In dem Zusatzantrag von CDU und GAL erhalten wir es noch einmal schriftlich: Innerhalb von GAL und CDU
einigkeit. Unstrittig hingegen sei die wichtige Rolle des Bundesrats und die Beteiligung der Länder bei der Verabschiedung von Bundesgesetzen. Warum verlangen Sie dann nicht, liebe Kollegen und Kolleginnen von der GAL, vom Senat und auch von der CDU, dass der Bundesrat aus sachlichen und verfassungsrechtlichen Gründen bei der Entscheidung über die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken zu beteiligen ist, statt sich wie gewohnt hinter einem Prüfvorbehalt zu verstecken?
Ich habe hierzu eine Anmerkung zu machen: Vielleicht sollten CDU und GAL besser einmal ihre Koalition unter Prüfvorbehalt stellen.
Die Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel waren schon beim Bau technisch überholt. Beide Reaktoren haben eine Pannenstatistik von mehr als 300 Zwischenfällen, das ist Ihnen allen bekannt, das haben wir hier schon oft genug besprochen. Solche Reaktoren dürfen nicht wieder ans Netz.
Außerdem wird leicht vergessen, dass bei den Kraftwerken die abgebrannten Brennelemente in provisorischen Zwischenlagern aufgestellt sind, und die stehen neben den Kraftwerken. Wenn es zu einer Laufzeitverlängerung käme, müssten auch diese Zwischenlager neu genehmigt werden, weil sie vergrößert werden müssen.
Die Entsorgung von Atommüll, das wissen Sie auch, ist weltweit ungelöst. Die Atomaufsicht bekommt noch mehr zu tun und der Widerstand der Bevölkerung wächst, wenn die Laufzeiten verlängert werden. Darum dürfen wir nicht zulassen, dass die Frage der Laufzeitverlängerung ausgeklammert und von der Sicherheit gelöst wird.
Uns in Hamburg geht diese Frage nicht nur mittelbar an. Es wird das Argument vorgebracht, in Hamburg hätten wir keine Atomkraftwerke und darum bräuchten wir uns um diese ganzen Fragen nicht zu kümmern. Aber aus der Nachbarschaft zu Krümmel erwachsen uns Zuständigkeiten, die Hamburg direkt betreffen. Für jedes Kernkraftwerk müssen innerhalb einer bundesweit definierten 10-Kilometer-Sicherheitszone um den Meiler herum Evakuierungspläne aufgelegt werden. Diese Zone umfasst in Hamburg 1500 Menschen und geht bis zum Gammer Weg. Diese Menschen müssen im Katastrophenfall evakuiert und versorgt werden. Über die Notwendigkeit einer Totalevakuierung von ganz Hamburg mag ich überhaupt nicht nachdenken.
Dafür ist insgesamt die Hamburger Innenbehörde zuständig, für Evakuierungen, für Katastrophenpläne, für Katastrophenübungen zusammen mit Schleswig-Holstein oder auch für die Bevorratung
von Kalium-Jod-Tabletten, die man im Fall von radioaktivem Austritt einnehmen muss, um sich vor Schilddrüsenkrebs zu schützen. Das beliebte Abwehrargument der Koalition, Hamburg habe mit Kernkraftwerken nichts zu tun, zieht also nicht mehr.
Wir dürfen nicht zulassen, dass der Senat, noch dazu unter Beteiligung der Grünen, sich auf die Zuschauerplätze zurückzieht, wenn CDU und FDP in Berlin mit allen Tricks versuchen, den Atomausstieg zu kippen.
Schade, jetzt ist Herr Kerstan nicht da. Ich habe auf seiner Internetseite den Slogan gelesen "Mit uns gegen Atomkraft kämpfen". Wir sind dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen von der GAL. Schließlich haben wir in Berlin gemeinsam den Atomausstieg mit der Industrie ausgehandelt und 2002 ins Gesetz geschrieben. Sozialdemokraten wollen den Ausstieg jetzt umsetzen. Die Mehrheit in diesem Hause sieht das wohl ebenso.
