Protokoll der Sitzung vom 02.06.2010

Mit solchen Maßnahmen wird Kindern früh der Spaß am Lernen genommen. Wir wollen deshalb in Hamburg neue Wege gehen und solche Erlebnisse in Zukunft vermeiden.

Viele von Ihnen und auch ich selbst haben leider immer noch den klassischen Frontalunterricht im Kopf. Der ist aber lange nicht mehr zeitgemäß.

(Glocke)

Schade, ich hätte gerne noch etwas zur Haushaltslage gesagt, aber das haben viele Redner vor mir schon getan. Von daher schließe ich mich Ihnen an und kann nur noch einmal appellieren: Gehen Sie zum Volksentscheid, stimmen Sie für die Schulreform. Wir können zeigen, dass die Stadt Hamburg noch bildungspolitische Visionen hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der CDU und ver- einzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Beuß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Schulfriede hin, Schulfriede her – Herr Rabe, so kann man das nun auch nicht machen. Sie versuchen in dieser Debatte, in einer Art Selbstbeweihräucherungsaktion all die großen Taten hervorzuheben,

(Ingo Egloff SPD: Das sind aber Fakten, Herr Beuß!)

die die SPD angeblich in diesen Verhandlungen durchgesetzt hat.

(Linda Heitmann)

(Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Nun hören Sie doch einmal zu, gerade Sie, Herr Kienscherf.

(Karin Timmermann SPD: Sie haben doch das Schulgeld eingeführt!)

Meine Damen und Herren! Die Mehrheit in diesem Haus wird durch Schwarz-Grün und nicht durch Rot-Rot gestaltet.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen sage ich nur einmal ganz kurz an Ihre Adresse: Wir haben das mitgetragen und Ihnen die Mehrheit organisiert; so sieht es doch aus.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen, Herr Rabe, müffelt so ein bisschen Eigenlob in diesem Fall.

Frau Heyenn, wenn Sie die Investitionen im Bund beklagen, dann haben Sie das Haar in der Suppe in Hamburg zurzeit nicht gefunden und gehen deswegen auf Nebenkriegsschauplätze.

(Glocke)

Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbre- chend): Herr Beuß, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

– Nein, ich habe zu wenig Zeit, er kann kommen, wenn er will.

In Hamburg konnten Sie nichts finden und deshalb haben Sie heute diese Bundeszahlen zitiert. Die Hamburger Zahlen, Frau Heyenn,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Zwei Prozent!)

lassen sich sehen, wenn Sie einmal ehrlich sind. Wir haben alle zusammen einen guten Job gemacht.

Ich will mich aber weniger auf die Zahlen kaprizieren, denn finanzieren ist eine Sache, diese Reform muss auch gelebt werden. Da haben wir noch eine Menge Nachholbedarf. Heute Morgen habe ich das Vergnügen gehabt, wieder viele Studentinnen und Studenten im ersten Staatsexamen zu prüfen, und ich bin begeistert von diesen jungen Menschen, mit welchem Elan sie auf ihre neuen Aufgaben zugehen. Das sind genau die Menschen, die wir brauchen, um diese Reform als Lehrerinnen und Lehrer nachhaltig mit anzuschieben.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Deswegen finde ich es auch gut, dass wir in der Ausbildung von neuen Lehrerinnen und Lehrern noch einen erheblichen Schritt weiter nach vorne gehen, und zwar werden zwischen November 2010 und Mai 2013 zehn zusätzliche Hauptseminare mit jeweils 45 neuen Referendaren

eingerichtet. Das bedeutet, dass wir am Ende 450 zusätzliche, gut qualifizierte Lehrer haben, die auch ein wesentlicher Bestandteil des Gelingens dieser Reform sein werden.

Gleichzeitig wird noch einmal enorm in die Berufseinstiegsphase investiert. Was ist die Berufseinstiegsphase? Das sind die Lehrerinnen und Lehrer, die gerade ihr zweites Examen gemacht haben und in den ersten Jahren in ihrem Beruf weiter betreut werden, um diese wichtige Arbeit, die vor ihnen liegt, auch wirklich vernünftig inhaltlich zu füllen.

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zu einer Sache, die mir persönlich sehr wichtig ist, nicht nur, weil ich es auch beruflich mache. Wir sind zurzeit in Hamburg Pioniere nicht nur, was die Schulreform angeht, sondern auch bei der Integration, der Inklusion von behinderten Kindern. Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass wir die UN-Konvention, die Bundesregierung und Bundesrat im letzten Jahr unterschrieben haben, heute in Form des Paragrafen 12 im Hamburger Schulgesetz umsetzen werden, um auch behinderten Schülerinnen und Schülern die Chance zu geben, am wirklichen Unterricht in allen Bereichen teilnehmen zu können und nicht ausgegrenzt zu werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der GAL)

Bei aller Diskussion um die Schulreform würde ich mir auch ab und zu wünschen, dass wir mehr über die Reform der Stadtteilschule sprechen. Die meisten reden nur über die Gymnasien und wie schlimm das alles sei, wenn die Schüler zwei Jahre länger gemeinsam lernen. Viel wichtiger ist, dass wir mit dieser Reform eine integrative Stadtteilschule auf den Weg bringen und dies auch parteienübergreifend.

