Ein weiterer Punkt ist, dass durch spezifische Maßnahmen der Bundesregierung, die das Wachstum beschleunigen sollen – ob sie das tun, wird man sehen –, das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz, bei den Ländern aufwachsend ein dreistelliger Millionenbetrag an weniger Steuereinnahmen zum strukturellen Defizit hinzukommt. Auch das belastet die Freie und Hansestadt Hamburg.
Das alles zusammengenommen, also die Delle aus der Wirtschaftskrise, zukünftig größere soziale Verpflichtungen und die stärkere Belastung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz des Bundes – auch dieser Herausforderung müssen wir uns vernünftig stellen, um die Inflation zu bekämpfen – begründet das strukturelle Defizit in Hamburg, das in dieser Dimension bisher nicht erkennbar war, sondern erst endgültig erkennbar wurde mit der Mai-Steuerschätzung dieses Jahres, die ein jährliches strukturelles Defizit von rund 500 Millionen Euro – nach unseren Berechnungen etwas mehr, nämlich rund 510 Millionen Euro – ergab.
Nun könnte man sagen, auch in der Vergangenheit gab es solche Probleme, mal gab es weniger Steuern, mal mehr, mal gab es diese schwierige Situation, mal gab es jene. Das Problem ist nur, dass wir die Wege, die wir in der Vergangenheit zur Beseitigung dieser Schwierigkeiten beschritten haben, zu
Ich will Ihnen sagen, welche Wege das sind. Ein Weg wurde zum Beispiel von meiner verehrten Vorgängerregierung beschritten, die kurzerhand das Hamburger Stadtentwässerungssystem in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführte, als im Haushalt eine große Lücke auftauchte. Diese Anstalt öffentlichen Rechts kaufte der Freien und Hansestadt Hamburg das Sielsystem für 1 Milliarde DM ab und, schwupp, war 1 Milliarde DM mehr im Haushalt. Der Senat unter Ortwin Runde machte damals zumindest eine sehr kreative Buchführung. Nebenbei bemerkt, theoretisch gibt es solche kreativen Wege immer noch. Sie könnten zum Beispiel alle öffentlichen Einrichtungen in der Nähe von SAGA-Siedlungen an die SAGA übertragen, die sie der Stadt abkauft und dann betreut. Diesen Kauferlös stellen Sie in den Haushalt ein, um somit Geld in die Kassen zu spülen. Das ist vielleicht eine Idee, auf die die SPD heute noch kommen würde, aber wir machen solche Tricks nicht mehr mit.
Das war eine Möglichkeit, um Schwierigkeiten auszugleichen. Eine andere war die Privatisierung von staatlichem Eigentum.
Darf ich einmal höflich fragen, wer die HEW privatisiert hat? Das waren Sie. Wer Hein Gas privatisiert hat? Das waren Sie.
Sie haben in den Neunzigerjahren etwa 800 Millionen DM privatisiert. Statt dicke Backen zu machen, sollten Sie sich lieber Ihrer Verantwortung stellen, Herr Neumann.
Das ist ein Weg gewesen, den beide Seiten beschritten haben, die Sozialdemokraten und auch wir, da wir dem zugestimmt hatten. Ich sage nur, dieser Weg ist verstellt, und zwar aus folgenden Gründen. Wenn wir uns genau ansehen, welche Möglichkeiten der Privatisierung es noch gibt, werden wir feststellen, dass diese sehr reduziert sind.
Natürlich gäbe es theoretisch immer noch welche, aber zumindest keiner von uns, keiner von diesem Senat, will zum Beispiel SAGA oder GWG privatisieren, weil wir sagen, dass die Menschen Sicherheit, Heimat und Geborgenheit in ihren Wohnungen brauchen. Darum werden wir das im Gegensatz zu vielen SPD-regierten Städten nicht tun.
Eine weitere Möglichkeit wäre aktuell, sich von den Anteilen des Flughafens zu trennen. Das halte ich
für volkswirtschaftlich oder ökonomisch falsch, weil diese Anteile mit etwa 8 Prozent verzinst werden – das ist eine gute Verzinsung –, und sich von etwas zu trennen, das einen guten Ertrag bringt, ist zumindest auf lange Sicht nicht besonders klug.
