So sollten wir mit diesem Problem nicht umgehen. Obwohl wir ausführlich darüber beraten haben, möchte ich Ihnen anhand dreier Argumente noch einmal verdeutlichen, wo die Bedenken und die Kritik meiner Fraktion liegen.
Erstens: Seit dem Frühjahr 2009 hat der Senat über einen sechsten Nachtrag verhandelt, den wir eventuell bald einsehen können. Seit September 2009 haben Sie mit den anderen Geschäftspartnern, dem Konsortium und den Banken, ein Stillhalteabkommen getroffen. Die Vorlage, um die es jetzt geht, haben wir unter großem Zeitdruck im Mai auf den Tisch bekommen. Jetzt ist wieder alles nach dem Motto gestrickt, es gäbe keine Alternative, wie Herr Grote sagte. Dass das ein richtiges Problem ist, müssen Sie jetzt einfach einmal zur Kenntnis nehmen.
In dieser Drucksache konfrontieren Sie die Opposition mit dem Hinweis, es gäbe nach sorgfältiger Abwägung keine Alternative und man müsse die BWA und die Marketing Holding mit ihren Unterfirmen dorthin umquartieren. Ohne dass es mir gelungen wäre, diese Logik nachzuvollziehen, unterstellen Sie, dass das ursprünglich vorgesehene Konzept, nämlich die BSU und das Bezirksamt Hamburg-Mitte dort unterzubringen, aus Kostengründen nicht realisierbar ist. Herr Roock und Herr Becker, was mich wirklich nicht nur irritiert, sondern empört ist Folgendes: Die Vorlage für die Verlagerung der BSU nach Wilhelmsburg wurde am 3. November 2009 im Parlament eingebracht. Das heißt, wenn Sie bereits zwei Monate zuvor ein Stillhalteabkommen vereinbart haben, dann hätten Sie uns jederzeit sagen können, dass die BSU trotz des Problems in der HafenCity nach Wilhelmsburg verlagert wird. Im November beschloss dieses Parlament dann, einen Neubau für 200 Millionen Euro in Wilhelmsburg zu generieren. Hätten Sie die Angelegenheit rechtzeitig aufgedeckt und ernst genommen, was der Bürgermeister letztes Mal gesagt hat, dass nämlich auch das Parlament Verantwortung trägt und wir alle uns um Alternativen kümmern sollten, dann hätten wir im Herbst 2009 darüber diskutieren können, ob die BSU-Verlagerung nach Wilhelmsburg finanz- und stadtpolitisch wirklich sinnvoll ist. Sie sagten zwar, wir sollten uns um Alternativen bemühen, haben dem Parlament faktisch aber gar keinen Spielraum eingeräumt. Dasselbe gilt für das sehr viel später erfolgte Argument, man könne das Bezirksamt Hamburg-Mitte nicht in der Option unterbringen, die Sie 2005 eingegangen sind. Ich habe wahrscheinlich die wenigsten Möglichkeiten, das zu überprüfen,
Ja, jetzt sagen Sie, dass Sie das gerne hätten. Aber, wie Herr Grote sagte, es wäre alles wunderbar gewesen, wenn Sie diese Option für die beiden Behörden, BSU und Bezirksamt Hamburg-Mitte, auf den Tisch gelegt und substanziell in den Ausschussberatungen nachgewiesen hätten, dass hinter dieser Drucksache eine sorgfältige Abwägung steht.
Zweitens: Herr Roock, ich möchte gerne noch einmal betonen, dass im Ausschuss keine Fraktion bestritten hat, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise auch auf das HafenCity-Projekt durchschlägt. Zumindest von meiner Fraktion kommt das Argument, dass wir im nördlichen Teil der HafenCity einen beträchtlichen Leerstand an Büroimmobilien – wie übrigens in Hamburg generell – zu verzeichnen haben. Sie haben nichts zu der Frage gesagt, ob es Sinn macht, dieses Projekt noch einmal zum Leben zu erwecken, indem wir weitere Büroflächen schaffen. Um diesen Punkt geht es und wir können ihn gerne noch einmal beraten. Angesichts der Situation für Gewerbe- und Büroimmobilien, zu der es sehr ausführliche Untersuchungen gibt, liegen Sie völlig falsch, wenn Sie davon ausgehen, dass dieser Leerstand in zwei oder drei Jahren abgebaut sein würde. Durch die Ausweitung dieser Büro- und Gewerbeimmobilien zwingen Sie die Stadt, in Haftung zu gehen, wobei immer noch fraglich ist, ob Sie dieses Projekt damit saniert haben.
