Protokoll der Sitzung vom 02.06.2010

sem Fall Aufklärung zu betreiben. Das ist nicht unser Job, das würden wir auch immer zurückweisen.

Zweitens: Herr Kerstan, es geht auch nicht darum, dass wir im Plenum ein Urteil darüber abzugeben hätten, ob ein eindeutiges oder ein widersprüchliches Bild vorliegt. Das ist nicht unsere Aufgabe und das würden wir auch energisch zurückweisen, auf wen auch immer das zutreffen mag.

Drittens: Insofern hat – und ich habe herausgehört, dass das für alle Fraktionen gilt – niemand die Unschuldsvermutung für Herrn Frigge infrage gestellt.

(Zurufe von der CDU: Doch! – Hans-Detlef Roock CDU: Da muss man sich die Reden noch einmal anhören!)

Diese drei Punkte sind – wir haben immer unterschiedliche Wertungen über die Reden – die Maßstäbe, die die Hamburgische Bürgerschaft einvernehmlich hochhalten soll.

Viertens: Gegen Herrn Frigge, den neuen Finanzsenator – das ist doch nur der politische Streitpunkt – läuft seit geraumer Zeit ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren. Es hat eine Hausdurchsuchung gegeben und – ich habe das von Beginn an gesagt – wenn da ein Problem auftaucht und das nicht in kürzester Zeit ausgeräumt werden kann, dann haben wir in der Hamburgischen Bürgerschaft ein Problem. Das können Sie nicht vom Tisch wischen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ein führender und auch ein nicht führender Politiker – und das würde für jeden und jede andere auch gelten – ist in dieser Situation eine Belastung für die Politik.

(Dora Heyenn DIE LINKE: So ist es!)

Wir können uns solche weiteren Belastungen der Politik nicht erlauben; das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Sie haben vorhin gesagt – und das ist uns auch ganz wichtig, Herr Schira –, wir hätten in Hamburg einen großen Paradigmenwechsel vor uns. Sie wollten die Ära – das haben Sie und auch Herr Frigge gesagt – des kreativen Bilanzierens öffentlicher Finanzen hinter sich lassen und das sei nicht nur eine Frage der Politik. Wenn wir das erfolgreich umsetzen wollen, dann brauchen wir die volle Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt; ohne das wird es nicht gehen. Das ist der entscheidende Punkt und der Bürgermeister hat selber gesagt, dass da schon einiges an Vertrauen beschädigt ist.

Wir werden all das nur hinbekommen, wenn wir die Politik so anlegen, dass wir dieses Vertrauen zurückgewinnen. Deswegen sollten Sie selber überlegen, ob es klug ist, mit einem Politiker, der so be

(Hans-Detlef Roock)

1Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage bei

lastet ist, in dieser Situation diese Auseinandersetzung zu führen.

(Lang anhaltender Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Von der SPD-Fraktion wurde eine namentliche Abstimmung beantragt. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich, deutlich mit Ja zu stimmen, wer ihn ablehnen will, deutlich mit Nein, bei Enthaltung deutlich mit Enthaltung. Und halten Sie bitte während der Abstimmung Ruhe im Saal, weil es das Verfahren sehr vereinfachen würde. – Herr Hakverdi, bitte beginnen Sie mit dem Aufruf.

(Der Namensaufruf wird vorgenommen) 1 Ist ein Mitglied des Hauses nicht aufgerufen worden? (Robert Heinemann CDU: Ja, Ciftlik! Auf welcher Rechtsgrundlage ist Herr Ciftlik nicht aufgerufen worden? – Zurufe von der CDU: Warum? Das ist ein Skandal! Auf wel- cher Rechtsgrundlage?)

Herr Hakverdi, bitte rufen Sie Herrn Ciftlik auf.

(Namensaufruf durch den Schriftführer Metin Hakverdi: Bülent Ciftlik)

Herr Ciftlik ist nicht anwesend. Sind nun alle Abgeordneten aufgerufen worden? – Das ist der Fall. Dann erkläre ich die Abstimmung für geschlossen.

Wir unterbrechen die Sitzung bis zur Feststellung des Ergebnisses.

Unterbrechung: 19.53 Uhr

Wiederbeginn: 19.57 Uhr

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, wieder Platz zu nehmen, damit wir das Ergebnis verkünden können.