Wir wissen, dass Wasser ein sehr sensibler Bereich ist. Manche Städte, vor allem ausländische, haben ihre Wasseranteile verkauft. Davor warne ich, weil Wasser das Grundvertrauen der Menschen in eine existenzielle Lebensqualität berührt und eine Privatisierung von Wasser zu berechtigtem Misstrauen führt.
Die von Ihnen in den letzten Tagen häufig genannten Krankenhäuser sind ein gutes Beispiel für das, was Sie versäumt haben. Wissen Sie eigentlich, welchen Verlust der LBK in den letzten zehn Jahren vor der Privatisierung gemacht hat? 500 Millionen Euro.
Allein im letzten Jahr waren es gigantische Summen. Hätten wir nicht privatisiert, hätten wir weiterhin massenweise Zuschüsse an die Betriebe des LBK zahlen müssen, was unser strukturelles Defizit noch einmal erheblich erhöht hätte.
Nebenbei bemerkt, greifen Sie zu einem ganz putzigen Argument. Wie auch immer man es sehen mag, aber zu glauben, strukturelle Defizite für die Jahre 2011 bis 2014 bekäme man damit begradigt, dass man einen Verkauf aus dem Jahre 2004 angreift, das ist, mit Verlaub, schon eine sehr mutige Argumentation.
(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD und Ingo Egloff SPD: Was haben Sie denn eben gemacht?)
Ein weiterer Punkt, der ebenfalls stark kritisiert wurde, ist der Verkauf öffentlicher Liegenschaften, das heißt, unser sogenannter Grundstock. Ich halte es nach wie vor für vernünftig, einen Teil öffentlicher Liegenschaften zu verkaufen, allerdings nur dann, wenn vor Ort keine stadtentwicklungspolitischen oder sozialen Gründe oder Gründe der Identität dagegensprechen. Ich gebe zu, dass in diesem Punkt ein neues Bewusstsein eingetreten ist. In der Vergangenheit haben wir eine Reihe von Grundstücken verkauft, was zum Teil erhebliche Probleme mit sich brachte. Dieser Senat wird keine öffentlichen Liegenschaften mehr verkaufen, wenn damit für die Menschen vor Ort Unfrieden, man
Also die Wege, mit denen entweder wir oder Sie oder wir gemeinsam in der Vergangenheit versucht haben, Schwierigkeiten des Haushalts auszugleichen, wollen wir entweder nicht mehr gehen – wahrscheinlich wir alle nicht – oder sie sind nicht mehr gangbar, weil beispielweise auch andere Einkünfte, die über Sondervermögen indirekt im Haushalt landen, unter die Schuldenbremse fallen und Rückzahlungsverpflichtungen nach sich ziehen. Das würde bedeuten, dass bei zu großer Anhäufung dieser Dinge die Stadt unter die Kuratel des Bundes käme, weil dieses beim Gesamtschuldenstand mit berücksichtigt wird. Auch das will ich nicht. Ich will nicht, dass Hamburg am Gängelband des Bundes hängt. Wir brauchen die Freiheit und die Unabhängigkeit, selbst entscheiden zu können.
Ich habe versucht, die Situation zu schildern. Wege, die in der Vergangenheit mehr oder weniger von allen beschritten worden sind, sind nicht mehr gangbar und es stellt sich die Frage, was nun zu tun ist.
Ich bin davon überzeugt, dass wir es mit einer gewaltigen Kraftanstrengung schaffen werden, im Bereich kurz- und langfristiger Investitionen für eine solide Haushaltspolitik zu sorgen, um Schritt für Schritt die Investitionsobergrenze herunterzufahren und somit einen Teil des Haushalts zu sanieren, und gleichzeitig bei den laufenden jährlich wiederkehrenden Ausgaben mit großer Disziplin unser Ziel, das strukturelle Defizit auszugleichen, erreichen können. Dabei muss definiert werden, was für eine gute Entwicklung der Stadt in ökonomischer, ökologischer Hinsicht und für das gedeihliche Zusammenleben der Menschen unbedingt notwendig ist. Was wünschenswert oder schön oder nice to have ist, wie es so schön heißt, was man gerne hätte, mag zwar wunderbar, kreativ und toll sein, kann allerdings kein Maßstab mehr sein. Der einzige Maßstab muss das sein, was für diese Stadt notwendig ist, um ökonomisch, ökologisch und sozial gut über die Runden zu kommen und stark dazustehen. Genau diesen Maßstab werden wir anlegen. Wünsch dir was, das ist vorbei.
Lassen Sie mich hierzu einige Beispiele nennen. Für die Zukunft der Stadt sind Investitionen im deutlich dreistelligen Millionenbereich in den baulichen Zustand unserer Universität notwendig. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Hamburger Universität und die Hamburger Hochschulen massive bauliche Investitionen brauchen, um mittel- und langfristig mit anderen Hochschulen konkurrenzfähig zu sein. Das ist nicht die einzige Aufgabe im Bereich der Wissenschaft. Die schönsten Bauten
nützen nichts, wenn der Inhalt nicht stimmt, der wissenschaftlich und didaktisch gut sein muss. Aber abgesehen von der guten inhaltlichen Arbeit führen natürlich auch gute Bausubstanz und bauliche Attraktivität zu einem hohen Standard der Universität. Es ist unbedingt notwendig, dass wir hierauf in den nächsten Jahren den großen Investitionsschwerpunkt unserer Stadt setzen. Im Zuge des Sprungs über die Elbe und im Zuge der baulichen Änderungen wäre eine Universitätsverlagerung auf den Kleinen Grasbrook wünschenswert. Mit dieser Idee, die hart diskutiert wurde, sind wir angetreten. Das wäre zwar wünschenswert, ist aber nicht notwendig und darum ist der Kleine Grasbrook vom Tisch.
Dies gilt nicht nur für den Kleinen Grasbrook, sondern auch für das sogenannte Überseezentrum, das Nachbarquartier vom Kleinen Grasbrook, auf dem sich jetzt noch Flächen der HHLA befinden. Auch da wäre es wünschenswert, dies in einem Teilumzug im Zuge des Sprungs über die Elbe mit einzubeziehen. Das Problem ist nur, dass damit gigantische Folgekosten verursacht werden würden. Die Verlagerung auf den Kleinen Grasbrook hätte neben den Kosten für die Universität selbst Infrastrukturkosten von über 1 Milliarde Euro verschlungen. Allein die Verlagerung des Überseezentrums hätte Ausgleichszahlungen in Höhe von etwa 30 Millionen Euro an die HHLA bedeutet. Hinzu kommen die Notwendigkeit von Brückenbauten übers Wasser und die relativ kurzfristige Notwendigkeit der Fortführung der U4 über diesen Elbearm, um für eine gute ÖPNV-Anbindung zu sorgen. Auch das ist wünschenswert, meine Damen und Herren, aber kurz- und mittelfristig nicht bezahlbar.
Die Idee des Sprungs über die Elbe wird dadurch übrigens nicht gefährdet, denn selbstverständlich bleibt es bei der Neuentwicklung des Harburger Binnenhafens und selbstverständlich bleibt es bei den Maßnahmen für Wilhelmsburg inklusive Garten- und Bauausstellung. Es ist wichtig, dass wir den Hamburger Süden mit anbinden. Nur: Alles, was wünschenswert wäre, ist in diesen Zeiten, in denen wir planen, nicht bezahlbar. Für die Universität gilt, dass große bauliche Investitionen notwendig sind. Wir werden kurzfristig entscheiden, an welcher Stelle diese wie erfolgen sollen. Dazu warten wir allerdings auch auf eine Antwort aus dem Bezirk Eimsbüttel, den wir, nachdem von dort aus sehr viel gesagt wurde, baten, aus seiner Sicht darzulegen, wo Flächen für Erweiterung und Neubau vorhanden sind, und zwar genau in dem Umfang, wie die Universität sie braucht. Das Schreiben ist an den Bezirksamtsleiter herausgegangen, er hat die gesetzte Frist verstreichen lassen
so etwas kann passieren, es ist auch kompliziert –, aber wir warten auf eine Antwort und werden dann entscheiden, wie es weitergeht.