Im Wesentlichen geht es mir um diese zwei Argumente: Erstens haben Sie das Parlament unzureichend mit einbezogen und wir hätten sparen können. Zweitens wollen wir dem Geld, das schon jetzt verbrannt ist, kein weiteres hinterherwerfen. Aufgrund dieser beiden wichtigen Argumente sagen wir klar und deutlich, dass wir dieser Vorlage nicht zustimmen. Ich kann nur an Sie appellieren, künftig etwas anders mit Ihren eigenen Drucksachen umzugehen, wenn Sie das wollen, was der Herr Bürgermeister gesagt hat. Die ernste finanzund haushaltspolitische Situation bestimmt maßgeblich die weitere Strukturentwicklung in dieser Stadt, bei der wir gerne mitmachen. Wir sagen aber auch nein zu Ihren falsch finanzierten Projekten und Sie müssen dazu bereit sein, sich die Alternativen anzuhören. Es wäre wirklich die Mühe wert, das, wofür sich Herr Grote noch einmal stark gemacht hat, zu prüfen, ob man nämlich nicht völlig umsteuern sollte und statt weiter auf Gewerbeund Büroimmobilien zu setzen, diesen Bereich für den Mietwohnungsbau zu erschließen. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im September 2007 wurde der Grundstein für das Überseequartier, das künftige Zentrum der HafenCity, gelegt, nachdem zwei Jahre zuvor der Kaufvertrag nach einem zweistufigen internationalen Auswahlverfahren abgeschlossen worden war. Wenn ich Herrn Grote richtig verstanden habe, sind wir uns durchaus darin einig, dass wir nicht nur über ein großes komplexes Bauprojekt, sondern auch über das Kernstück der HafenCity diskutieren. Insofern führen wir alle diese Diskussion mit Recht so intensiv.
Man sollte wissen, dass in dieser einmaligen Planung kein normales geschlossenes Shopping-Center vorgesehen ist, sondern ein Areal mit Einzelhandel, Gastronomie, Hotel, Büroflächen, Kreuzfahrtterminal und mehr als 360 Wohneinheiten. Es handelt sich also um ein sehr anspruchsvolles und auch städtebaulich innovatives Projekt, für dessen Realisierung die Stadt damals einen Vertrag mit einem Investorenkonsortium geschlossen hat. Ich möchte betonen, dass dieses Konsortium mit diesem Konzept auch eigene Risiken eingeht, was allerdings bei der Ausschreibung von Hamburg auch gefordert wurde.
Für ein solches Projekt braucht man nicht nur Zeit für die Planung, sondern auch für die Konkretisierung und man kann heute feststellen, dass die Hälfte des Quartiers im nördlichen Abschnitt im vereinbarten Zeitplan zügig realisiert wurde, was meiner Meinung nach bei der ganzen Geschichte auch berücksichtigt werden sollte.
Bei der anstehenden Realisierung des zweiten Bauabschnitts gibt es nun Erschwernisse bei der Absicherung der Finanzierung, die etwas mit den veränderten Rahmenbedingungen zu tun haben. Deswegen bin ich froh, Herr Bischoff, dass auch Sie noch einmal gesagt haben, dass wir alle ernst nehmen müssen, dass diese Finanz- und Wirtschaftskrise genau solche veränderten Rahmenbedingungen ausgelöst hat. Das heißt, die Finanzierung derart großer Projekte muss von mehreren Banken gestützt werden. Diese Verhandlungen mit den Banken sind viel schwieriger geworden, die Anforderungen an das einzusetzende Eigenkapital sind definitiv gestiegen und als Vorbedingung für die Inanspruchnahme der vereinbarten Kredite fordern die Banken heute deutlich höhere Vorvermietungsquoten.
