Protokoll der Sitzung vom 31.03.2010

Die festgelegte Linienbestimmung ist nach intensiver Begutachtung und Planung zustande gekommen und stellt einen Kompromiss vieler Faktoren dar: die Folgen für die Menschen, die Folgen für die Umwelt – das fällt uns wahrscheinlich am schwersten – und der sorgsame Umgang mit dem Geld. Dass nicht alle Aspekte bei dieser Variante optimal vertreten sein können, liegt in der Natur eines Kompromisses, Herr Kollege. Trotzdem stellt diese Variante die anwohnerfreundlichste und die am wenigsten mit Lärm belastende Alternative dar.

(Andy Grote SPD: Von allen Autobahnpla- nungen!)

Uns Grünen wäre eine ganz andere Variante im Norden des Hafengebietes noch viel lieber gewesen, aber die konnten wir leider weder durch die Hafenwirtschaft noch durch zwei Großparteien in der Stadt durchsetzen, denn diese wäre noch günstiger und ökologisch noch vertretbarer. Aber inter

(Andy Grote)

essant ist, dass Sie immer konkret kritisieren, was wir tun, sich jedoch diesen Konzepten, Geld zu sparen und ökologischer zu arbeiten, in den Weg stellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Herr Dr. Bischoff.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Jetzt mal was Po- sitives!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ausgangspunkt ist – Herr Grote hat das in seinem Beitrag sehr pointiert dargestellt, während Sie, Herr Hesse, das alles verwischt haben –, dass wir in der Bundesverkehrswegeplanung eine Hafenquerspange notiert haben im Bereich weiterer Bedarf mit Planungsrecht und das ist die Nordtrasse. Die wäre, wenn alles so laufen würde, garantiert nicht vor 2015 gebaut.

(Jens Kerstan GAL: Nie wäre die gebaut worden! – Klaus-Peter Hesse CDU: Richtig!)

Herr Grote hat recht, selbst wenn mich das betroffen macht, dass man schon ein bisschen helfen musste, damit man das überhaupt in diese Kategorie hineinbekam. Jetzt legen Sie uns eine Planung vor und sagen, Sie würden die Linienführung ändern, wollen aber wiederum in die Kategorie weiterer Bedarf mit Planungsrecht hineinkommen. Da kann man schon fragen, ob das reicht, was Sie da vorgelegt haben, denn er hat zu Recht gesagt, es würde wesentlich teurer.

Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Argumente. Es ist keineswegs sicher, dass Sie mit dieser Operation, die Linienführung auszutauschen, erfolgreich sind; das muss man ganz nüchtern festhalten.

Dann stellt sich die Frage, warum das mit so einem Tempo gemacht werden muss. Sie kündigen in der Drucksache ein Gesamtverkehrskonzept für den Süden Hamburgs beziehungsweise eine Gesamtmobilitätsstudie an, die Konzeption solle bis Jahresende vorliegen. Warum müssen wir uns aber bereits jetzt auf diese neue Linienführung einlassen, warum können Sie nicht abwarten? Warum sagen Sie nicht, wir haben uns noch einmal zusammengesetzt, legen der Bürgerschaft und der Öffentlichkeit dieses Gesamtmobilitätskonzept vor und dann sehen wir uns die verschiedenen Punkte noch einmal an?

Ich versuche immer, die Kontrahenten zu verstehen. Das einzige Argument für das jetzt vorgelegte Tempo ist, dass Sie sich für das Hamburger Teilstück des Autobahnbaus die Option eines Autobahnverkehrskreuzes offenhalten wollen. Natürlich kann man sagen, es würde später teurer, wenn Sie

das jetzt erst einmal weglassen, aber von der Logik der Herangehensweise her wäre es zehnmal sinnvoller, erst einmal das Gesamtmobilitätskonzept vorzulegen und dann weiterzusehen.

Ich will nur darauf hinweisen – das hat Herr Grote auch schon gesagt –, dass in der DEGES-Studie mit Annahmen operiert wird wie beispielsweise der Expansion des Hafens, des Containerund Lkw-Verkehrs. Für all dies fehlt die Begründung.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wenn wir früher auch so gedacht hätten, Herr Bischoff, wäre der Hafen nicht in der Entwicklung wie jetzt!)

