Protokoll der Sitzung vom 05.05.2010

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ich richtig zugehört habe, ist von allen Rednern die Bedeutung der Elbe für Hamburg betont worden als Lebensader, als der Fluss, dem wir zu verdanken haben, wie sich die Stadt entwickelt hat. Deswegen möchte ich zu Beginn der Debatte an die Opposition gerichtet sagen, dass ich es sehr bedauern würde, wenn Sie sich mit Blick auf die Bedeutung der Elbe heute nicht den Ruck geben könnten, langfristig für die Elbe etwas zu erreichen, denn die Elbe hat aus naturfachlicher Sicht einen Preis gezahlt. Sie haben vorhin von Versöhnung gesprochen und sie infrage

(Dora Heyenn)

gestellt. Da würde ich Ihnen noch folgen, Frau Heyenn, denn eine Versöhnung zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen ist nicht so einfach zu erreichen. Aber man muss Schritte auf dem Weg unternehmen und diese Stiftung ist in ihrer Konstruktion und vom Ziel her darauf ausgerichtet, der Elbe ökologisch etwas zurückzugeben. Ich würde mir sehr wünschen, dass das Hamburger Parlament diesen Schritt einvernehmlich tun würde.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Wenn wir darüber kritisch reden, dass es ein Lebensraum für Tiere und Pflanzen ist, wenn wir zu beklagen haben, dass Fische wie der Nordseeschnäpel oder der Stör ausgestorben und dass Flachwasserzonen verschwunden sind, dann ist ziemlich klar, wie groß die Aufgabe ist. Umgekehrt achten wir auch immer darauf – darüber werden wir später noch Debatten führen –, dass der Hafen und die Elbe ein sehr wichtiger Raum sind für die wirtschaftliche Entwicklung Hamburgs.

Um dieses insgesamt erfolgreich anzugehen, haben wir uns entschlossen, eine Stiftung zu gründen, die einen Beitrag leisten soll zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen der Elbe als Schifffahrtsweg und der Elbe als Lebensraum.

Wenn ich mir die Diskussion anschaue, in der wir heute noch einmal zurückkommen auf das Hafenprivileg, wenn ich mir die Diskussionen ansehe über Themen wie die Fahrrinnenanpassung der Elbe, dann habe ich den Eindruck, dass wir noch eine Menge Arbeit vor uns haben, den Dialog zwischen unterschiedlichen Interessen weiterzuführen. Wenn wir eine Stiftung einrichten, bei der Vertreter der Wirtschaft, des Hafens und der Umweltverbände zum Wohle der Elbe zusammensitzen, dann kann ich nicht verstehen, dass man so ein Instrument gerade in der heutigen Zeit nicht mit voller Unterstützung begleitet. Es tut mir leid, hier scheinen mir Ihre kritischen Argumente vom Grundsatz her viel zu klein. Die Aufgabe und auch die grundsätzliche Lösung, die wir mit einer Stiftung vorschlagen, sind doch sehr viel größer.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Sie kritisieren, dass wir eine Stiftung einrichten. Die Nutzung der Elbe für Hamburg ist etwas, das historisch gewachsen ist. Auch ist die Elbe besonders in den letzten Jahren immer wieder stark angepasst worden wegen wirtschaftlicher Notwendigkeiten. Wenn man dieses einmal unterstellt, dann kann man relativ schnell nachvollziehen, dass es sich bei der ökologischen Situation der Elbe oder bei den Maßnahmen für ein Tideelbe-Konzept eben nicht um kurzfristige Prozesse handelt, sondern dass wir dafür eine Langfriststrategie brauchen. Und für eine solche Langfriststrategie ist eine Stiftung per se ein sehr geeignetes Instrument. Dies ist auf Dauer angelegt, die Arbeit muss sich

nicht an den Abläufen einer Legislaturperiode ausrichten.

Ich habe schon betont, dass der Senat Neuland beschreitet in der Weise, als in dem maßgeblichen Organ der Stiftung, dem Stiftungsrat, die Stadt, die Hafenwirtschaft und die Naturschutzorganisationen zusammenarbeiten. Hier sollen Konflikte schon im Vorfeld erkannt und unterschiedliche Interessenlagen diskutiert werden. Deswegen finden wir gerade diese Art der Zusammenarbeit, Frau Schaal, noch besser, als würde man die Behörde zwischenzeitlich mit dieser Arbeit beauftragen.