Neben diesen Rahmenbedingungen haben sich auch die realwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen deutlich verändert. Durch den Rückgang der Wirtschaftsleistung werden wir wohl kurz- und mittelfristig auch eine veränderte Nachfrage nach Büroflächen haben und insofern sind tatsächlich erfolgte Vermietungen für alle Beteiligten Voraussetzung dafür, dass die Projekte realisiert werden können. Wie auch aus unserer
Drucksache hervorgeht, haben wir es außerdem mit einer Steigerung der Baukosten zu tun, und zwar einer nicht unerheblichen; zwischen 2005 und 2009 waren es mehr als 20 Prozent, was also auch ein nicht zu vernachlässigender Faktor ist.
Trotz dieser erheblich veränderten Rahmenbedingungen verfolgt der Käufer das Vorhaben gemeinsam mit der Stadt sehr engagiert weiter. Dies macht sich unter anderem daran bemerkbar, dass alle vereinbarten Kaufpreisraten bisher vollständig gezahlt worden und Mehrerlöse von 7 Millionen Euro an Hamburg geflossen sind. Für die Sicherung der weiteren Projektrealisierung ohne wesentliche Verzögerungen sind jetzt Anpassungen notwendig, ohne die das Konsortium das Projekt nicht weiterführen kann.
Ziel dieser Anpassungen ist es, sicherzustellen, dass der südliche Teil trotz der zeitlichen Streckung zügig realisiert wird und die von uns vorgesehene hohe Qualität, die weiterhin geltende Nutzungskonzeption, die Architektur, die städtebaulichen Ziele und die Vereinbarung zur Sicherung öffentlicher Räume weiterhin verfolgt werden sollen. Das Überseequartier kann die dem Projekt zugedachte Funktion als attraktives Zentrum der HafenCity nur dann erfüllen, wenn wir die Projekte in absehbarer Zeit realisieren. Dann nämlich kommt die Masse an unterschiedlichen Aktivitäten zustande, die das Zentrum der HafenCity mit Leben füllt.
Ich möchte auch erwähnen, dass sich der Käufer in den Verhandlungen, die wir zur Anpassung dieses Vertragswerks geführt haben, auf die Stadt zu bewegt hat. Ich nenne Ihnen die wichtigsten Anpassungen: Die Mehrerlösklausel wurde zugunsten fester Zahlungen von 3 Millionen Euro und dem Aufbau eines Reservefonds in Höhe von 7 Millionen Euro verändert. Im ursprünglichen Vertrag war eine Regelung vorgesehen, die den Käufer zur Zahlung eines zusätzlichen Kaufpreises verpflichtet, falls die tatsächlich vereinbarten Mieten über den im Rahmen des Kaufvertrags kalkulierten Mieten liegen. Diese Vertragsklausel berücksichtigt Mietsteigerungen, nicht aber die mögliche Steigerung von Kosten, zu denen insbesondere die zwischenzeitlich erheblich gestiegenen Baukosten zählen. Insofern haben wir dargestellt, dass vor diesem Hintergrund die Finanzierung des südlichen Überseequartiers nicht möglich ist, wenn die Stadt an diesen Regelungen unverändert festhält. Dasselbe haben wir auch Ihnen ausführlich auf Ihre Fragen geantwortet.
Die Realisierung des zweiten Teils des südlichen Überseequartiers wird nicht mehr, wie ursprünglich in einem Schritt vollzogen, sondern in mehreren großen Schritten, die sich zeitlich überlappen. Die Stadt hat dabei ein Wiederkaufsrecht für einzelne Teilflächen gesichert, falls der Käufer zu bestimmten Terminen keine ununterbrochene Bautätigkeit
nachgewiesen haben sollte. Mehrkosten aufgrund der Baukostensteigerung seit Vertragsabschluss sowie aufgrund gestiegener Energieanforderungen trägt der Käufer. Es ist richtig, dass im Gegenzug die Stadt Mehrkosten trägt, die sich aus der Erhöhung der Umsatzsteuer von 16 Prozent zum damaligen Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses im Jahr 2005 auf mittlerweile 90 Prozent ergeben. Dadurch erhöht sich die vereinbarte Miete von 15 Euro auf 15,84 Euro.