Das Lämpchen zeigt das Ende meiner Redezeit an und deshalb kann ich darauf nicht weiter eingehen. Aber wir sollten schon zusehen, dass wir in dieser Schulstrukturdebatte alle mitnehmen und deswegen ist es gut, dass wir immer wieder diese Debatten führen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt Herr Dr. Bischoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erstens kann man trotz des Versuchs der leichten Kabbelei feststellen, dass alle Fraktionen sich darin einig sind, dass wir diese Primarschule wollen und wir agieren auch dafür.

Zweitens wussten und wissen alle Fraktionen, dass das mit einer erheblichen Ausweitung von öffentlichen Ausgaben verbunden ist.

(Wolfgang Beuß)

Und drittens – Herr Beuß, auch wenn Sie das vielleicht anders interpretieren – ist es auch richtig, dass, wenn wir eine ganzheitliche Betrachtung vornehmen, diese Investitionen in Bildung und Schule wichtige und gut angelegte finanzielle Ressourcen sind.

(Beifall bei der LINKEN, der GAL und der SPD)

Herr Rabe hat zu Recht gesagt, dass es eine große Illusion sei zu glauben, schlechte oder unzureichend ausgestattete Investitionen seien ein gutes Mittel zur Sanierung oder Konsolidierung öffentlicher Haushalte. Im Gegenteil, schlechte und unzureichend ausgestattete Schulen und Universitäten bedeuten eine Programmierung von Ausgaben, die an anderer Stelle das öffentliche Gemeinwesen zu viel größeren Ausgaben herausfordern. Diese drei Punkte sind unstrittig.

Auf der anderen Seite ist aber auch klar, dass die rund 600 Millionen Euro, die wir bis 2016 aufwenden – Baumaßnahmen eingeschlossen –, und danach die rund 74 Millionen Euro keine Kleinigkeit in den öffentlichen Finanzen sind. Es muss mit aller Deutlichkeit gesagt werden, dass diese Ressourcen nicht durch eine Umschichtung aus dem Bildungshaushalt erbracht werden können, sondern dass es in der Tat um Mehrausgaben geht. Ich hoffe, dass alle vier Fraktionen dann auch den zweiten Schritt mit ausgewogenem Blick angehen. Von Gemeinsamkeit wird man nicht reden können, denn wir haben diese Mittel nicht, wir müssen erhöhte Kreditaufnahmen dafür in Anspruch nehmen, aber gleichzeitig die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen betreiben. Unsere Fraktion wird darauf achten, dass diese Konsolidierung auch sozial ausgewogen bleibt. Wir müssen alles dafür tun, den Eindruck zu vermeiden, als wäre die Ausweitung öffentlicher Mittel für den Bildungsbereich gleichsam gegenfinanziert durch Gebührenerhöhungen oder Kürzungen an anderer Stelle, vor allen Dingen im Arbeitsmarkt- und Sozialbereich.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Wir stehen vor einer großen Herausforderung. Auch wenn die Fraktionen, die das auf den Weg gebracht haben, anders sehen, so haben viele bei der Erhöhung der Kita-Gebühren den Eindruck, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Wir müssen bei den nächsten Schritten darauf achten, dass dieser Eindruck, wir würden Bildungsreformen nur kurzsichtig anlegen, vermieden wird. Die Eltern dürfen nicht den Eindruck haben, dass ihnen einerseits mit der Abschaffung des Büchergeldes wirklich entgegengekommen wird, aber gleichzeitig Gebühren für Kita und Mittagessen erhöht werden. Das ist eine Politik, die nicht glaubwürdig sein wird.

(Beifall bei der LINKEN und bei Michael Neumann SPD)

Vor dem Hintergrund der extrem schwierigen Haushaltslage und hoher Kreditaufnahmen gehört zu dieser Einigkeit im Bildungsbereich auch – wir werden uns nicht in allem einig sein –, an dieser Stelle noch einmal an Sie zu appellieren, die soziale Ausgewogenheit bei der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zu berücksichtigen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Das Wort bekommt Frau Blömeke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir kämpfen gemeinsam für eine bessere Schule. Meine Kollegin Linda Heitmann hat es richtig gesagt: Das ist etwas Besonderes, wir kämpfen gemeinsam. Viele von uns gehen dafür auf die Straße, führen Gespräche, machen Veranstaltungen und informieren. Wir strengen uns an, mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt zu kommen und zu überzeugen; dazu ein paar Argumente.

Wir führen viele Gespräche mit interessierten Bürgern, aber es gibt auch viele Menschen, die sagen, was interessiert mich das, ich bin zu alt, Schule ist doch kein Thema mehr für mich. Oder wir hören: Meine Kinder sind aus der Schule, das geht mich doch gar nichts mehr an, meine Kinder sind da durch, das interessiert mich eigentlich nicht so. Ich appelliere an Sie alle und auch an die anwesenden Bürgerinnen und Bürger: Aus unserer Sicht ist Bildung wirklich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Gerade in diesem Fall, wo ein Volksentscheid angestrebt wurde und jeder Bürger und jede Bürgerin aufgerufen ist, mit zu entscheiden.