Protokoll der Sitzung vom 31.03.2010

In Abwägung all dieser Punkte kann ich als Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt feststellen, dass diese neue Linienbestimmung klare Vorteile gegenüber der bisherigen Planung hat. Und man muss sich schon eine Meinung darüber bilden, wie man sich zur bisherigen Planung stellt. Ich möchte ergänzen, dass ich diese Feststellung auch treffe vor dem Hintergrund, dass wir uns bei der Linienbestimmung der Südtrasse sehr darum bemüht haben, die Belastungen für die Bewohnerinnen und Bewohner in Wilhelmsburg so gering wie möglich zu halten, und dass wir auch ökologische Gesichtspunkte berücksichtigt haben. Das möchte ich ganz kurz an drei Punkten erläutern:

Die zunächst vorgeschlagene Variante zur Anbindung an die A 26, von Westen kommend, sah einen Verlauf südlich des dortigen Umspannwerks vor. Dies wäre verkehrstechnisch einfacher gewesen, die Streckenführung hätte aber erhebliche ökologische Kosten mit sich gebracht. Deswegen haben wir uns entschieden, als Linienführung an die A 7 heran eine schwierigere und anspruchsvollere, aber ökologisch verträglichere Variante nördlich des Umspannwerks zu wählen.

Zum Zweiten haben wir bereits im letzten Jahr gesagt, dass wir die Hafenquerspange nur so realisieren wollen, dass von Westen kommend kein Abbiegen auf die Wilhelmsburger Reichsstraße möglich ist. Dies ist Bestandteil unseres Konzeptes, damit es durch die Hafenquerspange nicht zu zusätzlichen Verkehren auf der Wilhelmsburger Reichsstraße kommen kann, sondern im Gegenteil dort eine verkehrliche Entlastung Wilhelmsburgs erzielt werden kann. Unsere Untersuchungen haben Zahlen ergeben, die dies nahelegen.

Für die weitere Planung, das ist wichtig, haben wir den Verlauf dieser Hafenquerspange bereits in diesem frühen Stadium so entschieden, dass wir im Bereich der Wohnbebauung an der Kornweide nur einen Tunnel für verträglich halten und für die weitere Strecke bis zur A 1 wegen Lärmschutzmaßnahmen der Bau in Troglage vorzusehen ist. Insofern haben wir mit dieser Linienbestimmung eine Trasse entwickelt, die klare Vorteile gegenüber der bisherigen Planung hat und den Belastungen, die die Menschen durchaus davon haben – das kann man nicht leugnen –, so gut wie möglich Rechnung trägt. Effektive Lärmschutzmaßnahmen sind heute zum Glück wesentlich weiter entwickelt und es gibt

(Senatorin Anja Hajduk)

eine viel stärkere Verpflichtung, diese auch zu finanzieren.

Wir wollen diese Darstellungen, die wir mit Blick auf die Hafenquerspange und im Übrigen auch auf die Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße haben, im Rahmen eines Gesamtverkehrskonzeptes bis November zusammenführen. Dies ist ein Ergebnis des Beteiligungsprozesses. Ich weiß selbstverständlich, dass der Beteiligungsprozess schwierig war und dass die Formulierung "es gab nur einen Konsens darüber, dass wir einen Dissens haben" vielleicht nicht zufriedenstellend ist. Aber sie ist wenigstens ehrlich und das Akzeptanzproblem, das wir noch haben, wird damit nicht übertüncht. Das enthebt Politiker nicht, sich eine Meinung darüber zu bilden, wie sie sich zur Hafenquerspange stellen; das sage ich noch einmal in Richtung Sozialdemokratie. Wir haben in diesem Abwägungsprozess die wesentlichen Punkte untergebracht, die wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen hatten und die ich als Kriterien dargelegt habe. Wir haben uns nicht gescheut, die Alternativen nebeneinanderzustellen, sodass man sich angesichts dieser Transparenz zwischen Alternativen entscheiden kann.

(Präsident Dr. Lutz Mohaupt übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen kann ich Ihnen nur zurufen: Dieser Abwägungsprozess ist ein schwieriger, aber in seiner Transparenz auch ein guter. Um für Akzeptanz zu werben, braucht man natürlich auch die sachliche Ebene. Deswegen hoffe ich vor dem Hintergrund der verkehrlichen Notwendigkeiten, dass wir insgesamt Unterstützung aus diesem Hause bekommen können. Ich bin überzeugt, dass wir noch viel für die Akzeptanz im Stadtteil tun können und tun müssen, dass es aber grundsätzlich wichtig ist, in den Alternativszenarien zu denken, es sei denn, man kann dafür eintreten, dass eine Lösung ohne Hafenquerspange tauglich ist. So habe ich Ihre Argumentation bisher verstanden, Herr Bischoff. Wir glauben, dass eine Hafenquerspange in der Form, wie wir sie vorschlagen, vertretbar ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat Herr Frommann.

(Dirk Kienscherf SPD: Von Ihrem Haus ist das Ding weit genug entfernt!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Senatorin Hajduk hat sehr ausführlich noch einmal die Beweggründe dargestellt, die zu einer Veränderung geführt haben; ich will das auch gar nicht wiederholen. Herr Grote, was mich doch schon ein bisschen irritiert hat, ist die momentane Haltung der SPD. Das ist weder

Fisch noch Fleisch noch irgendetwas anderes, das ist wieder die berühmte Salamitaktik, die Sie fahren, indem Sie lieber nichts deutlich sagen. Es fehlt die Verlässlichkeit bei Ihnen. Aber wenn man in dieser Stadt ohne Verlässlichkeit Politik machen will, dann sind wir sehr schnell verloren; das kann nicht Art und Weise für Hamburg sein.

Ich bin darüber hinaus der Überzeugung, dass es neben der Verlässlichkeit zum Beispiel für die Hafenwirtschaft – die Kollegen Münster und Egloff sind leider im Moment im Plenum nicht anwesend, vielleicht aus gutem Grund,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Die schämen sich!)

die schämen sich dafür, so kann man das nämlich interpretieren – auch auf die Verlässlichkeit für die Bevölkerung ankommt. Es ist bei Weitem nicht so, dass Sie mit den Planungen, die Sie mit Ihren hier nicht getroffenen Aussagen unterstützen, nämlich die Nordvariante, in Wilhelmsburg oder angrenzenden Bereichen offene Türen einrennen würden.

(Andy Grote SPD: Niemand unterstützt die Nordvariante!)

Herr Grote, dann müssen Sie sich hier noch einmal hinstellen und ganz deutlich sagen, wir wollen keine Nordvariante, wir sind für eine Südvariante, wir wollen über die notwendigen Maßnahmen, die eine Südvariante erfordern würde, damit sie möglichst verträglich wird, diskutieren

(Karin Timmermann SPD: Das hat er doch gesagt! Sie müssen mal zuhören!)

und uns über Inhalte auseinandersetzen. Leider sind Sie dazu nicht gekommen. Sie haben mit Ihren nebulösen Sätzen nur versucht, wieder ein wenig Unruhe zu stiften, ohne inhaltlich konkret zu werden.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Herr Bischoff, Sie haben letztendlich nur das wiederholt, was Herr Rothschuh heute noch einmal der "Harburger Rundschau" gesagt hat. Herr Grote, Sie wissen doch genauso gut wie wir, dass wir die Hafenquerspange brauchen, wie auch immer nachher die Führung aussehen wird. Wir wissen auch alle, je rechtzeitiger unsere Anmeldung beim Bund eingeht, desto besser. Ob und wann das Geld nachher tatsächlich kommt, ist eine zweite Frage. Nur wenn wir nichts anmelden, können wir später auch nichts einstellen. Und für eine erfolgreiche Umsetzung sind bei der Riesensumme nun einmal erhebliche Zuschüsse aus Berlin notwendig. Die Planungen selbst sind von Ihnen begleitet worden, wir haben darüber im Stadtentwicklungsausschuss geredet und werden das sicherlich weiterführen. Wir nehmen hier heute eine Entscheidung zur Kenntnis, hinter der zumindest SchwarzGrün ganz deutlich steht. Wir werden das Projekt weiterverfolgen, und zwar in der jetzt abgewoge

(Senatorin Anja Hajduk)

nen Variante, und werden natürlich darauf achten, dass es möglichst optimal für alle Bereiche gilt.

(Andy Grote SPD: Wenn das nicht nebulös ist!)