Auf jeden Fall ist dieses Argument nicht stichhaltig. Herr Hesse, da Sie das angesprochen haben: Wir sind ganz gewiss dafür, einen vernünftigen Umgang mit dem Hafen und der Investitionspolitik zu betreiben. Aber ob wir deswegen unbedingt eine Hafenquerspange brauchen oder eine neue Autobahn, das ist umstritten. Der Hafen hat Verkehr, braucht zügigen Verkehr, aber keine Schnelltrassen. Der Hafen braucht viele Ab- und Zufahrten, braucht ein Verkehrsleitsystem, an dem Sie zum Teil jetzt arbeiten. Auch Herr Grote sagte, für große Teile der Hafenwirtschaft sei das mit der A 7 eine vernünftige Anbindung.

Sie beschwören immer wieder, das ist fast schon ein Mythos, dass die Hafenwirtschaft unbedingt die Querspange brauche. Das ist nicht belastbar und belegbar, das werden wir auch im weiteren Verfahren sehen.

Ein anderes, aus meiner Sicht kaum nachvollziehbares Argument ist, dass Sie sagen, Sie bräuchten diese neue Autobahn in Wilhelmsburg oder auf den Elbinseln, um Stadtreparatur machen zu können.

(Jens Kerstan GAL: Verlegung einer Bun- desstraße!)

Wenn Sie sich anschauen, was in der Drucksache über den Beteiligungsprozess gesagt wird, dann muss man feststellen, dass Sie es geschafft haben, große Teile der Bevölkerung – nicht nur der Wohnbevölkerung, sondern auch der Leute, die dort ihre Arbeitsplätze und Unternehmen haben – gegen dieses Projekt aufzubringen.

(Jens Kerstan GAL: Ich glaube, das haben Sie geschafft!)

Wenn wir so mächtig wären, dann hätten Sie noch viel mehr Probleme, darauf können Sie Gift nehmen.

(Rolf Harlinghausen CDU: Zum Feuerma- chen gehört nur ein Brandstifter!)

Aber leider müssen Sie so etwas durch Ihre Politik immer anrichten.

In der Summe ist völlig klar, dass das ganze Konzept nicht überzeugt. Es überzeugt unsere Frakti

(Martina Gregersen)

on nicht, es überzeugt die Leute vor Ort nicht und insofern werden wir dieser Drucksache auf keinen Fall zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Senatorin Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat hat Ende Februar beschlossen, beim Bund eine Änderung der Linienbestimmung für die Hafenquerspange zu beantragen und nun einen südlichen Trassenverlauf zu verfolgen. Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass im Moment eine nördliche Trassenlinie bestimmt ist

(Jörn Frommann CDU: Richtig!)

und in der Tat im weiteren Bedarf des Bundesverkehrswegeplans diese Planung vorliegt. Die BSU hat in den vergangenen Monaten zusammen mit der DEGES Alternativen zu dieser Nordtrasse geprüft. Wir haben in dieser Drucksache auch Trassenvarianten dargestellt und die Alternativen noch einmal gegenübergestellt. Da dies unzweifelhaft ein sehr schwieriger Abwägungsprozess ist, ist es auch wichtig, sich diesen Varianten noch einmal argumentativ zu stellen.

Ich finde es bemerkenswert und es war für mich eine neue Erfahrung, dass die größere der beiden Oppositionsparteien keine Stellung mehr bezogen hat zu dem Projekt Hafenquerspange. Das habe ich von der SPD noch nicht erlebt, dass sie zur Hafenquerspange keine Positionierung abgibt. Herr Grote, das ist eine ganz neue Situation. Ich kann verstehen, gerade auch vor dem grünen Hintergrund, dass man eine sehr kritische Haltung zur Hafenquerspange haben kann, aber dann hat man wenigstens eine Haltung. Ich nehme auch bei der LINKEN eine Haltung wahr, aber bei der SPD ist keine Haltung zum Projekt Hafenquerspange wahrzunehmen in dieser Debatte. Dass Sie sich im Grunde nicht von der Hafenquerspange verabschieden, jedoch keine dezidierte positive Meinung zur südlichen Hafenquerspange einnehmen wollen, kann ich noch verstehen. Dann müssten Sie aber sagen, dass Sie dann alternativ für die nördliche Linie sind. Es ist eine völlig neue Erfahrung, wie unklar die SPD sich hier positioniert.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich finde es im Übrigen in Ordnung, wenn man sich neu positioniert, so etwas ist mir auch nicht fremd.