Wer sich dann anders verhält, der verliert an Glaubwürdigkeit. Stimmen Sie darum unserem Antrag zu, liebe Kolleginnen und Kollegen von der GAL, wir werden den Antrag der Koalition ablehnen. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Schaal, wer allen Ernstes behauptet, die anstehende Änderung zum Atomgesetz hinsichtlich der Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke sei in jedem Fall zustimmungspflichtig durch den Bundesrat, der sagt wissentlich und unter Verkennung des Grundgesetzes, und zwar Artikel 73, Absatz 1, Satz 14, die Unwahrheit. Artikel 73 regelt die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes. Eine andere Stelle im Grundgesetz können Sie mir, glaube ich, nicht zeigen, wie die Atomgesetzgebung zu regeln ist.
Dieses sind die Fakten zur Atomgesetzgebung. Aufgrund der Betroffenheit vieler Bundesländer ist die Diskussion beherrscht von der Uneinigkeit, ob eine Zustimmung des Bundesrats erforderlich ist oder nicht; das hat der SPD-Antrag sehr gut ausgeführt. Sie haben es zitiert, Frau Dr. Schaal, Herr Pofalla hat die eine Meinung, die andere Meinung vertreten der Umweltminister und auch Herr Rüttgers.
Die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags geht hier scheinbar von einem fiktiven Wortlaut des Gesetzesentwurfs aus, denn er kennt weder den Wortlaut noch die Ausgestaltung des Gesetzes, welche es zu prüfen gilt.
Die CDU und die GAL haben sich daher zu einem Zusatzantrag entschieden. Erst muss man – dies ist sehr wichtig – den Gesetzesentwurf zur Atomgesetzänderung abwarten und dann prüfen. Wer den ersten Schritt vor dem zweiten geht, der kann möglicherweise über den ersten Schritt stolpern.
Zweitens haben wir gesagt, dass bei einem positiven Ergebnis dieser Prüfung darauf hingewirkt werden soll, dass der Bundesrat zu beteiligen ist. Der zweite Petitumspunkt unseres Zusatzantrags ist, dass es eine sinnvolle Verknüpfung zwischen der Laufzeitverlängerung und dem Energiekonzept gibt und – das hat Frau Dr. Schaal auch ausgeführt, das ist im "Focus", im "Spiegel" und in den Medien beschrieben worden – eine Entkopplung zwischen der Laufzeitverlängerung und dem Energiekonzept angestrebt wird. Dieses halten wir inhaltlich nicht für den richtigen Weg. Inhaltlich sind diese beiden Punkte nicht zu trennen, daher der Petitumspunkt 2 unseres Zusatzantrags. Unseren Zusatzantrag sehen wir als eine sinnvolle Lösung an, den SPD-Antrag werden wir ablehnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute erneut über das Thema der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. Das ist gut und ich finde, dass man dies nicht oft genug diskutieren kann. Es ist sehr aktuell und betrifft auch selbstverständlich uns in Hamburg mit zwei Atomkraftwerken direkt vor der Haustür. Es ist allerdings auch ein Thema, bei dem zwischen uns Koalitionspartnern in Hamburg Uneinigkeit besteht. Das hat Frau Dr. Schaal festgestellt, das wird auf den ersten Blick klar wie auch immer wieder in unseren Debatten zu diesem Thema.
Die CDU spricht sich auf Bundesebene für Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken aus, wir als Grüne lehnen diese vehement ab. In Hamburg regieren wir gemeinsam und wollen und müssen gemeinsam mit der Thematik und Problemlage, die sich daraus ergibt, umgehen. Wir haben deshalb einen Zusatzantrag zum Antrag der SPD vorgelegt, der hier einen gemeinsamen Weg findet.
Bisher liegt kein Gesetzesentwurf der Bundesregierung vor, zu dem man sich verhalten könnte. Wir fordern aber in unserem Antrag eine genaue Prüfung, wie die Bundesländer zu befassen sind, wenn die geplante Gesetzesänderung vorliegt.
Das ist noch nicht der Fall, aber sicherlich demnächst zu erwarten. Diesen Freitag trifft sich die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer, die Atomkraftwerke haben, das hat Frau Dr. Schaal auch schon benannt. Es wird gerade sehr heiß diskutiert, ob der Bundesrat bei der Frage der Laufzeitverlängerungen befasst werden muss; und gerade hierzu wollen wir mit unserer Prüfung einen Beitrag leisten. Wir als Grüne halten eine Befassung des Bundesrats für absolut notwendig. Dafür gibt es viele gute Gründe, ich möchte hier nur drei sehr wichtige nennen.
