvilla die Nachbarinnen und Nachbarn zu einer Initiative zusammengeschlossen haben, und das ist allein die Reaktion auf die Politik, die überhaupt keine Transparenz schafft.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Herr Heintze, wenn Sie sagen, Sie haben nicht verstanden, worum es geht, dann kann ich Ihnen das noch einmal erklären.

(Frank Schira CDU: Nein!)

Offensichtlich braucht Herr Heintze die Nachhilfe.

Es geht darum, dass die Finanzbehörde dieses Verfahren stoppt, bei dem es offensichtlich um einen sehr dubiosen Investor geht, dass das Angebot neu ausgeschrieben wird, weil das, was die Behörde intendiert, nicht mit dem vereinbar ist, was in der Kommunalpolitik und von den Bürgerinnen und Bürgern gewünscht wird, und darum, endlich mehr Licht in dieses Verfahren zu bringen. Es

(Christiane Schneider)

war schon ein Lichtblick, dass heute in der "Bild"-Zeitung zu lesen war, dass die Behörde das Verkaufsverfahren stoppt. Wenn es dann so wäre, wäre das sehr schön. Dann hätte man das allerdings auch gleich beschließen können und müsste nicht erst die Anträge an den Ausschuss überweisen.

(Kai Voet van Vormizeele CDU: Damit Sie auch zurückziehen können!)