Jetzt noch einmal zum Inhalt: Die neue Linie soll westlich von Moorburg an die geplante A 26 anschließen und endet im Osten im Bereich Anschlussstelle Stillhorn an der A 1. Insofern ist auch der Aspekt der Verbindung der beiden Autobahnen ein wesentlicher Gesichtspunkt, der die Funktiona

lität mit bestimmt, aber auch die Bedeutung für den Hafenbereich.

Ich möchte auf Ihre Frage eingehen, Herr Bischoff, was es mit den zeitlichen Rahmenbedingungen auf sich hat. Dass wir mit dieser Planung und Entscheidung in diesem Zeitfenster liegen und auch liegen wollten, hat sehr wichtige Rahmenbedingungen, die mit der Bundespolitik zu tun haben. Der Bundesverkehrswegeplan und seine Prioritäten stehen auch zu einer neuen Bewertung an. Der Bund hat schon sehr deutlich formuliert, er wüsste, dass die Hamburger Regierung wegen stadtentwicklungspolitischer Zielsetzungen bei der Nordlinie neue Erkenntnisse habe und die Kosten dieser Nordlinie sich dramatisch verteuern würden. Dann wolle man von Hamburg aber auch wissen, womit jetzt geplant werden solle. Deswegen findet die Senatsentscheidung in diesem zeitlichen Zusammenhang ihren Sinn. Diese Entscheidung ist auch keine Überraschung für den Bund, sondern die Bundesverwaltung hat natürlich auch diesen Prozess begleitet. Insofern darf ich auf Ihren Hinweis, dass nicht damit zu rechnen sei, dass diese Linienbestimmung überprüft werde, sagen: Selbstverständlich wird sie überprüft, natürlich warten wir das Ergebnis im Bund ab. Aber das findet in einer zeitlichen Reihenfolge statt, die für die Bundesentscheidung und die Verkehrspolitiker im Bundestag ganz wesentlich ist, und deswegen hat es seinen Sinn. Wie man inhaltlich dazu steht, ist eine andere Sache. Es war mir aber wichtig, Ihnen diese Antwort zu geben.

Wir zeigen in dieser Drucksache noch einmal verschiedene Argumente auf, die für die unterschiedlichen Trassenvarianten sprechen und mir ist es wichtig, das hier in Erinnerung zu rufen, weil es so ein umstrittenes Projekt ist.

Wir haben die verkehrliche Wirkung untersucht, die technische Gestaltung und die Umweltverträglichkeit auch mit Hinblick auf Lärmemissionen für die Wohnbevölkerung. Wir haben eigens noch einmal die Belange des Artenschutzes abgewogen, wir haben die Aspekte der Stadtentwicklung bewertet, die Hafenbelange und die Kosten. Es ist eindeutig ein Ergebnis festzustellen gewesen, dass die sogenannte Diagonale West nach diesen Maßstäben sehr negativ abschneidet und auch unter der Kostenbetrachtung diese Variante, weil sie die längste Strecke ist, ausgesprochen schlecht abschneidet.

Dann war natürlich eine Hauptabwägung die Entscheidung zwischen einer nördlichen und einer südlichen Trasse. Das ist keine leichte Entscheidung, das will ich überhaupt nicht unterstellen, aber ich will noch einmal die entscheidenden Argumente nennen. Die Nordvariante, die im Moment linienbestimmt ist, hat sehr deutliche städtebauliche Probleme. Auch dort, Herr Grote, müssten Sie dann reflektieren, was das für den Sprung über die Elbe bedeutet. Wir hätten auch im verkehrlichen

(Dr. Joachim Bischoff)

Bereich erhebliche zusätzliche Verkehrsbelastungen im Anschluss an die A 252 und deshalb eine erhebliche Belastung einer großen Anwohnerschaft im Norden von Wilhelmsburg und der Veddel.