Es ist wichtig, bei der Bewertung dieses Themas im Kopf zu haben, dass bei dem Grundstückskaufvertrag aus dem Jahr 2005 die Stadt dem Käufer ein Optionsrecht eingeräumt hat. Dieses Optionsrecht bedeutet, dass der Käufer von der Stadt die Anmietung von 50 000 Quadratmeter BGF im Überseequartier verlangen kann. Auch in diesem Punkt habe ich die Opposition so verstanden, dass sie sagt, wir müssten mit diesem Optionsrecht fair umgehen. Dieses Optionsrecht war im Übrigen auch schon in den Ausschreibungsbedingungen 2003 und 2004 mit formuliert. Wir haben darüber gesprochen, dass das Konsortium im Nordteil keinen Gebrauch von der Optionswahl gemacht hat, sich aber angesichts der aufgrund der aktuellen Marktlage veränderten Rahmenbedingungen – dies wird im Wesentlichen anerkannt – jetzt gezwungen sieht, die vereinbarte Option zur Absicherung der Finanzierung und Realisierung des südlichen Überseequartiers zu nutzen. Mit dieser Entscheidung, das Optionsrecht nutzen zu wollen, muss die Stadt Hamburg sehr seriös umgehen.
Im Ergebnis haben wir vereinbart, den ersten Teil der Büroflächen, also circa 29 000 Quadratmeter BGF nördlich der U-Bahn-Haltestelle selbst anzumieten, aber die Freiheit haben, die restlichen 20 000 Quadratmeter BGF an einen Mieter weiterzuvermieten, den die Stadt benennen kann. Im Ausschuss haben wir sehr eingehend deutlich gemacht, dass durch diese Variante keineswegs eine Verteuerung für die Stadt entsteht, es sei denn, man nimmt an, dass das Risiko, Drittmieter zu finden, in der HafenCity unabsehbar groß ist. Zur Verdeutlichung: Das Risiko der Stadt besteht darin, dass wir eine Garantie für diese Quadratmeter BGF übernehmen. Aber es handelt sich um einen Standort, den wir zu einer garantierten Miete von 14,20 Euro pro Quadratmeter an einen gewerblichen Mieter vermieten können, der vorsteuerabzugberechtigt ist. Bei einem solchen Preis kann man unterstellen, dass diese Flächen in der HafenCity vermietbar sind. Das möchte ich noch einmal ganz deutlich zu dem von Ihnen angeführten 45 Millionen-Argument sagen, Herr Grote. Wir haben im Ausschuss sehr ausführlich darüber diskutiert. Mit dieser Kombination, dass die Stadt einen kleineren Teil direkt anmietet und gute Chancen hat, ihn in der nächsten Zeit zu dem von mir genannten garantierten Mietpreis zu vermieten und somit auch die Gesamtbelastung der Stadt min
dern kann, ist ein Verhandlungsergebnis erreicht, das man anders würdigen kann, als Sie es getan haben.
In der letzten Bürgerschaftssitzung habe ich zugesagt, dass wir noch einmal prüfen wollen, inwiefern sich auf Teilflächen im südlichen Überseequartier Wohnnutzung statt Büronutzung realisieren lässt. In diesem Gebiet besteht die Problematik einer hohen Lärmbelastung aufgrund von Abend- und Nachtbetrieb der Gastronomie und aufgrund von Schiffsemissionen. Insofern wissen auch Sie, dass wir dort immer nur von kleineren Anteilen bei der Realisierung von Wohnnutzung reden. Der aktuelle Stand der Prüfung, die ich noch einmal angeregt habe, zeigt auf, dass das Verfahren jetzt so weit fortgeschritten ist, dass die Bauanträge sehr kurzfristig in den nächsten Tagen eingereicht werden und – ich rede jetzt vom südlichen Überseequartier, bezogen auf das Konsortium – dass Änderungen, die Wohnen ermöglichen würden, einen erheblichen Aufwand verursachen würden, weil Sie es dann – die Experten unter Ihnen wissen das – unter anderem mit der Planung neuer Treppenhauskerne zu tun haben, die nur mit einem erheblichen Aufwand realisiert werden können, sodass wir dieses Thema gerade unter dem Gesichtspunkt, wie weit es fortgeschritten ist und welchen Aufwand es verursacht, aktuell nicht weiterverfolgen. Wir werden dieses Thema allerdings im Hinterkopf behalten, falls sich während der Realisierung, die sich jetzt im südlichen Überseequartier in verschiedenen Phasen vollzieht, neue Möglichkeiten ergeben. Ich möchte hinzufügen, dass wir in Bezug auf das Thema Wohnen in der HafenCity aktuell Änderungen verfolgen, die auch bedeuten, dass es in dieser Region 280 zusätzliche Wohneinheiten geben wird. Das bezieht sich einerseits auf das Überseequartier als Stadtteil im Nordwesten und andererseits auf ein Grundstück südlich des Heizwerks im Quartier am Sandtorpark. Ich will Ihnen damit deutlich machen, dass die Debatte um die Stärkung des Wohnens in der HafenCity und auch in der Region HafenCity von uns konsequent verfolgt wird und wir dieses auch so ausschreiben und umsetzen wollen.