Die Idee ist doch ganz einfach. Sie sagten selbst am Beginn Ihrer Rede, Frau Heyenn, Sie trauten den Versöhnungstönen nicht über den Weg. Schaffen wir doch einen Rahmen, in dem wir die Akteure verpflichten, unter einer bestimmten Zielsetzung zusammenzuarbeiten. Dazu hätten Sie heute die Chance, wenn Sie uns bei dieser Stiftungsidee unterstützen.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Das Thema Ausgewogenheit wird auch berührt bei dem Finanzierungskonzept. Wir arbeiten immerhin in Zeiten, in denen der Haushalt unter Druck steht, in denen wir gute Argumente brauchen und ausgewogen handeln müssen, welches Geld wir zur Verfügung stellen können. Dieses Finanzierungskonzept, nämlich eine Mischung aus dem Haushalt der BWA, aus den Zuführungen der Hamburg Port Authorithy und auch aus den Gebühren des Hafengeldes, ist ein ausgewogenes Konzept, das der Zielsetzung sehr dienlich ist.

Wir haben also als Startkapital 10 Millionen Euro bereitgestellt. Das Stiftungsvermögen wird in den nächsten Jahren um weitere 7,5 Millionen Euro aufwachsen und mit den 4 Prozent des Hafengeldes wollen wir insgesamt eine Ausstattung von 40 Millionen Euro erreichen. Das ist schon ein sehr ordentlicher Betrag, aber ich habe darauf hingewiesen, dass die Herausforderungen, die die Elbe uns auch in ökologischer Hinsicht stellt, ebenso groß sind.

Die Kritik an der Finanzierung aus den Hochwasserschutzmitteln, Frau Heyenn, teile ich nicht. Wir haben schließlich über den Stiftungszweck im Ausschuss diskutiert. Wenn wir der Elbe wieder mehr Raum geben mit dem Arbeitsauftrag, den die Stiftung erhält – das ist doch gerade die Schaffung von Flachwasserbereichen, das ist die Öffnung von Nebengewässern, die Erhaltung von Wattflächen, die Förderung einer natürlichen Tidedynamik –, dann ist das ein sehr wesentlicher Beitrag zum Hochwasserschutz.

Die Zusammenführung dieser verschiedenen Aufgaben verständlich zu machen, ist ein sehr richtiger Gedanke, und deswegen finde ich es richtig, dass Hochwasserschutz auch in diesem begrenzten Ausmaß in dem Finanzierungskonzept eine

(Senatorin Anja Hajduk)

Rolle spielt. Ich finde dies ausgesprochen schlüssig.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der SPD! Wenn Sie die Zielsetzung im Grunde richtig finden, wenn Sie das auch ausdrücklich in Ihrer eigenen Drucksache sagen, dann kann es doch nicht sein, dass Sie einer Elbstiftung mit dieser Zielsetzung nicht die Zustimmung geben wollen, denn wir binden hier wirklich die Wirtschaft und die Umweltverbände mit ein. Das kann nicht Ihr kritischer Punkt sein, der Sie daran hindert. Ich denke, dass der Senat und die regierungstragenden Fraktionen eine sehr langfristige, wichtige Idee für Hamburg vorgeschlagen haben. Das hat auch viel mit der Identität Hamburgs zu tun, wie wir zum Beispiel mit unserem Naturraum umgehen, den wir auf der anderen Seite auch intensiv wirtschaftlich nutzen. Deswegen kann ich Sie nur bitten, in sich zu gehen und dieser Stiftung die gesamte Unterstützung dieses Parlaments zu geben, das hat diese Stiftung verdient. – Schönen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Das Wort hat Frau Dr. Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man alles am Anfang sagen würde, dann könnte man sich vielleicht manches ersparen. Wir finden die Zielsetzung so wichtig, dass wir gern zu diesem Ziel etwas beitragen wollen. Wir stimmen der Drucksache zu, aber dennoch haben uns viele Erörterungen, auch diese Stiftung als eine Art Vehikel, um das Ziel zu erreichen, nicht überzeugt. Wenn Sie sagen, es sei eine dauerhafte Aufgabe, dann kann ich nur antworten, dass wir noch mehr dauerhafte Aufgaben vonseiten der Politik zu bewerkstelligen haben.