Wenn wir also die Hafenquerspange als Autobahn zwischen Wilhelmsburg und der Innenstadt betrachten würden, würde bei einer solchen Planung der Sprung über die Elbe deutlich belastet werden. Diese Nachteile könnten dann nur abgemildert werden durch einen Tunnel und der hat eine Kostensteigerung zur Folge. Herr Bischoff, noch einmal zu Ihrem Kostenargument, der Tunnel würde schon mit den alten Kostenrechnungen die Nordtrasse so viel teurer machen, dass sie mit ihrer Finanzierungsmöglichkeit nicht mehr erfolgreich darstellbar wäre. Das waren auch die Hauptgründe, die die Regierung bewogen hat, eine neue Linienuntersuchung aufzunehmen. Insofern ist das eine folgerichtige Alternativenprüfung gewesen, die wir dann auch vorgenommen haben.

Ich möchte deutlich darauf hinweisen, dass eine solche Trassenplanung auch die Chance hat, Verkehre zu bündeln. Die Entlastungswirkungen, die wir für die B 73 dort erreichen könnten, insbesondere für Menschen, die in Harburg an der B 73 leben, sind schon deutlich und in eine Abwägung mit einzubeziehen und auch die Bündelung von Durchgangsverkehren in Wilhelmsburg. Ich weiß, dass da die Meinungen auseinandergehen, aber die Belastung von Wilhelmsburg mit Schwerlastverkehr und Lkw-Verkehr in der jetzigen Situation ist alles andere als einfach. Unter ökologischen, und zwar artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten hat eine südliche Linie durchaus Nachteile. Die Linie Süd 1, wie wir sie in der Drucksache nennen, führt insbesondere auch durch Gebiete, in denen es zu starken Belastungen der Tier- und Pflanzenwelt kommt.

Ich will auch erwähnen, dass es – Frau Gregersen ist darauf schon eingegangen – bei der Südvariante in der Region Moorburg verschiedene Ausprägungen gibt. Wir haben eine Variante dargestellt, die unmittelbar nördlich von Moorburg – als ein Teil der Südvariante, damit wir uns recht verstehen – vorbeiführt. Diese wirft nicht die artenschutzrechtlichen Probleme auf, das ist richtig. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass diese Variante der perspektivischen Entwicklung des Hafens entgegensteht. Wir haben mit dieser Drucksache keine Entscheidung über die Entwicklungsperspektive des Hafens getroffen, aber bekanntermaßen gibt es zu dieser Fragestellung zwischen den Parteien in der Stadt sehr unterschiedliche Meinungen, im Übrigen auch zwischen den Parteien, die diese Regierung tragen. Für die Abwägung war dieser Punkt allerdings wichtig, sodass wir mit Blick auf Hafenargumente trotz der artenschutzrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Südvariante in der Re

gion Moorburg zu der Entscheidung gekommen sind, wie wir sie Ihnen jetzt zur Kenntnis geben.

Mit Blick auf den Artenschutz und die Tier- und Pflanzenwelt ist die Nordtrasse im Vergleich zur Südtrasse stärker belastet, aber mit Blick auf Lärmemissionen im Raum Wilhelmsburg und die städtebauliche Aufgabe hat die Nordvariante deutliche Nachteile gegenüber der Südvariante und damit auch Nachteile für die Wilhelmsburger Bevölkerung.

In Abwägung all dieser Punkte kann ich als Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt feststellen, dass diese neue Linienbestimmung klare Vorteile gegenüber der bisherigen Planung hat. Und man muss sich schon eine Meinung darüber bilden, wie man sich zur bisherigen Planung stellt. Ich möchte ergänzen, dass ich diese Feststellung auch treffe vor dem Hintergrund, dass wir uns bei der Linienbestimmung der Südtrasse sehr darum bemüht haben, die Belastungen für die Bewohnerinnen und Bewohner in Wilhelmsburg so gering wie möglich zu halten, und dass wir auch ökologische Gesichtspunkte berücksichtigt haben. Das möchte ich ganz kurz an drei Punkten erläutern: