Protokoll der Sitzung vom 16.06.2010

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Auch hier handelt es sich um einen großen dreistelligen Millionenbetrag, der schwer aus dem Investitionshaushalt zu finanzieren ist, weil natürlich auch viele andere Dinge gemacht werden müssen. Nun werden wir gemeinsam erleben können, wie man das finanziert.

(Dr. Monika Schaal SPD: Dreimal darfst du raten!)

Wollen Sie es nicht? Raten kann ich auch. Wenn Ihre Politik in dreimal raten besteht, dann ist es ganz schön dürftig, Frau Kollegin.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Theoretisch können wir über drei Möglichkeiten diskutieren. Entweder bilden Sie es im Investitionshaushalt voll ab, dann müssen Sie woanders enorm wegknapsen. Das wäre eine Möglichkeit, doch dann wird es verdammt teuer für andere Dinge oder Sie müssen in anderen Bereichen mehr erwirtschaften. Aus meiner Sicht gibt es noch zwei andere Möglichkeiten. Eine Möglichkeit wäre, den Weg Sondervermögen zu gehen, allerdings sauber definiert, sehr transparent und mit klaren Verpflichtungen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ich denke, Sie wollen keine kreative Buchführung mehr!)

Entschuldigen Sie, mit Verlaub, was Sie mit der Anstalt öffentlichen Rechts gemacht haben, das war kein Sondervermögen, sondern ein Trick. Das können Sie nicht vergleichen, weil es zu wenig transparent war.

(Beifall bei der CDU)

Eine andere Möglichkeit wäre, die Universität in eine größere planerische Unabhängigkeit zu versetzen und die Liegenschaften der Universität an die Universität zu übertragen mit der Möglichkeit der Uni, diese Liegenschaften zu beleihen, wobei man darauf achten muss, wie hoch die Zinsverpflichtung der Stadt ist und wie hoch die Zuschüsse an die Uni waren; das ist eine Detailfrage. Nur durch eine freiere Universität mit größerem Gestaltungsspielraum, der sich aus meiner Sicht mehr auf personelle Dinge beziehen müsste, geben Sie der Universität die Möglichkeit, diese Planungsangelegenheiten mit dem vorhandenen Grundvermögen selbst zu organisieren.

Ich halte das für einen faszinierenden Vorschlag, der unter anderem auch beinhaltet, dass wir politisch dafür sorgen müssen, dass sich an der Universität, wenn es nur nach der Mehrheit geht – das ist jetzt nicht als Vorwurf gemeint –, nicht die großen Fachbereiche alles unter den Nagel reißen, sondern dass auch die kleineren Bereiche, die

wichtig für uns sind, berücksichtigt werden. Die Bereiche Afrikanistik, Asienkunde oder bestimmte Sprachen müssen vertraglich so geregelt werden, dass sie ihren Standort in der Uni behalten, dann aber der Universität mehr Freiraum geben. Wir werden das in Kürze prüfen. Ich sage noch einmal: Mit diesem Senat wird es eine deutliche Investition in den baulichen Zustand der Universität geben, die transparent ist, die wir gerne diskutieren und nicht vertagen wollen. Die wünschenswerten Dinge aber, die gut, jedoch nicht mehr bezahlbar waren, sind vom Tisch.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Eine weitere Notwendigkeit besteht darin – ich will Beispiele aufzählen –, dass sich Hamburg als Sportstadt profiliert. Das ist wichtig für den Breitenund Vereinssport und auch, um junge Menschen für den Sport zu gewinnen und Tugenden wie Hilfsbereitschaft, Teamgeist und Kameradschaftlichkeit zu erlernen und etwas für den Körper und die Gesundheit zu tun. Wir brauchen sportliche Großveranstaltungen, die eine hohe Akzeptanz in der Stadt haben und auch die internationale Attraktivität der Stadt erhöhen. Das ist notwendig, meine Damen und Herren.

Jetzt geht es um die Frage, was wünschenswert ist. Wünschenswert wäre es zum Beispiel, in der Stadt eine neue Galopprennbahn zu bauen, wo der Pferdesport in Horn mit städtischen Investitionen auf neuen Beinen steht. Das wäre wünschenswert, kostet die Stadt aber Investitionsmittel in Höhe von 30 Millionen Euro. Darum sage ich, es ist zwar wünschenswert, aber nicht notwendig und damit ist es vom Tisch.

(Beifall bei der CDU und der GAL und bei Andrea Rugbarth und Dr. Monika Schaal, beide SPD)

Dazu gehört zum Beispiel auch, dass Dinge, die schön sind, nicht bezahlbar sind. Wir hatten die Idee, dass sich Hamburg für die Schwimmweltmeisterschaft bewirbt. Diesen Wettbewerb hat damals Dubai gewonnen. Dubai hat aufgrund der eigenen Schwierigkeiten die Bewerbung zurückgezogen und nun werden wir gefragt, ob wir uns nicht wieder bewerben wollen. Es wäre schön, es wäre wünschenswert, aber dafür wäre ein zweistelliger Millionenbetrag erforderlich; auch den können wir nicht bezahlen.

Ich sage Ihnen auch etwas zum Thema Veranstaltungen. Es gibt etablierte Sportveranstaltungen mit einer großen Ausstrahlungskraft wie zum Beispiel die Cyclassics, den Marathon oder den Triathlon. Aber Veranstaltungen, die ein interessiertes Publikum haben und sportlich hoch interessant sind, jedoch Jahr für Jahr wieder auf staatliche Subventionen, teilweise in wachsender Höhe, angewiesen sind – zum Beispiel das deutsche Derby in Horn oder das Tennisturnier in Rotherbaum –, sind kei

(Erster Bürgermeister Ole von Beust)

ne Angelegenheiten, für die die Stadt andauernd einstehen kann. Solche Veranstaltungen sind schön und wünschenswert und mögen gerne gemacht werden, aber nicht mit Mitteln des Steuerzahlers. Auch an solche Dinge wird man herangehen müssen.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

So haben wir Stück für Stück bestimmte Investitionen und wiederkehrende Aufgaben besprochen. Es wird Ihnen im Zuge dieser Haushaltsberatung ein Investitionsplan vorgelegt werden, in dem erstens die Investitionsobergrenzen nicht sofort, aber in einem gewissen Zeitraum gesenkt werden, nicht sofort deshalb, weil die konjunkturellen Pflänzlein – wir sind immerhin am Ende einer Wirtschaftskrise – nicht durch sofortige Reduzierung des Investitionsvolumens des Haushalts zertreten werden sollen. Langfristig aber wird die Investitionsobergrenze gesenkt werden und Sie werden sehen, dass dieser Haushalt zielgenau aufgehen wird. So viel zum Bereich langfristige und kurzfristige Investitionen.

Der nächste Bereich ist der, dass man bei allen Dingen der langfristigen Planung und der kurzoder mittelfristigen Investitionen sehen muss, wie die laufenden jährlich wiederkehrenden Ausgaben dieser Stadt reduziert werden können. Natürlich haben auch Investitionen einen Einfluss auf den Haushalt. Teilweise vermischt man auch beides und die Gelder, die für Investitionen ausgegeben werden, müssen auch irgendwie bezahlt werden, das heißt, sie finden sich im Haushalt wieder. Aber noch wichtiger ist es, das strukturelle Problem der wiederkehrenden Ausgaben zu lösen. Auch hier wird es wieder darauf ankommen, zwischen Notwendigem und Wünschenswertem abzuwägen. Aus meiner Sicht bekommen wir die Akzeptanz der Menschen für Kürzungen der laufenden Ausgaben nur dann, wenn Staat, Politik und Verwaltung bei sich selbst anfangen. Dienstleistungen zu reduzieren und Gebühren zu erhöhen, ohne sich an die eigene Nase zu fassen, wird keine Akzeptanz bei den Menschen finden.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Dazu gehört zweitens auch, dass diese Einsparungen weitestgehend gerecht verteilt werden müssen. Gerecht heißt: Wer mehr hat, muss auch mehr zu den Einsparungen beitragen. Im Zusammenhang mit dem Haushalt muss man auch über die Einnahmesituation sprechen. Meiner Meinung nach hat der Bund eine große Anstrengung unternommen, eine Haushaltssanierung hinzukriegen. Dabei gibt es einige Ungereimtheiten, wie zum Beispiel, dass die mangelnde Akzeptanz von Einschnitten vermutlich darauf beruht, dass diejenigen, die wenig haben, das Gefühl haben, sie müssten auch noch einen nicht unerheblichen Teil der Schuldenlast tragen. Auch als überzeugter Christdemokrat sage ich Ihnen, dass das der falsche