Wir haben Naturschutz und Klimaschutz und in diesem Bereich gibt es auch Stiftungen, aber es gibt auch das Gros der Aufgaben, die aus dem Haushalt bestritten werden; insofern ist dieses nicht ganz tragfähig. Wir stimmen der Drucksache zu, wir finden die Ziele richtig, aber nach unserer Auffassung hätte es dazu führen müssen, dass wir das gesamte Geld, das aus der Stiftung aufgebracht wird, auch für den Zweck einsetzen. Wenn man überlegt, dass Maßnahmen wie Kreetsand 35 Millionen Euro kosten oder die Borghorster Elbwiesen auch im zweistelligen Millionenbereich sind, dann kann man sich ausrechnen, dass man mit dem Geld, das jetzt hier aufgehäuft wird – seien es die 10 Millionen Euro für den Anfang oder die späteren 40 Millionen Euro –, nicht weit kommt. Darum muss das Geld in vollem Umfang auch diesen Maßnahmen zur Verfügung stehen, die wir alle richtig finden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung, zunächst zum Antrag der SPD-Fraktion aus der Drucksache 19/6114.

Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen nun zum gemeinsamen Bericht des Umwelt- und des Wirtschaftsausschusses aus der Drucksache 19/5968.

Wer möchte der Ausschussempfehlung folgen und das Gesetz über die Stiftung Lebensraum Elbe aus der Drucksache 19/5169 beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist dann mehrheitlich so beschlossen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu?

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erken- nen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Den sehe ich nicht.

Wer will das soeben in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Gesetz auch in zweiter Lesung und somit endgültig mehrheitlich beschlossen worden. Im Übrigen hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 23, Drucksache 19/5990, Bericht des Haushaltsausschusses: Haushaltsplan 2009/2010, Einzelplan 9 "Finanzbehörde", Titel: 09.2.9590.682.10 "Zuschuss an die Hamburger Gesellschaft für Vermögensund Beteiligungsmanagement mbH zum Verlustausgleich", hier: Verlustausgleich der HGV im Jahr 2010.

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 19/5679: Haushaltsplan 2009/2010 - Einzelplan 9 „Finanzbehörde“ Titel: 09.2.9590.682.10 „Zuschuss an die HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH zum Verlustausgleich“ hier: Verlustausgleich der HGV im Jahr 2010 (Senatsantrag) – Drs 19/5990 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Bischoff, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dieser Drucksache, die wir noch einmal zur Diskussion angemeldet haben, fordert die Regierungskoalition für

(Senatorin Anja Hajduk)

das Jahr 2010 und die nächsten Jahre Gesellschaftereinlagen zum Verlustausgleich für die Holding der Hamburger öffentlichen Unternehmen. Wir reden jetzt nicht über einen Betrag aus der Portokasse, es geht immerhin um mehr als 100 Millionen Euro, die künftig fällig werden. Das allein verdient eine kritische Betrachtung. Was uns am meisten an diesem Vorgang irritiert und stört, ist die mögliche Gefahr, dass Hamburg ein wesentliches Element verliert, mit dem in der Vergangenheit wichtige strukturpolitische Maßnahmen auf den Weg gebracht worden sind.

Die HGV ist eben nicht einfach nur eine Holding zum Konzern-Clearing oder der Ansprechpartner, um den einzelnen öffentlichen Unternehmen ihre Unternehmensziele vorzugeben und weiterzuentwickeln, sondern die HGV kann eben auch strukturpolitische Maßnahmen auf Unternehmensebene voranbringen. Das hat sie in den letzten knapp zehn Jahren auch gemacht, weil sie finanziell gesehen relativ erfolgreiche zehn Jahre hinter sich hat. Dank ihrer guten Finanzbasis war sie in der Lage, strukturpolitische Maßnahmen zur Stärkung des Hamburger Wirtschaftspotenzials auf den Weg zu bringen.

Egal, wie man zu den konkreten Fällen stehen mag: Mit der Unternehmensholding sind wichtige Impulse für die Konjunktur- und Strukturpolitik gesetzt worden.