Ich komme zurück zum Überseequartier im engeren Sinne. Die bisher erfolgreiche Realisierung dieses sehr anspruchsvollen Projekts kann aufgrund der deutlichen Veränderung der Rahmenbedingungen nicht einfach fortgesetzt werden. Es ist sehr wichtig, dass sich die Stadt dem Aushandeln von Anpassungen stellt, gerade wenn es – und zwar von Anfang an in diesem Vertragskonzept – eine Option aufseiten des Investorenkonsortiums gibt. Die Anpassungen, die wir jetzt vorgenommen haben, bleiben ganz eng an der Zielsetzung dieses Vertrags. Ein Stopp dieses Projekts wäre ein Rückschlag für die Entwicklung des Überseequartiers und der HafenCity insgesamt. Mit der Anpassung, wie wir sie vorschlagen, wird diese Option einge
löst. Damit macht die Stadt auch deutlich, dass Investoren darauf vertrauen können, im Fall von so erheblichen Änderungen der Rahmenbedingungen maßvolle Änderungen aushandeln zu können.
Vor diesem Hintergrund sind die ausgehandelten Anpassungen mehr als angemessen. Das Risiko für die Stadt ist kalkulierbar und auch tragbar. Ich bitte Sie alle, dies bei den Überlegungen mit einzubeziehen und dem Antrag des Senats Ihre Zustimmung zu geben. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Bevor ich Herrn Grote das Wort erteile, eine vielleicht doch erfreuliche Mitteilung: Die Atmosphäre will sich nicht so richtig abkühlen und deswegen ist das Präsidium übereingekommen, den männlichen Abgeordneten freizustellen, sich des Sakkos in der Sitzung zu entledigen oder auch nicht. Sie wissen, wir haben eine ungeschriebene Kleiderordnung, aber darauf sollten wir verzichten, soweit es gewünscht wird.
Ich sehe, es ist angekommen. Spontane Reaktionen sind zu bemerken. Wir fahren dann in der Debatte fort. – Herr Grote, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die erfreuliche Nachricht. Ich werde dem gleich auch nachkommen. Frau Senatorin, Sie haben die Dinge sehr umfassend und mit sehr vielen Einzelheiten dargelegt. Es würde jetzt ein bisschen den Rahmen sprengen, wenn ich auf alles eingehen würde, auf ein paar Punkte werde ich aber noch zurückkommen.
Am Anfang möchte ich mich auf die Rede von Herrn Roock beziehen. Sie haben eine Ihrer bekannten Durchhaltereden gehalten. Sie sind nun schon so lange Sprecher Ihrer Fraktion für Stadtentwicklung und da wäre es eigentlich endlich an der Zeit, dass Sie anfangen, sich mit den Dingen ernsthaft zu befassen und entsprechend Stellung zu nehmen. Dazu wäre heute eine gute Gelegenheit gewesen und es ist ein bisschen schade, dass Sie die verpasst haben.
Wenn Sie sagen, die Ausschussberatungen hätten Sie genervt, glaube ich Ihnen das auf's Wort, man hat Ihnen das angesehen.