Weg ist. Gerecht ist es nur, wenn diejenigen, die viel verdienen, auch ihren angemessenen Teil dazu beitragen.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

Das ist notwendig.

(Beifall bei der CDU und der GAL und ver- einzelt bei der SPD)

Darum werden Sie mich an Ihrer Seite und auch als Streiter dafür haben, im Zuge der Diskussion die Erhöhung des Spitzensteuersatzes um zwei Punkte von 42 Prozent auf 44 Prozent und auch die Erhöhung der sogenannten Reichensteuer – das ist eine Definitionsfrage – von 45 Prozent auf 47 Prozent hinzukriegen. Allein diese beiden Maßnahmen würden strukturell für den Hamburger Haushalt eine Einnahmeverbesserung in Höhe von 85 Millionen Euro jährlich bedeuten, die nicht mehr im Betriebshaushalt eingespart werden müssten. Da müssen wir ran und für eine Mehrheit streiten. Das ist meine Aufgabe und das werde ich tun.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass die Senkung des Spitzensteuersatzes auf 42 Prozent unter Bundeskanzler Schröder erfolgt ist. Das ist kein Teufelszeug der Union gewesen, Sie haben das damals gemacht, vergessen Sie das nicht.

(Beifall bei der CDU)

Nebenbei bemerkt, war das ein Grund mit, warum die LINKE gegründet wurde.

Neben der Gerechtigkeit und der Tatsache, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen, ist der dritte Maßstab, dass die von uns ergriffenen Maßnahmen ökonomisch, ökologisch und sozial ausgewogen sein müssen. Sie dürfen nicht zu einem drastischen Kaufkraftverlust führen, weil wir gerade die relative Stabilität der deutschen Konjunktur in der Wirtschaftskrise, verglichen mit dem Ausland, mit einer relativ stabilen Kaufkraft im Inland zu vergleichen haben. Sie darf nicht zu falschen ökologischen Anreizen führen und sie darf den sozialen Frieden nicht stören.

Angesichts der strukturellen Einsparverpflichtung in Höhe von rund 500 Millionen Euro haben wir uns vorgenommen, diesen Betrag in mehrere Blöcke zu unterteilen, und zwar einmal den, der allgemein von jedem einzelnen Haushalt erbracht werden muss – ich sage gleich etwas dazu – und zum anderen verschiedene Blöcke, die wir strukturell zu erarbeiten versuchen, um diese Summe zu erreichen.

Beim ersten Block, über den wir gesprochen haben und weiterhin reden werden, geht es um 100 Millionen Euro, die eine Haushaltssanierung aufgrund höherer Verwaltungseffizienz, Vermeidung von Doppelzuständigkeiten – innerhalb Hamburgs,

(Erster Bürgermeister Ole von Beust)

aber auch in Kooperation mit norddeutschen Bundesländern – und Reduzierung der Kosten der Politik ermöglichen. Dazu werde ich gleich im Detail noch etwas sagen.

Beim zweiten Block geht es um den Beitrag der öffentlichen Unternehmen, die meiner Meinung nach mindestens 50 Millionen Euro pro Jahr zur Sanierung beziehungsweise Senkung des Haushaltsrisikos beitragen müssen, allerdings nicht durch einen reinen Verlustausgleich, also nicht dadurch, dass diejenigen, die hohe Verluste machen, diese durch Gebührenerhöhungen ausgleichen müssen. Ich bin ganz sicher, dass eine Reihe von öffentlichen Unternehmen die Möglichkeiten der Effizienzsteigerung, Kostenminimierung und in gewisser Weise auch der Vermögensmobilisierung noch nicht ganz ausgeschöpft hat, sondern dass ein Teil dieser Unternehmen davon ausgeht, dass, falls sie Verluste machen, diese schon irgendwie ausgeglichen werden würden. Wir müssen und werden sie in die Pflicht nehmen, um diesen Beitrag von 50 Millionen Euro jährlich erwirtschaften zu können. Das ist machbar und keine Frage der Gebührenerhöhung, sondern eine Frage der Effizienz, der Führung und der Durchführung der Aufgaben dieser Unternehmen.