(Glocke)

Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk (unterbrechend) : Herr Dr. Bischoff, entschuldigen Sie, dass ich unterbreche. Ich bitte um etwas mehr Ruhe im Raum, Sie können Ihre Diskussionen gern nach außen verlegen. Dann kann Herr Dr. Bischoff auch seine Rede entsprechend fortsetzen. – Herzlichen Dank.

(Michael Neumann SPD: Da gibt es ja eini- ges bei der CDU zu besprechen!)

Das ist für die Zukunft genauso wichtig wie die Personalien. Es geht also darum, ob mit der Veränderung in der Holding nicht auch die Rolle der Strukturpolitik gefährdet ist. Ich erläutere das nicht im Einzelnen, möchte Ihnen aber wenigstens die Stichworte nennen: Beiersdorf AG, Norddeutsche Affinerie, Teilprivatisierung der HHLA im Zusammenhang mit der Umgestaltung der HPA; die HGV ist beteiligt an der EADS und Hapag-Lloyd – letztere hatte uns in letzter Zeit sehr beschäftigt. Man muss sich klar vor Augen halten, dass Wohnungsbau-Immobiliengesellschaften neben HAMBURG WASSER und den Trägergesellschaften für den öffentlichen Personennahverkehr alle auf der Ebene der HGV zusammengehalten werden und nicht nur Konzern-Clearing gemacht wird, sondern auch struk

turpolitische Impulse im letzten Jahrzehnt gesetzt wurden.

Man kann dann sagen, im Einzelfall hätte man es völlig anders gemacht, aber darum geht es jetzt nicht. Es ist auf jeden Fall eine wichtige Ebene, das sage ich gerade mit Blick auf die schwere Wirtschafts- und Konjunkturkrise, in der sich auch Hamburg nach wie vor befindet.

Man muss sich klarmachen, warum nun auf einmal die finanzielle Luft ausgegangen ist. Das hat etwas damit zu tun, dass der Entfall von Beteiligungserträgen aus dem Engagement der HSH Nordbank ein ganz wesentlicher Faktor war, der bis vor ein, zwei Jahren diesen wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum eröffnet hat. Dies ist nicht einfach nur weggefallen, sondern die Abhängigkeit von der HSH Nordbank kehrt sich faktisch um, als man nämlich einerseits kaum noch positive Zinserträge hat, andererseits, wie der Landesrechnungshof zu Recht sagt, die HGV größere Abschreibungen über die HSH Nordbank vornehmen musste in Höhe von 1,7 Milliarden Euro bei der Stadt und beim Hamburger Versorgungsfonds weit über 500 Millionen Euro.

Dieses finanzielle Fundament ist verbrannt durch das Abenteuer – könnte man zugespitzt sagen –, im internationalen Finanzkasino mitzumachen. Jetzt wird es notwendig, umzusteuern; das ist völlig unstrittig. Für die nächsten Jahre stehen der HGV keine ausreichenden Kompensationsmöglichkeiten für die sich abzeichnenden Betriebsverluste zur Verfügung. Die Reserven sind aufgebraucht und die Schlussfolgerung ist, dass einerseits der Druck auf die einzelnen Unternehmen stärker werden wird, in die schwarzen Zahlen zu kommen; das bedeutet Preisanhebungen, Gebührenanhebungen et cetera. Andererseits müssen aus dem Hamburger Haushalt Jahr für Jahr Transfers, also Haushaltsmittel, in diese Holding gegeben werden.

Das ist schon schwierig genug, aber zugleich droht damit auch der Wegfall dieser strukturpolitischen Impulse. Das ist ein Punkt, den wir uns überhaupt nicht erlauben können. Wir brauchen also wie in der Vergangenheit gerade jetzt dieses wirkungsvolle Instrument, um weitere strukturpolitische Veränderungen in Hamburgs Wirtschaftspotenzial auf den Weg zu bringen. Es reicht im Prinzip nicht aus, einfach nur den Deckungsvorschlag zu beschließen, Haushaltsmittel für die Defizite auszugleichen; wir werden das in den Haushaltsberatungen noch sehen. Wir brauchen gerade für die wirtschafts- und gesellschaftspolitisch schwierige Konstellation nach wie vor eine engagierte Konjunkturund Strukturpolitik.