Protokoll der Sitzung vom 21.04.2010

Im Übrigen sind die Parks und Grünanlagen ebenso seit Jahrzehnten einem solchen Substanzverlust ausgesetzt.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Wenn Sie das Ganze jetzt wenden wollen, ein neues Paradigma machen wollen und das Ende der Flickschusterei ausrufen, dann müssen Sie diese Sachen auch ändern und auflösen. Bei Ihrem Zusatzantrag, jetzt 5 Millionen Euro und künftig 10 Millionen Euro ausgeben zu wollen, bleiben wir skeptisch, ob das die Lösung ist.

Ein letztes Argument, wir hatten das schon im Haushaltsausschuss. Ich finde es in Ordnung, dass man das Projekt der Gemeinschaftsstraßen, Shared Space, infrage stellt. Das ist überhaupt noch keine vorweggenommene Debatte über die Frage, ob solche Gemeinschaftsstraßen sinnvoll sind. Aber was Sie jetzt politisch machen in einer Situation, in der das Straßennetz einen fatalen Zustand hat, in jedem Bezirk – einer ist schon ausgestiegen – ein solches Modell oder auch Luxusprojekt umzusetzen, das müssen Sie sich politisch wirklich überlegen.

(Jens Kerstan GAL: Haben wir schon!)

Es gibt zwei Gründe hierfür: Erstens haben Sie bislang nicht die Unterstützung und Zustimmung dafür, obwohl Sie wieder mit Bürgerbeteiligung hausieren gehen, und zweitens wurde Ihnen auch schon mehrfach gesagt, dass diese 7 Millionen Euro eine Fehlrechnung sind. Mit 7 Millionen Euro schaffen Sie die Projekte nicht, Sie werden mindestens 20 bis 25 Millionen Euro dafür ausgeben müssen.

Das ist die übliche unfaire Methode, ein geplantes Projekt mit zu geringen Kostenansätzen einzubringen inmitten der fatalen Situation des Straßennetzes und dann wiederum bei Ihrem geplanten Luxusprojekt mit Nachforderungen zu kommen. Ich kann nur an Sie appellieren, sich das noch einmal zu überlegen. Verschieben Sie das auf Zeiten – Sie sind doch ohnehin gerade dabei, die Ökonomie gründlich nach vorn zu bringen –, in denen Sie wieder gute Steuereinnahmen haben. Dann ist immer noch genügend Zeit, Shared Space zu verwirklichen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort hat Frau Senatorin Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Straßenschäden, besonders nach diesem für uns alle sehr außergewöhnlichen Winter, erfordern spezielle Anstrengungen. Das ist gerade wieder deutlich geworden und wird von allen Fraktionen angemahnt.

Die zur Verfügung stehenden Mittel, immerhin 39 Millionen Euro in diesem Jahr, reichen allein für die Behebung der Schäden nicht aus. Vor diesem Hintergrund freue ich mich, dass wir uns einig sind, dass diese Mittel aufgestockt werden müssen. Der Senat hat sehr zügig ein 10-Millionen-Sofortprogramm auf den Weg gebracht. Ich freue mich, wenn das hier alle mitbeschließen.

Dieses Sofortprogramm wird benötigt für die Reparatur von Hauptverkehrsstraßen, aber auch für die Sanierung von Bezirksstraßen. Da wir nicht unnötig Zeit verlieren wollten, sind wir angesichts der Dringlichkeit der Maßnahmen auch schon in Vorlage getreten und hoffen sehr auf Ihre Unterstützung. Die Beseitigung der Winterschäden läuft und ich möchte zur aktuellen Situation auch einiges konkretisieren, zumal auch kritische Töne kamen, ob es planvoll genug gemacht, ob es engagiert genug angegangen wird.

Die Sofortmaßnahmen in der Elbgaustraße und in der Billstraße sind bereits abgeschlossen, weitere Sofortmaßnahmen, deren Vergabe wegen des dringenden Handlungsbedarfs freihändig erfolgt ist, folgen im Mai in der Großmannstraße und in der Budapester Straße. Für folgende Maßnahmen

erfolgt eine Vergabe über beschränkte Ausschreibungen: Reinbeker Redder, Bramfelder Chaussee, Steilshooper Allee, Hummelsbüttler Hauptstraße, Habichtstraße, Bramfelder Straße und Ludwig-Erhard-Straße.