Sie hatten auch keine einzige Frage, Sie haben nichts hinterfragt, Sie hatten keinerlei Interesse am Inhalt der Drucksache, weil Sie natürlich – Herr Becker hat das auch so ausgedrückt –, getragen von grenzenlosem Vertrauen in den Senat, davon ausgehen, dass der fehlerlos arbeitet und man gar nicht so viele Fragen stellen muss. Das ist, wie Sie
sich vielleicht denken können, nicht unser Parlamentsverständnis. Insofern machen wir das ein bisschen anders.
Nun haben Sie gesagt, die Rahmenbedingungen hätten sich durch die Wirtschafts- und Finanzkrise so sehr verändert und deswegen hätte man den Vertrag anpassen müssen. Wir haben Ihnen auch beim letzten Mal schon gesagt, dass sich die Rahmenbedingungen für alle geändert haben, nicht nur für den Investor im Überseequartier. Und es ist gerade nicht so, wie Sie sagen, dass nämlich der Investor viele der Risiken trägt. Wir nehmen sie ihm in vielen Bereichen ab, auch das ist gesagt worden. Die Baukostensteigerung, die in die Risikosphäre des Investors fällt, wird von der Stadt ausgeglichen, ebenso die Finanzierungsschwierigkeiten, ebenfalls ein Investorenrisiko. In Bezug auf das Vermietungsrisiko werden ihm bestimmte Verpflichtungen erlassen. In diesen Bereichen verbessert die Stadt die Position des Investors und verschlechtert die eigene Position. All dies wird mit anderen Investoren in der HafenCity nicht verhandelt.
Und wenn Sie sagen, aus Verantwortung für das Projekt und weil die Entwicklung weitergehen muss, müsse man dem zustimmen, denn sonst drohe ein Baustopp – die Senatorin hat das auch ein bisschen anklingen lassen –, dann entgegne ich: Diese Vertragsanpassung sichert gerade nicht die Fortführung und Realisierung des Projekts. Das einzige, was noch gesichert ist, sind die nächsten beiden Baufelder. Das sind zwei von noch ausstehenden sieben, die restlichen fünf Baufelder sind völlig offen. Mit der Vertragsanpassung entlassen Sie den Investor doch gerade aus der Verpflichtung, innerhalb bestimmter Fristen anzufangen und fertigzustellen. Das heißt, mit dieser Vertragsanpassung ist die Realisierung zeitlich unsicherer als vorher.
Und er muss erst vermieten, wenn er 60 oder sogar 70 Prozent vermietet hat, und das ist derzeit unrealistisch, das wissen Sie auch. Insofern ist das Vertrauen auch von Herrn Becker, dass das in absehbarer Zeit vermietet werden kann, schön und es ehrt ihn, aber das allein führt uns nicht zu einer realistischen Betrachtung.
Sie sprechen von einem Vertrauensverlust, der eintreten würde, wenn man nicht ordentlich mit dem Konsortium weiterarbeiten und sich stattdessen Alternativen überlegen würde. Doch wessen Vertrauen und wessen Einschätzung in unser Handeln ist uns wichtig, wer setzt den Maßstab, wo ist unser Bezugspunkt? Vielleicht ist das der Kern des Problems, dass wir und auch Sie zu sehr darauf achten, wie dies in der internationalen Investorenszene aufgenommen wird. Aber das Rückgrad der wirtschaftlichen Entwicklung in der HafenCity sind nicht internationale Investorenkonsortien, sondern das ist die Hamburger Immobilienwirtschaft, die
norddeutsche, die regionale und ein Stück weit die deutsche Immobilienwirtschaft. Und dort gibt es, ausgelöst durch Ihr Verhalten, im Moment einen massiven Vertrauensverlust.
Und es geht um einen weiteren Vertrauensverlust, nämlich um das Vertrauen der Bürger, dass der Senat die Kraft hat, eigene Fehlentscheidungen zu korrigieren, Dinge zu überprüfen und auch Alternativen ernsthaft zu prüfen. Das Verfahren, das Sie gewählt haben – ein Jahr wird hinter verschlossenen Türen verhandelt und dann wird die Sache in vier Wochen durch das Parlament gepeitscht –, ist keines, das Vertrauen schafft. Insofern würde ich mir wünschen, Sie würden das anders machen. – Vielen Dank.