Die Abstimmung über den SPD-Antrag aus Drucksache 19/6250 hat 50 Ja–Stimmen, 61 Nein–Stimmen und eine Enthaltung ergeben. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

(Beifall bei Robert Heinemann CDU)

Tagesordnungspunkt 15, Drucksache 19/6086, Senatsantrag: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Datenschutzgesetzes.

[Senatsantrag:

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hamburgischen Datenschutzgesetzes – Drs 19/6086 –]

Diese Drucksache wird im Einvernehmen mit den Fraktionen ohne Debatte abgestimmt. Somit kommen wir direkt zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 19/6086 an den Rechts– und Gleichstellungsausschuss zu? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist diese Drucksache einstimmig an den Rechts– und Gleichstellungsausschuss überwiesen.

Tagesordnungspunkt 66, Drucksache 19/6249, Antrag der SPD-Fraktion: Zustimmungspflicht des Bundesrates bei Änderung des Atomgesetzes.

[Antrag der Fraktion der SPD: Zustimmungspflicht des Bundesrates bei Änderung des Atomgesetzes – Drs 19/6249 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 19/6372 ein Antrag der GAL- und CDU-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktionen der GAL und CDU: Laufzeitverlängerungen von Kernkraftwerken – Drs 19/6372 –]

Wird das Wort gewünscht? – Frau Schaal, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In zwei Tagen will die Bundeskanzlerin offenbar die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken ganz schnell eintüten und dann schnell beschließen lassen. Bisher hieß es ja, dass die Laufzeitverlängerung ein Teil des Energiekonzepts sei, das die Bundesregierung für den Herbst angekündigt hatte. Dass das zusammengehört, das sehen offensichtlich selbst CDU und GAL in diesem Hause so. Offenbar geht es aber der CDU und der FDP in Berlin gar nicht mehr darum, ein energiepolitisches Gesamtkonzept vorzulegen, sondern darum, vor dem eigenen Verfall möglichst schnell noch die Atomlobby zu bedienen.

(Glocke)

(unterbrechend) : Meine Damen und Herren! Wenn Sie das Wahlergebnis noch weiter diskutieren wollen, dann bitte ich Sie, das außerhalb des Saals zu

(Dr. Joachim Bischoff)

tun, damit Frau Schaal ihren Vortrag entsprechend fortsetzen kann. – Vielen Dank.

Vielen Dank.

Damit das dann auch klappt, dass das Atomgesetz entsprechend geändert wird, will die Bundesregierung, anders als bisher beschworen, den Bundesrat umgehen, da Schwarz und Gelb seit der verlorenen Wahl in Nordrhein-Westfalen dort keine Mehrheit mehr hat. Derartige Tricksereien können wir uns von Hamburg aus nicht einfach ansehen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags hatte bereits im April festgestellt, dass eine Laufzeitverlängerung der Zustimmung des Bundesrats bedarf. Trotzdem bestellt die Bundeskanzlerin über ihren Kanzleramtsminister Pofalla ein zusätzliches Rechtsgutachten. Zuvor hatte der allerdings bereits erklärt, er wolle das Gesetz zur Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken auch ohne Beteiligung des Bundesrats durchziehen. Soll da etwa versucht werden, mit windigen Rechtskonstruktionen der Atomlobby doch noch zum Durchbruch zu verhelfen? Da darf man nicht mitmachen, wir in Hamburg schon gar nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Es geht nicht nur um eine Verfassungsfrage, es geht um unsere Sicherheit. Keines der 17 deutschen Atomkraftwerke ist auf dem aktuellen Stand der Technik. Drei Kraftwerke haben keinen Berstschutz. Das sagt der Bundesminister für Umwelt und Reaktorsicherheit, Norbert Röttgen. Für solche Äußerungen wollten Teile der CDU den Bundesminister an die Luft setzen; dies ist ein Skandal. Wer die Zustimmungspflicht der Länder aushebelt, will nämlich in Wahrheit den Konzernen teure Nachrüstung für die Sicherheit ersparen, denn bei zusätzlichen Sicherheitsanforderungen sind die Aufsichtsbehörden der Länder gefordert; das bestätigen auch CDU und GAL in ihrem Zusatzantrag. Doch dann folgt der große Eiertanz: Es sei nicht klar, ob und wann die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf zur Laufzeitverlängerung vorlegen werde. Das ist doch eine Lachnummer. Die Laufzeitverlängerung ist doch inzwischen das Einzige, worauf sich CDU und FDP überhaupt noch verständigen können.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn DIE LINKE)