Wir haben uns vorgenommen, 100 Millionen Euro bei den Personalkosten des öffentlichen Dienstes einzusparen, würden somit also insgesamt Kosten in Höhe von 100 Millionen Euro bei Staat, Politik und Verwaltung, 50 Millionen Euro bei öffentlichen Unternehmen und 100 Millionen Euro im Bereich Personalkosten einsparen. Dazu möchte ich Ihnen etwas im Detail sagen.

Vorweg: Als ich dieses Amt angetreten habe, hatte ich relativ wenig Erfahrung im öffentlichen Dienst. Mein Vater war zwar Beamter, ich war einmal Referendar gewesen, aber ansonsten war ich freiberuflich tätig und hatte im Grunde eher eine klischeehafte Vorstellung vom öffentlichen Dienst als einprägende Erfahrungen. Inzwischen ist mir wirklich klar geworden, dass wir in Hamburg einen öffentlichen Dienst von unglaublicher Qualität, unglaublichem Fleiß und unglaublicher Loyalität haben. Diese Leute dürfen nicht die Melkkühe der Haushaltssanierung sein.

(Beifall bei der CDU und der GAL und bei Kersten Artus DIE LINKE und Anja Domres SPD)

Sie müssen ihren Beitrag leisten, aber dürfen nicht die Melkkühe der Haushaltssanierung sein. Darum zunächst die guten Nachrichten, auch in Abgrenzung zu dem, was ich heute in der Zeitung hinsichtlich dessen gelesen habe, was wir angeblich alles planen würden.

Erstens: Wenn wir Einschnitte im öffentlichen Dienst vornehmen, werden die kleinen und mittleren Einkommen weitgehend geschont werden. Die

Maßnahmen werden in erster Linie den höheren Dienst besonders deutlich treffen.

Zweitens: Ich stehe zu meiner Zusage, dass es in der Freien und Hansestadt Hamburg im öffentlichen Dienst auch zukünftig keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird; die Arbeitsplätze hier sind sicher. Das haben wir so gemacht, das bleibt auch so.

(Beifall bei der CDU und der GAL und bei Wolfgang Rose SPD)

Drittens: Ich stehe dazu, dass diejenigen, die im öffentlichen Dienst ausgebildet werden – vorausgesetzt, ihre Leistungen sind entsprechend gut –, auch wie bisher einen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst erhalten. Ich halte nichts davon, jungen Leuten, die während ihrer Ausbildung fleißig lernen und arbeiten, Hoffnungen zu machen, und hinterher zu sagen: April, April. Ich stehe zu der Zusage, dass diejenigen, die für den öffentlichen Dienst ausgebildet werden, bei entsprechenden Leistungen auch übernommen werden.

(Beifall bei der CDU und der GAL und bei Elisabeth Baum DIE LINKE)

Viertens: Es wird auch keinen Einstellungsstopp geben. Ein pauschaler Einstellungsstopp ist unsinnig, denn er führt dazu, dass die Behörden, die schon jetzt relativ junge Mitarbeiter haben, auf dem gleichen Level, egal, was sie machen, weiterarbeiten und die anderen, die zufällig eine hohe Pensionslast haben, bestraft sind. Das führt auch dazu, dass der öffentliche Dienst immer mehr veraltet. Ich habe nichts gegen alt – man selber gewinnt ja auch von Jahr zu Jahr an Erfahrung hinzu –, aber eine gute Mischung, nämlich Erfahrung der Älteren auf der einen Seite und Innovation durch die Jungen auf der anderen Seite, ist notwendig. Darum wird es keinen Einstellungsstopp geben.