Eine zweite Tranche für die Winsener Straße, Bornkampsweg, Cuxhavener Straße, Buxtehuder Straße, Sievekingsallee, Süderstraße, Landwehr, Lerchenfeld, Rugenbarg, Holstenkamp und Schleswiger Damm ist in der Planung. Parallel zu den genannten Maßnahmen werden seit März drei beschränkte Ausschreibungen für die noch nicht konkret benannten Schadensstrecken vorbereitet und regional gestückelt. Darüber hinaus sind weitere winterbedingte Straßenschäden beseitigt worden im Zusammenhang mit schon geplanten Straßenbaumaßnahmen, auch als Grundinstandsetzungsmaßnahmen, in der Edmund-Siemers-Allee und Holsteiner Chaussee.

Auch wenn ich jetzt bei einigen Abgeordneten ein bisschen die Aufmerksamkeit verloren habe, weil ich mir erlaubt habe, dieses einmal zu benennen, ist es gemessen an dem Interesse und an der intensiven öffentlichen Diskussion wichtig zu sagen, wie stark sich die Verwaltung hierauf konzentriert und es konkret umsetzt. Ich finde, das verdient auch Ihre Aufmerksamkeit, wenn die Leute sich das engagiert vornehmen und anpacken. Dies ist eine sehr lobenswerte und richtige Leistung der Bezirke und der Verwaltung.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Natürlich sind hiermit die Straßen in ihrer ganzen Breite angesprochen. Dies gilt immer auch für Radwege entlang der Straßen, auch sie werden mit geprüft.

Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit deutlich machen konnte, dass wir mit großem Engagement zusammen mit dem Landesbetrieb für Straßen, Brücken und Gewässer mit Hochdruck an der Sanierung der Straßen und Wege arbeiten. Diese erhebliche Aufstockung, die wir vorgenommen haben und die auch durch den vorliegenden Antrag der Regierungsfraktionen noch erheblich ausgeweitet werden soll, wird auch in Zukunft der Anstrengungen aller bedürfen, um dies in die konkrete Umsetzung zu bringen.

Wenn wir 39 Millionen Euro bereitgestellt haben und jetzt 10 Millionen Euro plus 5 Millionen Euro in diesem Jahr noch hinzufügen, dann ist das natürlich eine Herausforderung für die Verwaltung, sich hier in ganz besonderer Weise zu engagieren. Ich erwähne das, weil dieses Engagement eine sehr sachgerechte und sorgfältige Planung voraussetzt. Deswegen möchte ich denen zurufen, die uns bei dieser Diskussion kritisch begleiten und sagen, es müsse im selben Jahr noch viel mehr Geld bereitgestellt werden – da gibt es zum Beispiel Verbände für Automobile und Radverkehr –, dass sie

(Dr. Joachim Bischoff)

auch berücksichtigen müssen, was Baustellen beziehungsweise Baustellenkoordination für den alltäglichen städtischen Verkehr bedeuten. Die Aufstockung der Mittel ist die eine Herausforderung, die wir anpacken. Die zweite ist aber auch die systematische, koordinierte Umsetzung auf der Zeitschiene und da nützt es nichts, übersteigerte Sofortprogramme zu beschließen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wenn das von der Opposition goutiert würde, dann würden Sie vielleicht noch einmal die Summen relativieren und auch Ihre Kritik am Antrag der Regierungsfraktionen.

Man kann selbstkritisch einräumen, dass die Regierungen, egal welcher Couleur, in den letzten Jahrzehnten bei der Finanzierung der Substanzerhaltung der Straßen nicht die allerbesten Ergebnisse erzielt haben. Das habe ich schon in der letzten Debatte gesagt und dort auf die gemeinsame Regierungszeit von Grünen und SPD im Jahr 2001 zu Recht anspielen müssen.

Vor diesem Hintergrund möchte ich noch einmal deutlich machen, was der Antrag bedeutet, den die Regierungsfraktionen heute einbringen. Ich habe als Senatorin auch schon zu Beginn des Sofortprogramms in Höhe von 10 Millionen Euro deutlich gemacht, dass wir davon ausgehen, dass wir über den konkreten Bedarf erst dann mehr sagen können, wenn das Jahr weiter fortgeschritten ist. Hierzu möchte ich Folgendes kommentieren: Wir landen mit den zusätzlichen 5 Millionen Euro für dieses Jahr bei einer Substanzerhaltungsfinanzierung für die Straßen von insgesamt 54 Millionen Euro und das ist ein wirklicher Spitzenwert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ein viel grundsätzlicheres Bekenntnis und auch eine Herausforderung für den Senat, die wir aber gern annehmen, ist die tatsächliche Verdoppelung ab dem Jahr 2011 bei der Instandsetzung und Unterhaltung. Selbst wenn Sie über die letzten vier Jahre zurückblicken, aber weitergehen bis zu den letzten zehn Jahren, trifft der Begriff Verdoppelung zu. Die Verdoppelung der Instandsetzung und Unterhaltung um 10 Millionen Euro auf dann knapp 20 Millionen Euro, wie ich den Antrag verstehe, ist eine deutliche Reaktion auch auf die Kritik des Rechnungshofs und eine Reaktion, der auch ich mich als Senatorin anschließe, nämlich dass wir aus der Diskussion und der Betrachtung der letzten Monate gelernt haben. Deswegen wird der Senat bei der Finanzierung dieser zusätzlichen Maßnahmen dann auch Prioritätenveränderungen vornehmen.

Wenn ich die Debatte richtig verstanden habe, werde ich wahrscheinlich Zustimmung erhalten, wenn ich sage: Wir werden das Projekt Gemeinschaftsstraßen deutlich zeitlich strecken, um Mittel

zu bekommen für die Instandsetzung. Wir werden neue Investitionen in Kreisverkehre ebenfalls zeitlich strecken, um Mittel freizubekommen für Instandsetzungsmaßnahmen.

(Beifall bei Barbara Ahrons CDU – Dr. An- dreas Dressel SPD: Nur Frau Ahrons findet das toll!)

Ist in Ordnung, Frau Ahrons.

Wir werden auch den in der Finanzplanung erhöhten Investitionsbereich für Straßen noch einmal umschichten in Richtung tatsächliche Instandhaltung. Das greift insbesondere die Argumentation des Rechnungshofs auf. Und wir werden noch weitere Umschichtungen im Gesamthaushalt vornehmen und natürlich sicherstellen, dass das nicht durch Ausweitung der Neuverschuldung geschieht.

Ich bitte aber zum Beispiel Herrn Bischoff, ein Projekt wie die Gemeinschaftsstraßen nicht als unnötiges Luxusprojekt zu verstehen. Ich bedaure es, dass Sie diese Planung Luxusprojekt nennen und wünsche mir, dass Sie in der weiteren Diskussion so eine Innovation – eine gleichberechtigte Straßennutzung verschiedener Verkehrsteilnehmer an besonders geeigneten Plätzen, wo es nicht nur um Mobilität geht, sondern auch um Aufenthaltsqualität – im Auge behalten als eine gute und wertvolle Idee. Es wäre mir wichtig, dass die Bürgerschaft dem aufgeschlossen gegenübersteht. Viele Menschen in Hamburg haben ihr Interesse an dieser grundsätzlichen Ausrichtung der Verkehrspolitik bekundet und deswegen ist es richtig, dies weiter zu verfolgen.

Ich sage aber sehr deutlich: Wenn man einen solchen akuten Instandhaltungsbedarf hat, insbesondere nach diesem Winter, dann muss das zeitlich gestreckt werden, weil unsere Haushaltsmittel begrenzt sind und wir sie sinnvoll einsetzen wollen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ich wünsche mir auch, dass kritische Bürgerbeteiligung nicht gleichgesetzt wird mit angeblicher ständiger Unzufriedenheit der Leute. Wenn wir zu einer Bürgerbeteiligung stehen, dann können wir auch mit Kontroversen umgehen. Dann wünsche ich mir aber gerade von der LINKEN eher Applaus hierzu anstatt es umzukehren und als ein Argument zu bringen, dass Kontroversen das Projekt per se infrage stellen würden.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Insofern ist es heute sicher ein großer Schritt, wenn das Parlament diese Anträge so beschließt und den Senatsantrag bezüglich der Maßnahmen des Straßenbaus so beschließt. Sie sehen, dass wir willens sind, auch neue Prioritäten zu setzen.