Erstens: Die Bundesregierung hat mehrfach betont, dass aus ihrer Sicht Laufzeiten nur verlängert werden, wenn auch Sicherheitsbestimmungen verschärft werden. Damit geht ein deutlich erhöhter Arbeitsaufwand und somit auch deutlich erhöhte Kosten für die Bundesländer mit Atomaufsichtsbehörden einher. Wenn der Bundesrat hier umgangen wird, dann wird auch bei der Sicherheit gespart.
Zweitens: Die Aufgaben der Landesbehörden würden bei einer Verlängerung der Laufzeiten grundsätzlich geändert, statt einer Abschaltung der Atomkraftwerke sollen sie weiter den Betrieb bewachen. Die Verwaltungsaufgaben der Länder werden so umfangreich verändert und erweitert, von daher müssen sie auch im Bundesrat befasst werden.
Drittens: Es ist irrelevant, dass die Länder bei der Vereinbarung des Atomausstiegs nicht befragt wurden, denn der Atomausstieg entlastet die Länder. Eine Verlängerung der Laufzeiten bedeutet das genaue Gegenteil.
Wenn es zu einer Befassung des Bundesrats kommt, was ich für absolut notwendig halte, ist übrigens schon jetzt klar zu sagen, dass Hamburg einer Änderung des Atomgesetzes nicht zustimmen wird, dies nicht unterstützen wird. Es wurde in der Koalition vereinbart, dass bei Themen, bei denen unterschiedliche Meinungen zwischen den Koalitionspartnern herrschen, eine Enthaltung herbeigeführt wird. Hierzu gehören ganz sicherlich auch Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken.
Das ist die wirkliche Handlungsmöglichkeit, die wir in Hamburg gegen Laufzeitverlängerungen haben, und die würden wir auch nutzen.
Wenn nun im Eilverfahren eine Verlängerung der Laufzeiten durchgesetzt werden soll, ohne die Risiken zu berücksichtigen, ist das aus meiner Sicht unverantwortlich. Außerdem liegt der Verdacht sehr nahe, dass es sich um eine reine Klientelpolitik für die vier großen Energiekonzerne handelt. Gute Argumente für Laufzeitverlängerungen gibt es nicht. Gerade kleinere Energiebetreiber haben davon überhaupt nichts, im Gegenteil, sie haben nur Nachteile. Sie haben ihre Investitionen auch
auf erneuerbare Energien und somit in den Klimaschutz beim Atomausstieg ausgerichtet. Die Münchner Stadtwerke etwa haben angekündigt, gegen Laufzeitverlängerungen zu klagen. Ich denke, daran wird die Problematik auch sehr deutlich.
Laufzeitverlängerungen blockieren zudem eine sinnvolle Klimaschutzpolitik in Deutschland. Wenn weiter auf Atomkraft gesetzt wird, werden weiter enorme Forschungsgelder in die Atomkraft hineingepumpt und diese Gelder fehlen bei der Förderung von erneuerbaren Energien. Gerade angesichts der schwierigen Haushaltslage von Bund und Ländern ist wahrscheinlich leider nicht zu erwarten, dass plötzlich Milliardenbeiträge für beides bereitgestellt werden. Wenn man eine ernsthafte Klimapolitik für Deutschland machen will, muss eine Vision für die Energieerzeugung und Versorgung für die ganze Bundesrepublik entwickelt werden, und zwar nachhaltig.
Die Bundesregierung hat ein Energiekonzept für den Herbst angekündigt. Die Frage der Atomkraft darf nicht losgelöst davon diskutiert werden; das betrifft den zweiten Punkt Ihres Antrags. Auch wenn wir in der inhaltlichen Bewertung unterschiedliche Meinungen haben, fordern wir das in unserem Antrag. Wir wollen, dass beides gemeinsam behandelt wird und auch, dass die Länder hierbei einbezogen werden. Es geht schließlich um nicht weniger als die Klimaschutzpolitik Deutschlands. Wir sind Vorbild für den Klimaschutz und wenn wir die notwendigen Ziele nicht erreichen können, dann sieht es nicht gut aus für das Klima, dann ziehen dicke schwarze Wolken auf.
Die Menschenkette zwischen Krümmel und Brunsbüttel vor wenigen Wochen hat gezeigt, dass 120 000 Menschen auf die Straße gegangen sind, um der Atomkraft die Rote Karte zu zeigen. Die Mehrheit der Bevölkerung ist gegen die Nutzung der Atomenergie in Deutschland und das aus gutem Grund. Das kann und darf nicht ignoriert werden.