Sie als SPD werden sich hier neu positionieren müssen. Sie werden das der Öffentlichkeit erklären müssen, aber auch der Hafenwirtschaft und Sie müssen dann auch den Wilhelmsburgern erklären, wo die Lkws entlanggeführt werden sollen, denn das hat die Senatorin zum Ende ihrer Rede noch einmal ganz deutlich gesagt. Ein ganz wichtiger Aspekt ist, dass die Belastungen, die wir in vielen Bereichen, insbesondere im Wilhelmsburger Westen haben, aus dem Hafen herrühren. Eine konzentrierte Verkehrsplanung im Bereich des Hafens, wie sie im Moment von der HPA vorangetrieben wird, setzt voraus, dass es Wege heraus aus dem Hafen möglichst direkt zu den Autobahnen gibt. Mir persönlich ist es relativ egal, ob das Ding nachher Hafenquerspange oder Autobahnverbindung oder ähnlich heißt. Wichtig ist, dass die Lkw-Verkehre im Wesentlichen erst einmal richtig geführt werden, dass wir leistungsfähige Verbindungen und Potenziale haben.

(Karin Timmermann SPD: Darum geht es! Legen Sie doch endlich mal eine Gesamt- planung vor!)

Hätten wir vor 40 Jahren so debattiert wie Sie heute debattiert haben, nämlich mit Zahlen, die eventuell nicht zustandekommen könnten und von denen wir im Nachhinein doch festgestellt haben, dass sie zustandekommen, dann würden wir heute keine verkehrstüchtigen Straßen haben. Wir werden dieses Projekt erfolgreich zu Ende führen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 19/5475 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf, Drucksache 19/5369, Große Anfrage der CDU-Fraktion: Solarenergie in Hamburg.

[Große Anfrage der Fraktion der CDU: Solarenergie in Hamburg – Drs 19/5369 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Umweltausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Frau Stöver hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Warum beschäftigen wir uns mit Solarenergie in Hamburg, wo doch die Sonne in Süddeutschland vermeintlich viel häufiger

scheint und in Spanien die Gewinnung von Sonnenenergie erst wirklich Sinn macht? Ich höre schon die Kritik der Opposition und auch die eigene Fraktion hat übrigens Nachfragen gestellt. Von den regenerativen Energien ist in Norddeutschland die Windkraft am sinnvollsten einsetzbar aufgrund des zu erreichenden Energievolumen und natürlich auch der Logik der Küstennähe. Diese auszubauen und zu fördern, macht also am meisten Sinn, und das passiert auch. Über die Erfolge der Hersteller von Windkraftanlagen wird in der Zeitung weit mehr geschrieben als über Solarenergie, zum Beispiel, dass General Electric sein Technologiezentrum nach Hamburg verlagert.

Doch zur Erreichung unserer ehrgeizigen Klimaschutzziele ist es notwendig, das Potenzial jeder Energieform zu ermitteln. Auch kleine Anteile helfen, das gemeinsame große Ziel zu erreichen. In einer Großstadt wie Hamburg ist der Ausbau der Windenergie auch aus rein platztechnischen Gründen irgendwann begrenzt. So muss nach Potenzial gesucht werden, das einer Großstadt entspricht. Hamburg hat viele Dächer und dieses Potenzial ist noch nicht ausgewertet und keinesfalls ausgeschöpft. Auch bundesweit ist vor allem der Anteil der Solaranlagen auf gewerblichen Gebäuden zu steigern.

Welches Potenzial ist denn realistisch? Die einschlägige Fachliteratur weist aus, dass in Deutschland die Solarwärme bis zum Jahr 2020 circa 6 Prozent des gesamten Wärmebedarfs abdecken könnte. Hierfür müsste eine thermische Leistung von 112 Gigawatt errichtet werden. Ende 2008 waren es im Bundesgebiet knapp 8 Gigawatt, das entspricht einer Kollektorfläche von circa 11 Millionen Quadratmetern. Hamburg weist in der Potenzialanalyse Zahlen bis 2020 aus. Danach könnten wir 1 bis 2 Prozent des gesamten Wärmebedarfs decken; heute liegen wir bei 0,3 Prozent. Für Hamburg zeigen die Antworten der Großen Anfrage, dass bisher keine ausreichende Kenntnis über das Dachflächenpotenzial vorliegt. Die CDU wird hierzu auch noch einen Antrag einbringen, und zwar zum Solardachkataster.