Hamburg besitzt im Gegensatz zu vielen anderen Großstädten eine Zustandserfassung und Bewertung der Fahrbahnoberflächen der Stadtstraßen.

(Senatorin Anja Hajduk)

Wir haben das in den Jahren 2003, 2005 und 2008 vorgenommen.

Deswegen, Frau Koeppen, haben wir eine Grundlage für eine systematische Erhaltungsplanung des Hamburger Straßennetzes. Vieles ist sanierungsbedürftig und wir haben viel zu tun. Aber wir stellen uns dieser Herausforderung mit großem Engagement. Ich erhoffe Ihrer aller Unterstützung mit großem Engagement gerade unter der Voraussetzung, dass wir uns eine Übersicht über diese Notwendigkeiten verschaffen können. Ich hoffe, dass Sie auch im Sinne unserer Prioritätenverschiebung dem Senatsprogramm folgen und zustimmen, aber ebenso auch dem Antrag der Regierungsfraktionen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Hesse.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Koeppen, lieber Herr Bischoff, einiges, was Sie hier gesagt haben, darf so einfach nicht stehenbleiben, weil es mit der Realität in unserer Stadt nicht viel zu tun hat.

Ich kenne es von der Oppositionsseite her, dass man sehr schnell dazu neigt, mehr zu wollen, etwas schneller zu wollen, etwas weiter und höher zu wollen, aber ich glaube, dass dies heute bei dieser Debatte nicht angebracht ist. Frau Senatorin Hajduk hat sehr deutlich gemacht, dass es nicht darum geht, einen Wettbewerb zu gewinnen, wer die höchste Zahl in einen Antrag schreibt bei der Instandsetzung und Unterhaltung der Straßen oder wer die höchste Zahl als Aufstockung des Zusatzprogramms des Senats in einen Antrag schreiben möchte, sondern hier geht es um verantwortliche Politik für unsere Stadt. Es geht darum, liebe Frau Koeppen und lieber Herr Bischoff, das Geld, das uns der Bürger zur Verfügung stellt, so verantwortlich in unsere Straßen zu investieren, dass es zielgenau dort ankommt, wo es benötigt wird.

Es bringt uns auch nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen, uns am Ende des Jahres den Haushaltsplan anzusehen und festzustellen, dass bei den Mehrausgaben im laufenden Etat 2 bis 3 Millionen Euro mehr ausgegeben wurden und dass auch die Verstetigung der Mittel, die jetzt gefordert werden, im Endeffekt gar nicht auf die Straße gebracht werden konnten. Alles das bedarf einer sehr genauen, diffizilen Planung, um es durchzuführen. Es bedarf Ausschreibungen und Vergaben, die man nicht einfach ausschalten kann und die man auch nicht wegdiskutieren kann. Es bedarf einer verantwortlichen Planung auch für die Verkehrstüchtigkeit unserer Stadt. Auch hier möchte ich nicht erleben, dass Sie in wenigen Monaten vielleicht sagen, dass unsere Stadt sich völlig zustaue

und wie schlimm dies alles sei, die ganzen Baustellen seien wieder nicht koordiniert und was habe der Senat da wieder gemacht. Auch hier müssen wir Geld in unsere Straßen so verantwortlich investieren, dass der Wirtschafts- und Logistikstandort nicht gefährdet wird.

Von daher glauben Sie mir bitte, dass die 5 Millionen Euro, die wir heute zusätzlich zum Sonderprogramm gefordert haben, und die Verdoppelung der Mittel in den nächsten Jahren für Instandsetzung und Unterhaltung wirklich das sind, wovon wir überzeugt sind, das verantwortlich auf unsere Straßen bringen zu können, um die Substanz nicht nur zu verbessern und zu erhalten, sondern so zu investieren, dass es für unsere Stadt keinen Schaden bedeutet.

(Beifall bei der CDU und der GAL)