Bei der Vorbereitung meines Debattenbeitrags hat meine Recherche ergeben, dass auch in der Bremischen Bürgerschaft eine ähnliche Kleine Anfrage gestellt wurde. Dabei musste ich feststellen, dass der Bremer Senat durchaus über detailliertere Kenntnisse der dortigen Dachflächen verfügt als wir in Hamburg, vor allen Dingen über seine öffentlichen Gebäude.

Ein weiterer Punkt ist wichtig, die Nutzung von Solarenergie zum Schutz unseres Klimas; ich habe es schon angedeutet und möchte das jetzt ein wenig ausführen. Hamburg hat unter der CDU-Regierung den Klimaschutz zu einem Schwerpunkt seiner Politik gemacht. Besonderen Wert legen wir auf das Klimaschutzkonzept der vergangenen Le

(Jörn Frommann)

gislaturperiode, das jetzt gemeinsam mit dem Koalitionspartner fortgeschrieben wird. Mit einer Fülle von Maßnahmen in neuen Handlungsfeldern ist das Hamburger Klimaschutzkonzept so breit gefächert wie kein anderes in Deutschland. Die Fortschreibungsdrucksache beinhaltet als einen Schwerpunkt die Solarenergie, vor allem, wie der Antwort auf die Große Anfrage zu entnehmen ist, im Abschnitt III "Energie". In der Rubrik Handlungsschwerpunkte sind die Förderprogramme beschrieben sowie bei einem weiteren Unterpunkt fünf Maßnahmen für die Potenzialanalyse. Diese Maßnahmen laufen scheinbar parallel und sind unterschiedlich weit, sie greifen auch zum Teil auf scheinbar identisches Datenmaterial zurück. Da wir die Große Anfrage an den Ausschuss überweisen möchten, wird die Diskussion dort sicher Aufschluss darüber geben, warum mehrere Potenzialanalysen sinnvoll sind und wann Ergebnisse aus diesen Analysen zu konkreten Maßnahmen führen.

Last but not least möchte ich die Forschung und Entwicklung noch einmal hervorheben. Sie sind für das Fortkommen der Solarenergie immens wichtig. Wir wollen, dass Hamburg eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung erneuerbarer Energien übernimmt. Umfassende Strategien zur Energieeinsparung, Effizienzsteigerung und für die Entwicklung und Anwendung erneuerbarer Energien sind wichtiger denn je. Hamburg ist hierfür längst Modellregion geworden. Unsere Hansestadt ist europäisches Kompetenzzentrum für effiziente Energienutzung und erneuerbare Energien. Der Vorwurf, die Solarenergie weise eine mangelnde Wirtschaftlichkeit auf, ist berechtigt und nur über neue und verbesserte Technologien können wir dies überwinden. Die Antworten auf die Große Anfrage belegen auch hier, dass auf dem Gebiet der Solarenergie eine Fülle an Projekten an unseren Hamburger Forschungseinrichtungen angestoßen worden sind.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie nicht weiter langweilen, wir werden uns hoffentlich im Ausschuss wiedertreffen, dieses und mehr dann im Ausschuss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort hat Frau Dr. Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Hamburg sorgt sich die CDU um das Fortkommen der Solarenergie und in Berlin hat die CDU-geführte Bundesregierung gerade in der letzten Woche einen Gesetzesentwurf eingebracht mit dem Ziel, die Solarenergie auszubremsen. Darum ist das, was Sie hier mit Ihrer Großen Anfrage zelebrieren, Frau Stöver, mit Verlaub gesagt Heuchelei.

(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Beuß CDU: Nun werden Sie mal nicht frech!)

Ich werde gleich noch frecher.

(Glocke)

Sie erkundigen sich in Ihrer Großen Anfrage noch nicht einmal danach, welche Auswirkungen denn die Politik in Berlin auf die Entwicklung der Solarenergie in Hamburg haben wird. Machen wir uns nichts vor, eine schnellere und schärfere Kappung der Einspeisevergütung für Solarstrom soll den rasanten Zubau der Solarenergie ausbremsen. Und so heißt es denn auch ganz folgerichtig in der Begründung des Gesetzesentwurfs in Berlin, es sollen nur noch 65 Gigawatt und nicht, wie ohne Kürzung, 105 Gigawatt Solarstrom bis 2020 erzeugt werden. Es geht schlicht und ergreifend darum, dass Sie mit der Kürzung der Einspeisevergütung mehr Platz für Atomstrom schaffen wollen, weil sonst der Atomstrom nicht mehr untergebracht werden kann. Darum ist das hier Heuchelei.